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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.07.2019, RV/3100514/2019

Säumniszuschlag; Nachholung/Änderung einer Verrechnungsweisung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, Adr, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Innsbruck vom , betreffend Säumniszuschlag zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und der Säumniszuschlag mit € 133,84 festgesetzt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt/Verfahrensgang

1. Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer 2017 mit € 56.449,00 festgesetzt. Am selben Tag erging ein Einkommensteuervorauszahlungsbescheid für das Jahr 2018, mit welchem die Einkommensteuervorauszahlungen iHv € 58.706,00 gem. § 45 Abs. 1 EStG 1988 festgesetzt wurden. Da die vierteljährlichen Vorauszahlungen für die ersten beiden Quartale 2018 auf der Grundlage des ursprünglichen Einkommensteuervorauszahlungsbescheides vom (nur) in Höhe von jeweils € 404,00 betragen hatten, war für das 3. Quartal 2018 (07-09/18) der Unterschiedsbetrag (Ausgleichsviertel) festzusetzen. Dieses Ausgleichsviertel betrug € 43.220,00 und war gem. § 45 Abs. 2 EStG 1988 am fällig.

2. Mit Schreiben vom erhob der Beschwerdeführer (Bf) Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2017. Im selben Schreiben legte er auch Beschwerde gegen den "Einkommensteuerbescheid 2018" ein und brachte vor, aufgrund der zu erwartenden Zinserträge für 2018 werde sich eine "KEST" von ca. € 30.000,00 ergeben. Am brachte der Bf ein weiteres Schreiben ein, in welchem er unter anderem äußerte, es sei der Abgabenbehörde entgangen, dass sie von ihm am € 15.000,00 als KEST-Vorauszahlung für 2018 erhalten habe.

Tatsächlich ist auf dem Abgabenkonto des Bf eine Zahlung iHv € 15.000,00 mit Entrichtungstag ersichtlich. Auf dem entsprechenden Zahlungsbeleg findet sich der Vermerk "2018 KEST Vorauszahlung Ref: 81349/2287".

Mit Entrichtungstag wurden dem Abgabenkonto am aufgrund einer Zahlung des Bf wiederum € 15.000,00 gutgeschrieben. Auf dem Zahlungsbeleg findet sich derselbe Vermerk wie oben.

3. Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurden die Einkommensteuer 2017 mit € 28.224,00 und die Einkommensteuervorauszahlungen 2018 mit € 30.000,00 festgesetzt. Dadurch reduzierte sich das Ausgleichsviertel bzw. die Einkommensteuervorauszahlung 07-09/18 auf € 21.528,00.

4. Mangels Entrichtung der Einkommensteuervorauszahlung 07-09/18 bis zum Fälligkeitstag wurde am mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid ein erster Säumniszuschlag iHv € 864,40, ausgehend von der ursprünglichen Einkommensteuervorauszahlung 07-09/18, festgesetzt.

5. In der am eingebrachten Beschwerde gegen den Säumniszuschlagsbescheid brachte der Bf vor, die Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 2018 seien mittlerweile mit Bescheid vom richtig mit € 30.000,00 festgesetzt worden. Außerdem habe der Bf am und am jeweils € 15.000,00 überwiesen und somit sogar vorzeitig die festgesetzten € 30.000,00 beglichen.

6. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben und der erste Säumniszuschlag nunmehr mit € 433,84 festgesetzt. Die Abänderung erfolgte gemäß § 217 Abs. 8 BAO, wonach bei nachträglicher Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung des Säumniszuschlages unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen hat.

Dass dem Beschwerdebegehren darüber hinaus nicht entsprochen werden konnte begründete das Finanzamt damit, dass die verbliebene und am fällige Einkommensteuervorauszahlung für das 3. Quartal 2018 verspätet entrichtet worden sei.

7. Im Vorlageantrag legte der Bf dar, dass laut Buchungsmitteilung Nr. 3/2018 und Benachrichtigung vom die Einkommensteuervorauszahlung für das 3. Quartal 2018 fälschlicherweise auf € 21.692,00 festgelegt worden sei. Er habe bereits lange zuvor € 15.000,00 für das 1. und 2. Quartal überweisen, sodass im Oktober 2018 keine Steuerschuld von € 21.692,00 bestehen habe können. Der Bf habe lediglich die Zahlung von € 7.500,00 für das 3. Quartal 2018 um 8 Tage (16.08 - 24.08.) überschritten, wofür es sicher eine Toleranzregelung gebe, aber auch gleichzeitig am für das 4. Quartal € 7.500,00 um fast drei Monate zu früh überwiesen.

8. Im Vorlagebericht verwies das Finanzamt auf ein Schreiben des Bf vom , welches als nachgeholte Verrechnungsweisung gem. § 214 Abs. 5 BAO zu werten sei. Eine verspätete Entrichtung der Einkommensteuervorauszahlung für das 3. Quartal 2018 sei somit nur im Betrag von € 6.692,00 erfolgt, weshalb beantragt werde, den ersten Säumniszuschlag iHv € 133,84 festzusetzen.

