Abänderung abgeleiteter Bescheide auch in Belangen über den Änderungsgrund hinaus
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter MMag. Gerald Erwin Ehgartner in der Beschwerdesache BF, vertreten durch Keber & Keber Steuerberatungs GmbH, Börsegasse 9/2, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom , betreffend Einkommensteuer 2008 zu Recht:
I. Der Beschwerde wird keine Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO wie folgt abgeändert:
Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb betragen EUR 2.415,79
Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung betragen EUR 15.000,00
Es ergibt sich ein Gesamtbetrag der Einkünfte von EUR 46.349,79
Es ergibt sich ein Einkommen im Jahr 2008 von EUR 46.330,96
Die Einkommensteuer wird für das Jahr 2008 festgesetzt mit EUR 14.704,48
II. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Für den Veranlagungszeitraum 2008 erging mit von Amts wegen ein Einkommensteuerbescheid mit einem Gesamtbetrag der Einkünfte iHv EUR 28.934,00. Begründend findet sich ausgeführt, dass wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO im Schätzungswege erfolgt sei.
Datiert mit wurde ein neuer, auf § 295 BAO gestützter, Einkommensteuerbescheid 2008 erlassen, mit dem eine Anpassung an Grundlagenbescheide erfolgen sollte: Der Gesamtbetrag der Einkünfte wurde - um Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv EUR 2.463,82 und um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iHv EUR 15.000,00 - von zuvor EUR 28.934,00 auf EUR 46.397,82 erhöht.
Begründend erfolgte die Ausführung, dass die Änderung gemäß § 295 BAO aufgrund der bescheidmäßigen Feststellungen vom (Verweis auf die "Sys-KG"; in der Folge S-KG) erfolgt sei. Zudem liege ein Feststellungsbescheid betreffend Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vor und der Anteil des Beschwerdeführers sei mit dem ermittelten Betrag angesetzt worden.
Mit Beschwerde vom wurde der mit datierte Einkommensteuer-bescheid 2008 angefochten und sinngemäß beantragt, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht festzusetzen.
Begründend wurde ausgeführt, dass die zugrundeliegenden Feststellungsbescheide, aus denen die Tangentenzurechnungen abgeleitet worden waren, dem Geschäftsführer der S-KG unbekannt gewesen seien; entweder existierten demnach die Feststellungen nicht oder seien die Bescheide zumindest nicht ordnungsgemäß zugestellt worden.
Betreffend die zugerechneten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung fehle überhaupt jede Begründung oder Erklärung und diese könnten nicht aus dem Grundlagenbescheid zur angeführten Steuernummer stammen, da jene Gesellschaft (nur) Einkünfte aus Gewerbebetrieb erziele.
Die Beschwerdevorentscheidung vom erging abweisend. Begründend wird ausgeführt, dass ein Bescheid, dem Entscheidungen zugrunde liegen, die in einem Feststellungsbescheid getroffen wurden, gemäß § 252 Abs 1 BAO nicht mit der Begründung angefochten werden könnten, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend seien.
Klarstellend findet sich der Hinweis, dass die zugerechneten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von der Beteiligung an der "Eqo-KEG" (in der Folge E-KEG) herstammten, jene aus Gewerbebetrieb von der S-KG (jeweils mit genauer Firmenbezeichnung und Adresse angeführt). Ergänzend findet sich ein Verweis auf die Bestimmung des § 295 BAO.
Mit wurde die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragt. Im Schreiben findet sich das ergänzende Vorbringen, dass die Begründung der Beschwerdevorentscheidung am Sachverhalt vorbeigehe. Konkret sei zur E-KEG gar kein geänderter Bescheid ergangen und sei der S-KG kein geänderter Bescheid zugestellt worden.
Mit Schreiben von und zog der Beschwerdeführer die Anträge auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Senat zurück.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen
1. Feststellungen und Beweiswürdigung
1.1 Zur Tangentenzurechnung aus der S-KG
Am erging an den Beschwerdeführer der erste Einkommensteuerbescheid 2008 (ohne Zurechnung einer Gewinntangente aus der S-KG).
Mit erging an die Sys-KG ("S-KG") " der Feststellungsbescheid 2008 (§ 188 BAO). Unter der Nummer 171 werden dem Beschwerdeführer im Spruch des Feststellungsbescheides Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv EUR 2.479,83 zugerechnet. Laut Bescheid sind in den Einkünften endbesteuerungsfähige Kapitalerträge iHv EUR 64,04 enthalten und wurde von den Einkünften Kapitalertragsteuer iHv EUR 16,01 einbehalten.
