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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.09.2019, RV/7100684/2019

Steuerpflicht einer slowakischen Sozialversicherungsrente

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin N.N. in der Beschwerdesache NameBf, AdresseBf , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt X vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 zu Recht erkannt: 

Der angefochtene Bescheid wird - wie in der Beschwerdevorentscheidung  - abgeändert. 

Hinsichtlich der Bemessungsgrundlagen und der Höhe der festgesetzten Abgabe tritt keine Änderung gegenüber der Beschwerdevorentscheidung ein - es wird diesbezüglich auf die Beschwerdevorentscheidung verwiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe


I Verfahrensgang

Im Einkommensteuerbescheid 2017 (Arbeitnehmerveranlagung) vom wurde u.a. die von der Slowakei an den Beschwerdeführer (in der Folge mit Bf. abgekürzt) ausbezahlte Sozialversicherungspension für 2017 in Höhe von 4.588,80 als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zum Ansatz gebracht.

Gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 wurde am Beschwerde erhoben mit folgender Begründung:

Bei Berechnung der Einkommensteuer wurden im Kalenderjahr 2017 Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug in Höhe von EUR 4.588,80 berücksichtigt. Nach telefonischer Rücksprache mit  dem slowakischen Finanzamt und auch mit der slowakisch-österreichischen Handelskammer, handelt es sich um Sozialleistungen aus der Slowakei, die im betreffenden Staat per Gesetz nicht besteuert werden dürfen. Im slowakischen Gesetz über die soziale Absicherung idgF (100/1988 Zb. - Zákon zo 16. Júna 1988 o sociálnom zabezpeceni) ist ausdrücklich im § 1 Abs. 2 leg. cit. normiert, dass Sozialleistungen nicht besteuert werden (§ 1 Abs. 2 leg. cit: (...) Dávky sociálneho zabezpecenia nepodliehajú dani. (...) ). Bei oben angeführten Einkünften handelt es sich um solche Sozialleistungen. Falls erforderlich kann ein Schreiben von der slowakischen Sozialversicherungsanstalt vorgelegt werden, welches dies bestätigt.
Durch die Einbeziehung dieser Sozialeinkünfte kommt es daher faktisch zu einer Doppelbesteuerung, die nach dem Doppelbesteuerungsabkommen in diesem Fall zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik verhindert werden soll.

Ich beantrage daher unter Berücksichtigung der oben genannten Fakten die Aufhebung des ergangenen Bescheides und die Erlassung eines neuen Bescheides, in welchem die steuerfreien Auslandseinkünfte nicht der Einkommensteuer unterzogen werden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der bekämpfte Bescheid insoweit abgeändert, als die streitgegenständlichen Einkünfte nur mehr in Höhe von € 4.354,77 zum Ansatz gebrachtwurden.

Dies mit folgender Begründung:

Gemäß Artikel 18 des Abkommens mit der Slowakei dürfen Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden.
Die Sozialversicherungsrente aus der Slowakei ist daher in Österreich (Ansässigkeitsstaat) zu besteuern.
Gemäß § 2 Abs. 8 Z 1 EStG 1988 sind, soweit im Einkommen oder bei der Berechnung der Steuer ausländische Einkünfte zu berücksichtigen sind, für die Ermittlung der ausländischen Einkünfte die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes maßgebend.
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 sind Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen Sozialversicherung entspricht, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Die Besteuerung der slowakischen Sozialversicherungsrente erfolgte beim Erstbescheid daher zu Recht.
Allerdings wird bei der inländischen Rente für die ausländische Recnte ein Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 5,1% einbehalten, der bei der ausländischen Rente abzuziehen ist.
Der KV-Beitrag wurde im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung abgezogen.
...

Der Beschwerdeführer brachte am elektronisch den Vorlageantrag ein.

