Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.09.2019, RV/5101071/2016

Besteuerung einer "zusätzlichen Urlaubsvergütung" als sonstiger oder als laufender Bezug?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. R in der Beschwerdesache AB, St.Nr. 000/0000, Adresse, vertreten durch C GmbH & Co KG, Adresse_C, über die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 der belangten Behörde Finanzamt FA vom zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen. Diese bildet einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses:


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Einkommensteuer 2013
 
 
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
 
 
Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug
37.112,08 €
 
Pendlerpauschale laut Lohnzettel
0,00 €
 
Pendlerpauschale laut Veranlagung
-275,00 €
 
Sonstige Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag
-8.422,22 €
 
Pauschbetrag für Werbungskosten
-132,00 €
28.282,86 €


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Gesamtbetrag der Einkünfte
28.282,86 €
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988)
 
Pauschbetrag für Sonderausgaben
-60,00 €
Steuerberatungskosten
-134,16 €
Kirchenbeitrag
-160,00 €
 
Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes (§ 34 Abs. 4 EStG 1988
-350,52 €
Selbstbehalt
350,52 €
Kinderfreibeträge für nicht haushaltszugehörige Kinder gem. § 106a Abs. 2 EStG 1988
-264,00 €
Einkommen
27.664,70 €
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs.1 EStG 1988 beträgt:
 
(27.664,70 – 25.000,00) x 15.125,00 / 35.000,00 + 5.110,00
6.261,53 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
6.261,53 €
Unterhaltsabsetzbetrag
-876,00 €
Verkehrsabsetzbetrag
-291,00 €
Pendlereuro
-38.60 €
Grenzgängerabsetzbetrag
-54,00 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
5.001,93 € €
Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt:
 
0 % für die ersten 620,00
0,00 €
6 % für die restlichen 4.672,11
280,33 €
Einkommensteuer
5.282,26 €
Rundung gemäß § 39 Abs. 3 EStG 1988
-0,26 €
Festgesetzte Einkommensteuer
5.282,00 €
Berechnung der Abgabennachforderung/Abgabengutschrift
 
Festgesetzte Einkommensteuer
5.282,00 €
Bisher festgesetzte Einkommensteuer (gerundet)
-6.360,00 €
Abgabengutschrift
1.078,00 €

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (Bf) wurde mit Bescheid vom zur Einkommensteuer 2013 veranlagt. Diese Veranlagung führte zu einer Nachforderung von 2.585,00 €.

Innerhalb verlängerter Rechtsmittelfrist erhob der Bf am Beschwerde gegen diesen Bescheid. Im Jahr 2013 sei die Normalarbeitszeit im Lohnzahlungszeitraum auf Grund der Beschaffenheit seiner Arbeit überwiegend in der Nacht gelegen gewesen. Diesbezüglich sei daher der erhöhte Freibetrag anzusetzen. Weiters zahle AG den Urlaubszuschuss (wie bei Bauarbeitern) immer bei Arbeitsantritt aus, weshalb hier die steuerliche Begünstigung zu gewähren sei.

Nach weiteren Vorbringen der steuerlichen Vertretung des Bf (E-Mails vom und ) wurden die Zahlungen „zusätzliche Urlaubsvergütung“ siebenmal pro Jahr ausgezahlt.

Eine vertraglich vereinbarte monatliche Auszahlung der Urlaubsbeihilfe und der Weihnachtsremunteration bewirke nach Ansicht der steuerlichen Vertretung nicht, dass die laut Kollektivvertrag zweimal jährlich zustehenden Sonderzahlungen in laufendes Entgelt umgewandelt würden. Da der Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs in größeren Abständen als den monatlichen Beitragszeiträumen gegeben sei, bleibe (unabhängig vom Auszahlungsmodus) die Qualifikation als Sonderzahlung erhalten (). Die Auszahlung der Sonderzahlungen auch in monatlichen Teilbeträgen (jeweils gesondert ausgewiesen) führe zur beitragsrechtlichen Behandlung als Sonderzahlung.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben.

