Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.04.2019, RV/7101384/2019

Bewilligung einer Zahlungserleichterung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch R. in der Beschwerdesache A.B., Wohnadresse , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf vom , Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens (§ 212 BAO) zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und für die Entrichtung des Rückstandes an rückgeforderter Kinderbeihilfe und Kindergeld, derzeit aushaftend mit € 1.645,70, folgende Raten bewilligt:


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1.
€ 140,00
2.
€ 140,00
3.
€ 140,00
4.
€ 140,00
5.
€ 140,00
6.
€ 140,00
7.
€ 140,00
8.
€ 140,00
9.
€ 140,00
10.
€ 140,00
11.
€ 140,00
12.
€ 105,70
 
 
€ 1.645,70

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Eingabe vom ersuchte der Beschwerdeführer (Bf.) um Ratenzahlung wegen der Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge.

Sein Abgabenkonto weise derzeit einen Rückstand aus, der aus Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge in Höhe von € 1.986,70 resultiere.

Er ersuche um Bewilligung einer Zahlungserleichterung, mit der er seinen  derzeitigen Rückstand in Raten begleiche. Der Bf. möchte darauf hinweisen, dass durch die Gewährung der Zahlungserleichterung die Einbringlichkeit  der Rückforderung nicht gefährdet sei.

Der Bf. ersuche um Bewilligung einer monatlichen Ratenhöhe von € 50,00, zahlbar ab .

Der Bf. sei BMS Bezieher und bekomme vom Sozialamt und AMS € 844,46 pro Monat. Da der Bf. von diesem auch seine Miete, Strom und Lebensmittel leiste, sei es ihm nicht möglich, die gesamte Schuld auf einmal zu bezahlen. Die Miete koste monatlich € 461,10. Er ersuche daher um Ratenzahlung.

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Mit Bescheid vom wies das Finanzamt das Ansuchen mit der Begründung ab, dass Versäumnisse in der Offenlegungspflicht nicht zu einer Erleichterung bei der Entrichtung führen könne. Die selbst verursachte erhebliche Härte stelle somit keinen Grund für einen Zahlungsaufschub dar. Gemäß § 212 Abs. 1 BAO könnten Zahlungserleichterungen nicht bewilligt werden, wenn die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Zahlungsaufschub gefährdet werde. Eine solche Gefährdung erscheine durch die Angaben im Ansuchen gegeben.

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Dagegen brachte der Bf. mit Eingabe vom eine Beschwerde ein und führte aus, dass nach § 93 Abs 3 lit a BAO Bescheide eine Begründung zu enthalten hätten, wenn sie von Amts wegen erlassen würden. Der Bescheid solle für den Abgabepflichtigen nachvollziehbar und kontrollierbar sein. Der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag finde, solle sowohl für die Partei als auch für die Höchstgerichte nachvollziehbar sein (vgl etwa ). Notwendig sei das Anführen der Begründung auch deshalb, weil sich die Rechtsmittelbehörde bei der Erledigung eines gegen die Wiederaufnahme gerichteten Rechtsmittels nicht auf neue Wiederaufnahmegründe stützen könne (vgl , 0188).

Zentrales Element der Begründung sei die Anführung des Sachverhaltes, den die Behörde als erwiesen annehme (). Nicht ausreichend wäre etwa, wenn eine zusammenfassende Sachverhaltsdarstellung mit einem bloßen Hinweis auf dem Abgabepflichtigen vorliegendes Aktenmaterial ersetzt werden würde (zB ). Weiters habe die Begründung die Erwägungen der Behörde zu enthalten, warum sie zur Ansicht gelangt sei, dass der festgestellte Sachverhalt vorliege (vgl ). Durch eine Beweiswürdigung sei darzulegen, warum die Behörde allenfalls ein Beweismittel einem anderen vorgezogen habe.

Weiters habe die Begründung eine rechtliche Beurteilung zu enthalten, in der dargetan werde, warum die Behörde die Verwirklichung von abgabenrechtlichen Tatbeständen durch den in der Begründung angeführten Sachverhalt für gegeben erachte ().

