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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.08.2019, RV/5100039/2016

1. Zwangsstrafe 2. Änderung der Bemessungsgrundlage aufgrund Uneinbringlichkeit der Forderung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache Bf, Adr, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom betreffend Zwangstrafe und den Bescheid vom betreffend Umsatzsteuer 2013 der belangten Behörde FA zu Recht erkannt:

  • die Beschwerde gegen den Bescheid vom , betreffend Zwangsstrafe wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
     

  • der Beschwerde gegen den Bescheid vom betreffend Umsatzsteuer wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

    Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
     

  • Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Am lange die Umsatzsteuererklärung für 2013 betreffend die Beschwerdeführerin (Bf) beim Finanzamt elektronisch ein. Mit Vorhalt vom ersuchte die Abgabenbehörde um Ergänzung betreffend die Änderung der umsatzsteuerliche Behandlung der Verpachtungserlöse (Frist ) im Vergleich zum Vorjahr.

Aufgrund der Nichtbeantwortung des Vorhaltes forderte das Finanzamt mit Schreiben vom die Bf, den Vorhalt vom , unter gleichzeitiger Androhung einer Zwangsstrafe iHv 300,00 Euro bei Nichtbeantwortung, zu beantworten.

Aufgrund der Nichtbeantwortung des Vorhaltes setzte das Finanzamt in weiterer Folge eine Zwangsstrafe iHv 300,00 Euro mit Bescheid vom fest.

Der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2013 wurde am erlassen. Die Umsätze wurde – angelehnt an das Vorjahr – mit 20% USt versteuert.

Gegen die Bescheide wurde am (eingelangt am ) Bescheidbeschwerde erhoben.

Mit Schreiben vom wurde die Bescheidbeschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2013 dahingehend abgeändert, dass es sich um steuerpflichtige Umsätze handle, aufgrund des Konkurses der I (der Pächterin) die Forderung gegenüber dieser jedoch in voller Höhe gem. § 16 UStG zu berichtigen sei.

Das Finanzamt wies mit Beschwerdevorentscheidungen vom sowohl die Bescheidbeschwerde gegen die Festsetzung der Zwangsstrafe als auch Bescheidbeschwerde betreffend die Festsetzung der Umsatzsteuer 2013 ab. Aufgrund der mehrmaligen Aufforderung zur Stellungnahme sei die Festsetzung der Zwangsstrafe gerechtfertigt. Die Abweisung betreffend Umsatzsteuer 2013 erfolgte da  die Konkursabwicklung noch nicht abgeschlossen sei.

Mit Schreiben von (eingelangt am ) beantragte die Bf um Vorlage der Beschwerde an das BFG.

Das Finanzamt legte den Akt am an das BFG vor.

Festgestellter Sachverhalt

Mit Vorhalt vom – gerichtet an die Bf zH Gf - ersuchte das Finanzamt um Aufklärung betreffend die steuerliche Behandlung der in der Umsatzsteuererklärung 2013 angeführten Umsätze.

Dieser Vorhalt blieb unbeantwortet.

Am erfolgte bei der Bf ein Geschäftsführerwechsel.

Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt erneut – unter Androhung der Festsetzung einer Zwangsstrafe – um Beantwortung des Vorhaltes. Diese Schreiben erging erneut an die Bf zH Gf (neu). Der Text des Vorhaltes vom wurde in das Schreiben vom aufgenommen.

Aufgrund der Nichtbeantwortung des Schreibens setzte das Finanzamt in Folge eine Zwangsstrafe iHv 300,00 Euro und die Umsatzsteuer 2013 fest.

Die Bescheidbeschwerde richtet sich gegen die Umsatzsteuer 2013 und gegen die Festsetzung der Zwangsstrafe.

Aufgrund der geänderten Bescheidbeschwerde ist im vorliegenden Fall strittig, ob hinsichtlich der Verpachtungserlöse aufgrund der Uneinbringlichkeit Forderung eine diesbezügliche Berichtigung gem. § 16 UStG zu erfolgen hat und ob die Zwangsstrafe von der Abgabenbehörde zu Recht festgesetzt wurde.

Die beantragten Vorsteuern sind nicht strittig, da sie im Wege eines Vorhalteverfahrens im Jahr 2014 von der Abgabenbehörde überprüft und anerkannt, sowie - im Absprache mit der Abgabenbehörde - auf das Steuerkonto der verrechnenden I übertragen wurden.

Über die Pächterin wurde am ein Sanierungsverfahren eröffnet. 

Mit Beschluss des Gerichtes vom wurde Konkurs eröffnet. Mit Beschluss des Landesgerichts St. Pölten wurde der Konkurs am mangels Kostendeckung aufgehoben.