In dem bezeichneten Schreiben teilte der Bf nach hier nicht interessierenden Ausführungen betreffend den Einkommensteuerbescheid 2017 mit, dass sich seine KEST für 2018 auf ca. € 30.000,00 belaufen werde. Dafür habe die Abgabenbehörde am € 15.000,00 für die ersten 2 Quartale erhalten.

Rechtslage

1. Gemäß § 214 Abs. 1 BAO sind in den Fällen einer zusammengefassten Verbuchung der Gebarung Zahlungen und sonstige Gutschriften, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, auf die dem Fälligkeitstag nach ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten zu verrechnen; an die Stelle des Fälligkeitstages hat der davon abweichende zuletzt maßgebliche gesetzlich zustehende oder durch Bescheid zuerkannte Zahlungstermin zu treten.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. sind Zahlungen dem der Abgabenbehörde auf dem Zahlungsbeleg bekannt gegebenen Verwendungszweck entsprechend zu verrechnen, soweit sie
a) Abgabenschuldigkeiten oder
b) im Finanzstrafverfahren oder im Abgabenstrafverfahren verhängte Geldstrafen oder Wertersätze oder sonstige hierbei angefallene Geldansprüche betreffen.
Dies gilt sinngemäß für die Verwendung sonstiger Gutschriften, soweit sie im Zusammenhang mit einer in den Abgabenvorschriften vorgesehenen Selbstbemessung oder Einbehaltung und Abfuhr von Abgaben entstehen.

Wurde eine Verrechnungsweisung im Sinn des Abs. 4 erteilt und wurde hiebei irrtümlich eine unrichtige Abgabenart oder ein unrichtiger Zeitraum angegeben, so sind gem. Abs. 5 leg. cit. über Antrag die Rechtsfolgen der irrtümlich erteilten Verrechnungsweisung aufzuheben oder nicht herbeizuführen; dies gilt nicht für die vor der Antragstellung durchgeführten Einbringungsmaßnahmen und die im Zusammenhang mit diesen angefallenen Nebengebühren. Der Antrag kann nur binnen drei Monaten ab Erteilung der unrichtigen Verrechnungsweisung gestellt werden.

Dies gilt sinngemäß, soweit eine Verrechnungsweisung im Sinn des § 214 Abs. 4 irrtümlich nicht erteilt wurde.

2. Gemäß § 217 Abs. 1 BAO sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten, wenn eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird.

Der erste Säumniszuschlag beträgt gemäß Abs. 2 leg. cit. 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß Abs. 5 leg. cit. entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung (§ 213) mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist.

Gemäß Abs. 8 leg. cit. hat im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

Erwägungen

1. Fest steht im gegenständlichen Fall, dass der Bf auf dem Zahlungsbeleg, mit dem er die Einzahlung iHv € 15.000,00 am vorgenommen hat, eine Verrechnungsweisung iSd § 214 Abs. 4 BAO erteilt hat. Fest steht aber auch, dass er in dieser Verrechnungsweisung die  Abgabenart mit "KEST", also Kapitalertragsteuer, anstelle von Einkommensteuer bezeichnet hat.

Diese irrtümlich falsche Bezeichnung der Abgabenart führte dazu, dass die Zahlung gem. § 214 Abs. 1 BAO auf den ältesten aushaftenden Abgabenrückstand verrechnet wurde, die Einkommensteuervorauszahlung 07-09/18 jedoch über den Fälligkeitstag (zur Gänze) offen blieb. Damit war der beschwerdegegenständliche Säumniszuschlag aber grundsätzlich bereits verwirkt.

2. Die Herabsetzung des Säumniszuschlages in der Beschwerdevorentscheidung erfolgte, wie erwähnt, gemäß § 217 Abs. 8 BAO infolge der antragsgemäßen Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlung für das Jahr 2018.

Wie das Finanzamt im Vorlagebericht zutreffend darstellte, war die Festsetzung des Säumniszuschlages jedoch nach wie vor zu hoch: Die auf dem Zahlungsbeleg vom erteilte Verrechnungsweisung blieb aufgrund der unrichtigen Bezeichnung der Abgabenart ohne Wirkung, jedoch ist das Vorbringen des Bf in seiner Beschwerde vom , wonach er am und am jeweils € 15.000,00 überwiesen und somit die festgesetzten € 30.000,00 sogar vorzeitig entrichtet habe, als Antrag gem. § 214 Abs. 5 BAO zu werten und somit die Zahlung auf die Einkommensteuervorauszahlungen 2018 anzurechnen. Für die Beurteilung von Anbringen kommt es nämlich nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und die zufälligen verbalen Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt. (Ritz, BAO6, § 85 Tz 1 mwN)

3. Es besteht betreffend die Einkommensteuervorauszahlung 07-09/2018 nichtsdestotrotz nach wie vor eine Säumnis in Höhe eines Betrages von € 6.692,00. Infolge der Überschreitung der 5-Tage-Frist des § 217 Abs. 5 BAO kommt die in dieser Bestimmung normierte Toleranzregelung nicht zur Anwendung, weshalb der Säumniszuschlag in Höhe von € 133,84, das sind 2 % von € 6.692,00, festzusetzen ist.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage war im gegenständlichen Fall nicht zu lösen, weshalb keine Revision zuzulassen war.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 8 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 214 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 214 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 214 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.3100514.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
BAAAC-21895