Die Zuschläge für Sonn-, Feiertag- und Nachtarbeit wurden mit 50 %-igem Erhöhungsbetrag für überwiegende Nachtarbeit in Höhe von 6.480,00 € steuerfrei gewährt.

Die „zusätzliche Urlaubsvergütung 50 %“ wurde dagegen nicht als Sonderzahlung gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1988 anerkannt. Laut Lohnsteuerrichtlinien (Rz 1050) müssten sich Sonderzahlungen sowohl durch den Rechtstitel als auch durch die tatsächliche Auszahlung von den laufenden Bezügen unterscheiden. Diese Definition weiche gegebenenfalls von der des ASVG ab, auf die der Bf mit dem zitierten VwGH-Erkenntnis vom , 2001/08/0004, hinweise. Werde der Zuschlag immer dann ausbezahlt, wenn Urlaubsentgelt als laufender Lohn ausbezahlt werde, handle es sich ebenfalls um laufenden Lohn. Außerdem sei der Bf nicht im Baugewerbe tätig, sodass auch eine Besteuerung der Sonderzahlung wie in Österreich im Baugewerbe (BUAK) nicht in Frage komme.

Im Vorlageantrag ergänzte der Bf seine Beschwerde dahin gehend, dass das Finanzamt sich auf Rz 1050 der Lohnsteuerrichtlinien berufe. Demnach sei für die Zuordnung einer Zahlung zu den sonstigen Bezügen Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer laufende, d.h. für regelmäßige Lohnzahlungszeiträume flüssig gemachte Bezüge erhalte (). Laufende Bezüge bildeten somit den Gegensatz zu den sonstigen Bezügen (). Für die Beurteilung als sonstige Bezüge komme es also darauf an, dass sich diese sowohl durch den Rechtstitel, auf den sich der Anspruch begründe, als auch durch die tatsächliche Auszahlung deutlich von den laufenden Bezügen unterscheiden würden ().

Diese beiden Punkte seien jedoch erfüllt – Rechtstitel sei der Manteltarifvertrag der Elektro- und Metallindustrie, die tatsächliche Auszahlung unterscheide sich von den laufenden Bezügen insofern, als sie als eigene Lohnart ausgewiesen sei und die Auszahlungen auch nicht monatlich erfolgt seien.

Am erging an den Bf nachstehendes Schreiben des Bundesfinanzgerichtes:

„Sonstige Bezüge im Sinne des § 67 Abs. 1 EStG 1988 liegen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur unter der doppelten Bedingung vor, dass sie erstens im Rechtstitel und darüber hinaus zweitens auch durch die tatsächliche Auszahlung deutlich von den laufenden Bezügen zu unterscheiden sind.

Sie werden daher ersucht, sämtliche Unterlagen betreffend die Auszahlung der strittigen „zusätzlichen Urlaubsvergütung“ im Beschwerdejahr (laut Vorlageantrag war Rechtstitel für die Auszahlung der Manteltarifvertrag der Elektro- und Metallindustrie) zur Einsicht vorzulegen.

Laut den dem Finanzamt vorgelegten Entgeltnachweisen wurden im Kalenderjahr 2013 zusätzliche Urlaubsvergütungen von insgesamt 2.896,46 € ausbezahlt. Zusammen mit den vom Finanzamt bereits anerkannten Sonderzahlungen in Höhe von 2.901,26 € ergibt sich ein Betrag von 5.797,72 €.

Dem gegenüber finden sich in der beiliegenden Aufstellung „AB Bezüge 2013“ Sonderzahlungen von 6.277,72 €.

Schlüsseln Sie die Beträge, für die Sie eine begünstigte Besteuerung als sonstiger Bezug beantragen, im Einzelnen auf.“

Mit Eingabe vom beantwortete der Bf dieses Schreiben durch seine steuerliche Vertreterin dahin gehend, dass die Lohnzettel der jeweiligen Monate beigefügt und markiert seien. Die Differenz zwischen dem in der Aufstellung angeführten Betrag von 6.277,72 € und dem Betrag von 5.797,72 € betrage 480,00 € und resultiere aus der im Jänner ausbezahlten Sonderzahlung von 480,00 €.

