Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen wegen aufgehobener Haushaltszugehörigkeit
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für das Kind x für den Zeitraum vom bis zum zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Beschluss des BG n vom wurde der Bf. das Recht bzw. die Pflicht ihren minderjährigen Sohn x zu erziehen, zu pflegen und dessen Vermögen zu verwalten entzogen, wobei uno actu die alleinige Obsorge für vorgenanntes Kind der Tochter der Bf. übertragen wurde.
Hierbei ist der Begründung vorstehenden Beschlusses zu entnehmen, dass in Anbetracht von im Rahmen einer tierärztlichen Beschau vom im Haushalt der Bf. festgestellter Missstände der Sohn der Bf. in den, in 1100 Wien domizilierten Haushalt seiner (nunmehr Obsorge berechtigten) Schwester übersiedelt sei. Auf Grund der infolge das Haushaltswechsels erheblichen Verbesserung der Pflege- und Erziehungssituation des Kindes x und der daraus resultierenden Zustimmung der Jugendabteilung der BH z entspreche die hg. Übertragung der Obsorge dem Kindeswohl.
In der Folge wurde von der Bf. mit der Begründung, dass ihr Sohn seit Dezember 2015 nicht mehr ihrem Haushalt angehört habe, mit Bescheid vom Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge als im Zeitraum vom bis zum zu Unrecht bezogen, rückgefordert.
Mit Schriftsatz vom wurde gegen vorgenannten Bescheid Beschwerde erhoben und hierbei seitens der Bf. begründend ins Treffen geführt, dass angesichts der Tatsache, dass ihr Sohn seit seiner Geburt in ihrem Haushalt wohnhaft sei, ihre Anspruchsberechtigung auf Familienbeihilfe außer Zweifel stünde und die Rückforderung schlussendlich auf einem Fehler der belangten Behörde beruhe. Wenn die Bf. als Ergebnis eines Telefonates mit einer Bediensteten des Finanzamtes nunmehr erfahre habe, dass ihre Tochter einen Antrag auf Familienbeihilfe für deren Bruder gestellt habe, so sei anzumerken, dass der Sohn der Bf. nur vorübergehend und ohne polizeiliche Meldung bei seiner Schwester gewohnt habe, respektive dieser in die neue, von der Bf. ab Jänner 2019 bezogene Wohnung mitziehen werde. Darüber hinaus werde x ab dem eine Lehre bei Firma n beginnen, wobei bedingt durch deren angespannte finanzielle Situation sowohl die Tochter der Bf., als auch deren Ehegatte danach trachten, ihrem Sohn die Lehrlingsentschädigung abzunehmen.
Zusammenfassend sei nach dem Dafürhalten der Bf. infolge samt und sonders "positiver" Anspruchsbestätigungen sowie zum Zwecke der endgültigen Sicherung des Geldes für ihren Sohn von der Rückforderung Abstand zu nehmen.
In der Folge schloss sich die belangte Behörde obiger Argumentation nicht an und wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom ab. Hierbei wurde begründend ins Treffen geführt, dass der Sohn der Bf. erklärt habe, - von wenigen Unterbrechungen abgesehen -, seit dem Juli 2015 dem Haushalt seiner Schwester anzugehören.
Die Bf. brachte am gegen vorgenannte BVE einen Vorlageantrag ein und betonte im Wesentlichen, dass x seit seiner Geburt stets ihrem Haushalt angehört habe und ergo dessen das exklusive Recht auf den Bezug von Familienbeihilfe ihrer Person zustehe. Der Vollständigkeit halber sei nochmals auf die Meldebestätigungen, der gemäß der Sohn der Bf. samt und sonders dem mütterlichen Haushalt angehört habe, zu verweisen. Im Übrigen habe die Bf. ihren Sohn auf die Folgen einer Falschaussage vor Verwaltungsbehörden bzw. Gerichten hingewiesen.
Als Ergebnis einer am erfolgten Rücksprache des BFG mit dem, den Obsorgebeschluss vom fassenden Richter des BG n ist festzuhalten, dass nämlicher, im Jänner 2016 in Rechtskraft erwachsener Beschluss nach wie vor aufrecht ist, respektive einem dg. Antrag der Bf. auf "Rückgewinnung" des Sorgerechts für das Kind x kein Erfolg beschieden war. Des Weiteren wurde seitens eines Organes der BH y, Abteilung Jugendwohlfahrt am fernmündlich bestätigt, dass nach Aktenlage x im Juli 2015 in den, in 1100 Wien domizilierten Haushalt seiner Schwester gezogen ist, bzw. ab November 2016 in deren nunmehr in a n, o befindlichen Haushalt übersiedelt ist, wobei im Zuge - unter anderem durch Eingaben der Bf. bedingter - behördlicher Nachschauen an nämlicher Adresse angetroffen worden sei. Der Vollständigkeit halber wurde seitens der Vertreterin der Jugendwohlfahrt angemerkt, dass - bezogen auf den Rückforderungszeitraum die Wohnungen der Bf. schon ob ihrer Beschaffenheit für die Erziehung und Pflege eines Kindes völlig ungeeignet gewesen seien.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Streitgegenstand
Eingangs verbleibt die Bf. seitens des Verwaltungsgerichtes darauf hinzuweisen, dass - angesichts weitwendiger, in nämliche Richtung abzielender Ausführungen im Rechtsmittelschriftsatz nicht die Familienbeihilfeanspruchsberechtigung ihrer Tochter auf dem Prüfstand des BFG steht, sondern vielmehr die Rechtmäßigkeit der gegenüber der Bf. vermittels Bescheid für den Zeitraum vom bis zum verfügte Rückforderung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge den Streitgegenstand des Verfahrens bildet.
