Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.07.2019, RV/7102887/2015

Fiktive Anschaffungskosten gem. § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d (bzw. e vor AbgÄG 2012) EStG 1988

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache H. P. und F., Adresse, vertreten durch Steuerberatungs GmbH, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt ******* vom betreffend Feststellung der Einkünfte gem. § 188 BAO aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 2005 - 2011 zu Recht erkannt: 

Die angefochtenen Bescheide über die Feststellung der Einkünfte gem. § 188 BAO betreffend die Jahre 2005 bis 2011 werden abgeändert.

Die Beteiligten sind:
H. F., D., Finanzamt****** StNr.: xx
H. P., G., Finanzamt****** StNr.: xxx

Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung werden festgestellt:


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Jahr 2005
- 10.805,72
Aufteilung:
 
F.H.
- 5.402,86
P.H.
- 5.402,86
Jahr 2006
- 10.805,72
Aufteilung:
 
F.H.
- 5.402,86
P.H.
- 5.402,86
Jahr 2007
- 10.805,72
Aufteilung:
 
F.H.
- 5.402,86
P.H.
- 5.402,86
Jahr 2008
14.194,28
Aufteilung:
 
F.H.
7.097,14
P.H.
7.097,14
Jahr 2009
18.805,88
Aufteilung:
 
F.H.
9.402,94
P.H.
9.402,94
Jahr 2010
36.517,94
Aufteilung:
 
F.H.
16.258,97
P.H.
16.258,97
Jahr 2011
- 8.737,98
Aufteilung:
 
F.H.
- 4.368,99
P.H.
- 4.368,99

Gemäß § 101 Abs. 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.), die Personengesellschaft H. P. und F., vermietete das in Rede stehende Grundstück in Stadt****, Ru. 11, ab 2005 an die H.-GmbH, gegründet 2001. Laut ua. Schreiben vom betrug die Miete 2.500 Euro.

Für die fiktiven Anschaffungskosten gem. § 16 EStG wurde ein Gutachten für Versicherungszwecke herangezogen, welches den Verkehrswert in Höhe von 843.525 Euro bewertete und davon den Altersabschlag iHv 20 % abzog; somit betrug Bemessungsgrundlage für die AfA 674.820. Der jährlicher AfA-Satz wurde mit 3%, ds 20.244,60, berechnet.

Das Finanzamt richtete am  folgendes Ergänzungsersuchen an die Bf.:

"Die Personengesellschaft wurde mit 2008 steuerlich erfasst wegen der Vermietung des Objektes in Stadt*****, Ru. 11.
An wen wird das Objekt vermietet? Seit 2002 befindet sich das betreffende Objekt im Miteigentum. Für welche Zwecke wurde es 2002 - 2005 verwendet? Um Nachweis der Vermietungsabsicht ab 2005 und um Vorlage des Mietvertrages wird ersucht."

In der Stellungnahme vom gab der Steuerberater Folgendes bekannt:

"Zu Ihrer Frage der Nutzung der gegenständlichen Immobilie in der Ru.erlauben wir uns wie folgt auszuführen:
Die Immobilie wurde seit Jahrzehnten von der Bäckerei H. genützt, welche sich bis 2001 im Besitz von F. (senior) & E. H. (GnbR) befand, welche auch Besitzer der Immobilie waren. Nach dem Tod von F. (sen) H. wurde der Bäckereibetrieb per in die H. GmbH eingebracht (unter Rückbehalt der Immobilie) und die Immobilie wurde Teil des Verlassenschaftsverfahrens.
Da das Verlassenschaftsverfahrens durch Unstimmigkeiten in der Erbengemeinschaft bis Mai 2005 dauerte, herrschte in der Familie zumindest so weit Konsens, dass die GmbH für diesen Zeitraum keine Miete zahlen musste. 
Ab Einantwortung und Erledigung der Verlassenschaft waren P. und F. (jun.) die Eigentümer der Immobilie (ab Mai 2005) und die GmbH musste Miete in Höhe von € 2.500 netto pa zahlen (unecht ust-befreite Geschäftsraummiete bis 2007).
Da aber die GmbH das Geschäftslokal innen massiv umbaute und einer der Ex-Erben (und Brüder) in der Familie drohte, die Erbübereinkunft anzufechten, wurde die Miete auf Ebene der GmbH 2005-2007 einstweilen nur rückgestellt, aber nicht ausgezahlt (€ 112.000 Wert der Rückstellung in H. GmbH Jahresabschluss zum II Miete 2005 - 2007 abzüglich Fassadenrenovierung), da die Mehrheit der Gesellschafterversammlung (75%) der Auszahlung aufgrund der Streitigkeiten nicht zustimmte (nur ein Vermieter ist mit 25% an der GmbH beteiligt gewesen).
2008 zeichnete sich wieder eine Entspannung und eine Klärung der Situation in der Familie ab und die GmbH begann ab laufend Miete zu zahlen - bis 2/2011, da dann der Geschäftsbetrieb geschlossen wurde.
Anfang 2010 war der Familienstreit endgültig geklärt und beigelegt und es kam auf Ebene der GmbH zu einem Eigentümerwechsel des 50% Eigentümers. Daher zahlte die GmbH 2010 50% der offenen Mieten (€ 57.734,52 inkl. Mahnspesen) an die Hausgemeinschaft nach (= 50% der Rückstellung zum /Vergleichsbetrag).
Daher enthalten die Steuererklärungen 2005 - 2007 der Hausgemeinschaft F. und P. H. nur die Afa, 2008 + 2009 normale laufende Miete und Afa, 2010 normale Miete und eine Nachzahlung von € 57.734 für 2005-2007 und Afa, und 2011 Miete 1-2/2011 und Afa. Derzeit wird ein Nachmieter gesucht.
Wir ersuchen, die Veranlagungen der Hausgemeinschaft ab 2005 erklärungskonform durchzuführen."

Im Zuge einer Nachschau gem. § 144 BAO (am ) kürzte das Finanzamt den Gebäudewert nach einer Berechnung mittels Ertragswertverfahren auf 422.441 Euro. Dabei wurde der von der Steuerberatung bekannt gegebene Monatsrohertrag von 2.500 Euro zugrunde gelegt. Der Vervielfältiger wurde mit einem Zinssatz von 4,5% und einer Restnutzungsdauer von 27 Jahren berechnet. Zudem wurde ein jährlicher AfA-Satz von 1,5% angewendet.

Neubewertung Liegenschaft Ru.


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Nutzungsdauer
75 Jahre
Bisherige ND
48
Restnutzungsdauer
27
Monatsrohertrag netto
2.500,00
Jahresrohertrag netto
30.000,00
Bewirtschaftungskosten
1.350,00
Liegenschaftsreinertrag
28.650,00
Liegenschaftszinssatz
4,50%
Instandhaltung
1,50%
Mietausfallwagnis
3,00%
Bodenwert pro/m2
150,00
m2 laut Grundbuch
423
Bodenwert Gebäude
63.450
Verzinsungsbetrag des Bodenwert
2.855,25
Vervielfältiger bei RND 27
15,45


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Jahresrohbetrag
30.000,00
-Bewirtschaftungskosten
1.350,00
Liegenschaftsreinertrag
28.650,00
-Verzinsungsbetrag Bodenwert
-2.855,25
Jahresreinertrag für baul. Anlagen
25.794,75
Vervielfältiger
15,45
Ertragswert
398.528,89
Anschaffungsnebenkosten 6%
23.911,73
Ertragswert inkl. Nebenkosten
422.440,62
gerundet
422.441,00

Die bisherigen AfA wird auf Grund der Neubewertung der Liegenschaft angepasst. Da es sich um eine reine Vermietung und Verpachtung handelt, werden pro Jahr 1,5% AfA gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 berücksichtigt.