Neben den Lohnzetteln für die Monate Jänner, Februar, August, November und Dezember 2013 legte der Bf den Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie mit Stand sowie eine im Tarifbezirk Bayern ab geltende Tarifinfo der IG Metall vor. Letztere sieht zu „Urlaub und Urlaubsgeld“ sowie „13. Monatseinkommen“ Folgendes vor:

"Urlaub und Urlaubsgeld:

MetallerInnen haben Anspruch auf 6 Wochen bezahlten Urlaub und zusätzliches Urlaubsgeld in Höhe von 50 Prozent je Urlaubstag (des jeweiligen Durchschnittsverdienstes). Das entspricht rund 70 Prozent des Monatseinkommens.

13. Monatseinkommen:

Die Höhe des 13. Monatseinkommens (umgangssprachlich: Weihnachtsgeld) richtet sich nach der Betriebszugehörigkeit: (…)“

Der genannte Manteltarifvertrag enthält in § 18 eine Urlaubsregelung.

Laut Punkt A.1. erster Satz hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr (Urlaubsjahr) Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.

Punkt C.1. bestimmt die Berechnung des Urlaubsentgelts.

Nach Punkt C.2. ist das Urlaubsentgelt – mangels abweichender Regelung durch Betriebsvereinbarung - bei Urlaubsantritt auszuzahlen.

Rechtslage

Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 67 Abs. 1 EStG 1988 ist, dass der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber sonstige, insbesondere einmalige Bezüge (z.B. 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen) erhält.

§ 67 unterscheidet nicht zwischen in- und ausländischen Einkünften, sofern diese die Voraussetzungen des § 67 erfüllen ().

Bei der Abgrenzung des sonstigen Bezuges vom laufenden Bezug ist auf die Bindung zum Lohnzahlungszeitraum abzustellen: Laufende Bezüge sind Bezüge, die für regelmäßige Lohnzahlungszeiträume (idR ein Monat) flüssig gemacht werden. Zu den laufenden Bezügen gehören nicht nur der Höhe nach fixe Löhne, sondern auch laufend ausgezahlte leistungs- oder umsatzabhängige Beträge.

Sonstige Bezüge sind dagegen solche Lohnteile, die zwar auf Grund eines Dienstverhältnisses und vom selben Arbeitgeber auf Grund desselben Dienstverhältnisses wie der laufende Lohn, aber neben diesem bzw. zusätzlich zum laufenden Lohn gezahlt werden; ihnen haftet daher das Merkmal der Außerordentlichkeit an.

Sonstige Bezüge liegen nur vor, wenn sie sich sowohl durch den Rechtstitel als auch durch die tatsächliche Auszahlung deutlich von den laufenden Bezügen unterscheiden.

Sonstige Bezüge dürfen grundsätzlich nicht regelmäßig (monatlich) geleistet werden. Die Regelmäßigkeit bezieht sich auf die Auszahlungsfrequenz im Vergleich zum laufenden Bezug.

Eine scharfe Trennlinie existiert nicht, sie richtet sich vielmehr nach der durch die Lohn- und Gehaltsstruktur zum Ausdruck gebrachten Verkehrsauffassung. Bestimmend für die wesensmäßige Qualifikation eines Entgeltbestandteils als sonstiger Bezug ist das Kriterium einer vom Grundlohnzeitraum abweichenden Auszahlung (Kirchmayr/Schaunig in Doralt/Kirchmay/Mayr/Zorn, EStG, Kommentar, § 67 Tz 9 ff, 19. Lfg, Februar 2017).

Können Bezüge dem laufenden Arbeitslohn nicht hinzugerechnet werden, handelt es sich um sonstige Bezüge. Werden dagegen Bezüge regelmäßig mit dem laufenden Arbeitslohn ausbezahlt, können sie nicht nach § 67 Abs. 1 EStG 1988 behandelt werden.

