Aufwendungen für das Bachelorstudium "Gesundheitsmanagement" als Umschulungskosten einer technischen Angestellten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache der BF., über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Graz-Umgebung vom betreffend 1. Abweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO hinsichtlich Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016, 2. Abweisung eines Antrages auf Aufhebung gemäß § 299 BAO hinsichtlich Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 sowie 3. Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 zu Recht erkannt:
1. Die Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid betreffend den Antrag auf Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 1 BAO hinsichtlich Einkommensteuer 2016 wird abgewiesen.
2. Der Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid betreffend den Antrag auf Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 BAO hinsichtlich Einkommensteuer 2017 wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, als dem Antrag auf Aufhebung vom stattgegeben und der Einkommensteuerbescheid 2017 vom gemäß § 299 BAO aufgehoben wird.
3. Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 wird Folge gegeben und die Einkommensteuer 2018 wird mit - € 2.112,-- (Gutschrift) festgesetzt.
Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage sowie der Höhe der festgesetzten Abgabe ist dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen; dieses bildet einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
4. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin (Bf.) erzielte in den Streitjahren 2016 bis 2018 nichtselbständige Einkünfte aus ihrer Tätigkeit als technische Angestellte. Strittig ist, ob die von ihr geltend gemachten Aufwendungen für das Bachelorstudium „Gesundheitsmanagement“ an der IUBH (Internationale Hochschule in Bad Honnef, Deutschland) als Umschulungskosten iSd § 16 Abs. 1 Z 10 EStG abzugsfähig sind.
Sachverhalt und Verfahrensgang:
Mit Eingabe vom wandte sich die Bf. mit dem Ansuchen an die belangte Behörde, diese möge für die Jahre 2016, 2017 und 2018 die Kosten für ihr Bachelorstudium als Werbungskosten anrechnen. Sie habe neben ihrer Vollzeitbeschäftigung das Fernstudium „Gesundheitsmanagement“ an der internationalen Hochschule IUBH mit Sitz in Deutschland auf sich genommen, um bei ihrem Arbeitgeber (einem Energieunternehmen) in eine besser gestellte Abteilung (betriebliches Gesundheitsmanagement) wechseln zu können. Die Bf. befinde sich derzeit in Regelstudienzeit in der Endphase des Studiums; ihre Bachelorarbeit werde von ihrem Arbeitgeber unterstützt. Das Studium habe sie selbst finanziert und sei sehr kostenintensiv. Sie legte Studiengebührenbescheinigungen und Bestätigungen über die erbrachten Studiengebühren in Höhe von insgesamt € 9.145 vor (2016: € 1.888,--; 2017: € 3.204,--; 2018: € 4.053,--).
Über Vorhalt des Finanzamtes teilte die Bf. der belangten Behörde mit Schreiben vom mit, sie arbeite seit 1995 bei der E-AG. Sie habe bereits vor Jahren erkannt, dass sich das Gesundheitsmanagement im Aufbau befinde und hier noch viel Handlungsbedarf bestehe. Daher habe sie aus taktischen Gründen die Ausbildung begonnen, um in Zukunft im Unternehmen einen Umstieg ins Team „Arbeitspsychologie, Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin“ zu versuchen. Der Arbeitspsychologe ihres Arbeitgebers betreue ihre Bachelorarbeit, sie könne aber noch nicht sagen, ob sich daraus eine fixe Arbeitsstelle in dieser Abteilung ergebe.
Am erließ die belangte Behörde die drei angefochtenen Bescheide. Für das Jahr 2016 wertete sie das Ansuchen der Bf. vom als Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs.1 BAO und wies diesen ab. Für das Jahr 2017 beurteilte das Finanzamt das Ansuchen als Antrag auf Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1. BAO und wies diesen ebenfalls ab. Für das Jahr 2018 setzte die belangte Behörde im Einkommensteuerbescheid nur das Werbungskostenpauschale in Höhe von € 132,-- an und lies die beantragten Umschulungskosten außer Ansatz. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Umschulungskosten seien nicht anzuerkennen, da die Bf. keine Einkünfte aus dieser (neuen) Tätigkeit erziele. Werde jedoch in der Folge tatsächlich ein Gesamtüberschuss aus dieser Tätigkeit erzielt, stelle dies ein rückwirkendes Ereignis dar, welches zu Bescheidabänderungen gemäß § 295a BAO führe.