Bisherige AfA 20.244,60, AfA nach Nachschau 6.336,62, Differenz: 13.907,99

Das Finanzamt folgte den Ausführungen des Prüfers und erließ am neue Bescheide über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für die Jahre 2005 - 2011 und berücksichtigte die AfA in Höhe von € 6.336,62 statt wie bisher von € 20.244,40 mit folgender Begründung:

"1) Bewertung Liegenschaft Ru. 10
Als Bemessungsgrundlage für die Liegenschaft wurde ein Gutachten für Versicherungszwecke herangezogen. Dieses Gutachten bewertet die Wiedererrichtungskosten im Schadensfall mit € 843.525,00.
Zusätzlich wurde noch ein Altersabschlag von 20% berücksichtigt.
Aus Sicht der Finanz ist dieses Gutachten nicht geeignet für die Bemessungsgrundlage für die AfA, da diese vor allem die Abnutzung nicht berücksichtigt. Der Altersabschlag von 20% ist ein rein geschätzter Wert ohne nähere rechnerische und wirtschaftlicher Begründung. Da das Gebäude im Zeitpunkt der Erbschaft komplett an die H. GmbH vermietet wurde, eignet sich hier das Ertragswertverfahren zur Berechnung der fiktiven Anschaffungskosten am besten.
Dies bestätigt auch der VwGH (siehe 98/13/0109 vom ).

Der Wert der Liegenschaft wird mit 422.411,00 € angesetzt. Zur Berechnung der Liegenschaft Ru. 10 nach dem Ertragswertverfahren wird auf die Niederschrift vom verwiesen.

2) Abschreibung des Gebäudes

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit.e EStG 1988 steht bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, jährlich 1,5% der Bemessungsgrundlagen als Absetzung für Abnutzung ohne Nachweis zu. Geltend gemacht wurden jährlich 3%. Ein Gutachten, welches die verkürzte Nutzungsdauer feststellt, liegt nicht vor. Deshalb wird die AfA mit 1,5% jährlich angesetzt."

Gegen die Feststellungsbescheide brachte der steuerliche Vertreter der Eigentümer H. P. und H. F. fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde) vom  ein und führte begründend aus:

"Die Betriebsprüfung hat die verkürzte Nutzungsdauer von 33 Jahren ohne Gutachten und Nachweis unter Berufung auf § 16 EStG nicht akzeptiert und die Abschreibung auf 67 Jahre ausgedehnt. Weiters hat die Betriebsprüfung die Bewertung der Anschaffungskosten des Gebäudekörpers anlässlich erstmaliger Vermietung unter Zuhilfenahme der Wiederrichtungskosten und unter Abzug eines Altersabschlages nicht akzeptiert und mittels Ertragswertverfahren anhand des wegen eines Erbschaftsstreites 2001 - 2005 zwar fremdüblichen, aber am unteren Ende der Bandbreite angesetzten Mietzinses einen sehr reduzierten Verkehrswert als Afa-Basis errechnet.
Dagegen wendet sich unsere Berufung:
Die Betriebsprüfung hat nicht beachtet, dass der Hauptgebäudekörper aufgrund einer Baubewilligung vor 1910 errichtet wurde. Damit wäre auch ohne weiteren Nachweis eine Nutzungsdauer von 50 Jahren zulässig.
Die Betriebsprüfung ist statisch von der Vermietungssituation zu Beginn der Vermietung ausgegangen (ehemaliges Verkaufslokal, Betriebs- und Mitarbeiterwohngebäude der Bäckerei H.). Durch den Tod von Herrn H. senior kam es in 2001 erstmalig zu einer Entkoppelung von Besitz der Immobilie und Inhaber des Bäckereibetriebes. Aufgrund von Erbstreitigkeiten innerhalb der Familie wurde ab 2005 eine so niedrig wie mögliche, aber doch ortsübliche gewerbliche Miete gezahlt (zur Vermeidung von Anfechtungen durch einen Erben). Die Wohnung im Obergeschoss stand leer und wurde als großzügiges Büro mitbenützt. Da die Bäckerei die Immobilie in ihrer Gesamtheit mietete wurde in Ansehung an den schlechten Gebäudezustand des Gebäudeteils Pf. (fensterlos, schlechte Zufahrt und Belieferungsmöglichkeit, kleiner Seiteneingang - siehe Fotos) ein niedriger Gesamt-m2 Preis als Miete verlangt.
Derzeit wird der 2001 und 2005 sanierte Teil der Immobilie (Teil Ru.) auch als Wohnung und als Straßengeschäftslokal vermietet, was höhere Mieteinnahmen pro m2 bedingt. Alleine dieser Mietertrag aus dem vorderen Gebäudeteil ist mit € 2128 ab 2011 zu bewerten. Diese Mieten wären im Gebäudeteil Ru. auch in 2005 erzielbar gewesen, wenn nicht die beiden Gebäudekörper als Gesamtheit vermietet worden wären.
Der Gebäudeteil Pf. kann derzeit (noch) nicht wieder vermietet werden, da teilweise noch Mehlsilos aus der Konkursmasse der Bäckerei "herumstehen", da es Probleme mit dem Verkauf dieser Vorrichtungen gibt und deren Entsorgung aber extrem kostspielig wäre.

Zur Verprobung unseres Wert- und Restnutzungsdaueransatzes wurde im Juni 2013 ein Sachverständigengutachten eingeholt. Das Originalgutachten liegt der Berufung bei.
Der Sachverständige kommt in der Ertragswertberechnung auf einen Verkehrswert beider Gebäudekörper von € 629.643 (nach Abzug von Umbaukosten des Bauteiles Pf.).
Die Gebäudeteile Pf. und Ru. sind eigenständige Gebäudeteile und eigenständige Gebäudekörper, die nur durch Mauerdurchbrüche miteinander verbunden sind (siehe Plan des Erdgeschosses im Gutachten rosa/blau). Die Gebäudekörper sind in unterschiedlicher Bauqualität und von komplett unterschiedlicher Bausubstanz und sind daher nach Meinung des Gutachters auch komplett voneinander losgelöst zu betrachten, was deren wirtschaftliche Restnutzungsdauer betrifft. Diese beziffert der Gutachter im Jahr 2013 mit 40 Jahren beim Teil Ru. und 15 Jahren beim Teil Pf..
Es wäre daher der Verkehrswert anhand der zu erzielenden Mieten im Verhältnis 48,82% auf den Gebäudekörper Ru. und zu 51,17% auf den Gebäudekörper Pf. aufzuteilen:

€ 307.453,04 daher Verkehrswert Gebäudeteil Ru./Nutzungsdauer 50 J in 2005 = Afa p.a. 6.149,06 und € 322.189,96 Verkehrswert Gebäudeteil Pf./technische Restnutzungsdauer in 2005 25 Jahre = Afa p.a.€ 12.887,59.

Wir beantragen daher die Festsetzung der Abschreibung mit € 19.036,65 p.a. unter Berufung auf das beiliegende Gutachten und ersuchen um Stattgabe unserer Berufung."

Im Zuge der Beschwerde wurde von der Bf. das in der Beschwerde angeführte Schätzungsgutachten vom Juni 2013 vorgelegt.
Zum Bauzustand Erd- und Obergeschoß wurde in dem Gutachten lediglich ausgeführt, dass das alte Gebäude immer wieder notdürftig saniert und umgebaut worden sei. Im Erdgeschoß seien sowohl im Fußbodenbereich als auch an den Außenwänden Feuchtschäden vorhanden. Im Obergeschoß sei keine Wärmedämmung zum Dachboden eingebaut. Der Bau- und Erhaltungszustand im ru.straßigen Bereich sei mit mäßig bis gut zu beurteilen. Der Bauteil in der Pf. sei in einem Bau- und Erhaltungszustand mäßig bis schlecht. Insbesondere sei die Bausubstanz durch den Bäckereibetrieb stark in Mitleidenschaft gezogen worden.
Die Bewertung erfolgte nach dem Ertragswert.
Dabei wurde ein Monatsrohertrag von 4.358 Euro unterstellt sowie ein Mietausfallwagnis/Instandhaltungskosten/Verwaltungskosten von 15% angenommen. Der Vervielfältiger ergab 16,29 auf Grund des Zinssatzes von 4,5%und einer Restnutzungsdauer von 30 Jahren. Nach Abzug von Umbaukosten in Höhe von 75.000 Euro wurde ein Verkehrswert in Höhe von 629.643,- Euro angesetzt und dazu ausgeführt, dass dieser Wert somit der „Schätzwert für das Grundstück samt dem Gebäude" sei.