Das Urlaubsentgelt ist nach § 6 des (österreichischen) Urlaubsgesetzes für den Lohnzahlungszeitraum oder Teile davon vom Arbeitgeber auszubezahlen, für welchen bzw. welche der Arbeitnehmer sonst keinen Anspruch auf Entlohnung hätte, weil er keine Leistung erbringt. Nach dieser gesetzlichen Regelung soll entsprechend dem Ausfallsprinzip das Urlaubsentgelt grundsätzlich in der Höhe jenes Entgelts zustehen, das der Arbeitnehmer verdient hätte, wenn er während der Zeit des Urlaubes gearbeitet hätte.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann das Urlaubsentgelt nicht als sonstiger Bezug angesehen werden (/00148).

Davon zu unterscheiden ist das Urlaubsgeld, das auch Urlaubszuschuss, Urlaubsbeihilfe oder 14. Monatsgehalt genannt wird. Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch auf diese Sonderzahlung. Der Anspruch, die Höhe und die Fälligkeit des Urlaubsgeldes sind im jeweiligen Kollektivvertrag oder Einzelarbeitsvertrag geregelt ( www.arbeiterkammer.at).

In Deutschland ist das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) Grundlage des gesetzlichen Urlaubsanspruchs. Für die Entgeltfortzahlung, auf die ein Arbeitnehmer während des Urlaubs Anspruch hat, sind §§ 1, 11 BUrlG einschlägig.

Nach § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.

In § 11 dieses Gesetzes ist die Berechnung des Urlaubsentgeltes näher geregelt.

Sowohl in Österreich als auch in Deutschland gibt es für das Urlaubsentgelt eine gesetzliche Grundlage, während ein Anspruch auf eine zusätzliche Zahlung (Urlaubsgeld) in der Regel in Kollektiv- bzw. Tarifverträgen enthalten ist.

Auf die Bezeichnung eines bestimmten Lohnbestandteils kommt es grundsätzlich nicht an. Maßgeblich ist vielmehr, ob damit nur der Verdienstentgang abgegolten werden soll, auf dessen Ersatz ein Arbeitnehmer nach den Bestimmungen des Urlaubsgesetzes bzw. Bundesurlaubsgesetzes einen Rechtsanspruch hat (diesfalls handelt es sich um laufenden Arbeitslohn), oder ob anlässlich des Urlaubs darüber hinaus gehende Beträge bezahlt werden (diesfalls handelt es sich um einen sonstigen Bezug).

Dass § 18 des Manteltarifvertrags eine Regelung zum „Urlaubsentgelt“ enthält und die Tarifinfo der IG Metall ein „zusätzlichen Urlaubsgeld“ vorsieht, sagt daher alleine durch die gewählte Bezeichnung noch nichts über dessen Besteuerung als laufender oder sonstiger Bezug aus.

Weder dem BUrlG noch dem Manteltarifvertrag sind Bestimmungen zu einem „zusätzliches Urlaubsgeld“ zu entnehmen. Auch die vorgelegte Tarifinfo IG Metall, welche die steuerliche Vertreterin offenbar der Internetseite https://www.igmetall-bayern.de/metall-elektro/ entnommen hat, nennt keine Grundlage für die Auszahlung eines "zusätzlichen Urlaubsgeldes."

Im Internet sind sowohl ein Urlaubsabkommen für Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie für den Bezirk Baden-Württemberg (Abschluss am ) als auch ein Urlaubsabkommen 2012 für Elektro- und Informationstechnik in Baden-Württemberg abrufbar.

Ein Urlaubsabkommen für Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie, Tarifbezirk Bayern, war dagegen für die Richterin weder im Internet auffindbar, noch konnte die steuerliche Vertreterin ein solches vorlegen.