Er begründete diesen folgendermaßen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde mir für das Kalenderjahr 2017 eine Steuernachforderung von EUR 3.100,00 festgesetzt.
1. Bei Berechnung der Einkommensteuer wurden im Kalenderjahr 2017 Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug iHv EUR 4.588,80 berücksichtigt. Dabei handelt es sich um Sozialleistungen aus der Slowakei, die im betreffenden Staat per Gesetz nicht besteuert werden dürfen (§ 1 Abs. 2 Gesetz über die soziale Absicherung idgF 100/1988 Zb. - Zákon zo 16. Juna 1988 o socealnom zabezpeceni).
Durch die Einbeziehung dieser Sozialeinkünfte kommt es daher faktisch zu einer Doppelbesteuerung, die nach dem Doppelbesteuerungsabkommen in diesem Fall zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik verhindert werden soll.
2. Die Besteuerung durch das österreichische Finanzamt widerspricht somit auch dem Gleichbehandlungsgebot gem. Art. 24 des DBA, da diese Besteuerung belastender ist als die Besteuerung und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen, denen Staatsangehörige des anderen Staates unter gleichen Verhältnissen unterworfen sind oder unterworfen werden können. Bei jener Besteuerung handelt es sich um einem Fall, der nicht durch das DBA gedeckt ist, da das DBA eine Doppelbesteuerung vermeiden soll, in diesem Fall besteht aber keine solche (deshalb liegt hier eine faktische Doppelbesteuerung vor), da in einem Staat Ruhegelder besteuert werden dürfen und im anderen ist dies per Gesetz verboten. Die Ruhegelder sind dort steuerfrei.
3. Hierbei handelt es sich um einen Sachverhalt mit Auslandsberührung zwischen zwei Mitgliedstaaten der Europäischen Union, daher ist auch das Gemeinschaftsrecht und deren Prinzipien zu beachten. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass die direkten Steuern zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten fallen, jedoch müssen sie ihre Befugnisse unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts ausüben.
Das Prinzip der Steuergleichheit steht als Forderung der gleichen Besteuerung vergleichbarer Situationen nicht nur in der nationalen Verfassung, sondern auch in der EMRK. Das gemeinschaftliche Diskriminierungsverbot verlangt nach ständiger Rechtstprechung, dass gleiche Sachverhalte nicht ungleich behandelt und ungleiche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es ist der spezifische Ausdruck des allgemeinen Gleichheitssatzes, der zu den Grundprinzipien des Gemeinschaftsrechts gehört, und wonach vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine Differenzierung objektiv gerechtfertigt wäre.
Im Lichte der Rechtsprechung des EuGH (Schumacker, Zurstrassen) stellt in unmittelbarer Anwendung des Gemeinschaftsrechtes eine solche Besteuerung eine Diskriminierung dar.
Zu begründen ist dies damit, dass die Besteuerung das Anknüpfungsmerkmal des gewöhnlichen Aufenthalts heranzieht und dadurch indirekt diskriminiert, indem jenes Erfordernis nicht erfüllt werden kann. Dies kann von einem Staatsangehörigen des Staates leichter erfüllt werden als von einem Nicht-Staatsangehörigen. Wäre im vorliegenden Fall der gewöhnliche Aufenthalt in der Slowakischen Republik, würde das Ruhegeld dort nicht besteuert werden (da ein Verbot der Besteuerung von Ruhegeldern besteht). Somit kommt es zu einer Ungleichbehandlung im Zuge der diskriminierenden Regelung.
4. Dies betrifft vor allem viele Osteuropäische Staaten, unter anderem die Slowakische Republik, die Tschechische Republik und Ungarn, in denen geringe Pensionen bezahlt werden (diese sind daher in den betreffenden Staaten steuerfrei). Durch die Besteuerung dieser niedrigen Pensionen werden diese dadurch noch niedriger. Somit führt das DBA auch zu einer Diskriminierung und somit zu einer Benachteiligung der Personen, die in Osteuropäischen Staaten gearbeitet haben.
5. Gem. § 1 Abs. 4 EStG wird der Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht in dieser Beschwerde innerhalb offener Frist gestellt, da es sich bei den Einkünften ohne inländischen Steuerabzug um beschränkt steuerpflichtige Einkünfte in der Slowakei handelt, die nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegen und nicht mehr als EUR 11.000,00 betragen (). Zum Nachweis meiner nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte wird nachträglich, falls erforderlich, die Höhe der Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug und das Formular E9 beigelegt.
6. Die unbeschränkte Steuerpflicht wird auch beim zuständigen slowakischen Finanzamt beantragt, um alle Steuerbegünstigungen in Anspruch nehmen zu können.
7. Die Option zur unbeschränkten Steuerpflicht ist die der deutschen vergleichbar und in diesem Fall liegt ein vergleichbarer Sachverhalt vor, der aufgrund des gemeinschaftlichen Diskriminierungsverbots nicht unterschiedlich behandelt werden darf, da es auch objektiv nicht gerechtfertigt wäre (vgl Rs Turpeinen, C-520/04).
8. Aufgrund der oben angeführten Gründe sind die Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug nicht von Österreich zu besteuern. Eine Besteuerung in Österreich führt nur zu Nachteilen und zu einer Diskriminierung.
Ich beantrage daher unter Berücksichtigung der oben genannten Fakten die Aufhebung des ergangenen Bescheides und die Erlassung eines neuen Bescheiden, in welchem die steuerfreien Auslandseinkünfte nicht der Einkommensteuer unterzogen werden.