Das Finanzamt gab mit Beschwerdevorentscheidung nur dem Begehren hinsichtlich eines jährlichen AfA-Satzes von 2% statt.

Weiters wies das Finanzamt die Beschwerde mit folgender Begründung ab:

"Als AfA-Bemessungsgrundlage bei unentgeltlichem Erwerb sind bei Gebäuden, die vor dem übertragen wurden, die fiktiven Anschaffungskosten maßgebend. Die fiktiven Anschaffungskosten sind aus der Sicht des Erwerbers nach dem Grundsatz zu ermitteln, was für diesen Erwerb als tatsächlicher Kaufpreis angefallen wäre. Sie können nur im Schätzungswege auf Grundlage einer Liegenschaftsbewertung ermittelt werden. Fiktive Anschaffungskosten umfassen auch Nebenkosten. Als fiktive Nebenkosten können aber nur jene Kosten berücksichtigt werden, die bei einem gedachten Erwerb jedenfalls angefallen wären, wie insbesondere die Grunderwerbsteuer, nicht aber Maklergebühren oder Kosten für Inserate.

Grundbuchseintragungsgebühren und Unterschriftsbeglaubigungsgebühren sind bei tatsächlichem Anfall in der angefallenen Höhe anzusetzen. Der Marktpreis von Mietobjekten orientiert sich am Ertragswert; daher können auch die fiktiven Anschaffungskosten vom Ertragswert abgeleitet werden (Ertragswertmethode; vgl ).

Die fiktiven Anschaffungskosten sind anschaffungsorientiert und gehen von einem ertragsorientierten Erwerber aus. Daher werden die fiktiven Anschaffungskosten primär aus dem Ertragswert abgeleitet.

Bei Gebäuden beträgt der AfA-Satz grundsätzlich bis zu 1,5% (entspricht einer Nutzungsdauer von rund 67 Jahren). Nicht maßgeblich ist die Nutzungsart durch den Mieter; der AfA-Satz beträgt daher auch dann bis zu 1,5%, wenn der Mieter sein Mietobjekt zu gewerblichen Zwecken nützt. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 16 Abs 1 Z 8 lit d EStG 1988 (bzw § 16 Abs 1 Z 8 lit e EStG idF vor dem AbgÄG 2012), der einen grundsätzlich einheitlichen, jährlich geltend zu machenden AfA-Prozentsatz von 1,5% normiert, ändert es an der Höhe dieses AfA-Satzes nichts, wenn das vermietete Gebäude schon vor dem Eigentumsübergang in Nutzung stand (und sich damit eine Gesamtnutzungsdauer von über 66 Jahren errechnet, ). Ein höherer AfA-Satz (kürzere Nutzungsdauer) kommt - auch dann, wenn das Gebäude in gebrauchtem Zustand angeschafft worden ist - nur dann in Betracht, wenn auf Grund des Bauzustandes eine durch ein Gutachten nachzuweisende kürzere Restnutzungsdauer anzunehmen ist. Eine kürzere als die gesetzliche Nutzungsdauer ist grundsätzlich durch ein Gutachten über den Bauzustand schlüssig und nachvollziehbar darzulegen ().Das Gutachten unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde. Eine schlüssige Ermittlung der im Einzelfall anzusetzenden kürzeren Restnutzungsdauer setzt ein Eingehen auf den konkreten Bauzustand des Gebäudes voraus. Die Ermittlung einer fiktiven Gesamtnutzungsdauer, von der das Alter des Gebäudes abgezogen wird, bildet keine taugliche Grundlage zur Schätzung der Restnutzungsdauer. Die Beweislast in Ansehnung einer kürzeren Nutzungsdauer trifft den Steuerpflichtigen. Enthält ein Gutachten keinen nachvollziehbaren Bezug zwischen dem Befund und der vom Gutachter angesetzten Restnutzungsdauer, ist es als Nachweis einer geringeren als der gesetzlichen Nutzungsdauer ungeeignet, ohne dass es weiterer Ermittlungsschritte der Behörde bedarf ().

Es bestehen keine Bedenken, von der genauen Überprüfung der Nutzungsdauer abzusehen, wenn das Gebäude vor 1915 erbaut wurde und der AfA-Satz nicht mehr als 2% beträgt.

Die voraussichtliche Nutzungsdauer ist ab dem jeweils sich aus § 16 Abs 1 Z 8 lit a bis c EStG (bzw § 16 Abs 1 Z 8 lit a bis d EStG idF vor dem AbgÄG 2012) ergebenden Zeitpunkt zu ermitteln. Ein Gutachten, das von der Nutzungsdauer im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens ausgeht, ist bereits vom Ansatz her methodisch verfehlt. Für die Ermittlung der Nutzungsdauer ab dem jeweils sich aus § 16 Abs 1 Z 8 lit a bis c EStG (bzw § 16 Abs 1 Z 8 lit a bis d EStG idF vor dem AbgÄG 2012) ergebenden Zeitpunkt ist ein derartiges Gutachten daher unmaßgeblich (; vom , 2000/13/0175).
Ein zur Entkräftung der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer erstelltes Gutachten muss jedenfalls auf den konkreten Bauzustand im Zeitpunkt des Ankaufes des Gebäudes eingehen und einen nachvollziehbaren Bezug zwischen dem Befund und der vom Gutachter angesetzten Restnutzungsdauer herstellen (vgl etwa ). Die Ermittlung einer fiktiven Gesamtnutzungsdauer, von der das Alter des Gebäudes abgezogen wird, bildet keine taugliche Grundlage zur Schätzung der Restnutzungsdauer. Im VwGH-Erkenntnis vom , 92/15/0127, wird ausgeführt:
"Während für die Gesamtnutzungsdauer eines neu errichteten Wohngebäudes in erster Linie die Bauweise maßgebend ist, hängt die Restnutzungsdauer eines erworbenen Gebäudes vornehmlich vom Bauzustand im Zeitpunkt des Erwerbes ab: hierbei ist auch auf Beeinträchtigungen aus verschiedensten Ursachen und auf die Vernachlässigung der notwendigen Erhaltungsarbeiten Bedacht zu nehmen. Unter anderem kämen statische Probleme in Betracht, um einen kürzere Nutzungsdauer als die gesetzlich vorgegebene annehmen zu können."
Hinsichtlich Gutachten zur Ermittlung der Restnutzungsdauer wird Folgendes ausgeführt:
"Unzulässig ist es etwa, bloß schematisch von einer geschätzten Gesamtnutzungsdauer (von beispielsweise 80 bis 100 Jahren) auszugehen und davon die bisherige Nutzungsdauer abzuziehen ohne dabei auf die individuellen Gegebenheiten der Liegenschaft einzugehen.
Gutachten mit der sinngemäßen Aussage "Die Nutzungsdauer von Gebäuden beträgt 100 Jahre, da die Liegenschaft vor 80 Jahren erbaut wurde, beträgt die Restnutzungsdauer 20 Jahre, sind daher für den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer ungeeignet."
Soll also tatsächlich von der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer abgegangen werden, ist ein genaues Eingehen des Gutachtens auf den Gesamtzustand des jeweiligen Gebäudes, insbesondere dessen tragender Teile, unumgänglich. So können etwa Setzungsrisse oder starke Mauerdurchfeuchtung die Nutzungsdauer verkürzende Faktoren darstellen, wobei noch zu berücksichtigen ist, ob die Schäden mit wirtschaftlich vertretbaren Maßnahmen behebbar sind (vgl Lenneis, Fiktive Anschaffungskosten, Anteil Grund und Boden, Restnutzungsdauer von Gebäuden - unerkannte Größen?, in ÖStZ 1998, 572). Finden sich in einem Gutachten keine hinreichenden Aussagen über den Bauzustand, keine Feststellungen zur Qualität der Bauausführung oder zu allenfalls bereits bestehenden Schäden, etwa als Folge aufsteigender Feuchtigkeit oder eines vermuteten Schädlingsbefalls, ist es nicht geeignet, einen höheren AfA-Satz zu stützen (vgl ).