Am Bescheid findet sich der Hinweis, dass der Bescheid gegen alle Beteiligten wirkt, denen Einkünfte zugerechnet werden (§ 191 Abs 3 BAO) und, dass mit der Zustellung dieses Bescheides an die nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person die Zustellung an alle Beteiligten als vollzogen gilt (§ 101 Abs 3 und 4 BAO).
Der per RSb versendete Bescheid wurde von der steuerlichen Vertreterin der S-KG, der Dkfm. Johann Putzer Wirtschaftstreuhand-Gesellschaft m.b.H., die vor der Abgabenbehörde als Zustellbevollmächtigte der S-KG ausgewiesen ist, am übernommen. Ein entsprechender Zustellnachweis ist vorliegend.
Gegen diesen Feststellungsbescheid ging mit eine Beschwerde ein, die mit Beschwerdevorentscheidung vom abweisend erledigt wurde (wieder findet sich der Hinweis, dass der Bescheid gegen alle Beteiligten wirkt, denen Einkünfte zugerechnet werden und die Zustellung mit der Zustellung des Bescheides an die vertretungsbefugte Person an alle Beteiligten als vollzogen gilt). Am langte ein Vorlageantrag ein. Mit erfolgte aufgrund der Abgabe einer Zurücknahmeerklärung die Gegenstandsloserklärung des Vorlageantrages.
Mit erging an den Beschwerdeführer ein weiterer Einkommensteuerbescheid 2008, der nach § 295 Abs 1 BAO die Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2008 vom bezweckt. Mit diesem Bescheid wird dem Beschwerdeführer aus seiner Beteiligung an der S-KG die Gewinntangente zugerechnet. Im Einkommensteuerbescheid werden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 2.463,82 ausgewiesen.
Die Feststellungen ergeben sich aus den dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Bescheiden und einer vorgenommenen Einsicht in Finanzonline.
1.2 Zur Tangentenzurechnung aus der E-KEG
Mit erging an die Eqo-KEG ("E-KEG") der Feststellungsbescheid 2008 (§ 188 BAO). Es finden sich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iHv von EUR 15.000,00 ausgewiesen, die im Spruch des Bescheides in vollem Ausmaß dem Beschwerdeführer als Kommanditisten zugerechnet werden. Am Bescheid findet sich der Hinweis, dass der Bescheid gegen alle Beteiligten wirkt, denen Einkünfte zugerechnet werden (§ 191 Abs 3 BAO) und, dass mit der Zustellung dieses Bescheides an die nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person die Zustellung an alle Beteiligten als vollzogen gilt (§ 101 Abs 3 und 4 BAO).
Der per RSb versendete Bescheid wurde von der steuerlichen Vertreterin in der E-KEG, der Keber & Keber Steuerberatungs GmbH, die vor der Abgabenbehörde als Zustellbevollmächtigte der S-KG ausgewiesen ist, übernommen. Ein entsprechender Zustellnachweis ist vorliegend.
Der Feststellungsbescheid wurde in der Folge nicht angefochten und für das Jahr 2008 erging kein weiterer Feststellungsbescheid an die E-KEG.
Danach, datiert mit , wurde der erste Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 an den Beschwerdeführer erlassen. In diesem Einkommensteuerbescheid erfolgt keine Tangentenzurechnung aus dem bezeichneten Feststellungsbescheid.
Datiert mit wurde ein weiterer Einkommensteuerbescheid 2008 erlassen, der gemäß § 295 Abs 1 BAO die Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2008 vom bezweckt. Mit diesem Bescheid werden dem Beschwerdeführer aus seiner Beteiligung an der E-KEG Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von EUR 15.000,00 zugerechnet.
Die Feststellungen ergeben sich aus den dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Bescheiden und einer vorgenommenen Einsicht in Finanzonline.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1 Zu Spruchpunkt I. (Beschwerdeabweisung)
2.1.1 Zur Tangentenzurechnung aus der S-KG
Entsprechend der obigen Feststellungen wurde der an die S-KG gerichtete Bescheid betreffend Feststellung der Einkünfte nach § 188 BAO für das Jahr 2008 datiert mit erlassen und von der steuerlichen Vertreterin und Zustellbevollmächtigten übernommen. Bescheidmäßig werden darin dem Beschwerdeführer Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv EUR 2.479,83 zugerechnet, worin sich endbesteuerungsfähige Kapitalerträge iHv EUR 64,04 enthalten finden und Kapitalertragsteuer iHv EUR 16,01 einbehalten wurde.