Im erstgenannten Urlaubsabkommen ist in § 4 „Urlaubsvergütung“ festgehalten, dass die Urlaubsvergütung bei Erholungsurlaub und Zusatzurlaub nach diesem Abkommen aus dem Urlaubsentgelt und dem zusätzlichen Urlaubsgeld besteht.

Das zusätzliche Urlaubsgeld beträgt „50 % von 1/21,75 des gemäß § 4.2.1 ermittelten Urlaubsentgelts und dem gemäß § 4.2.2 ermittelten Betrag pro Urlaubstag“.

In § 4 „Urlaubsentgelt“ des Urlaubsabkommen 2012 für Elektro- und Informationstechnik in Baden-Württemberg ist eingangs festgehalten, dass sich das Urlaubsentgelt (während des Erholungs- und Zusatzurlaubs zu zahlender Lohn/Gehalt/Ausbildungsvergütung und zusätzliche Urlaubsvergütung) wie dort näher dargestellt errechnet.

Punkt 4.1.2.1 in § 4 lautet auszugsweise:

„Das Urlaubsentgelt (…) besteht aus (…) sowie einmalige Zuwendungen sowie einer zusätzlichen Urlaubsvergütung in Höhe von 50 % dieser Bezüge.“

Auf der Internetseite https://www.lohn-info.de/urlaubsgeld ist zum Urlaubsgeld u.a. Folgendes festgehalten:

„In vielen Unternehmen, die Urlaubsgeld gewähren, wird ein bestimmter Prozentsatz vom Monatsverdienst oder vom Urlaubsentgelt gezahlt. (…) Das Urlaubsgeld wird entweder in einem festgelegten Monat oder mit dem Urlaubsentgelt gezahlt. Es fallen also laufender Arbeitslohn und die Sonderzahlung Urlaubsgeld zusammen. Für das Urlaubsgeld gibt es sowohl bei der steuerlichen als auch bei der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung Besonderheiten zu beachten. (…)

Beispiele für das Urlaubsgeld:

(…) Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden: 50 % vom Urlaubsentgelt

Metallindustrie Sachsen: 50 % vom Urlaubsentgelt (…)

Urlaubsgeld ist steuerlich ein sonstiger Bezug. Sonstige Bezüge werden bei der Lohnsteuer anders behandelt als laufender Arbeitslohn.“

Nach https://www.deutsche-anwaltshotline.de/rechtsanwalt/arbeitsrecht/urlaubsverguetung ist das Urlaubsgeld eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber muss das Urlaubsgeld nicht zwingend im Sommer oder überhaupt zu einem festen Termin auszahlen. Er kann es zum Beispiel auch an die Urlaubstage koppeln, die der Arbeitnehmer tatsächlich nimmt, und dann jeweils anteilig überweisen.

Ob Zahlungen einmal, viermal oder öfter pro Jahr ausgezahlt werden, ist für sich alleine kein Unterscheidungsmerkmal zwischen laufendem und sonstigem Bezug. Entscheidend ist vielmehr, dass es sich um vom laufenden Arbeitslohn verschiedene Bezüge handelt.

Allerdings kann der Auszahlungsmodus zur Verneinung des Vorliegens sonstiger Bezüge führen, wenn etwa der Urlaubszuschuss und die Weihnachtsremuneration auf zwölf Monate aufgeteilt werden, weil dann von laufenden Bezügen auszugehen ist und nicht mehr von sonstigen Bezügen, die wie laufende Bezüge zu versteuern sind ().

Die zum Sozialversicherungsrecht ergangenen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes (wie z.B. das von der steuerlichen Vertreterin angeführte Erkenntnis vom , 2001/08/0004) sind nicht ohne weiteres auf das Einkommensteuerrecht anzuwenden. So ist z.B. der Begriff der „sonstigen Bezüge“ im Sinne des § 67 EStG 1988 mit jenem der „Sonderzahlungen“ im Sinne des § 49 ASVG nicht deckungsgleich [Kirchmayr/Schaunig in Doralt/Kirchmay/Mayr/Zorn, aaO, § 67 Tz 7; Knechtl in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 67 Anm 3 (Stand , rdb.at)].