Das im Zuge Ihrer Beschwerde vorgelegte Schätzungsgutachten vom betrifft die Schätzung des streitgegenständlichen Grundstücks in  Stadt*****, Ru. 11 zum Stichtag . Die gesamte Ausführung zum Bauzustand findet sich unter Punkt 6. auf Seite 3 des Gutachtens. Im Gutachten wird zum Bauzustand ausgeführt:
"6. Bauzustand
Erd- und Obergeschoss
Das bestehende alte Gebäude wurde immer wieder notdürftig saniert und umgebaut. Im Erdgeschoß sind sowohl im Fußbodenbereich als auch an den Außenwänden Feuchteschäden vorhanden. Im Obergeschoß ist keine Wärmdämmung zum Dachboden eingebaut.
Der Bau- und Erhaltungszustand im ru.straßigen Bereich ist mit mäßig bis gut zu beurteilen.
Der Bauteil in der Pf. ist in seinem Bau- und Erhaltungszustand mäßig bis schlecht. Insbesondere ist die Bausubstanz durch den Bäckereibetrieb stark in Mitleidenschaft gezogen worden."
Weitere Ausführungen zum Bauzustand sind im Gutachten nicht enthalten.
Die Bewertung des Grundstücks erfolgt im Gutachten nach der Ertragswertmethode, wobei eine Monatsmiete in Höhe von 4.358 Euro angenommen wird. Das Gutachten schätzt den Verkehrswert des Gesamtgrundstücks mit 629.643 Euro. Die Berechnung des Gutachtens erfolgt unzweifelhaft für das Gesamtgrundstück (Gebäude inklusive Grund und Boden), erkennbar deutlich in der Aussage: "Es beträgt somit der Verkehrswert des Grundstückes samt Gebäude auf der EZ ***, Grst.Nr.*** € 629.643,--." (Zitat Seite 5 Gutachten vom ).
Das Gutachten enthält keine Ausführungen zur Aufteilung des Verkehrswertes des Gebäudes einerseits und des Grund und Boden andererseits. Die Aufteilung hat in der Regel nach dem Verhältnis der Verkehrswerte von Gebäude einerseits und Grund und Boden andererseits zu erfolgen (). Bei Grundstücken, bei denen für das Gebäude ein AfA-Satz von 1,5% bzw 2% angesetzt wird, erfolgt der Ansatz für den ausgeschiedenen Grund und Boden nach den allgemeinen Erfahrungen der Finanzverwaltung grundsätzlich mit 20%. Es wird daher davon ausgegangen, dass vom im Gutachten angeführten Verkehrswert 125.928,60 Euro (20%) auf Grund und Boden sowie 503.714,40 Euro (80%) auf das Gebäude entfallen.

Zur Restnutzungsdauer wird im Gutachten unter Punkt 7.3. auf Seite 6 ausgeführt:
"7.3. Nutzungsdauer
Bei der Annahme des fiktiven Baujahres 1976 und einer technischen und wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer von 75-80 Jahren ist für den Bauteil an der Ru. eine Restnutzungsdauer von ca. 40 Jahren gegeben Diese ist jedoch für den Bauteil in der Pf. technisch nicht mehr realisierbar. Auf Grund der Verwendung als Bäckerei ist dieser Gebäudeteil einerseits durch die immer wieder notdürftig durchgeführten Umbauten an der Bausubstanz durch den Bäckereibetrieb (Dampf, Hitze Feuchtigkeit) stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Auch ist die Frage der Kontaminierung des Untergrundes durch den Backbetrieb (Heizöl, Säure und Laugen) virulent.
Aus diesen vorgegebenen Gründen ist für den Bauteil in der Pf. nur mehr eine Restnutzungsdauer von maximal 15 Jahren technisch und wirtschaftlich vertretbar."

Weiter Ausführungen zur Restnutzungsdauer sind im Gutachten nicht enthalten.

Zur AfA-Bemessungsgrundlage:
Das gesamte Gebäude wurde in den Jahren 2005 bis 2011 tatsächlich um 2.500 Euro monatlich vermietet. Wie in Ihrer Beschwerde vom ausgeführt, handelte es sich hierbei um eine "zwar fremdüblich, aber am unteren Ende der Bandbreite angesetzten Mietzins [ ... ]". Im Gutachten wird ausgeführt, dass zum Stichtag eine Monatsmiete für das Gesamtgrundstück in Höhe von 4.358 Euro erzielbar sei (vgl Seite 4 aaO). Dabei wird von einem erzielbaren Quadratmeter-Preis in Höhe von 14 Euro für Verkaufsflächen und Nebenräume im Erdgeschoß ausgegangen. Dies würde einem Plus von mehr als 74% der tatsächlich erzielten Mieteinnahmen entsprechen (2.500 Euro plus 74% = 4.350 Euro).

Berücksichtigt man, dass sich die im Gutachten angeführte Monatsmiete auf das Jahr 2013 bezieht, ist es denklogisch geboten, sich an den tatsächlich fremdüblich erzielten Einnahmen aus den Jahren 2005 bis 2011 zu orientieren. Folgt man den Ausführungen der Beschwerde, wonach 2.500 Euro Monatsmiete eher an der unteren Bandbreite des erzielbaren Marktpreises befindet, würde sich bei einem Ansatz einer Monatsmiete von plus 20% (monatliche Miete in Höhe von 3.000 Euro) bei sonst gleichbleibenden im Gutachten angeführten Werten und Parametern folgender Verkehrswert ergeben:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Summe Monatsmieten
3.000,00
Abzug für Mietausfall
-450,00
Nettomietertrag
2.550,00
Jahresmietertrag
30.600,00
Vervielfältiger 16,29 (30 Jahre)
498.474,00
abzüglich Umbaukosten
75.000,00
 
423.474,00
Abschlag 3%
12.704,78
Verkehrswert
410.769,78
Gebäudewert
328.615,82

Selbst bei großzügiger Annahme der erzielbaren Monatsmiete in Höhe von 3.000 Euro (plus 20% der tatsächlich, nach Ihren Angaben bereits fremdüblichen Miete von 2.500 Euro) ist daher von einem Gebäudewert von 328.615,82 Euro auszugehen.

Zur Restnutzungsdauer:
Mit Verweis auf die oben angeführte und zitierte Rechtsprechung des VwGH ist auszuführen, dass das Gutachten gerade bloß schematisch von einer geschätzten Gesamtnutzungsdauer ausgeht und davon die bisherige Nutzungsdauer abzieht, ohne dabei auf die individuellen Gegebenheiten der Liegenschaft einzugehen. Wie der VwGH unmissverständlich ausgesprochen hat, ist eine derart errechnete Restnutzungsdauer für den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer ungeeignet. Hinsichtlich des Bauteils in der Pf. wird mit Verweis auf "notdürftig durchgeführte Umbauten" und pauschaler Aussage der "Kontaminierung des Untergrundes" eine Restnutzungsdauer von 15 Jahren angegeben. Das Gutachten selbst enthält unter Punkt 6. wie oben angeführt die allgemeine Aussage, dass Feuchteschäden vorhanden sind. Wie sich diese Feuchteschäden auf den Gesamtzustand des Gebäudes, insbesondere auf dessen tragende Teile, auswirken, wird nicht erläutert. Insbesondere wird die Ermittlung der Restnutzungsdauer nicht nachvollziehbar in Bezug zu den angeführten Feuchteschäden gesetzt.
Das Gutachten enthält insbesondere auch keine Prüfbefunde über die Tragfähigkeit der Fundamente.
Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass das Gutachten nicht auf den konkreten Bauzustand im Zeitpunkt des Ankaufes des Gebäudes eingeht, sondern sich auf das Jahr der Gutachtenerstellung bezieht.
Der Nachweis, dass die Nutzungsdauer weniger als die gesetzlich vermutete Nutzungsdauer beträgt, ist daher nicht gelungen. Die Nutzungsdauer beträgt daher 2% pro Jahr.
Die jährliche AfA beträgt somit 328.615,82 Euro * 2% = 6.572,32 Euro..."