Bei Ermessensentscheidungen seien zudem die maßgebenden Umstände und Erwägungen aufzuzeigen (). Außerdem habe auch die Beurteilung von Vorfragen in der Begründung zu erfolgen.

Was den Vorhalt betreffe, der Bf. hätte sich Versäumnisse in der Offenlegungspflicht selbst zuzurechnen und könnte eine solche selbstverursachte “besondere Härte” auch keinen Grund für einen Zahlungsaufschub darstellen, so müsse er dem entgegnen, dass er jeweils fristgerecht alle von der Behörde geforderten Nachweise und Unterlagen beigebracht habe.

Vielmehr sei die Behörde (im Nachhinein) zu einer anderen Rechtsmeinung gelangt, ob nämlich die von ihm absolvierte Kursmaßnahme eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG darstelle oder nicht.

Worum dies aber einen Grund darstellen solle, dem Bf. keine Rückerstattung des zu Unrecht bezogenen Betrages in angemessenen Raten zu bewilligen, werde nicht begründet und schon deswegen sei dem Bf. auch ein weiterführendes, den Standpunkt der Behörde entkräftendes Vorbringen verwehrt.

Gemäß § 212 Abs. 1 BAO könne die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgt seien oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kämen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet werde.

Tatbestandsvoraussetzung der Gewährung von Zahlungserleichterungen nach § 212 Abs. 1 BAO sei somit sowohl die Einbringlichkeit des aushaftenden Betrages, als auch das Vorliegen einer erheblichen Härte gegenüber dem Abgabenpflichtigen (vgl. das Erkenntnis vom , 2001/16/0371, mwN).

Seien alle Voraussetzungen für Zahlungserleichterungen gegeben, so liege die Bewilligung im Ermessen der Behörde (vgl. die bei Ritz, BAO3, Tz 14 zu § 212, genannte Rechtsprechung).

Die Ermessensübung habe sich vor allem am Zweck der Norm zu orientieren (vgl. die bei Ritz, BAO3, Tz 8 zu § 20, genannte Rechtsprechung).

Der Bf. sei Asylberechtigter und habe ein tägliches Einkommen von EUR 19,64  als Kursbeihilfe des AMS zzgl einer monatlich schwankenden Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts, gewährt durch die MA 40 (zwischen EUR 245,35 und EUR 302,68). Aussagekräftige Nachweise dazu seien als Anlage beigefügt.  Die Wohnungsmiete betrage monatlich EUR 430,00. Über Vermögen verfüge der Bf. nicht.

Nach erfolgreicher Absolvierung der Kursmaßnahme im Mai 2018 und mit entsprechenden Kenntnissen der deutschen Sprache beabsichtige der Bf.,  jede Arbeitsgelegenheit wahrzunehmen und werde sein Einkommen vielleicht bald das derzeitige übersteigen.

Obwohl also die sofortige Rückerstattung des gesamten rückgeforderten Betrages für ihn derzeit eine erhebliche Härte darstellen würde, sei dieser dennoch nicht uneinbringlich.

Daher ergehe der Antrag,

1. dem Bf. die Rückerstattung des mit Bescheid vom zurückgeforderten Betrages von 1.986,70 Euro in angemessenen Raten zu bewilligen, jedenfalls

2. gemäß § 212a BAO von Betreibungs- und Vollstreckungsmaßnahmen bis zur bescheidmäßigen Absprache über seinen Antrag Abstand zu nehmen.

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der Beschwerde statt und bewilligte 11 Raten in Höhe von € 50,00 sowie eine Abschusszahlung in Höhe von € 1.436,70, beginnend mit .

Der Bewilligung werde der gesamte Rückstand zu Grunde gelegt.

Die Zahlungserleichterung erscheine den wirtschaftlichen Verhältnissen angemessen.

Im Hinblick auf die noch nicht absehbare weitere Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Bf. sei die Zahlungserleichterung im genannten Ausmaß bewilligt worden.