Vorgelegt wurde eine Bestätigung der Sozialversicherungsanstalt (mit folgender Übersetzung):

"Die Sozialversicherungsanstalt, Zentrale Bratislava, bestätigt, dass Pensionsleistungen aus der slowakischen Sozialversicherung nicht der Steuer unterliegen (nicht besteuert werden):
Die Bestätigung wird auf Bitte des Antragstellers ausgestellt.


Im Akt befindet sich außerdem eine Behördenanfrage aus dem Zentralen Melderegister, aus der hervorgeht, dass der in der Tschechischen Republik geborene Bf. österreichischer Staatsangehöriger ist und sein Hauptwohnsitz - gemeldet seit xxxxxx- Adr, ist.

Außerdem befindet sich im Akt eine Mitteilung "Einkünfte aus Pensionen", die besagt, dass der Bf. im Jahr 2017 eine Sozialversicherungspension in Höhe von € 4.588,80 erhalten hat.

II Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

Der Sachverhalt, der unbestritten ist, ergibt sich aus dem Inhalt der Verwaltungsakten und dem Vorbringen der Parteien im Verfahren:

Der Beschwerdeführer, der österreichischer Staatsangehöriger ist, hat seinen (Haupt)wohnsitz in Österreich.

Im Jahr 2017 floss ihm - neben anderen Einkünften - eine Sozialversicherungsrente aus der Slowakei in Höhe von € 4.588,80 zu.
Neben der Sozialversicherungsrente aus der Slowakei flossen ihm 2017 folgende weitere Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu:
Ärztekammer für Wien 6.403,20 € und
Pensionsversicherungsanstalt 26.221,92 €.

III Rechtslage und Erwägungen

§ 1 EStG 1988 (Einkommensteuergesetz in der maßgebenden Fassung) besagt:

(1) Einkommensteuerpflichtig sind nur natürliche Personen.

(2) Unbeschränkt steuerpflichtig sind jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte. 

(3) Beschränkt steuerpflichtig sind jene natürlichen Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich nur auf die im § 98 aufgezählten Einkünfte. 

(4) Auf Antrag werden auch Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anzuwenden ist, als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 98 haben. Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90% der österreichischen Einkommensteuer unterliegen oder wenn die nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte nicht mehr als 11 000 Euro betragen. Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten in diesem Zusammenhang als nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegend. Die Höhe der nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte ist durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Abgabenbehörde nachzuweisen. Der Antrag kann bis zum Eintritt der Rechtskraft des Bescheides gestellt werden.

§ 2 EStG 1988 legt fest:

(1) Der Einkommensteuer ist das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.

(2) Einkommen ist der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten ...

(3) Der Einkommensteuer unterliegen nur:

...
4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25),
...