Da die bezeichnete Wirtschaftstreuhand-Gesellschaft der Abgabenbehörde als ausgewiesene Zustellbevollmächtigte der S-KG bekannt gegeben war, stellt sie eine Vertreterin gemäß § 81 Abs 2 BAO dar und aufgrund der bescheidmäßigen Verweise auf die Rechtsfolgen nach § 191 Abs 3 BAO bzw § 101 Abs 3 und 4 BAO ergibt sich, dass der Feststellungsbescheid ordnungsgemäß zugestellt wurde, gegen den Beschwerdeführer wirkt und die Zustellung an ihn als vollzogen gilt. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach der Feststellungsbescheid entweder nicht existierte oder zumindest nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde, erweist sich daher als haltlos.
Der erste Einkommensteuerbescheid vom war daher aufgrund der nachträglichen Erlassung des Feststellungsbescheides gemäß § 295 Abs 1 BAO von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen. Der mit datierte neue Einkommensteuerbescheid wurde somit dem Grunde nach zu Recht erlassen.
Der Höhe nach finden sich im Einkommensteuerbescheid abgeleitete Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv EUR 2.463,82 ausgewiesen. Es handelt sich dabei jedoch um einen fehlerhaft berechneten Betrag: Laut Feststellungsbescheid der S-KG sind dem Beschwerdeführer EUR 2.479,83 zuzurechnen. Darin sind endbesteuerungsfähige Kapitalerträge iHv EUR 64,04 enthalten und es wurde von den Einkünften Kapitalertragsteuer iHv EUR 16,01 einbehalten.
Korrekterweise sind dem Beschwerdeführer somit abgeleitete Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv EUR 2.415,79 (EUR 2.479,83 - EUR 64,04 endbesteuerte Kapitalerträge) zuzurechnen.
2.1.2 Zur Tangentenzurechnung aus der E-KEG
Dem Beschwerdeführer wurden mit Einkommensteuerbescheid 2008 vom als Tangente der E-KEG Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iHv EUR 15.000,00 zugerechnet. Mit diesem Bescheid war nach § 295 Abs 1 BAO die Abänderung des ersten Einkommensteuerbescheides 2008 vom bezweckt.
Der der Tangentenzurechnung zugrundeliegende Feststellungsbescheid nach § 188 BAO erging am , somit vor Erlassung des ersten Einkommensteuerbescheides. Dennoch erfolgte im Einkommensteuerbescheid vom keine entsprechende Zurechnung, sondern erst im später erlassenen Einkommensteuerbescheid vom .
Es ist diesbezüglich in rechtlicher Hinsicht auszuführen, dass eine auf § 295 Abs 1 BAO gestützte Abänderung grundsätzlich nur dann ergehen darf, wenn der Grundlagenbescheid, beschwerdegegenständlich somit der Feststellungsbescheid nach § 188 BAO, „nachträglich“ erlassen oder abgeändert wurde. Da dies gegenständlich nicht der Fall war, hätte eine diesbezügliche Zurechnung nach § 295 BAO über den Einkommensteuerbescheid vom prinzipiell nicht mehr erfolgen dürfen (vgl etwa ).
Im beschwerdegegenständlichen Fall war jedoch entsprechend den obigen Ausführungen die Zurechnung der Tangente der S-KG im Einkommensteuerbescheid vom rechtmäßig vorzunehmen, da bei der S-KG der zugrundeliegende Feststellungsbescheid (anders als bei der E-KEG) sehr wohl nachträglich, also nach Erlassung des ersten Einkommensteuerbescheides, erging.
Nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können derartige abgeleitete Bescheide auch in Belangen abgeändert werden, die über den Änderungsgrund hinausreichen, da der bisherige Bescheid zur Gänze außer Kraft tritt (vgl ). Aufgrund dieser dadurch bewirkten Rechtskraftdurchbrechnung kann nach Beurteilung durch das Bundesfinanzgericht auch die (wenn allenfalls auch irrtümlich) unterlassene Zurechnung der Tangente der E-KEG dabei „nachgeholt“ werden; dies, da aufgrund der Zurechnung der Tangente der S-KG das Verfahren "geöffnet" wurde und nicht vom Bestehen einer „Teilrechtskraft auszugehen ist.
Es ergibt sich daher, dass die Zurechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iHv EUR 15.000,00 im Einkommensteuerbescheid 2008 vom zu Recht erfolgt ist.
2.2 Zu Spruchpunkt II. (Zulässigkeit der Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegenständlich ergibt sich die Lösung der Rechtsfrage aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (), weshalb die Revision nicht zuzulassen war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102162.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at