Rechtliche Würdigung

1. Zwangsstrafe

Die Festsetzung der Zwangsstrafe erfolgte nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes zu Recht.

Gemäß § 111 BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer aufgrund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen.

Die Aufforderung zur Abgabe von Steuererklärungen durch Zusendung derselben gilt als eine unter § 111 Abs. 1 BAO fallendende Anordnung deren Erfüllung mit Zwangsstrafe erzwingbar ist.

Das Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass auch die Aufforderung zur Beantwortung eines Vorhaltes , wie sie im vorliegenden Fall aufgrund der Tatsache, dass die Erklärung zwar eingebracht, jedoch konträr zu den Vorjahren ausgefüllt war (steuerpflichtig vs. unecht steuerbefreit) und – obwohl steuerfreie Umsätze eingetragen wurden – Vorsteuern geltend gemacht wurden, als eine unter § 111 Abs. 1 BAO fallende Anordnung anzusehen ist, und daher mit Zwangsstrafe erzwingbar ist.

Bei Anwendung der gesetzlichen Bestimmung des § 111 BAO betreffend die Zwangsstrafe, sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt sich, dass die Voraussetzungen des § 111 BAO erfüllt sind. Die Bf wurde aufgefordert bis zu einem bestimmten Zeitpunkt die Anordnung der Erfüllung der unvertretbaren Leistung, nämlich der Beantwortung des Vorhaltes zu tätigen und ihr wurde bei Nichterfüllung die Verhängung einer Zwangsstrafe angedroht. Die Bf hat den Vorhalt nicht beantwortet, sodass die Verhängung der Zwangsstrafe zu Recht erfolgte.

Soweit die Bf innerorganisatorische Gründe für die Nichterfüllung der aufgetragenen Verpflichtung vorbringt indem sie einwendet, dass bei ihr ein Wechsel des Geschäftsführers stattgefunden habe und der ausscheidende Geschäftsführer es verabsäumt habe, den neuen Geschäftsführer von dem Schreiben der Abgabenbehörde in Kenntnis zu setzen, so verkennt sie dabei, dass die Zwangsstrafe keine Reaktion auf ein schuldhaftes Verhalten im Sinne einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist, sondern eine Maßnahme zur Erzwingung einer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffener Anordnung darstellt.

Darüber hinaus ist festzustellen, dass der von der Bf ins Treffen geführte Geschäftsführerwechsel im Mai 2015 stattgefunden hat, während die Beantwortung des Schreibens (Schreibens vom  - Erinnerung unter gleichzeitiger Androhung der Festsetzung einer Zwangsstrafe) bis zum möglich gewesen wäre und auch zH des neuen Geschäftsführers ergangen ist. 

Die Festsetzung der Zwangsstrafe liegt (dem Grunde und der Höhe nach) im Ermessen der Abgabenbehörde. Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Bei der Ermessensübung ist ua. zu berücksichtigen: das bisherige die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten betreffende Verhalten der Partei, der Grad des Verschuldens der Partei, die Höhe allfälliger Abgabennachforderungen (bei Zwangsstrafe wegen Nichteinreichung der Abgabenerklärungen), die wirtschaftlichen Verhältnisse des Abgabepflichtigen und die abgabenrechtliche Bedeutung (Auswirkung) der verlangten Leistung (Ritz, BAO6, § 111 Tz 10).

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Abgabenbehörde zunächst mittels Vorhalt im Jänner 2015 versucht hat Informationen betreffend die Umsatzsteuererklärung 2013 zu erhalten.  Erst mit Erinnerungsschreiben vom wurde die Festsetzung einer Zwangsstrafe angedroht (Frist bis zum ). Selbst nach Ablauf dieser Frist hat die Abgabenbehörde mit der Festsetzung der Zwangsstrafe bis zugewartet. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint die Festsetzung der Zwangsstrafe keineswegs unbillig, zumal sich die Zweckmäßigkeit der Festsetzung einer Zwangsstrafe zur Durchsetzung des Anspruches Auskunft hinsichtlich der Umsatzsteuererklärung 2013 im gegenständlichen Fall daraus ergibt, dass letztlich tatsächlich erst nach Verhängung der Zwangsstrafe mittels Beschwerde die angeforderten Auskünfte getätigt wurden.