Gegen die oa. Bescheide erhob die Bf. Beschwerde. Sie übe derzeit den Beruf einer technischen Zeichnerin aus und stelle das Studium „Gesundheitsmanagement“ sohin eine absolut neue berufliche Tätigkeit dar. Ihr Ehemann sei Facharzt für Unfallchirurgie und überlege, eine Ordination zu eröffnen. Durch ihre Ausbildung könne sie in der Praxis sämtliche gesundheitsmanagement-relevanten Agenden übernehmen und so länger im Berufsleben bleiben. Die Unkündbarkeit sei bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber weggefallen und sei durch ihr fortgeschrittenes Alter von 54 Jahren eine schlechte Vermittelbarkeit in ihrem derzeitigen Berufsfeld gegeben. Zudem könne sie sich die wirtschaftlich bedingten Umstrukturierungsmaßnahmen ihres Arbeitgebers wie Vorruhezeitmodelle und Altersteilzeit finanziell nicht leisten.
Mit Schreiben vom ersuchte die belangte Behörde die Bf., folgende Fragen zu beantworten:
„Welche Tätigkeit üben Sie derzeit aus (kurze Arbeitsplatzbeschreibung)? Ist Ihr Arbeitsplatz gefährdet (Versetzung, Kündigung, usw.)?
Wie hängen die Bildungsmaßnahmen mit Ihrem Beruf, einer besseren Position oder dem nächsten Berufswunsch zusammen?
Eine umfassende Umschulung in einen anderen Beruf ist abzugsfähig, wenn Sie in absehbarer Zeit steuerpflichtige Einnahmen erzielen. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie dafür schon gesetzt?
Haben Arbeitgeber oder Förderstellen wie z. B. Land oder AMS Ihre Kosten ganz oder teilweise ersetzt? Dann geben Sie uns bitte die Höhe bekannt.
Umschulungsmaßnahmen - Abzielen auf die tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes
Es wird ersucht nachweisen oder glaubhaft zu machen, dass die Umschulungsmaßnahme tatsächlich auf die Ausübung eines anderen Berufs abzielt. Der Zweck der Umschulung muss darin bestehen, eine andere Berufstätigkeit tatsächlich ausüben zu wollen: Bitte erläutern Sie Ihre zu Grunde liegenden Motive der Bildungsmaßnahme und teilen Sie uns den Zeitplan Ihrer Bildungsmaßnahme ab dem Jahre 2016 mit.“
In ihrer Antwort vom wiederholte die Bf. ihr Vorbringen und führte ergänzend im Wesentlichen aus, sie habe bereits Einkünfte aus der Tätigkeit als Gesundheitsmanagerin erzielt. Sie habe ein bezahltes Praktikum am Universitätsklinikum Graz im Zuge der Initiative „Rauchfreies Krankenhaus“ absolviert. Ebenso habe sie sich per Initiativbewerbungen am Uniklinikum Graz, Graz-West und dem UKH für den Bereich Gesundheitsmanagement beworben. Es bestehe ihrerseits der Wunsch, den Beruf zu wechseln und als Gesundheitsmanagerin eine Stelle zu finden. Für die Umschulungsmaßnahme habe sie keinerlei Kostenersatz durch Förderstellen, Arbeitgeber, Land oder AMS lukriert.
Mit Eingabe vom legte die Bf. einen Ausdruck ihrer Bewerbungen im Onlineportal der KAGES vor und führte ergänzend aus, die Initiativbewerbungen würden ihr großes Interesse an ihrem neuen Berufsfeld belegen und die auf dem Ausdruck angeführte Stelle als Promotorin „Rauchfreies Krankenhaus“ habe sie bereits angenommen. Sie habe die Umschulungsmaßnahme mit dem Ziel vorgenommen, sich beruflich zu verändern, zu entwickeln und aufzusteigen.