Erwägungen

Strittig war, ob die „zusätzliche Urlaubsvergütung 50 %“, die der Bf im Beschwerdejahr in den Monaten Jänner, Februar, August, Oktober, November und Dezember ausbezahlt erhielt, als laufender Arbeitslohn anzusehen und dementsprechend nach dem Tarif zu besteuern war, oder ob diese Beträge einen sonstigen Bezug darstellten und gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1988 begünstigt zu besteuern waren.

Die „zusätzliche Urlaubsvergütung 50 %“  laut den vorgelegten monatlichen Entgeltnachweisen war offenbar gleich bedeutend mit dem „zusätzlichen Urlaubsgeld“ laut Tarifinfo der IG Metall.

Die „zusätzliche Urlaubsvergütung 50 %“ war auf den Entgeltnachweisen der genannten Monate gesondert ausgewiesen. Die erforderliche eindeutige Abgrenzung zum laufenden Bezug lag somit vor.

Die deutsche Arbeitgeberin des Bf ordnete diese „zusätzliche Urlaubsvergütung 50 %“ den Einmalzahlungen und nicht dem laufenden Entgelt zu, wie den auf den Lohnzetteln aufscheinenden, nach laufendem Entgelt und Einmalzahlung getrennten Sozialversicherungsbemessungsgrundlagen zu entnehmen war.

Die Auszahlung erfolgte nicht in bestimmten Zeiträumen, sondern fallweise und anteilig, gekoppelt an die tatsächlich konsumierten Urlaubstage.

Diese Vergütung (das zusätzliche Urlaubsgeld) knüpfte nach der vorgelegten Tarifinfo der IG Metall an sechs bezahlte Urlaubswochen an, betrug 50 % je Urlaubstag und wurde vom jeweiligen Durchschnittsverdienst berechnet. Die Bezahlung hing unmittelbar vom Urlaubsverbrauch ab und war umso höher, je mehr Urlaubstage der Bf konsumierte. Das zusätzliche Urlaubsgeld wurde daher weder regelmäßig noch für den üblichen Lohnzahlungszeitraum ausbezahlt. Rechtstitel dieser Urlaubsvergütung war ein Tarifabschluss zwischen der Industriegewerkschaft Metall und der Arbeitgeberseite bzw. im Detail offenbar ein den genannten Urlaubsabkommen vergleichbares Urlaubsabkommen, das aber konkret für die bayerische Metall- und Elektroindustrie weder die steuerliche Vertreterin vorlegen noch die Richterin im Internet auffinden konnte.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes konnten die o.a. Urlaubsabkommen, obwohl diese für einen anderen Tarifbezirk bzw. für die Elektro- und Informationstechnik gültig waren, wegen der zumindest in den Grundzügen vergleichbaren Ausgestaltung der Urlaubsansprüche dennoch für die Beurteilung, ob das zusätzliche Urlaubsgeld als laufender oder sonstiger Bezug zu versteuern war, herangezogen werden.

Im vorliegenden Fall erhielt der Bf für jeden Urlaubstag zusätzlich zum Urlaubsentgelt ein tariflich vorgesehenes Urlaubsgeld, das als prozentuelle Erhöhung des Urlaubsentgeltes ausgezahlt wurde. Weder die am Urlaubsentgelt orientierte Berechnung des zusätzlichen Urlaubsgeldes, noch dessen gleichzeitige Auszahlung mit dem Urlaubsentgelt reichten aus, das sämtliche Merkmale eines sonstigen Bezuges erfüllende zusätzliche Urlaubsgeld als laufenden Bezug zu behandeln.

