Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.09.2019, RV/2100616/2018

Leistungsort einer Partnervermittlung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin in der Beschwerdesache
Beschwerdeführerin, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom , betreffend Vorsteuererstattung 2016 zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern für den Zeitraum 01-12/2016 erfolgt mit 1.526,88 Euro.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin betreibt eine Partnervermittlung in Deutschland.

Für das Jahr 2016 reichte die Bf. fristgerecht einen Antrag auf Erstattung der Vorsteuern ein in dem sie Vorsteuern aus Hotelkosten, Verpflegung und Fahrtkosten sowie "business-Dienstleistungen" in der Höhe von insgesamt 1.526,88 Euro geltend machte.

Mit Bescheid vom wurde der Erstattungsbetrag mit Null festgesetzt. Begründend führte das Finanzamt aus:

"Umsatzsteuerbetrage für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die nicht der österreichischen Umsatzsteuer unterliegen, sind nicht abzugsfähig, und zwar auch dann nicht, wenn sie auf Grund der Rechnungslegung geschuldet werden (EuGH Rs C-342/87, "Genius Holding", Slg 1989, I 4227). Da die Leistung, die Ihnen erbracht wurde, in Osterreich nicht der Umsatzsteuer unterliegt, durfte der Rechnungsaussteller keine österreichische Umsatzsteuer ausweisen. Die Leistung ist in einem anderen Staat steuerbar. Die Rechnung konnte jedoch vom Rechnungsleger berichtigt werden.

Die geltend gemachten Aufwendungen stehen nicht im Zusammenhang mit Ihrer unternehmerischen Tätigkeit, die Vorsteuern sind daher nicht erstattungsfähig.

Folgende Rechnung konnte nicht antragsgemäß für die Ermittlung des Erstattungsbetrages berücksichtigt werden: Sequenznummern (…)

Beim angeführten Leistungscode ist die Angabe eines Subcodes erforderlich.
Sequenznummern (…)

Die Mehrwertsteuer-ldentifikationsnummer oder Steuerregisternummer des Lieferers oder Dienstleistungserbringers ist unbekannt oder für den betreffenden Zeitraum ungültig.
Sequenznummern (…)

Aufgrund Ihrer Geschäftstätigkeit besteht für die erworbenen Gegenstande oder Dienstleistungen kein Anspruch auf Vorsteuererstattung."

In der dagegen eingebrachten Beschwerde reichte die Bf. die Subcodes und UID-Nummern nach.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit folgender Begründung abgewiesen:

"Aufgrund der von Ihnen erbrachten Vermittlungsleistungen (Partnervermittlung) an Private in osterreich haben Sie gem. § 3a Abs. 8 UStG 1994 einen steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz bewirkt. § 19 Abs. 1 UStG 1994 (Reverse Charge=Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger) kommt nicht zur Anwendung, da die Vermittlung für eine Privatperson erfolgt.

Für ausländische Unternehmer die im Kalenderjahr steuerbare und steuerpflichtige Umsatze im Inland tätigen, gelangt das Vorsteuererstattungsverfahren nicht zur Anwendung. Die Umsatze/Vorsteuern sind im Veranlagungsverfahren mittels einer Umsatzsteuerjahreserklärung (Formular U1) zu erklären/beantragen."

Im Vorlageantrag vom erläuterte die steuerliche Vertretung der Bf ausführlich:

"Unsere Mandantin betreibt seit 1985 eine Partnervermittlung für Führungskräfte. Die Partnervermittlungsarbeiten werden in den Geschaftsräumen in Deutschland, betrieben. Unsere Mandantin betreut partnersuchende Damen und Herren, die privat auf Partnersuche sind d.h. eine feste Partnerschaft ggf. auch eine Ehe eingehen mochten.

Die durch unsere Mandantin betriebene Partnersuche erfolgt auf der Basis eines Vertrages zwischen der partnersuchende Dame bzw. dem partnersuchenden Herrn. Unsere Mandantin hat sich im Segment der "gehobenen Partnersuche (Partnersuche für Führungskräfte) etabliert.

Unsere Mandantin betreibt weder ein Dating-Portal noch eine elektronische Dienstleistung, die über das Internet erbracht wird und die ohne Informationstechnologien nicht möglich wäre. Im Rahmen Ihres Internetauftritts unter www werden die von Ihr angebotenen Leistungen lediglich dargestellt und beworben. Darüber hinaus werden einige Kunden unserer Mandantin in einer Kurzdarstellung und -beschreibung anonymisiert vorgestellt. Eine Kontaktaufnahme zu ausgewählten Partnern über die Internetseite zu treffen ist ohne die persönliche Kontaktaufnahme mit unserer Mandantin nicht möglich. Ein solches Vorgehen ist auch nicht erwünscht, da die persönliche Auswahl durch unsere Mandantin einen sehr hohen Stellenwert hat.

