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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.08.2019, RV/7102964/2011

Geldbeschaffungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch A, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Y vom , betreffend die Körperschaftssteuer für das Jahr 2009 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die X wurde mit Gesellschaftsvertrag vom als B gegründet. Mit Verschmelzungsvertrag und Generalversammlungsbeschluss je vom wurde die Gesellschaft als übertragende Gesellschaft mit der Bf. (im Folgenden kurz Beschwerdeführerin = Bf.) als übernehmende Gesellschaft verschmolzen.

Bei der Bf. fand 2011 eine Betriebsprüfung gem. § 147 Abs. 1 BAO statt, die u.a. die Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2007 – 2009 umfasste. Im Rahmen der Betriebsprüfung wurde u.a. festgestellt, dass Geldbeschaffungskosten für einen im Jahr 2009 aufgenommen Kredit, nämlich € 12.480,00 Eintragungsgebühr für ein Pfandrecht beim Bezirksgericht, € 6.400,00 Rechtsgebühr sowie € 4.000,00 Kreditvertragsgebühr, gesamt sohin € 22.880,00 in diesem Jahr als Sofortaufwand abgesetzt wurden. Die Betriebsprüfung vertrat die Ansicht, dass die Geldbeschaffungskosten auf die gesamte Laufzeit der Verbindlichkeiten zu verteilen wären und eine einmalige Abschreibung als Sofortaufwand nicht möglich ist.

Am wurde eine Niederschrift über die Schlussbesprechung bezüglich der Außenprüfung aufgenommen. Darin wurde eine Zurechnung iHv € 21.736,00 bezüglich der Geldbeschaffungskosten ausgewiesen.

Das Finanzamt erließ am , den Feststellungen der Betriebsprüfung folgend, den Körperschaftssteuerbescheid 2009 und setzte den Abgabenbetrag nunmehr mit € 16.978,74 fest, das einer Nachforderung von € 5.012,33 entsprach. Gleichzeitig wurde der Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung  übermittelt.

Mit Schriftsatz vom erhob die Bf. fristgerecht Berufung gegen den Körperschaftsteuerbescheid und beantragte die Kosten iHv € 21.736,00 als Sofortaufwand im Bescheid zu berücksichtigen. Begründend führte die Bf. nach Wiederholung der Ausführungen der Betriebsprüfung  aus:
„Die Erläuterung der Betriebsprüfung im Betriebsprüfungsbericht trifft vielmehr auf ein Disagio einer Anleihe zu, als auf die hier vorliegenden Geldbeschaffungskosten, die durch die Aufnahme eines Kredits entstanden sind. Zwischen diesen beiden Begriffen – Disagio und Geldbeschaffungskosten – wurde nicht unterschieden. Grundsätzlich findet für die Bf.  das Körperschaftsteuergesetz Anwendung. Dieses verweist in vielen Bereichen auf die steuerrechtlichen Vorschriften des Einkommensteuergesetzes. Das Steuerrecht normiert im § 6 Z 3 EStG letzter Satz: … ,Die Verteilung kann gleichmäßig oder entsprechend abweichenden unternehmensrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung vorgenommen werden.´
Das Steuerrecht normiert im § 6 Z 3 EStG ein Wahlrecht!
Steuerrechtlich ist somit zu untersuchen, ob die unternehmensrechtlichen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) abweichend sind. Wohlgemerkt, der § 6 Z 3 EStG verweist nicht einfach auf einen Paragraphen des UGB, denn der Begriff der GoB ist viel größer gefasst und umfasst mehr als das UGB.
Die GoB sind aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Einflüssen entstanden und daher ist Theorie und Praxis der Wirtschaft sowie die Rechtsprechung zu berücksichtigen. Jedoch ist nur ein Teil von dem, was man heutzutage als GoB bezeichnet rechtlich normiert; es gibt daher eine Vielzahl von Regeln, die in keinem Gesetz festgehalten sind. Jener Teil der GoB, welcher verrechtlicht wurde, nennt man das kodifizierte GoB. Zu ihnen gehören die Rahmengrundsätze, die Abgrenzungsgrundsätze und die ergänzenden Grundsätze.

Gemäß den kodifizierten GoB normiert § 198 Abs. 7 UGB im gegenständliche Fall folgendes: ,Ist der Rückzahlungsbetrag einer Verbindlichkeit zum Zeitpunkt ihrer Begründung höher als der Ausgabebetrag, so ist der Unterschiedsbetrag in den Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite aufzunehmen und gesondert auszuweisen. Der eingesetzte Betrag ist durch planmäßige jährliche Abschreibung zu tilgen.'
Auch der § 198 Abs. 7 UGB beinhaltet ein Wahlrecht!
Wesentlich bei diesen Bestimmungen ist gemäß GoB auch die Unterscheidung ob es sich um ein Disagio, wie es z.B. bei der Ausgabe von Anleihen anfallen kann, oder um Geldbeschaffungskosten für einen Kredit handelt.

Die Argumentation der Betriebsprüfung trifft vielmehr auf ein Disagio zu, nicht jedoch auf einmalige Geldbeschaffungskosten für einen Kredit, Kosten die von der Laufzeit unabhängig sind.