2. Anspruchsberechtigung der Bf. im Zeitraum vom bis zum
2.1. Rechtsgrundlagen
Die Bestimmung des § 2 FLAG 1967 - in ihren für das Erkenntnis relevanten Passagen - lautet wie folgt:
§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
----------
(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört.
Die Bestimmung des § 26 FLAG lautet:
§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
---------
Die Bestimmung des § 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:
(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
Die Bestimmungen der §§ 166 und 167 BAO lauten:
§ 166. Als Beweismittel im Abgabenverfahren kommt alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.
§ 167. (1) Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.
(2) Im übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
2.2. Rechtliche Würdigung
Ausgehend von der Aktenlage dem Vorbringen der Bf. sowie den seitens des Verwaltungsgerichtes gepflogenen Ermittlungen beim BG n sowie bei der BH y, Abteilung Jugendwohlfahrt war betreffend die Haushaltszugehörigkeit des Kindes x, respektive andersrum gesprochen die Rechtmäßigkeit der Rückforderung der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum vom bis zum wie folgt zu befinden:
Der Begriff der Haushaltszugehörigkeiteines Kindes wird von Merkmalen verschiedenster Art geprägt. Die Haushaltszugehörigkeit leitet sich aus dem Zusammenwirken örtlicher Gegebenheiten sowie materieller und immaterieller Faktoren ab. Ein Kind gilt als haushaltszugehörig, wenn es in einem bestimmten Haushalt wohnt, betreut und versorgt wird. Es ist dabei nicht erforderlich, dass das Kind ständig in diesem Haushalt (Familienwohnung) anwesend ist. Sie verlangt jedoch sowohl einen Familienwohnsitz (Haushalt), der vom Elternteil und dem Kindes gemeinsam regelmäßig genutzt wird, als auch, dass der Elternteil die Verantwortung für das materielle Wohl (Wirtschaftsführung und Kostentragung) des haushaltszugehörigen Kindes trägt (vgl. ).
Aus den im Verwaltungsgeschehen dargestellten Ermittlungsergebnissen, sprich den Angaben des den Obsorgebeschluss fassenden Richters sowie des Organs der BH y, Abteilung für Jugendwohlfahrt, sieht es das BFG als erwiesen an, dass der Sohn der Bf. im streitgegenständlichen Zeitraum dem Haushalt seiner Schwester, welcher die Erziehung und Pflege des Kindes seit Dezember 2015 bis laufend gerichtlich auferlegt ist, angehört hat. Nämliche Schlussfolgerung gründen vor allem auf den Ergebnissen mehrmaliger Nachschauen von Organen der Jugendwohlfahrt an der Adresse, in a n, o, denen gemäß x in nämlicher Wohnung regelmäßig anzutreffen war, sowie aus jenen, auf Grund von behördlichen "Besuchen" an den Wohnsitzen der Bf. geschöpften Erkenntnissen, wonach schon allein aus deren Beschaffenheit auf die schlichtweg Unmöglichkeit der Pflege und Erziehung eines Kindes zu schließen war.
In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass aus den seitens des Sohnes der Bf. getätigten Ausführungen hin und wieder in der Wohnung der Bf. genächtigt zu haben, nicht auf eine Zughörigkeit zu deren Haushalt zu schließen ist, sondern diese nur als nicht zur Aufhebung der Zugehörigkeit zum Haushalt seiner Schwester führende vorübergehende Absenzen zu werten sind.
Dem gegenüber vermochte die von der Bf. ins Treffen geführte durchgehende polizeiliche Meldung ihres Sohnes an deren Wohnsitzen, dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen, da polizeiliche Meldungen, lediglich - ein widerlegbares Indiz für das Vorliegen einer Wohngemeinschaft bieten - ohne die Eignung zu besitzen einen vollen Beweis über die - wie im vorliegenden Fall evidenter Maßen anders gelagerten Verhältnisse - sprich der Haushaltszugehörigkeit zu bieten (VwGH v.,17/1388/80).
Ebenso vermochte der Einwand, seitens des Finanzamtes durchgehend positive Bestätigungen betreffend des Bestehens ihres Anspruches auf Familienbeihilfe erhalten zu haben, an der Rechtmäßigkeit der Rückforderung im streitgegenständlichen Zeitraum keine Änderung herbeizuführen, da vorgenannte Mitteilungen ex lege nicht als Bescheid zu qualifizieren sind, mit der Folge, dass im Falle nach erfolgter Auszahlung der Beihilfe behördlicherseits konstatierter Anspruchsmängel nämliche als unrechtmäßig bezogen vermittels Bescheid zurückzufordern sind.
In Ansehung vorstehender Ausführungen war daher wie im Spruch zu befinden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine derartige Rechtsfrage liegt im zu beurteilenden Fall nicht vor, da die "Feststellung" der mangelnden Anspruchsberechtigung der Bf. im Rückforderungszeitraum einerseits das Ergebnis der Würdigung der Beweise durch das Verwaltungsgericht widerspiegelt, andererseits diese unmittelbar auf den Bestimmungen des FLAG 1967, respektive der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fußt.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 166 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103690.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at