Das Geschäftsmodell unserer Mandantin basiert auf den persönlichen und intensiven Kundengesprächen mit den partnersuchenden Damen und Herren insbesondere im Inland aber auch mit partnersuchenden Damen und Herren in Osterreich. Die erste Kontaktaufnahme erfolgt im Regelfall telefonisch durch die kontaktsuchenden Damen und Herren bzw. über eine email Anfrage. In Osterreich werden ggf. die folgenden Vorleistungen erbracht: nach z.B. telefonischer Kontaktaufnahme wird ein erstes Kennenlern-Gespräch mit potentiellen Kandidaten vereinbart. In diesem Zusammenhang erfolgt die Datenaufnahme von persönlichen Angaben sowie die Besprechung der gewünschten Zielvereinbarung aus einer möglichen Geschäftsbeziehung.

Die erste Kontaktaufnahme unserer Mandantin mit partnersuchenden Damen oder Herren aus Osterreich findet in den Privatraumen der partnersuchenden Damen oder Herren, in öffentlichen Cafes in Osterreich oder aber auch in Deutschland, in den Büroräumlichkeiten in Herzebrock oder in den Büroraumen der GmbH statt. Im Rahmen dieser Kontaktaufnahme werden Vorgespräche über die Vorstellungen der partnersuchenden Damen und Herren geführt. Es handelt sich wie bereits oben erwähnt um ein Kennenlern-Gespräch zwischen unserer Mandantin und den möglichen Kunden.

Nach Abschluss eines Vertrages beginnt unsere Mandantin mit allen weiteren auf dieses Gespräch aufbauenden Aufgaben, d.h. unter anderem mit einer konkreten Analyse und Profilerstellung sowie daran anschließende Recherchearbeit in den vorhandenen Karteien nach adäquaten Partnern. Diese Arbeiten erfolgen in den Büroraumen unserer Mandantin am Firmensitzes in Deutschland. Hier erfolgt ebenfalls die komplette Dokumentation jedes Einzelfalles einer Partnervermittlung sowie der Verlauf der Vermittlung. Auf Wunsch wird jeder Vertragspartner ganz individuell durch unsere Mandantin betreut.

Ein Kontakt zwischen partnersuchenden Damen und Herren kommt nur dadurch zustande, indem unsere Mandantin den Kontakt herstellt. Die Zuordnung erfolgt durch Zuhilfenahme der Profilerstellung und der persönlichen Eindrucke und Erfahrungen unserer Mandantin. Dabei spielt die Ansässigkeit der Kunden keine Rolle.

Um die Kontaktaufnahme mit den österreichischen Kunden zu vereinfachen hat unsere Mandantin mit der GmbH einen Dienstleistungsvertrag geschlossen. Nach Artikel I. der Vereinbarung mit der GmbH stellt die Gesellschaft unserer Mandantin gegen eine Grundvergütung einen Telefon-, Telefax- und Postservice zur Verfügung.

Telefaxe, Postsendungen und Telefonnachrichten werden gemäß den Wünschen unserer Mandantin weitergeleitet. Darüber hinaus ist unsere Mandantin berechtigt nach Bedarf u.a. für 6 Stunden im Monat ein Besprechungszimmer in Anspruch zu nehmen, jedoch unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit. Die Inanspruchnahme dieser Sonderleistung muss außerdem vorher angemeldet werden. Seit dem wurde ein Dienstleistungsvertrag mit der GmbH2 geschlossen, der den oben beschriebenen Dienstleistungsvertrag ersetzt."

Da der Leistungsort in Deutschland liege (§ 3a Abs. 1 Satz 1 dtUStG entspricht § 3a Abs 7 öUStG 1994) und weder die Spezialvorschrift für Vermittlungsleistungen (mangels vermittelten Umsatzes) noch die für elektronische Dienstleistungen (da solche nicht vorliegen) zur Anwendung kommen könne, sei nur eine Vorsteuererstattung möglich.

Eine Betriebsstätte in Österreich betsehe auch nicht weil zwischen ihr und den Dienstleistungsunternehmen nur die Inanspruchnahme der Telefon-, Fax- und Briefdienste und nicht die dauerhafte, alleinige Benutzung eines Büros vereinbart ist.