Die Literatur gibt für Geldbeschaffungskosten auf Grund eines Kredites wie folgt Auskunft:
1. Gemäß FG Nr 59 ist der Ansatz von Geldbeschaffungskosten als Sofortaufwand die Regel und man sieht es als zulässig an, Beschaffungskosten von Fremdmitteln zu aktivieren. Dies ist wohl ebenfalls als ein Wahlrecht zu qualifizieren.
2. Quantschnigg/Konezny in Bertl/Egger/Gassner/Lang/Nowotny, (Erfolgsabgrenzung 234) sehen für kurz- und mittelfristige Darlehen eine Verteilung (Aktivierung) eines aktiven Rechnungsabgrenzungsposten insbesondere für die Rechtsgeschäftsgebühren zwar als nicht ausgeschlossen, jedoch nicht üblich und bei Krediten im Hinblick auf die Ungewissheit der betrieblichen Ausnutzung als problematisch an.
3. Wiener Kommentar – Straube- zum UGB, RLG, 4.Lfg. RZ 105: ,Um Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen als Rechnungsabgrenzungsposten zu qualifizierenden und anderen Geldbeschaffungskosten zu vermeiden, gewährt Abs. 7 idF vor EU-GesRÄG ein Wahlrecht für die Aktivierung der mit der Begründung einer Verbindlichkeit unmittelbar zusammenhängenden Kosten.´ In RZ 106: ,Das genannte Wahlrecht wurde als über den Wortlaut des Art 41 Bilanz-Richtlinie hinausgehend ersatzlos gestrichen, sodass Geldbeschaffungskosten nunmehr nur dann zu aktivieren sind, wenn sie als Rechnungsabgrenzungsposten zu qualifizieren sind.'

Sind Gelbeschaffungskosten für einen Kredit wie sie im gegenständlichen Fall angefallen sind gemäß GoB als Rechnungsabgrenzungsposten anzusehen?
4. Mit dieser Frage beschäftigt sich der Wiener Kommentar zum UGB in RZ 87a des § 198 UGB: ,Das pauschale Aktivierungswahlrecht für Geldbeschaffungskosten wurde durch das EU-GesRÄG beseitigt. …' Wie auch die ErläutRV ausführen, schließt dies nicht aus, dass im Einzelfall eine Aktivierung als Rechnungsabgrenzungsposten (…) in Betracht kommen kann. Eine Qualifikation als Rechnungsabgrenzungsposten kommt nicht in Frage, soweit es ich um einmalige Kosten handelt, wie z.B. bei Vermittlungsprovisionen, Kreditgebühren, Druckkosten von Anleihen, weil kein Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag vorliegt, sondern die Leistung in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Zuzählung der Geldmittel erbracht wird. (vgl. Brösel/Olbrich in Kütnig/Pfitzer/Weber § 253 Rz 280; Hüttemann in v Wysocki/Schulze-Osterloh, HDj III/8 Rz 273ff; Adler/Düring/Schmatz § 250 Rz 89 weitergehend für die aktive Abgrenzung von Emissionskosten Claussen/Korth in Köln-Komm § 250 HGB rz25). Zahlungen an Dritte (Gebühren, Kapitalverkehrssteuer, Rechtsanwalts-, Notarkosten, Bearbeitungsgebühren, Druckkosten, Prospekt- und Werbekosten, Vermittlungsprovisionen, Schätzungskosten, Gerichtsgebühren im Grundbuch) sind somit idR nicht aktivierbar (vgl. Ellrott/Krämer in Beck Bil-Komm § 250 Rz43).

Somit ist es geklärt, dass Geldbeschaffungskosten wie sie in diesem strittigen Fall vorliegen keiner Aktivierungspflicht unterliegen und daher als Sofortaufwand behandelt werden müssen.

Und der VwGH? Auch der VwGH (; GZ 2008/15/0070) führt in seinem Erkenntnis unter anderem wie folgt aus: ,…Geldbeschaffungskosten sind grundsätzlich nicht aktivierungspflichtig, sondern laufender Betriebsaufwand'. Und dann wieder der Bezug nach Deutschland: ,Auch in Deutschland wird die Aktivierung von Geldbeschaffungskosten überwiegend abgelehnt, weil diese in der Regel einmalig und vor allem von der Laufzeit der Verbindlichkeit unabhängig sind.'
Der VwGH und die Literatur behandeln somit Geldbeschaffungskosten für einen Kredit als Sofortaufwand.'

Die Bf. beantragte die Vorlage der Berufung an den unabhängigen Finanzsenat sowie eine mündliche Verhandlung.

