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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.08.2019, RV/7103642/2019

Mindern steuerfreie Reiseaufwandsentschädigungen die Bemessungsgrundlage für die Abzugsteuer nach § 70 (2) Z 2 EStG iVm § 99 (1) Z 1 EStG 1988 ?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Krafft in der Beschwerdesache Bf., Anschrift, vertreten durch Mag. Rainer Hack, Kirchholz 11/7, 7311 Neckenmarkt, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart vom , betreffend Haftung des Dienstgebers für Lohnsteuer 2009 bis 2013 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis RV/7103612/2015 vom hatte das Bundesfinanzgericht (BFG) über die Beschwerde vom abweisend entschieden. Gegen dieses Erkenntnis wurde eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) erhoben, welcher mit Erkenntnis das Erkenntis des wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufhob.

Nunmehr ist im fortgesetzten Verfahren über die Beschwerde vom betreffend Haftungsbescheide Lohnsteuer 2009 bis 2013 erneut zu entscheiden.

Das wechselseitige Vorbringen sowie der unstrittige, entscheidungswesentliche Sachverhalt sind dem Erkenntnis des BFG, , RV/7103612/2015 zu entnehmen und wird insoweit auf dieses Erkenntnis verwiesen.

Strittig ist, ob unter die Steuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Z 16c EStG 1988 fallende Reiseaufwandsentschädigungen in die Bemessungsgrundlage der Abzugsteuer nach § 70 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 iVm § 99 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 einzubeziehen sind.

§ 70 Abs. 1 und 2 EStG 1988, in der anzuwendenden Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2007, BGBl. I Nr. 24, lauten:

Beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer
(1) Beschränkt lohnsteuerpflichtig sind Arbeitnehmer, bei denen die Voraussetzungen der §§ 1 Abs. 3 und 98 Abs. 1 Z 4 vorliegen.
(2) Die Lohnsteuer wird berechnet:
1.  ....
2. Bei Bezügen als Arbeitnehmer aus einer Tätigkeit im Sinne des § 99 Abs. 1 Z 1 mit 20% des vollen Betrages dieser Bezüge. Mit den Bezügen unmittelbar zusammenhängende Werbungskosten können vom vollen Betrag der Bezüge abgezogen werden, wenn sie ein in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes ansässiger beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer dem Arbeitgeber vor Zufließen der Bezüge schriftlich mitteilt. Zieht der Arbeitgeber diese Werbungskosten ab, beträgt die Lohnsteuer 35%.

§ 99 Abs. 1 und 2 EStG 1988, in der bis zum anzuwendenden Fassung des AbgSiG 2007, BGBl. I Nr. 99/2007, bzw. in der ab anzuwendenden Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, lauten:

Der Steuerabzug in besonderen Fällen
(1) Die Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger wird durch Steuerabzug erhoben (Abzugsteuer):
1. Bei Einkünften aus im Inland ausgeübter oder verwerteter selbständiger Tätigkeit als Schriftsteller, Vortragender, Künstler, Architekt, Sportler, Artist oder Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen, wobei es gleichgültig ist, an wen die Vergütungen für die genannten Tätigkeiten geleistet werden.
(...)
(2) 1. Der Abzugsteuer unterliegt der volle Betrag der Einnahmen (Betriebseinnahmen) oder Gewinnanteile. Vom Schuldner übernommene Abzugsteuer unterliegt als weiterer Vorteil ebenfalls dem Steuerabzug.
(...).

§ 3 Abs. 1 Z 16c EStG 1988, in der bis anzuwendenden Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2009, BGBl. I Nr. 52/2009, lautet:

(1) Von der Einkommensteuer sind befreit:
(...)
16c. Pauschale Fahrt- und Reiseaufwandsentschädigungen, die von begünstigten Rechtsträgern im Sinne der §§ 34 ff BAO, deren satzungsgemäßer Zweck die Ausübung oder Förderung des Körpersportes ist, an Sportler, Schiedsrichter und Sportbetreuer (zB Trainer, Masseure) gewährt werden, in Höhe von 30 Euro pro Einsatztag, höchstens aber 540 Euro pro Kalendermonat der Tätigkeit. Erfolgt der Steuerabzug vom Arbeitslohn, steht die Steuerfreiheit nur zu, wenn beim Steuerabzug vom Arbeitslohn neben den pauschalen Aufwandsentschädigungen keine Reisevergütungen, Tages- oder Nächtigungsgelder im Sinne des § 26 Z 4 oder Reiseaufwandsentschädigungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b steuerfrei ausgezahlt werden.