Am ergingen – mit nachfolgend angeführter Begründung - die abweisenden Beschwerdevorentscheidungen :
„(…) In Ihrem Fall ist davon auszugehen, dass die Einkunftserzielung in Ihrem derzeit ausgeübten Beruf auf Grund von Arbeitslosigkeit nicht bedroht ist und dass eine weitere Einkunftserzielung im bisherigen Beruf nicht gefährdet ist. Es ist aus Sicht des Finanzamt auch nicht zu erwarten, dass die Verdienstmöglichkeiten durch die Umschulung zur Gesundheitsmanagerin verbessert werden und Sie ernsthaft beabsichtigen, Ihre derzeitige Tätigkeit aufzugeben oder wesentlich einzuschränken, da Sie auch in der Beschwerdebegründung angegeben haben, dass Sie sich finanzielle Einbußen bei einem Vorruhestandmodell Ihres Arbeitgebers "nicht leisten könnten". Dass eine Umschulungsmaßnahme auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen muss, ist in Verbindung mit dem allgemeinen Abzugsverbot von Aufwendungen für die Lebensführung gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 zu sehen. Sie haben glaubhaft gemacht, dass Sie das (Fern)Studium ernsthaft betrieben haben und innerhalb der Regelstudienzeit abgeschlossen haben und derzeit die Thesis vorbereiten und diese wird voraussichtlich im Juni 2019 fertig sein. Sie haben den "Wunsch" geäußert als Gesundheitsmanagerin tätig zu sein und angeführt, dass es Bestrebungen gibt, dass Ihr Ehepartner "eine Ordination eröffnet, in der Sie als Gesundheitsmanagerin tätig werden könnten"; konkrete Maßnahmen dahingehend bzw. eine Stellungnahme Ihres Ehepartners haben Sie uns nicht übermittelt.
Der Zweck der Umschulung muss darin bestehen, eine andere Berufstätigkeit tatsächlich ausüben zu wollen und ist dies im Einzelfall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Aus Sicht des Finanzamtes besteht glaubhaftes Bestreben Ihrerseits als Gesundheitsmanagerin tätig zu werden; es bestehen allerdings Zweifel, dass sich Ihre Umschulungsmaßnahme (auch) zur Befriedigung privater Interessen bzw. Neigungen eignet, zumal Sie Ihre Umschulungsmaßnahmen im Alter von 52 Jahren begonnen haben und Ihr Ehepartner und Ihre Tochter ebenfalls im Gesundheitsbereich tätig sind. (…) Ihr Arbeitsplatz ist nicht von Arbeitslosigkeit bedroht, eine Einkunftserzielung im bisherigen Beruf scheint nicht gefährdet und ist auch nicht zu erwarten, dass die Verdienstmöglichkeiten als Gesundheitsmanagerin verbessert werden; sollten Sie bei Ihrem Arbeitgeber als Gesundheitsmanagerin tätig werden, dann wird dies im Rahmen Ihres derzeitigen Arbeitsplatzes erfolgen.
Auf Grund der vorstehenden Ausführungen ist aus Sicht des Finanzamtes eine Einkünfteerzielung auf Grund des Gesamtbildes der Verhältnisse von vornherein nicht zu erwarten (…).“
Im Vorlageantrag vom führt die Bf. ergänzend aus, es sei vollkommen lebensfremd, wenn ein derart hoher Betrag aufgewendet werden würde, um private Interessen zu befriedigen.