Am 27. September erging eine abweisende Berufungsvorentscheidung und führte das Finanzamt dazu begründend aus, dass es klar aus dem Gesetz hervorgehe, dass eine Absetzung als Sofortaufwand nicht möglich ist. § 6 Z 3 normiere aus der Sicht der Behörde kein Wahlrecht bezüglich der Aktivierung, sondern lediglich ein Wahlrecht hinsichtlich der Art der Verteilung (linear oder degressiv). Keinesfalls unterliege die Tatsache der Verteilung als solche einem Wahlrecht. In diesem Sinne auch Doralt EStG § 6 Tz 259 mwN. Der steuerlichen eindeutigen Regelung wäre jedenfalls der Vorrang vor allfälligen abweichenden unternehmensrechtlichen Bestimmungen zu geben.
Hinsichtlich des zitierten VwGH-Erkenntnisses aus 2009 verwies die Behörde auf einen komplett anderen Sachverhalt und auf eine andere Rechtslage sowie auf den Umstand, dass bereits das Gesetz eine eindeutige und klare Aussage treffe, sodass die gewünschte Absetzung in steuerlicher Hinsicht nicht zulässig wäre.

Am stellte die Bf. den Antrag auf Vorlage der Berufung zur Entscheidung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Darin ergänzte die Bf. ihre Beschwerde durch folgende Ausführungen:
„Das in der Berufungsvorentscheidung angeführte VwGH Erkenntnis, auch wenn es sich im Erkenntnis um eine andere Einkunftsart handelt, zeigt deutlich, dass Geldbeschaffungskosten im Jahr ihrer Entstehung als Betriebsausgabe absetzbar sind.
Genau diese Absetzbarkeit ist ja im § 6 Z 3 EStG normiert.

Eine Würdigung der unternehmensrechtlichen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung wurde durch die Betriebsprüfung nicht vorgenommen (?) und in der Berufungsvorentscheidung gemäß § 276 BAO vom führt die Finanz aus: ,Eine Betrachtung aus unternehmensrechtlicher Sicht kann somit unterbleiben, da bereits steuerlich (?) eine eindeutige Regelung vorliegt, welcher jedenfalls der Vorrang vor allfälligen abweichenden unternehmensrechtlichen Bestimmungen gebührt.'

Eine solche ,Vorrangregelung' ist allerdings im § 6 Z 3 EStG nicht normiert. Ist doch in dieser Bestimmung definiert, dass die Verteilung von Geldbeschaffungskosten ,Kann' gleichmäßig Oder entsprechend abweichenden unternehmensrechtlichen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung vorgenommen werden.

Der Gesetzestext geht von einer ,Kann-Bestimmung' aus. Es ist kein Muss definiert. Weiters sagt der Gesetzestext aus, dass die Verteilung auch entsprechend unternehmensrechtlicher Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung vorgenommen werden kann. Und genau das ist hier der Fall. Die Verteilung wurde im 1. Jahr vorgenommen, wodurch die gesamten Geldbeschaffungskosten als Betriebsausgabe sofort absetzbar sind.“
Im Anschluss wiederholte die Bf. die Ausführungen ihrer Berufung vom .

Am wurde die Berufung mittels Vorlagebericht dem unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Schriftsatz vom zog die Bf. den Antrag auf Durchführung einer mündliche  Verhandlung zurück.
 

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Im Beschwerdefall ist strittig ob die Bf. Geldbeschaffungskosten im Zusammenhang mit der Aufnahme eines Kredits als Sofortaufwand geltend machen kann.

Sachverhalt

Die Bf. hat im Jahr 2009 anlässlich einer Kreditaufnahme Gelbeschaffungskosten in Höhe von € 22.880,00 als Sofortaufwand berücksichtigt. Darin enthalten waren € 12.400,00 für die Pfandrechtseintragung ins Grundbuch, € 6.400,00 als Rechtsgebühr und € 4.000,00 als Kreditvertragsgebühr.

Im Zuge einer Betriebsprüfung 2011 nahm die zuständige Behörde eine Aktivierung der Geldbeschaffungskosten iHv € 21.736,00 vor.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergab sich aus den vom Finanzamt übermittelten Aktenteilen sowie der Einsichtnahme in Datenbanken des Finanzamtes .

Rechtliche Beurteilung

Geldbeschaffungskosten, welche bei der Aufnahme eines Kredites anfallen, stellen Verbindlichkeiten iSd § 6 Z 3 EStG 1988 dar. Für als solche unmittelbar mit dem Kredit in Verbindung stehende Kosten ist zwingend ein auf die Laufzeit zu verteilender Aktivposten zu bilden. Dies gilt insbesondere für Gerichtgebühren, Verwaltungsgebühren und Kreditgebühren. (vgl. Jakom 2019, § 6 Z 3, Rz 109 f; EStR 2000 idFvom , Rz 2459-2566)

Für eine Berücksichtigung als Sofortaufwand, wie das im Unternehmensrecht bei zeitpunktbezogenen Kosten der Fall ist, bleibt kein Anwendungsbereich. Es wird in der relevanten Bestimmung kein Wahlrecht hinsichtlich der Aktivierung normiert, sondern ein Wahlrecht hinsichtlich der Verteilung des Aktivpostens (linear oder degressiv). (vgl. EStR 2000 idF vom , Rz 2463).

Da aus dem Gesetz  selbst hervorgeht, dass eine Aktivierung erfolgen muss, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Lösung der Rechtsfrage klar aus dem Gesetz ergibt, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Die Revision war daher im gegenständlichen Fall nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Geldbeschaffungskosten
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102964.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at