(8) Soweit im Einkommen oder bei Berechnung der Steuer ausländische Einkünfte zu berücksichtigen sind, gilt Folgendes:

1. Für die Ermittlung der ausländischen Einkünfte sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes maßgebend.

...

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 sind Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Die Art. 4. 18, 19 und 24 des am 7. März mit der CSSR abgeschlossenen und auf Grund eines Notenwechsels, BGBl. Nr. 1046/1994, im Verhältnis zur Slowakischen Republik weiter anzuwendenden Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl.  Nr. 34/1979 (DBA-Slowakei), lauten auszugsweise:

Art. 4 Steuerlicher Wohnsitz

(1) Im Sinne dieses Abkommens bedeutet der Ausdruck "eine in einem Vertragsstaat ansässige Person" eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthaltes, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist.
...

Art. 18 Ruhegehälter

Vorbehaltlich des Artikels 19 Absatz 1 dürfen Ruhegehälter und  ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden.

Art. 19 Ausübung öffentlicher Funktionen

(1) Vergütungen, einschließlich der Ruhegehälter, die von einem Vertragsstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften unmittelbar oder aus einem von diesem Staat oder der Gebietskörperschaft errichteten Sondervermögen an eine natürliche Person für die diesem Staat oder der Gebietskörperschaft in Ausübung öffentlicher Funktionen erbrachten Dienste gewährt werden, dürfen in diesem Staat besteuert werden. Dies gilt jedoch nicht für Vergütungen, die an Personen gezahlt werden, die Staatsangehörige des anderen Staates sind.
(2) Auf Vergütungen oder Ruhegehälter für Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit einer kaufmännischen oder gewerblichen Tätigkeit eines der Vertragsstaaten oder einer seiner Gebietskörperschaften erbraucht werden, finden die Artikel 15, 16 und 18 Anwendung.

Art. 24 Gleichbehandlung

(1) Staatsangehörige eines Vertragsstaats dürfen im anderen Vertragsstaat keiner Besteuerung oder damit zusammenhängenden Verpflichtung unterworfen werden, die anders oder belastender ist als die Besteuerung und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen, denen Staatsangehörige des anderen Staates unter gleichen Verhältnissen unterworfen sind oder unterworfen werden können. Diese Bestimmung gilt ungeachtet des Artikels 1 auch für Personen, die in keinem Vertragsstaat ansässig sind.

Bezogen auf den Beschwerdefall bedeutet dies:

In Streit ist, ob das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid 2017 den slowakischen Ruhebezug des Bf., der in der Slowakei steuerfrei ist, der österreichischen Einkommensteuer unterziehen durfte.

Ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) regelt, welcher der beiden Staaten das Recht hat, zu besteuern, somit sein innerstaatliches Steuerrecht anwenden darf.

Doppelbesteuerungsabkommen sollen verhindern, dass Einkünfte doppelt besteuert werden.

Wenn aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens der andere Staat das Besteuerungsrecht hat, erfolgt die Besteuerung nach dortigem Steuerrecht.

Der Bf., der österreichischer Staatsangehöriger ist, ist aufgrund seines Wohnsitzes in Österreich gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 in Österreich mit all seinen in- und ausländischen Einkünften unbeschränkt steuerpflichtig.

Im Hinblick auf § 2 Abs. 8 Z 1 EStG 1988 sind für die Ermittlung der ausländischen Einkünfte die Bestimmungen des EStG 1988 maßgebend.

Ergibt sich aus dem innerstaatlichen Recht eine Steuerpflicht, ist in der Folge zu beurteilen, ob das Besteuerungsrecht durch ein DBA einbeschränkt wird (; ).

Hinsichtlich der streitgegenständlichen slowakischen Rente wird aufgrund des Art. 18 in Verbindung mit Art. 19 des DBA-Slowakei das Besteuerungsrecht Österreich zugewiesen.