Der steuerliche Vertreter brachte einen Vorlageantrag ein und führte begründend aus:

"Wir verweisen auf das bisherige Sachverständigengutachten von Dr. Y. aus dem Jahr 2013 (liegt der Behörde bereits vor) sowie auf ein weiteres Sachverständigengutachten (Übergutachten) von Ing. O. aus Oktober 2014 (anbei) für die detaillierten Ausführungen hinsichtlich (fiktiven) Anschaffungskosten und Nutzungsdauer der Immobilie Ru. 11, in Stadt*****.
Darin enthalten sind auch alle Nachweise und Begründungen, warum die Behörde mit Ihren Bewertungen irrt. Der Übergutachter verprobte die fiktiven Anschaffungskosten auch mit zwei weiteren Verfahren neben dem klassischen Ertragswertverfahren, nämlich mit dem DCF Verfahren und dem IST-Verkaufspreis der Nachbarimmobilie Ru. 13.

Wir beantragen daher die Festsetzung des Gebäudewertes mit € 622.131,80 (= € 797.000 fiktive Anschaffungskosten laut Gutachten abzüglich € 174,868,20 Grundanteil (inkl. 6% Nebenkosten) - Übergutachten Seite 12) sowie die Festsetzung der Nutzungsdauer mit 42 Jahre (Übergutachten Seite 8) und somit die jährliche Abschreibung mit € 14.812,66 unter Berufung auf das beiliegende Gutachten und ersuchen um Stattgabe unserer Beschwerde."

Der steuerliche Vertreter legte das weitere Gutachten "Übergutachten zum fiktiven Anschaffungswert" vom , erstellt vom Ing. O., vor. In diesem kommt der Gutachter zusammenfassend zu einem Verkehrswert der Liegenschaft von € 751.600,- abzüglich des Bodenwertes in Höhe von 174.868,20 somit € 622.131,80, Restnutzungsdauer 42 Jahre, AfA 14.812,66.

In den allgemeinen Vorbemerkungen ist festgehalten, dass kein vollständiger Verkehrswert im Sinne des Liegenschaftsbewertungsgesetzes und nach den darin genannten Methoden ermittelt. es werde beim Befund auf die Vorgutachten verwiesen und nur Ergänzungen vorgenommen.

Weiters wird festgehalten, dass keine Untersuchung der Bodenverhältnisse stattgefunden habe und die Bausubstanz nicht untersucht worden sei, man habe auf das (zweite vorgelegte) Gutachten des SV Dr. Y. und der Nachschau der Finanzbehörde verwiesen.

1.) Bodenwert


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423 m2 lt. Vorgutachten
600 €/m2
€ 253.800
-10% Bebauungsabschlag
 
- € 25.380
- 25% Abschlag wegen Nichtausnutzung Bauklasse
 
- € 63.450
gebundener Bodenwert
 
€ 164.970

2.) Wert der baulichen Anlagen


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Jahresrohertrag
typ
ist
€ 30.000
Verwaltungskosten
3-8%
1,00%
- € 300
Betriebskosten
 
 
 
Instandhaltungskosten
0,5-2%
€ 0
 
Mietausfallwagnis
3-5%
0,00%
€ 0
Bodenwertverzinsung
3%
 
- 4.949
Jahresreinertrag d. baul. Anlagen
 
 
€ 24.751
Vervielfältiger
3,00% Verzinsung
23,70
RND 42
 
Ertragswert d.baul. Anlagen
 
 
€ 586.630

Abschläge wegen sonstiger wertbeeinflussender Umstände  € 0,00"

Das Finanzamt gab zum vorgelegten Gutachten im Vorlagebericht folgende Stellungnahme ab:

"Zum vorgelegten Gutachten vom ist auszuführen, dass Instandhaltungskosten Kosten sind, die durch Hintanhaltung oder Beseitigung von baulichen Schäden aus Abnutzung, Ablagerung und Witterungseinflüssen entstehen (Kranewitter, Liegenschaftsbewertung6, 2010, 90). Die Instandhaltungskosten dienen somit zur Aufrechterhaltung des bestimmungsmäßigen Gebrauchs des Gebäudes während der Nutzungsdauer und werden üblicherweise vom Eigentümer getragen (vgl aaO). Auch im Mietvertrag vom wird ausgeführt, dass zwar Erhaltungskosten wie bspw. der Austausch von Betriebsmitteln wie bspw. Leuchtmittel etc. vom Mieter zu tragen sind. Ausgenommen von dieser Erhaltungspflicht sind jedoch Schäden an der Substanz des Gebäudes, für diese sei der Vermieter zuständig (vgl Vertragspunkt 4.). Zudem wäre es unüblich, wenn etwa Kosten für Fenstertausch, Fassadenrenovierung, Austausch von Elektro oder Erneuerung von Installationsrohren durch den Mieter getragen würden. Den Ausführungen des Gutachters Ing. O, es wären keine Instandhaltungskosten anzusetzen, weil diese vom Mieter getragen würden (vgl Gutachten vom , Seite 12, Fußnote 7), kann daher nicht gefolgt werden. Demgegenüber ist die Abgabenbehörde der Ansicht, dass Instandhaltungskosten abzuziehen sind. Die jährlichen Instandhaltungskosten können bei gewerblichen oder industriellen Objekten mit 2% der Herstellungskosten bemessen werden. Zudem wurde vom Erstgutachter DI Dr. Y. ausgeführt, dass die Kosten für den Umbau- und Sanierungsarbeiten zur Verwertung des Gebäudeteils in der Pf. von ihm mit 75.000 Euro geschätzt werden. Das Mietausfallwagnis ist nach Kranewitter (vgl bereits oben) „das Wagnis einer Ertragsminderung, die durch uneinbringliche Miet- und Pachtrückstände oder Leerstehungen zwischen zwei Mietverträgen entsteht. Es dient auch zur Deckung der Kosten einer Rechtsverfolgung auf Zahlung, Kündigung eines Mietverhältnisses oder Räumung. Bei gewerblich genutzten Räumen ist das Risiko größer, da diese oft schwieriger zu vermieten sind." (S 91 aaO). Dabei wird für gewerblich genutzte Objekte ein Wagnissatz von 5 bis 10% des Jahresrohertrages angegeben. Den Ausführungen des Ing. O., es würde kein Mietausfallwagnis bestehen, da das Gebäude zum „privilegierten Mietzins" vermietet wäre, kann daher nicht gefolgt werden. Auch wenn die Miete günstig sein sollte, ändert dies nichts daran, dass Kosten für die Rechtsverfolgung auf Zahlung oder Kündigung sowie Ertragsminderungen durch uneinbringliche Miet- und Pachtrückstände oder Leerstehungen zwischen zwei Mietverträgen entstehen können. Das Vorbringen, es würde sich um einen niedrigen Mietzins handeln, geht daher betreffend dem Ansatz eines Mietausfallwagnisses ins Leere. Es sind daher 5 bis 10% Mietausfallwagnis vom Jahresrohertrag abzuziehen. Für die Berechnung des Vervielfältigers wird im Gutachten vom ein Zinssatz von 3% und eine Restnutzungsdauer von 42 Jahren herangezogen. Nach Kranewitter (vgl bereits oben) drückt der Liegenschaftszinssatz die Rendite aus, die ein Anleger bzw Investor für das eingesetzte Kapital erwartet. Ein Kriterium für die Wahl des Liegenschaftszinssatzes ist das Risiko, welchem der Ertrag aus dem Realbesitz unterworfen ist. Einfamilienhäuser und land- und forstwirtschaftliche Liegenschaften unterliegen demnach einem geringeren Risiko als gewerblich oder industriell genutzte Liegenschaften (vgl S 94 aaO). Kranewitter gibt dabei bei Büro- und Geschäftshäusern einen Zinssatz von 5,5 bis 6,5, bei Kaufhäusern, Einkaufszentren und Selbstbedienungsmärkten einen Prozentsatz von 6,0 bis 7,5 und bei Industrieliegenschaften einen Prozentsatz von 6,0 bis 8,5 an. Die Abgabenbehörde geht daher davon aus, dass der im Gutachten vom angeführte Zinssatz von 3% zu niedrig angesetzt wurde. Geht man bei einer Restnutzungsdauer von 42 Jahren von einem Zinssatz in Höhe von 6% aus, beträgt der Vervielfältiger 15,22. Berücksichtigt man zudem Verwaltungskosten in Höhe von 1%, Instandhaltungskosten in Höhe von 1% (vereinfacht vom Jahresrohertrag statt der Herstellungskosten) sowie ein Mietausfallwagnis von 5%, errechnet sich bei sonst gleichbleibenden Parametern wie im Gutachten vom ein Gebäudewert in Höhe von 349.312,70 Euro. Dieser Betrag entspricht auch in etwa (Abweichung von etwa 20.000 Euro) dem bereits in der BVE vom und der gesonderten Begründung vom errechneten Gebäudewert. Die Beschwerde ist daher nach Ansicht der Abgabenbehörde abzuweisen."