Über Vorhalt des BFG teilte die Bf. ergänzend mit, dass sie bezüglich für sie interessanter Stellenangebote in persönlichem Kontakt mit dem Personalbüro der KAGES stehe. Da sie bereits bei der Initiative „Rauchfreies Krankenhaus“ tätig gewesen sei, sei die KAGES neuerlich mit der Frage an sie herangetreten, ob sie wieder für diese Initiative arbeiten möchte (entsprechende Mail-Kommunikation wurde vorgelegt). Die Tätigkeit umfasse dabei: Promotorentätigkeit; Kontrolle und Beratung in den (Nicht-)Raucherzonen; Standortbetreuung beim Gesundheitstag; Feedbackbesprechung mit der Qualitätsbeauftragten und weitere Planung von Einsätzen. Diese Arbeiten seien jeweils tageweise angelegt, brutto habe sie dafür Einkünfte von € 100,-- pro Tag erzielt. Ihr Wunscharbeitgeber wäre die KAGES, diese würde ihre Initiativbewerbungen bei Freiwerden einer entsprechenden Stelle – laut Mitteilung des zuständigen Personalverantwortlichen – berücksichtigt (E-Mails der Bf. an das BFG vom 27.8. bzw. ).
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Zur Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO bzw. Aufhebung gemäß § 299 BAO:
Für die Beurteilung von Anbringen eines Steuerpflichtigen kommt es nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und die zufällig verbalen Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes (vgl. ). Parteienerklärungen im Verwaltungsverfahren sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, dh. es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss (vgl. . 2001/14/0229).
Das Finanzamt legte die Ansuchen der Bf. vom , die Umschulungskosten für die Jahre 2016 bis 2018 in der Arbeitnehmerveranlagung zu berücksichtigen, zugunsten der Beschwerdeführerin für das Jahr 2016 als Wiederaufnahmeantrag gemäß § 303 BAO sowie für das Jahr 2017 als Antrag auf Aufhebung gemäß § 299 BAO aus.
Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wieder aufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Gemeint sind Tatsachen, die zwar im Zeitpunkt der Bescheiderlassung "im abgeschlossenen Verfahren" bereits existierten, aber erst danach hervorgekommen sind (vgl. ). Bei einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist das Neuhervorkommen von Tatsachen aus der Sicht des Antragstellers zu beurteilen (vgl. , bestätigt durch die Entscheidung vom , Ro 2016/15/0036). Der Bf. waren bei rechtskräftigem Abschluss der Veranlagung 2016 die angefallenen Kosten für das begonnene Studium „Gesundheitsmanagement“ zweifelsohne bereits bekannt. Wenn die Bf. vorbringt, „nach Informationen einer Mitarbeiterin des Finanzamtes“ trete sie nunmehr mit dem Ansuchen an die Abgabenbehörde heran, (nachträglich) ihre Ausbildungskosten steuerlich zu berücksichtigen, so wird damit kein tauglicher Wiederaufnahmsgrund dargetan. Denn neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung von Sachverhaltselementen (etwa nach vorhergehender Fehlbeurteilung oder infolge Unkenntnis der Gesetzeslage) sind keine geeigneten Wiederaufnahmsgründe (zB Ritz, BAO 6. Auflage, § 303 Rz 23, mwN). Eine neue Tatsache im oa. Sinne liegt daher nicht vor, daher kommt eine Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs 1 BAO für das Streitjahr 2016 nicht in Betracht. Die Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid betreffend das Jahr 2016 war daher abzuweisen.
Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Gemäß § 302 Abs. 1 BAO sind Aufhebungen gemäß § 299 BAO bis zum Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe des Bescheides zulässig. Der Bescheid zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2017 erging am . Sohin ist der Antrag auf Aufhebung gemäß § 299 BAO am jedenfalls fristgerecht.