Der Bf. behauptet nicht, dass es sich bei der strittigen Rente um Bezüge handelt, die von Art. 19 DBA-Slowakei erfasst werden und - wie sich auch der Überschrift dieses Artikels ergibt - Ruhebezüge betrifft, die im Zusammenhang mit der Ausübung öffentlicher Funktionen gewährt werden. Anhaltspunkte dafür sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zutage getreten.

Wenn der Bf. vorbringt, dass der Umstand, dass der streitgegenständliche Ruhebezug, der in der Slowakei steuerfrei ist, in Österreich der Einkommensteuer unterzogen wird, einer "faktischen Doppelbesteurung" gleichkäme, so kann auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes  hingewiesen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof traf in den folgenden Rechtssätzen grundsätzliche Aussagen:

Rechtssatz Nr. 6:

Ein Doppelbesteuerungsabkommen soll lediglich verhindern, dass ein und dieselben Einkünfte in beiden Staaten zur Gänze besteuert bleiben, dagegen soll es nicht Gewähr leisten, dass die Steuern, die von dem Steuerpflichtigen in dem einen Staat erhoben werden, nicht höher sind als diejenigen, die von ihm in dem anderen Staat erhoben werden (Hinweis Urteil des EuGH in der Rechtssache Gilly vom , Rs C-336/96, Rn 46, Slg 1998, I-2793). Der Zweck ist also die Verhinderung der Doppelbesteuerung, nicht die Gewährleistung gleich hoher Steuersätze. 

In Rechtssatz Nr. 4 des zitierten Erkenntnisses trifft der Verwaltungsgerichtshof auch Aussagen zur Frage der "Arbeitnehmerfreizügigkeit" 

...
Eine der Arbeitnehmerfreizügigkeit widersprechende Diskriminierung kann nur darin bestehen, dass unterschiedliche Vorschriften auf vergleichbare Situationen angewendet werden oder dass dieselbe Vorschrift auf unterschiedliche Situationen angewendet wird (Hinweis Urteile des DuGH, vom , Rs C-279/93, Schumacker, Slg 1995, I-225, Rn 30, und ...)

 

Zum Vorbringen des Bf.  "Die Besteuerung durch das österreichische Finanzamt widerspricht somit auch dem Gleichbehandlungsgebot gem. Art. 24 des DBA, da diese Besteuerung belastender ist als die Besteuerung und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen, denen Staatsangehörige des anderen Staates unter gleichen Verhältnissen unterworfen sind oder unterworfen werden können.":

Zu Art 24 (OECD-MA idF Update 2014, der gleichlautend mit dem zitierten Abs. 1 des Art 24 DBA-Slowakei) ist im DBA Kommentar Aigner/Kofler/Tumpel u.a. ausgeführt:

Die Diskriminierungsverbote des Art 24 unterscheiden sich in ihrem Zweck grundlegend von den übrigen Bestimmungen des DBA, da sie nicht die Vermeidung der Doppelbesteuerung im Blick haben, sondern die Vermeidung einer benachteiligenden Besteuerung in jenen Fällen, in denen dem besteuernden Staat nach den Verteilungsnormen ein Besteurungsrecht zukommt, dienen. Kurz gesagt betrifft Art 24 nicht das "ob", sondern das "wie" der Besteuerung (Aigner/Kofler/Tumpel, DBA Kommentar, Art 24 Tz 1 und 2).
 

Die vom Bf. zitierten Urteile des EuGH (Rechtssache C-279/93, Schumacker, und Rechtssache C-87/99, Zurstrassen) betreffen einen anderen Sachverhalt als den in diesem Verfahren zu beurteilenden. Die Frage, ob Deutschland besteuern durfte, war nicht das Thema in diesen Urteilen des EuGH, sondern ging es insbesondere um die Modalitäten der Besteuerung. Festgestellt hat der EuGH dazu u.a., dass " ... er (... Art. 48 des EG-Vertrages ...) es einem Mitgliedsstaat nicht erlaubt, einen Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedsstaats, der in Ausübung seines Rechts auf Freizügigkeit im Hoheitsgebiet des erstgenannten Staates eine nichtselbständige Beschäftigung ausübt, bei der Erhebung der direkten Steuern schlechter zu behandeln als einen eigenen Staatsangehörigen, der sich in der gleichen Lage befindet. ..."