Unter diesen Umständen ist auch nicht erkennbar, dass das von der Abgabenbehörde angewandte Zwangsmittel mit dem angestrebten Ziel der Beantwortung des Vorhaltes unvereinbar wäre. Ebensowenig ist zu ersehen, mit welchen gelinderen Mitteln die Bf zur Erfüllung der ihr obliegenden Meldepflicht bewegt werden hätte können. Dass unter diesen Umständen kein vorwerfbares Verschulden der Bf vorliegen sollte, kann seitens des Bundesfinanzgerichtes nicht erkannt werden, umso mehr deshalb nicht, als zum Zeitpunkt des Ablauf der von der Abgabenbehörde im Vorhalt gesetzten Frist der für die  Vertretung der Bf zuständige Geschäftsführer noch für weitere vier Monate zuständig war.

Was die Höhe der verhängten Zwangsstrafe anlangt, ist darauf hinzuweisen, dass das Gesetz für die Ermessensübung hinsichtlich der Höhe der Zwangsstrafe keine verbindlichen Vorgaben vorsieht. § 111 Abs. 3 BAO sieht lediglich vor, dass die einzelne Zwangsstrafe den Betrag von 5.000 Euro nicht übersteigen darf. Daher ist jeweils im Einzelfall zu entscheiden, welche Höhe angemessen erscheint. 

Bei Würdigung der oben genannten Umstände erscheint die Höhe der Zwangsstrafe mit 6% des vorgesehenen Höchstbetrages im gegenständlichen Fall nicht unangemessen...

Die Verhängung der Zwangsstrafe erfolgte daher sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht.

2. Umsatzsteuer

Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz iSd § 1 Z 1 und 2 UStG 1994 geändert, so hat der Unternehmer gem. § 16 UStG 1994, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag entsprechend zu berichtigen. Die Berichtigung ist für den Veranlagungszeitraum zu entrichten, in dem die Änderung des Entgeltes eingetreten ist.

Gem. § 16 Abs. 3 UStG 1994 gilt Abs. 1 sinngemäß, wenn das Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung uneinbringlich geworden ist.

Eine Änderung des Entgelts tritt ein, wenn die Forderung uneinbringlich geworden ist. Ob und wann eine Forderung als uneinbringlich angesehen werden kann, wird nach den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden sein. Ist die Einbringlichkeit einer Forderung bloß zweifelhaft, kann noch nicht von einer Uneinbringlichkeit gesprochen werden. ().

Der Grund für die Uneinbringlichkeit im Sinne des § 16 Abs. 3 UStG 1994 ist gleichgültig (). Im Fall der Uneinbringlichkeit darf einerseits der Gläubiger seine Umsatzsteuerschuld korrigieren, andererseits hat der Schuldner den in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug zu korrigieren.

Entscheidend ist der Tatbestand der "Uneinbringlichkeit", diese muss Realität und nicht Vermutung sein. Das Gesetz erläutert nicht, wann das Entgelt uneinbringlich geworden ist. Die Uneinbringlich ist dann anzunehmen, wenn mit dem Eingang der Forderung bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung (nach den Erfahrungen des Wirtschaftslebens) nicht gerechnet werden kann und sie somit objektiv wertlos ist.
Bei Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners wird jedenfalls von der Uneinbringlichkeit auszugehen sein ().

Am wurde das Sanierungsverfahren der Pächterin eröffnet.

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens berechtigt zwar noch nicht von vorneherein zur Annahme der vollständigen Uneinbringlichkeit der nicht bevorrechteten Forderungen (Ruppe, UStG, § 16 Rz 76). Die Zahlungsunfähigkeit der Pächterin ergibt sich aber im konkreten Fall aus den Unterlagen des Einbringungsaktes sehr deutlich (Höhe des Rückstandes; Aussetzung der Einbringung, Eingestehen der Zahlungsunfähigkeit durch den Geschäftsführer).

Darüber hinaus ist aus dem Firmenbuchauszug ersichtlich, dass nach Eröffnung des Sanierungsverfahrens im Jahr 2015 das Konkursverfahren eröffnet wurde und dieser im selben Jahr mangels Kostendeckung aufgehoben wurde.

Daher ist im vorliegenden Fall für das Bundesfinanzgericht aufgrund festgestellten Sachverhaltes bereits im Jahr 2013 von einer Uneinbringlichkeit der Forderung auszugehen.

Die Voraussetzungen gem. § 16 UStG 1994 sind daher gegeben. Die Umsatzsteuer ist zu berichtigen.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, weil das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt.

Streitentscheidend in der Umsatzsteuer ist die Tatfrage, ob im Jahr 2013 eine Forderung gegen eine Schuldnerin uneinbringlich geworden ist und ob die Bf in diesem Zusammenhang per 2013 eine Berichtigung gem. § 16 Abs 3 Z 1 UStG 1994 zusteht. Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass diese Forderung tatsächlich per 2013 uneinbringlich geworden ist.

Die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG sind daher nicht erfüllt.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 16 Abs. 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100039.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at