§ 3 Abs. 1 Z 16c EStG 1988, in der ab dem anzuwendenden Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2009, BGBl. I Nr. 151/2009, lautet:

(1) Von der Einkommensteuer sind befreit:
(...)
16c. Pauschale Reiseaufwandsentschädigungen, die von begünstigten Rechtsträgern im Sinne der §§ 34 ff BAO, deren satzungsgemäßer Zweck die Ausübung oder Förderung des Körpersportes ist, an Sportler, Schiedsrichter und Sportbetreuer (zB Trainer, Masseure) gewährt werden, in Höhe von bis zu 60 Euro pro Einsatztag, höchstens aber 540 Euro pro Kalendermonat der Tätigkeit. Die Steuerfreiheit steht nur zu, wenn beim Steuerabzug vom Arbeitslohn neben den pauschalen Aufwandsentschädigungen keine Reisevergütungen, Tages- oder Nächtigungsgelder gemäß § 26 Z 4 oder Reiseaufwandsentschädigungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b steuerfrei ausgezahlt werden.

Bei beschränkt Steuerpflichtigen, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iSd § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 erzielen, wird die Einkommensteuer im Wege des Lohnsteuerabzugs erhoben (Doralt/Ruppe, Steuerrecht I11, Tz 781). Der Lohnsteuerabzug nach § 70 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 iVm § 99 Abs. 1 Z 1 leg. cit. ist somit lediglich eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer.

§ 3 EStG 1988 befreit nach seinem Einleitungssatz die in dieser Bestimmung aufgezählten geldwerten Vermögenszugänge "von der Einkommensteuer". Die in § 3 EStG 1988 vorgesehenen Steuerbefreiungen gelten grundsätzlich für unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtige (Fuchs in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar, § 3 Tz 2; sowie Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18, § 3 Tz 2).

Der VwGH verweist in seinem Erkenntnis vom , RO 2016/13/0005 darauf, dass sich bereits daraus ergibt, dass auch bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern iSd § 70 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 steuerfreie Einkünfte nicht zur Bemessungsgrundlage der dort vorgesehenen Abzugsteuer gehören. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass § 70 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 für die Berechnung der Abzugsteuer an den "vollen Betrag der Bezüge" anknüpft.

Der VwGH verweist weiters darauf, dass er sich bereits im Erkenntnis , mit der Einbeziehung steuerfreier Einkünfte in die Bemessungsgrundlage der Abzugsteuer nach § 90 Abs. 2 EStG 1953, der wie die in den Streitjahren 2009 bis 2013 geltende Regelung des § 99 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 an den "vollen Betrag der Einnahmen" anknüpfte, auseinandergesetzt hat.

Wie der VwGH weiters ausführt, wurde mit dem Steuerreformgesetz 1993, BGBl. Nr. 818/1993, § 70 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 an die Bestimmung des § 99 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 angeglichen (u.a. Entfall der bloß klarstellenden Beifügung "steuerpflichtigen" vor dem Wort "Bezüge"), um - wie aus dem Ausschussbericht, 1301 BlgNR 18. GP 5, hervorgeht - eine steuerliche Gleichstellung zwischen den Berufsgruppen, die eine Tätigkeit iSd § 99 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 als Selbständige einerseits und als Lohnsteuerpflichtige andererseits ausüben, zu erreichen. Aus diesem Grund werde, so der Ausschussbericht weiter, u. a. eine Angleichung der Bemessungsgrundlagen "(Bruttoeinnahmen)" und des Steuersatzes vorgenommen.

Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass die an die Fußballspieler bezahlten Reiseaufwandsentschädigungen iSd § 3 Abs. 1 Z 16c EStG 1988 nicht in die Bemessungsgrundlage für den Lohnsteuerabzug beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer nach § 70 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 iVm § 99 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 einzubeziehen sind.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine derartige Rechtsfrage liegt hier nicht vor zumal der VwGH über eben diese Rechtsfrage mit Erkenntnis vom , Ro 2016/13/0005 entschieden hat und das gegenständliche Erkenntnis dieser höchstgerichtlichen Entscheidung entspricht.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103642.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at