Die Laufzeit der Zahlungserleichterung sei unter Bedachtnahme auf die gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnisse vorerst mit 12 Monaten begrenzt worden. Falls zu gegebener Zeit ein neuerlicher begründeter Antrag eingebracht werden sollte, werde bei Vorliegen der Voraussetzungen hiefür eine weitere Zufristung in Aussicht gestellt.

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Dagegen brachte der Bf. mit Eingabe vom einen Vorlageantrag ein und führte aus, dass er am 3. April einen Antrag gemäß § 286 BAO iVm § 2 Z 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen gestellt habe, weil die Einhebung im Sinne des § 236 BAO unbillig sei. Deshalb habe der Bf. die gänzliche Abschreibung des rückgeforderten Betrages durch Nachsicht beantragt. Dabei habe er seine Einkommenssituation dargelegt und auf die Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz hingewiesen.

Schon aus verfahrensökonomischen Gründen wäre es tunlich, den Ausgang dieses Verfahrens abzuwarten. Auch die Rückerstattung des Überbezuges in Teilzahlungen sei für den Bf. existenzbedrohend und nicht leistbar.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandausweises Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird.

Voraussetzung für die Bewilligung einer Zahlungserleichterung im Sinne dieser Gesetzesstelle ist somit - neben einem entsprechenden Antrag - das Vorliegen einer "erheblichen Härte" und gleichzeitig der Umstand, dass die Einbringung der Abgaben nicht gefährdet ist. Dabei hat der Abgabepflichtige jedenfalls diese beiden Voraussetzungen für eine Zahlungserleichterung überzeugend darzulegen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 90/14/0100).

Fehlt hingegen auch nur eine der genannten Voraussetzungen, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum, sondern der Antrag aus Rechtsgründen abzuweisen (vgl. zB ).

Die Bewilligung einer Zahlungserleichterung ist ein begünstigender Verwaltungsakt. Dabei tritt die amtswegige Ermittlungspflicht gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Es ist daher an ihm gelegen, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bewilligung einer Zahlungserleichterung aus eigenem Antrieb konkretisiert anhand seiner Einkommens-  und Vermögensverhältnisse überzeugend darzulegen (vgl. ; ).

Mit Schreiben vom forderte das Bundesfinanzgericht den Bf. auf, seine aktuelle wirtschaftlichen Lage offenzulegen.

Dieser Aufforderung kam der Bf. mit Eingabe vom nach.

Derzeit sei der Bf. vollbeschäftigt und erhalte einen monatlichen Lohn in Höhe von € 1.221,00. Er verfüge über Bargeld von € 35,00 und sonstige bewegliche Sachen im Werte von € 400,00.

Schulden wurden keine angeführt, es bestehen keine Sorgepflichten.

Es ist dem Bf. zuzugestehen, dass die sofortige volle Entrichtung des Rückforderungsbetrages in Höhe von € 1.986,70, der infolge Überrechnungen von Guthaben am Abgabenkonto des Bf. derzeit mit € 1.645,70 aushaftet, eine erhebliche Härte darstellt.

Da der Bf. einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgeht und aus dieser einen monatlichen Lohn in Höhe von € 1.221,00 lukriert, liegt auch die zweite Voraussetzung für die Gewährung einer Zahlungserleichterung, nämlich dass die Einbringlichkeit der Abgabenschuld nicht gefährdet ist, vor.

Im Hinblick auf die Höhe des Einkommens erscheinen 11 monatliche Raten in Höhe von € 140,00 und eine Abschlusszahlung in Höhe von € 105,70 durchaus zumutbar, zumal durch die Raten in Höhe von  ca 11,5% des monatlichen Einkommens die wirtschaftliche Situation des Bf. nicht wesentlich beeinträchtigt wird.

Hinsichtlich des Nachsichtsansuchen und des Hinweises auf § 26 Abs. 4 FLAG wird auf das Erkenntnis vom heutigen Tag, GZ.RV/7101344/2019, verwiesen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständliche Entscheidung weicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab und mit dieser waren die Voraussetzungen für eine Zahlungserleichterung im konkreten Einzelfall zu klären. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7101384.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at