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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.09.2019, RV/2300006/2019

Einbringung eines Einspruchs gegen eine Strafverfügung mittels FinanzOnline

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch R in der Finanzstrafsache gegen X, über die Beschwerde des Beschuldigten vom  gegen den Bescheid des Finanzamtes Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummer SN, betreffend die Zurückweisung des Einspruchs gegen die Strafverfügung zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit der Strafverfügung des Finanzamtes Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg als Finanzstrafbehörde vom  wurde der Beschwerdeführer (Bf.) der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 1.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe eine Woche) festgesetzt.

Die Strafverfügung wurde dem Bf. am zu eigenen Handen zugestellt.

Gegen die Strafverfügung brachte der Bf  am mittels FinanzOnline einen Einspruch ein.

Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom wies das Finanzamt Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg als Finanzstrafbehörde den Einspruchs gegen die Strafverfügung mit der Begründung zurück, in der im Zusammenhang mit § 86a BAO erlassenen FinanzOnline-Verordnung 2006 sei die automationsunterstützte Datenübertragung nur für jene Funktionen zulässig, die dem Teilnehmer in FinanzOnline zur Verfügung stünden. Andere Einbringen seien gemäß § 5 der Verordnung unbeachtlich.

Der Bf. habe die ihm im Abgabenverfahren zu seiner Steuernummer zur Verfügung stehende Funktion der Berufung gemäß § 243 BAO für bestimmte Abgabenarten und Zeiträume genützt, um Einspruch gegen die Strafverfügung zu erheben. Ein Einspruch gemäß § 145 FinStrG stelle keine Funktion im Sinne der Verordnung dar.

Da ein Einspruch insbesondere keiner Berufung gemäß § 243 BAO gleich zu setzen sei, sei das Anbringen mangels Rechtsgrundlage unzulässig.

Gegen den Zurückweisungsbescheid brachte der Bf. das Rechtsmittel der Beschwerde ein. Er habe am elektronisch eine  Beschwerde [richtig: Einspruch] gegen die Strafverfügung eingebracht, was unter dem Menüpunkt "Andere Bescheide" problemlos möglich gewesen sei. Er habe die Beschwerde im Vertrauen auf die Möglichkeit der Einbringung in FinanzOnline nicht schriftlich eingebracht, was problemlos möglich gewesen wäre. Im FinanzOnline werde nicht darauf hingewiesen, dass die Einbringung eines Einspruchs nicht möglich sei.

Es sei auch kein Auftrag zu einer diesbezüglichen Klarstellung ergangen, sondern sofort die Zurückweisung unter Anführung vieler für den Bürger ohne einen Anwalt unverständlicher Paragrafen ausgesprochen. Es könne nicht im Sinne der Bürger und Steuerzahler sein, sofort eine negative Erledigung zu setzen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Zur Einbringung des Einspruchs gegen die Strafverfügung per FinanzOnline ist wie folgt auszuführen:

Gemäß § 56 Abs. 2 FinStrG für Anbringen, Niederschriften, Aktenvermerke, Vorladungen, Erledigungen, Fristen sowie Zwangs- und Ordnungsstrafen, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, die Bestimmungen des 3. Abschnittes sowie § 114 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung sinngemäß. Eine automationsunterstützte Übermittlung von Anbringen an die Finanzstrafbehörde ist nur insoweit zulässig, als dies in einer Verordnung des Bundesministers für Finanzen unter Bestimmung der Übermittlungsmodalität ausdrücklich zugelassen wird.

Gemäß § 85 Abs. 1 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) vorbehaltlich der (hier nicht anwendbaren) Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).

§ 86a BAO lautet wie folgt:

(1) Anbringen, für die Abgabenvorschriften Schriftlichkeit vorsehen oder gestatten, können auch telegraphisch, fernschriftlich oder, soweit es durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen zugelassen wird, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingereicht werden. Durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen kann zugelassen werden, dass sich der Einschreiter einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf. Die für schriftliche Anbringen geltenden Bestimmungen sind auch in diesen Fällen mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Fehlen einer Unterschrift keinen Mangel darstellt. Die Abgabenbehörde kann jedoch, wenn es die Wichtigkeit des Anbringens zweckmäßig erscheinen lässt, dem Einschreiter die unterschriebene Bestätigung des Anbringens mit dem Hinweis auftragen, dass dieses nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt.

(2) Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung im Sinn des Abs. 1 erster Satz bestimmen, a) unter welchen Voraussetzungen welche Arten der Datenübertragung an Abgabenbehörden zugelassen sind, b) dass für bestimmte Arten von Anbringen bestimmte Arten der Datenübertragung ausgeschlossen sind und c) welche Unterlagen wie lange vom Einschreiter im Zusammenhang mit bestimmten Arten der Datenübertragung aufzubewahren sind.