In der Bauarbeiter-Urlaubs-und Abfertigungskasse (BUAG) finden sich - worauf der Bf in seiner Beschwerde offenbar hinweisen wollte - Parallelen zum gegenständlichen Modell der Urlaubsvergütung. Dort wird das dem Arbeitnehmer zustehende Urlaubsentgelt je zur Hälfte als sonstiger Bezug im Sinne des § 67 Abs. 1 und 2 EStG und als laufender Bezug versteuert. Die Halbierung trägt der Zusammensetzung des Urlaubsentgeltes nach dem BUAG Rechnung: Nach § 4 Abs. 2 BUAG besteht das Urlaubsentgelt aus einer der Urlaubsdauer entsprechenden Lohnfortzahlung und einem Urlaubszuschuss in gleicher Höhe ( Kirchmayr/Schaunig in Doralt/Kirchmay/Mayr/Zorn, aaO, § 67 Tz 68).

Die zur Lösung der vorliegenden Rechtsfrage herangezogenen Urlaubsabkommen unterschieden zwischen dem Urlaubsentgelt und dem zusätzlichen Urlaubsgeld bzw. der zusätzlichen Urlaubsvergütung, wobei letztere in Anlehnung an das Urlaubsentgelt bemessen wurden. Es wurde also zwischen dem im BUrlG gesetzlich geregelten Urlaubsentgelt und weiter gehenden Urlaubsansprüchen nach tariflichen Regelungen differenziert. In den Urlaubsabkommen und der vorgelegten Tarifinfo war von „zusätzlichem Urlaubsgeld“ bzw. einer „zusätzlichen Urlaubsvergütung“ (zum Urlaubsentgelt) die Rede, welches bzw. welche über die gesetzliche Gehaltsfortzahlung während des Urlaubs hinaus gewährt wurde.

Mit dem „zusätzlichen Urlaubsgeld“ bzw. der „zusätzlichen Urlaubsvergütung“ sollte daher gerade nicht der Verdienstentgang abgegolten werden, auf dessen Ersatz der Bf nach den Bestimmungen des BUrlG Anspruch hatte. Vielmehr sollte er anlässlich des Urlaubs darüber hinaus gehende Beträge erhalten, welche als sonstiger Bezug zu qualifizieren waren.

Sämtliche Anforderungen an die Qualifikation der „zusätzlichen Urlaubsvergütung 50 %“ als sonstiger Bezug waren erfüllt.

Da sich, wie o.a., die Regelmäßigkeit auf die Auszahlungsfrequenz im Vergleich zum laufenden Bezug bezieht, war nicht entscheidend, ob es sich um einmalig, vierteljährlich oder, wie im vorliegenden Fall, sechsmal ausgezahlte Bezugsteile handelte, sondern vielmehr, dass diese vom laufenden Arbeitslohn verschieden waren.

Die „zusätzliche Urlaubsvergütung 50 %“ wurde nicht regelmäßig und nicht für den üblichen Lohnzahlungszeitraum geleistet. Ihre Höhe war abhängig vom jeweiligen Durchschnittsverdienst und der Anzahl der konsumierten Urlaubstage, und sie war auf den Lohnbescheinigungen gesondert ausgewiesen.

Im Ergebnis stellte die in Streit stehende „zusätzliche Urlaubsvergütung 50 %“ in Höhe von insgesamt 2.896,46 € einen sonstigen Bezug dar, sodass der im Lohnzettel L 17 bei der Kennzahl 351 (Bezüge, die neben dem Arbeitslohn nicht monatlich laufend gewährt werden) bisher ausgewiesene Betrag von 2.901,26 € um 2.896,46 € auf 5.797,72 € zu erhöhen war.

Zu der im Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom aufgezeigten Differenz der Sonderzahlungen von 480,00 € war darauf hinzuweisen, dass dieser Betrag bereits bisher als nicht monatlich laufend gewährter Bezug behandelt worden und im Betrag von 2.901,26 € enthalten war und somit nicht noch einmal berücksichtigt werden konnte.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage, ob im gegenständlichen Fall sonstige oder laufende Bezüge vorliegen, ist von den Umständen des Einzelfalles abhängig und nicht von grundsätzlicher Bedeutung.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5101071.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at