Gemäß § 323 Abs. 38 Bundesabgabenordnung (BAO, idF des FVwGG 2012, BGBl. I 2013/14 ab ) sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt:

Folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde zu legen ist, ergibt sich aus den im Akt aufliegenden Unterlagen, den vom steuerlichen Vertreter vorgelegten 3 Gutachten, den Feststellungen des Finanzamtes und den Beschwerdeausführungen:

Die Beschwerdeführerin (Bf.), die Personengesellschaft H. P. und F., vermietete das Grundstück in Stadt, Ru. 11, ab 2005 an die H.-GmbH. Laut Schreiben vom betrug die Miete monatlich 2.500 Euro.

Der (erster) fiktive  Anschaffungswert der Liegenschaft in Höhe von 843.525 Euro wurde laut einem Gutachten für Versicherungszwecke berechnet.
Der Wert für die AfA-Bemessungsgrundlage wurde abzüglich von 20% für den Altersabschlag mit € 674.820,00 angesetzt. Die AfA wurde in Höhe von 3%, mit € 20.244,60, geltend gemacht.

Im Zuge einer Nachschau gem. § 144 BAO (am ) kürzte das Finanzamt den Liegenschaftswert nach einer Berechnung mittels Ertragswertverfahren auf 422.441 Euro. Dabei wurde der vom Steuerberater bekannt gegebene Monatsrohertrag von 2.500 Euro zugrunde gelegt. Der Vervielfältiger in Höhe von 15,45 wurde aufgrund eines Zinssatzes von 4,5% und einer Restnutzungsdauer von 27 Jahren berechnet. Der jährliche AfA-Satz wurde mit 1,5%in Höhe von € 6.336,62 angesetzt.

Im Zuge des Beschwerdeverfahrens legte die Bf. ein weiteres Gutachten (eingangs näher ausgeführt) vom  vor, in dem der Sachverständige den Ertragswert der Liegenschaft mit einem Verkehrswert von € 629.643 berechnete und weiters ausführte, dass die Gebäudeteile Pf. und Ru. eigenständige Gebäudeteile und eigenständige Gebäudekörper sind, die nur durch Mauerdurchbrüche miteinander verbunden sind (siehe Plan des Erdgeschosses im Gutachten rosa/blau).
Zum Bauzustand Erd- und Obergeschoß wurde in dem Gutachten lediglich festgehalten, dass das alte Gebäude immer wieder notdürftig saniert und umgebaut wurde.
Im Erdgeschoß sind sowohl im Fußbodenbereich als auch an den Außenwänden Feuchtschäden vorhanden. Im Obergeschoß ist keine Wärmedämmung zum Dachboden eingebaut. Der Bau- und Erhaltungszustand im ru.straßigen Bereich ist mit mäßig bis gut zu beurteilen. Der Bauteil in der Pf. ist in einem Bau- und Erhaltungszustand mäßig bis schlecht. Insbesondere ist die Bausubstanz durch den Bäckereibetrieb stark in Mitleidenschaft gezogen worden.
Die Gebäudekörper waren in unterschiedlicher Bauqualität und von komplett unterschiedlicher Bausubstanz und waren daher nach Meinung des Gutachters auch komplett voneinander losgelöst zu betrachten, was deren wirtschaftliche Restnutzungsdauer betreffe. Diese bezifferte der Gutachter im Jahr 2013 mit40 Jahre für den Teil Ru. und mit 15 Jahre für den Teil Pf..
Es war daher der Verkehrswert anhand der zu erzielenden Mieten im Verhältnis 48,82% auf den Gebäudekörper Ru. und zu 51,17% auf den Gebäudekörper Pf. aufzuteilen:
€ 307.453,04 daher Verkehrswert Gebäudeteil Ru./Nutzungsdauer 50 J in 2005 = Afa p.a. 6.149,06 und € 322.189,96 Verkehrswert Gebäudeteil Pf./technische Restnutzungsdauer in 2005 25 Jahre = Afa p.a.€ 12.887,59, insgesamt € 19.0936,62.

In der BVE hielt das Finanzamt fest, dass betreffend die Höhe der AfA die Bausubstanz zu berücksichtigen ist und kam in der Berechnung des Ertragswertes und der AfA unter Zugrundelegung der Monatsmiete von € 3.000,-, einer Verzinsung von 4,5% und einer Restnutzungsdauer von 30 Jahre, somit Vervielfältiger von 16,29, zu einem Verkehrswert der Liegenschaft in Höhe von € 410.769,78 abzüglich 20% Grund und Boden auf € 328.615,82.
Als AfA-Prozentsatz anerkannte das Finanzamt die von der Bf. angeführten 2%, somit eine AfA in Höhe von 6.572,32 Euro.

Der Bf. legte im Zuge des Vorlageantrages das dritte Gutachten vom vor:
In den allgemeinen Vorbemerkungen ist festgehalten, dass kein vollständiger Verkehrswert im Sinne des Liegenschaftsbewertungsgesetzes und nach den darin genannten Methoden ermittelt wurde. Es wurde beim Befund auf die Vorgutachten verwiesen und nur Ergänzungen vorgenommen.
Weiters wurde festgehalten, dass keine Untersuchung der Bodenverhältnisse stattgefunden hat und die Bausubstanz nicht untersucht wurde.
Das Gutachten verwies auf das (zweite vorgelegte) Gutachten des SV Dr. Y. und der Nachschau der Finanzbehörde.
Der Rohertrag wurde mit € 30.000,- angesetzt, die Verzinsung wurde mit 3,00%, eine Nutzungsdauer von 42 Jahren und der Vervielfältiger von 23,70 geltend gemacht: 622.131,80 (= 797.000,00 fiktive Anschaffungskosten laut neuen Gutachten abzüglich 20% Grund und Boden € 174.868,20 Grundanteil), somit eine jährliche Abschreibung in Höhe von € 14.812,66.

Beweiswürdigung:

Strittig ist im gegenständlichen Verfahren die Höhe der (fiktiven) Anschaffungskosten der gegenständlichen Liegenschaft und die Abnutzungsdauer.

Unstrittig ist, dass die fiktiven Anschaffungskosten anzusetzen sind und dass für die Berechnung der fiktiven Anschaffungskosten die Ertragswertmethode heranzuziehen ist.