Auf § 86 Abs. 2 BAO gestützt erging die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Einreichung von Anbringen, die Akteneinsicht und die Zustellung von Erledigungen in automatisationsunterstützter Form (FinanzOnline-Verordnung 2006 - FOnV 2006), BGBl. II 2006/97 idF BGBl. II 114/2009.

§ 1 Abs. 1 der Verordnung regelt die automationsunterstützte Datenübertragungen in Bezug auf Anbringen (§ 86a BAO), Erledigungen (§ 97 Abs. 3 BAO) und Akteneinsicht (§ 90a BAO), soweit nicht eigene Vorschriften bestehen.

Nach Abs. 2 dieser VO ist "die automationsunterstützte Datenübertragung zulässig für die Funktionen, die dem jeweiligen Teilnehmer in Finanz-Online (https://finanzonline.bmf.gv.at) zur Verfügung stehen. Die für eine Datenstromübermittlung und für eine Übermittlung mittels eines Webservices erforderlichen organisatorischen und technischen Spezifikationen (zB XML-Struktur; WSDL) sind auf der Website des Bundesministeriums für Finanzen (https://www.bmf.gv.at) abrufbar zu halten."

Das verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren wird im Finanzstrafgesetz (FinStrG) grundsätzlich eigenständig geregelt. Für einige Bereiche des Verfahrensrechts verweist das FinStrG jedoch auf die entsprechenden Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO); so werden durch § 56 Abs. 2 FinStrG die Bestimmungen der BAO über Anbringen (§§ 85 bis 86b BAO) übernommen.

Unter einem Anbringen (Eingabe) ist ein jedes Vorbringen einer Partei zu verstehen, das die Finanzstrafbehörde veranlassen soll, sich damit zu befassen.

Der Einspruch des Bf. gegen die Strafverfügung ist als Eingabe zur Geltendmachung von Rechten anzusehen. Solche Anbringen sind grundsätzlich schriftlich einzureichen.

Anbringen im Weg der elektronischen Datenverabeitung sind nur entsprechend der Bestimmungen der FinanzOnline-Verordnung 2006 zulässig. Nach § 1 Abs. 2 dieser Verordnung ist über diesen Weg die elektronische Datenübertragung zulässig, soweit dem Teilnehmer dafür Funktionen zur Verfügung stehen.

Im Erkenntnis vom , 2013/16/0048, führte der Verwaltungsgerichtshof aus, unter der Funktion "Sonstige Anbringen und Anfragen" in FinanzOnline seien automationsunterstützte Datenübertragungen nicht auf auf Anbringen nach der BAO eingeschränkt. Es sei daher nicht ausgeschlossen, eine Berufung (nunmehr Beschwerde) nach § 150 FinStrG als sonstiges Anbringen zu werten.

Dementsprechend wäre auch ein mittels FinanzOnline eingebrachter Einspruch gegen eine Strafverfügung als sonstiges Anbringen zu werten.

In Reaktion auf dieses Erkenntnis wurde mit dem AbgÄG 2015 in § 56 Abs. 2 FinStrG der zweite Satz eingefügt, wonach automationsunterstützte Übermittlungen von Anbringen an Finanzstrafbehörden nur insoweit zulässig sind, als dies in einer Verordnung unter Bestimmung der Übermittlungsmodalität ausdrücklich zugelassen wird.

Nach der Ansicht des Gesetzgebers ist die technisch-organisatorische Ausstattung des FinanzOnline Systems nicht auf die Erfordernisse eines Finanzstrafverfahrens ausgerichtet, weshalb dessen Anwendung für diesen Bereich erst dann zulässig sein soll, wenn dies mit einer gesonderten Verordnung des BMF ausdrücklich bestimmt wird (ErläutRV 896 BlgNR 25. GP 31).

Eine Eingabe an die Finanzstrafbehörde kann daher nach der geltenden gesetzlichen Bestimmung im Wege von FinanzOnline nicht eingebracht werden, weil eine derartige Verordnung für das Finanzstrafverfahren bis dato nicht erlassen wurde.

Der Zurückweisungsbescheid der Finanzstrafbehörde wurde daher zu Recht erlassen, weshalb die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abzuweisen ist.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rechtsfrage, ob die Einbringung eines Einspruchs gegen eine Strafverfügung per FinanzOnline erfolgen kann, ist im Gesetz eindeutig geregelt. Eine Revision gegen das Erkenntnis ist daher nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 85 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 86a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 56 Abs. 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.2300006.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at