Auf einen Vorhalt des BFG, welche betriebliche Veranlassung für die Vorsteuern bestehe, erklärte die Bf., dass im Rahmen einer ersten Kontaktaufnahme/Kennenlern-Gespräche im Regelfall Bewirtungskosten an fallen. In diesem Zusammenhang stünden auch die Hotelkosten sowie die Kfz-Kosten, die in Österreich anfallen.

Rechtslage

Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. 279/1995 idF BGBl. 158/2014:

Art 1 § 1. (1) Die Erstattung der abziehbaren Vorsteuerbeträge an nicht im Inland ansässige Unternehmer, das sind solche, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, ist abweichend von den §§ 20 und 21 Abs. 1 bis 5 UStG 1994 nach Maßgabe der §§ 2, 3 und 3a durchzuführen, wenn der Unternehmer im Erstattungszeitraum
1. keine Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 oder
2. nur steuerfreie Umsätze im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 3 UStG 1994 oder
3. nur Umsätze, bei denen die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht (§ 19 Abs. 1 zweiter Unterabsatz UStG 1994) oder
4. im Inland nur Umsätze, die unter eine Sonderregelung gemäß § 25a, Art. 25a UStG 1994 oder eine Regelung gemäß Art. 358 bis 369k der Richtlinie 2006/112/EG in einem anderen Mitgliedstaat fallen,
ausgeführt hat.

(2) Abs. 1 gilt nicht für Vorsteuerbeträge, die anderen als den in Abs. 1 bezeichneten Umsätzen im Inland zuzurechnen sind.

§ 3a UStG 1994:

(7) Eine sonstige Leistung, die an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Abs. 8 bis 16 und Art. 3a an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.

(8) Eine Vermittlungsleistung an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird.

Das BFG hat erwogen

Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob die Bf. im Inland steuerpflichtige Umsätze ausführt oder nicht. Die angefallenen Vorsteuern sind nämlich nur dann im Rahmen des Erstattungsverfahrens zu vergüten, wenn sie keine Umsätze im Inland tätigt.

Eine Vermittlungsleistung liegt vor, wenn es jemand übernimmt, einen Leistungsaustausch zwischen seinem Auftraggeber und einem Dritten zustande zu bringen (Ruppe/Achatz, UStG 19945, § 3a Tz 69).

Wie die Bf. zu Recht vorbringt, stellt das Eingehen einer menschlichen Beziehung bzw. einer Ehe keinen Leistungsaustausch im umsatzsteuerlichen Sinn dar.

Nach der ausführlichen Darstellung der Tätigkeit der Bf. wird die Dienstleistung auch nicht auf elektronischem Weg erbracht.

Damit fällt die Leistung unter die Grundregel des § 3a Abs. 7 UStG 1994 und wird nach dem ersten Satz des Abs. 7 dort erbracht, wo die Bf. ihr Unternehmen erbringt. Das ist im Beschwerdefall in Deutschland.

Wird die Leistung von einer Betriebsstätte aus erbracht, ist der Ort der Betriebsstätte maßgeblich (§ 3a Abs. 7 zweiter Satz).

Unter einer Betriebsstätte iSd § 3a UStG 1994 ist eine feste Niederlassung iSd Unionsrechts zu verstehen (vgl Ruppe/Achatz, UStG 1994, § 3a Tz 60).

Art 11 Abs 2 DVO (EU) definiert eine feste Niederlassung als "jede Niederlassung mit Ausnahme des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit nach Artikel 10 dieser Verordnung, die einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur aufweist, die es ihr von der personellen und technischen Ausstattung her erlaubt, Dienstleistungen zu erbringen".

Die in Österreich verwendeten Büros weisen weder einen hinreichenden Grad an Beständigkeit auf (es werden nur kurzzeitig wechselnde Räumlichkeiten verwendet) noch sind in Österreich eigene Mitarbeiter tätig.

Da in Österreich keine Betriebsstätte vorliegt, kann die Leistung auch nicht gem. § 3a Abs 7 zweiter Satz (Ort der Betriebsstätte) in Österreich erbracht werden.

Die Bf. kann daher das Erstattungsverfahren anwenden, weil sie im Erstattungszeitraum keine Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 erzielt hat (Art 1 § 1. (1) Z 1 Erstattungsverordnung).

Da die sonstigen Ungereimtheiten des Erstattungsantrages (fehlende Subcodes, fehlende UID) im Rahmen der Beschwerde ausgeräumt werden konnten, hat die Erstattung im beantragten Ausmaß von 1.526,88 Euro zu erfolgen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall ergibt sich die Auslegung unmittelbar aus dem Gesetz weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995
§ 3a Abs. 7 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.2100616.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at