Rechtslage und rechtliche Würdigung (Erwägungen):

§ 16 Abs. 1 EStG 1988:
(1) Werbungs­kosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschafts­gütern sind nur insoweit als Werbungs­kosten abzugsfähig, als dies im folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs 3 anzuwenden.
Werbungs­kosten sind bei der Einkunfts­art abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d und e EStG 1988 idf die strittigen Jahre geltenden Fassung sind Werbungskosten auch Absetzungen für Abnutzung und Substanzverringerung (§§ 7 und 8). Gehört ein Gebäude oder ein sonstiges Wirtschafts­gut nicht zu einem Betriebs­vermögen, so gilt für die Bemessung der Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung folgendes:

d) Wird ein vom Steuer­pflichtigen früher angeschafftes oder hergestelltes Wirtschafts­gut erstmalig zur Erzielung von Einkünften verwendet, sind der Bemessung der Absetzung für Abnutzung die fiktiven Anschaffungs­kosten zum Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung zur Einkünfteerzielung zugrunde zu legen.

e) Bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, können ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5 % der Bemessungsgrundlage (lit. a bis d) als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden.

 Fiktive Anschaffungs­kosten

"Nach § 6 Z 9 lit b ist unter „fiktive AK“ der Betrag zu verstehen, den der Empfänger für das WG im Zeitpunkt des Empfangs hätte aufwenden müssen. Das Gesetz regelt nicht, wie dieser Wert im Einzelnen festgestellt werden soll; somit ist letztlich eine Ermittlung im Schätzungsweg nach § 184 BAO geboten. In der Praxis werden Gutachten nach den Vorschriften des Liegenschafts­bewertungsG (LBG) erstellt; dieses gilt allerdings nur „für die Ermittlung des Wertes (Bewertung) von Liegenschaften … in allen gerichtlichen Verfahren“ (§ 1 Abs 1 LBG). Es soll also ein Wert ermittelt werden, der grundsätzlich – sofern durch Gesetz oder Rechts­geschäft nichts anderes bestimmt wird – der Verkehrs­wert ist (§ 2 Abs 1 LBG). Hätte der Gesetzgeber aber die Gleichsetzung der fiktiven AK mit dem Verkehrs­wert beabsichtigt, ist kein Grund einzusehen, warum er als Bewertungsmaßstab nicht von vornherein den Verkehrs­wert festgeschrieben hätte oder zumindest den mit dem Verkehrs­wert im Wesentlichen identen steuerlichen Begriff des „gemeinen Wertes“, der ja auch an anderen Stellen des EStG mehrfach angeführt wird.
Somit kann das LBG für die Ermittlung der fiktiven AK nur mit etlichen Einschränkungen herangezogen werden. Auch der VwGH vertritt in nunmehriger steuerlicher Rechtsprechung die Ansicht, dass das LBG im Abgaben­verfahren nicht unmittelbar anwendbar ist (). Die im LBG heranzuziehenden Methodiken können aber dennoch bis zu einem gewissen Grad auch im Steuerrecht Anwendung finden.
Als Wertermittlungs­verfahren zählt § 3 Abs 1 LBG demonstrativ das Vergleichs-, Ertrags- und Sachwert­verfahren auf. Diese sind allenfalls miteinander zu kombinieren.
....
Beim Ertrags­wertverfahren (§ 5 LBG) wird der nachhaltig zu erwartende Jahresreinertrag unter Anwendung eines zu begründenden Zinssatzes auf die geschätzte Restnutzungsdauer kapitalisiert. Dem Ertrags­wertverfahren ist mE dann der Vorzug zu geben, wenn die zu bewertende Liegenschaft zu Ertragszwecken vermietet wird. Auch der VwGH sieht hierin eine grundsätzlich taugliche Methode zur Ermittlung der fiktiven AK (), allenfalls unter weiterer unterstützender Heranziehung des Vergleichs­wertverfahrens ().
....

Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass der VwGH sowohl das Vergleichs- als auch das Ertrags­wertverfahren akzeptiert. Allerdings ist hierbei mE zu bedenken, dass schon allein der Umstand, dass in Z 8 die AfA-Basis bei Gebäuden zur Ermittlung von Einkünften aus VuV festgestellt werden soll, impliziert, dass von einem gedachten Erwerber auszugehen ist, der die Liegenschaft eben für Zwecke der Vermietung nutzen will. Somit sind im Vergleichs­wertverfahren mE alle Liegenschaften auszuscheiden, die zB für Eigennutzung oder für ehestmöglichen Verkauf erworben worden sind (s auch EStR 6442a; aA offensichtl Doralt § 16 Rz 148/1, demzufolge sich die fiktiven AK aus dem gemeinen Wert zuzüglich der Neben­kosten der Anschaffung ergeben). Zu ermitteln ist jedenfalls nur ein einheitlicher Wert, der von einer zur Vermietung bestimmten Liegenschaft ausgeht; der Ansatz unterschiedlich fiktiver AK danach, ob das Gebäude primär der Eigennutzung oder der Vermietung dient, lässt sich nicht vertreten (insofern zutr HR/ Zorn § 16 Abs 1 Z 8 Rz 9.4). Ob Anschaffungsneben­kosten Teil der fiktiven AK sind, ist umstritten. Die hM bejaht dies (s Doralt aaO); nach EStR 6441 sind als Neben­kosten aber nur solche zu verstehen, die zwingend anfallen würden, wie GrESt oder Grundbuchseintragungs­gebühr, nicht aber zB fiktive Vermittlungsprovisionen. Nach Quantschnigg/ Schuch § 6 Rz 67 umfassen die fiktiven AK hingegen nur den ersp­arten Kaufpreis, da es bei unentgeltlichen Zuwendungen im Bereich des BV andernfalls zu einer bedenklich Einnahmenfiktion aus ersp­arten Aufwendungen käme. ME ist es vertretbar, tatsächlich angefallene Neben­kosten, wie etwa Grundbuchseintragungsgebühren, zu aktivieren (s Lenneis ÖStZ 22/98, 575)
Jakom/Lenneis EStG, 2011, § 16 RZ 37ff)

Im gegenständlichen Fall wurde das Ertragswertverfahren sowohl von der Bf. als auch von der belangten Behörde der Berechnung der fiktiven Anschaffungskosten zu Grunde gelegt.

Es wurde der Monatsrohertrag netto in der vom steuerlichen Vertreter angeführten Höhe von € 2.500,- (vgl. Ergänzungsschreiben v. und 3. Gutachten vom ) für die Berechnung des Ertragswertes herangezogen.

Nach Auffassung des Gerichtes erweist sich die Anwendung dieser Methode im gegenständlichen Fall als durchaus zielführend. Fakt ist, dass die gegenständliche Liegenschaft ab dem Jahr 2005 zur Erzielung von Mieterträgen diente. Die Miete betrug laut des ersten Ergänzungsschreibens des steuerlichen Vertreters und auch laut des dritten Gutachtens monatlich € 2.500,--.

Strittig sind allerdings die anzusetztende Restnutzungsdauer und der Vervielfältiger und damit die Höhe des fiktive Anschaffungswertes der Liegenschaft und die sich daraus ergebende AfA.