Es ging in diesen Fällen nicht um die grundsätzliche Steuerpflicht, sondern um Steuervergünstigungen (... das deutsche Splittingsystem mildert die Steuerprogression bei der Einkommensteuer), die - wenn sie Gebietsansässigen eines Mitgliedsstaats vorbehalten werden - eine mittelbare Diskriminierung darstellen können.

Der EuGH hat darauf hingewiesen, dass "nach ständiger Rechtsprechung eine Diskriminierung nur darin bestehen kann, dass unterschiedliche Vorschriften auf vergleichbare Situationen angewandt werden oder dass dieselbe Vorschrift auf unterschiedliche Situationen angewandt wird".

Diese Situation ist im Fall des Bf. nicht gegeben.

Was das vom Bf. zitierte Urteil des EuGH in der Rechtssache C-520/04, Turpeinen, anbelangt:

Der EuGH hat in diesem Urteil zu Recht erkannt:

"Artikel 18 EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Reglung, wonach die Einkommensteuer auf das Ruhegehalt, das von einem Träger des betreffenden Mitgliedstaats einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Person gezahlt wird, in bestimmten Fällen die Steuer übersteigt, die geschuldet würde, wenn diese Person im erstgenannten Mitgliedstaat ansässig wäre, dann entgegensteht, wenn das Ruhegehalt die gesamten oder nahezu die gesamten Einkünfte dieser Person ausmacht."

Dieser Sachverhalt liegt im Fall des Bf. nicht vor, da die von ihm im Streitjahr bezogene slowakische Sozialversichtungsrente in Höhe von € 4.588,80 nicht seine gesamten oder nahezu seine gesamten Einkünfte ausmacht.

Der Bf. ist aufgrund der zitierten Bestimmung des § 1 Abs. 2 EStG 1988 in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig.

Ein Antrag nach § 1 Abs. 4 EStG 1988, durch den "auch Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anzuwenden ist, als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 98 haben" ... kommt im Fall des Bf. aufgrund seiner gesetzlich bestehenden unbeschränkten Steuerpflicht nicht in Betracht.

Diese Optionsmöglichkeit soll gewährleisten, dass der Betreffende nicht dadurch diskriminiert wird, dass ihm bestimmte Steuervergünstigungen (zB die Abzugsfähigkeit außergewöhnlicher Belastungen) nicht gewährt werden können, weil er nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist.

Zusammengefasst wird somit festgestellt:

Der Bf. ist in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig - mit all seinen in- und ausländischen Einkünften. Aufgrund des DBA-Slowakei ist dem österreichischen Staat das Besteuerungsrecht hinsichtlich seines in der Slowakei erzielten Ruhebezuges zugewiesen.

Durch die Besteuerung des slowakischen Ruhebezuges in Österreich wurden weder gesetzliche Bestimmungen verletzt, noch ist im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH eine Diskriminierung oder Verletzung der Gleichbehandlung oder ein Verstoß gegen die Freizügigkeit erfolgt.

Die Ermittlung der Einkünfte im Rahmen der Besteuerung hatte nach österreichischem Einkommensteuerrecht zu erfolgen.

Dieser gesetzlichen Vorgabe hat das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung dadurch Rechnung getragen, dass vom Betrag des Ruhegenusses der KV-Beitrag abgezogen wurde, mit dem Hinweis darauf, dass "bei der inländischen Rente für die ausländische Recnte ein Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 5,1% einbehalten wird, der bei der ausländischen Rente abzuziehen ist".
...

Der Einkommensteuerbescheid 2017 wird somit - in der Form, wie in der Beschwerdevorentscheidung durchgeführt -  abgeändert.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des Art 133 Abs. 4 B-VG nicht gegeben sind.

Auf die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die einheitlich ist, und von der in diesem Erkenntnis nicht abgewichen wurde, wird verwiesen.

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Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
DBA SK (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Slowakische Republik (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 34/1979
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7100684.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at