Wie in der Folge (unter Punkt 2.) dargestellt wird, ist der (ursprüngliche) Einkommensteuerbescheid 2017 vom mit Rechtswidrigkeit behaftet, da die beantragten Kosten entgegen der Ansicht des Finanzamtes als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Dem Antrag auf Aufhebung war daher Folge zu leisten und der angefochtene Abweisungsbescheid spruchgemäß abzuändern. In weiterer Folge wird das Finanzamt für das Jahr 2017 den „neuen“ (den aufgehobenen Bescheid ersetzenden) Bescheid zu erlassen haben. Da dieser nicht „Sache“ des Beschwerdeverfahrens gegen die Verweigerung der Aufhebung hinsichtlich der Einkommensteuer 2017 war, obliegt dessen Erlassung jedenfalls (wiederum) dem Finanzamt (s. zB Ellinger ua., BAO – 15. Ergänzungslieferung, § 299 Anm. 21).
2. Bachelorstudium „Gesundheitsmanagement“ als steuerlich zu berücksichtigende Umschulungsmaßnahme:
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Nach 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 zählen dazu auch Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen.
Der Begriff der "Umschulung" setzt voraus, dass der Steuerpflichtige eine Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat.
Umschulungsmaßnahmen im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 müssen so umfassend sein, dass sie den Einstieg in einen anderen Beruf ermöglichen, der mit der bisherigen Tätigkeit nicht verwandt ist. Der Zweck der Umschulung muss darin bestehen, eine andere Berufstätigkeit tatsächlich ausüben zu wollen, wobei die neue Tätigkeit jedenfalls über eine hobbymäßige Verwertung hinausgehen muss (Jakom/Lenneis EStG12, § 16, Rz 50 und 51).
Nach dem Vorbringen der Bf. handelt es sich um eine Umschulung vom Beruf einer technischen Angestellten zur Gesundheitsmanagerin. Diese beiden Berufe sind nicht miteinander verwandt, sodass es sich bei der Gesundheitsmanagerin zweifelsohne um einen anderen Beruf iSd § 16 Abs. 1 Z 10 EStG handelt.
Bei dem Bachelorstudium "Gesundheitsmanagment" handelt es sich nach Art und Umfang der Lehrinhalte jedenfalls um eine umfassende Umschulungsmaßnahme, mit der eine neue berufliche Tätigkeit ausgeübt werden kann. Das Studium umfasst insgesamt sechs Semester und beinhaltet eine Bachelorarbeit mit einem Umfang von ca. 40 Seiten (inkl. umfassender Literaturanalyse). Der Lehrplan umfasst zB folgende Module/Themenbereiche: Betriebswirtschaft, Buchführung und Bilanzierung, Technik im Gesundheitswesen, Marketing, Statistik, Recht im Gesundheitswesen, Controlling, Abrechnungssysteme, Sozialpolitik, Dienstleistungsmanagement im Gesundheitswesen, Unternehmensrecht, Unternehmensführung, Projektmanagement, Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen, E-Health etc. Das gegenständliche Fernstudium spricht daher auf Grund der vermittelten Inhalte schon seiner Art nach nicht für eine (überwiegend) private Veranlassung (im Gegensatz zu Seminaren, die zB der Persönlichkeitsentwicklung dienen).
Bei Umschulungsmaßnahmen handelt es sich um Aufwendungen im Zusammenhang mit einem bisher noch nicht ausgeübten Beruf, also um vorweggenommene Werbungskosten. Solche Aufwendungen müssen die tatsächliche Ausübung eines neuen Berufes bezwecken. Es müssen Umstände erkennbar sein, die objektiv auf die ernsthafte und konkrete Absicht zur Einkünfteerzielung schließen lassen. Die Absicht zur späteren Einnahmenerzielung ist aus der Perspektive des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. zB ; Jakom/Lenneis, aaO, § 16 Rz 51, mwH; Sutter/Pfalz in Hofstätter/Reichel EStG, § 16 Abs 1 Z 10, Rz 20).
Im gegenständlichen Fall sprechen – neben der oa. Art und Umfang des Studiums – auch die Höhe der Studiengebühren und die Absolvierung der Prüfungen in Regelstudienzeit gegen eine private Veranlassung. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die hohen Kosten und der Zeitaufwand zum Privatvergnügen aufgewendet würden (s. dazu zB ).
Überdies räumt selbst das Finanzamt ein, dass die Bf. das ernsthafte Betreiben des Studiums sowie ihr Bestreben, als Gesundheitsmanagerin tätig zu werden, glaubhaft dargelegt hat (s. Beschwerdevorentscheidung, S. 2 unten).
Entgegen dem Meinungsstand der belangten Behörde sprechen nach Ansicht des BFG die Umstände, dass die Umschulungsmaßnahme im Alter von über 50 Jahren begonnen wurde und zudem Familienmitglieder der Bf. im gleichen Berufsfeld tätig sind, nicht zwingend dafür, das Studium diene (vorwiegend) der Befriedigung von privaten Interessen.
Der subjektive Wille der Bf. zur Einkünfteerzielung im neuen Beruf tritt im gegenständlichen Fall klar und deutlich nach Außen in Erscheinung, denn die Bf. hat bereits konkrete Maßnahmen für die neue berufliche Tätigkeit gesetzt. In diesem Zusammenhang sind die bereits absolvierten – und bezahlten (!) - Praktika und die erfolgten Initiativbewerbungen für die Tätigkeit als Gesundheitsmanagerin starke Indizien für die ernsthafte und konkrete Absicht der Bf., im neuen Beruf Einkünfte erzielen zu wollen.
Im Erkenntnis vom , 2011/15/0047, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass steuerlich zu berücksichtigende Umschulungskosten solche Aufwendungen sind, die zur Sicherung des künftigen Lebensunterhaltes des Steuerpflichtigen beitragen sollen und daher künftiges Steuersubstrat darstellen.
Die steuerliche Abzugsfähigkeit einer mit der konkreten Absicht auf künftige Einnahmenerzielung betriebenen Umschulungsmaßnahme liegt selbst dann vor, wenn die tatsächliche Ausübung des angestrebten Berufes scheitert, etwa weil der Steuerpflichtige keinen entsprechenden Arbeitsplatz findet. Denn verschafft doch grundsätzlich keine Ausbildung eine Garantie, nach ihrem Abschluss in einem vorher festgelegten Bereich beruflich tätig sein zu können (Jakom/Lenneis EStG12, § 16, Rz 51, ).
Die Bf. hat ihre nichtselbständige Tätigkeit als technische Angestellte bis zum heutigen Tag nicht aufgegeben, was der Abzugsfähigkeit der Ausbildungskosten als Umschulungskosten jedoch nicht abträglich ist.
Im Vorhalteverfahren vor dem BFG legt die Bf. glaubhaft dar, dass sie erneut für die Initiative „Rauchfreies Krankenhaus“ tätig sein und dadurch in ihrem neuen Beruf Einkünfte erzielen wird. Weiters steht sie in engen Kontakt mit dem Personalbüro ihres Arbeitgebers, aber auch mit jenem einer großen Krankenhausgesellschaft, um allenfalls eine sich auftuende Jobmöglichkeit ergreifen zu können. Der Umstand, dass es der Bf. bis dato nicht gelungen ist ihren neuen Beruf als Haupttätigkeit auszuüben, schließt eine Abzugsfähigkeit nicht aus.
Das Gesamtbild der Verhältnisse spricht folglich für das Vorliegen der Absicht, Einnahmen aus der gegenständlichen neuen Tätigkeit zu erzielen.
Wie bereits im verfahrensrechtlichen Teil des Erkenntnisses festgestellt, war die Beschwerde für das Jahr 2016 – mangels Hervorkommen neuer Tatsachen - abzuweisen. Die Bescheide für die Jahre 2017 und 2018 waren hingegen - infolge Stattgabe der Beschwerden - wie im Spruch ersichtlich abzuändern.
3. Zulässigkeit der Revision:
Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht ist von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen, sondern stützt sich in der vorliegenden Entscheidung vielmehr auf die einschlägige (zitierte) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Da sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist eine Revision nicht zulässig.
Beilage: 1 Berechnungsblatt
Graz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Umschulungskosten Fernstudium Hochschule |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.2100678.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at