Nutzungsdauer

Zur Nutzungsdauer§ 16 Abs.1 Zif 8 lit. e EStG 1988 führt Lenneis im Jakom Folgendes aus:

"Mit dieser Vorschrift stellt das Gesetz die Vermutung iSd § 167 Abs 1 BAO auf, dass die Nutzungsdauer eines Gebäudes, das der Erzielung von Einkünften aus VuV dient, 66 2/3 Jahre und nicht weniger beträgt; die Beweislast für die Widerlegung dieser Vermutung mit der Behauptung des Vorliegens einer kürzeren (Rest)Nutzungsdauer trifft den StPfl, wobei ein solcher Beweis im Regelfall durch die Vorlage eines Sachverständigen­gutachtens zu erbringen ist (stRspr; s zB ). Irrelevant ist es dabei, ob das Gebäude beim Mieter betriebl Zwecken dient; entscheidend ist bloß, dass Einkünfte aus VuV vorliegen (s ). Diese gesetzl unterstellte Nutzungsdauer gilt sowohl bei neu erbauten als auch bei erworbenen Gebäuden, wobei in letzterem Fall die Restnutzungsdauer vom Bauzustand im Zeitpunkt des Erwerbs abhängt (s zB ). Die Verwaltungspraxis akzeptiert allerdings bei vor 1915 erbauten Gebäuden einen AfA-Satz von 2 % (EStR 6444) ().
....
Ein zur Entkräftung der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer erstelltes Gutachten muss jedenfalls auf den konkreten Bauzustand eingehen und einen nachvollziehbaren Bezug zwischen dem Befund und der vom Gutachter angesetzten Restnutzungsdauer herstellen (s ). Die Ermittlung einer fiktiven Gesamtnutzungsdauer, von der das Alter des Gebäudes abgezogen wird, bildet keine taugliche Grundlage zur Schätzung der Restnutzungsdauer (EStR 6444)."  
(Jakom/Lenneis EStG 2011, § 16 RZ 42)       

Im gegenständlichen Fall hat der steuerliche Vertreter der Bf. drei Gutachten vorgelegt, die von drei unterschiedlichen fiktiven Anschaffungswerten und bei der Berechnung der AfA für die ab dem Jahr 2005 an die GmbH vermietete Liegenschaft von drei unterschiedlichen Restnutzungsdauerzeiträumen ausgehen.

Der Berechnung der fiktiven Anschaffungskosten im ersten Gutachten kann das Bundesfinanzgericht - unter Heranziehung der vorstehenden Rechtsprechung - nicht folgen, da in diesem Gutachten der Herstellungswert für Versicherungszwecken herangezogen wird.  Die AfA-Bemessungsgrundlage betrug € 843.525 abzüglich 20% Altersabschlag, somit  674.820,00, und der jährliche AfA-Satz wurde mit 3 %, € 20.244,60 angesetzt. 
Die (angenommenen) Nutzungsdauer anhand des Bauzustandes der Liegenschaft und der Zinssatz von 3% wurden nicht erläutert.

Im zweiten Gutachten wurde im Zuge der Ertragswertberechnung auf einen Verkehrswert des Grundstückes samt Gebäude von € 629.643 (nach Abzug von Umbaukosten des Bauteiles Pf.) geschlossen.

In der Beschwerde, welche sich auf dieses Gutachten stützt, wurde die Nutzungsdauer insofern angesetzt, als von zwei getrennten Gebäudekörper, der Ru., 48,82%, mit einer Nutzungsdauer von 50 Jahren, AfA p.a. 6.149,06 und der Pf., 51,17%, mit einer technischen Restnutzungsdauer von 25 Jahren, AfA p.a.€ 12.887,59, ausgegangen wurde, somit wurde insgesamt eine AfA in Höhe von  € 19.036,65 geltend gemacht.
Zum Bauzustand geht aus dem Gutachtern hervor, dass das bestehende alte Gebäude immer wieder notdürftig saniert und umgebaut wurde und dass im Erdgeschoß sowohl im Fußbodenbereich als auch an den Außenwände Feuchtschäden vorhanden sind und im Obergeschoß keine Wärmedämmung zum Dachboden eingebaut ist.
Weiters wurde zum Bau- und Erhaltungszustand festgehalten, dass dieser mäßig bis schlecht betreffend die Pf. und betreffend die Ru. mäßig bis gut ist.

Den vorstehenden Ausführungen (vgl. Jakom) ist jedoch zu entnehmen, dass ein zur Entkräftung der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer erstelltes Gutachten jedenfalls auf den konkreten Bauzustand eingehen und einen nachvollziehbaren Bezug zwischen dem Befund und der vom Gutachter angesetzten Restnutzungsdauer herstellen müsse (s ). Die Ermittlung einer fiktiven Gesamtnutzungsdauer, von der das Alter des Gebäudes abgezogen wird, bildet keine taugliche Grundlage zur Schätzung der Restnutzungsdauer. (Jakom/Lenneis EStG 2011, § 16 RZ 42)       

Das Bundesfinanzgericht kann daher auch anhand dieses Gutachtens nicht die kürzere Nutzungsdauer für die Ru. von ca. 40 Jahre und für die Pf. von maximal 15 Jahre erkennen.

Mit dem dritten Gutachten wurde ein weiterer (neuer) Ertragswert berechnet; der Jahresrohertrag mit 30.000,-, der Jahresreinertrag der baulichen Anlagen in Höhe von € 24.751, die Verzinsung mit 3%, die Restnutzungsdauer mit 42 Jahren und der Vervielfältiger (lt. Tabelle im Kranwitter) mit 23,70 angesetzt. 
Im Vorlageantrag wurde dann eine jährliche Abschreibung in Höhe von € 14.812,66  geltend gemacht. (fiktive AK abzüglich Grund und Boden, auf 42 Jahre abgeschrieben).

Das Bundesfinanzgericht kann unter Heranziehung der im Akt aufliegenden Unterlagen, auch der angeführten anderen Nutzungsdauern (42 Jahre) und den Zinssätze, die der nunmehrigen Berechnungen zugrunde gelegt wurde, nicht folgen.

In dem "Übergutachten" wurde eingangs in den allgemeinen Vorbemerkungen festgehalten, dass keine Untersuchung der Bodenverhältnisse stattgefunden hat und die Bausubstanz nicht untersucht wurde; betreffend die Bausubstanz wurde auf das Vorgutachten und der Nachschau des Finanzamtes verwiesen.

Wie bereits vorstehend zu dem 2. Gutachten ausgeführt, lässt daher auch dieses Gutachten keinen Schluss zu, dass die Bausubstanz eine kürzere als im Gesetz angeführte Nutzungsdauer bedingt.

Das Finanzamt hat bereits in der Beschwerdevorentscheidung dazu Stellung genommen und ausgeführt, dass im Gutachten vom Juni 2013 keine Feststellungen zur Qualität der Bauausführungen oder allenfalls bereits bestehender Schäden, etwa als Folge aufsteigender Feuchtigkeit angeführt sind, und damit eine kürzere Nutzungsdauer bedingen.
Wie bereits vorstehend ausgeführt, wurde der Bauzustand in dem Gutachten betreffend den Bauteil Ru. sehr allgemein als mäßig bis gut und der Bauteil Pf. als mäßig bis schlecht beschrieben, was auf eine kürzere Nutzungsdauer nicht schließen lässt.

In dem Vorlageantrag wurde auf diese Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung nichts entgegnet.

In dem Gutachten durch DCF Analyse wurde die Restnutzungsdauer als Bäckereibetrieb von 42 Jahren festgelegt (gerechnet von 2005). Begründend wurde ua. ausgeführt, dass in diesem Fall nicht nur (bau)technische Fakten für die Bemessung der Restnutzungsdauer herangezogen werden müssten, sondern es müssten auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekte berücksichtigt werde.

Ein näheres Eingehe n auf den Bauzustand der Liegenschaft erfolgt nicht.

Das Bundesfinanzgericht geht daher von einer Nutzungsdauer jährlich von 2 % aus, da die Liegenschaft (vorwiegend) bereits vor 1920 errichtet worden ist.

Eine kürzere Nutzungsdauer kann das Bundesfinanzgericht auf Grund der vorgelegten Gutachten nicht erkennen.

Vervielfältiger

Der zu verwendende Vervielfältiger richtet sich einerseits nach dem Kapitalisierungszinssatz, andererseits nach der Restnutzungsdauer des Gebäudes. Der Kapitalisierungszinssatz drückt jenen Ertrag (Rendite) aus, den ein Investor für das eingesetzte Kapital erwartet. Ein Kriterium für die Wahl des Kapitalisierungszinssatzes ist das Risiko, welchem der Ertrag aus dem Realbesitz unterworfen ist (Kranewitter, Liegenschaftsbewertung, 5 Aufl., S 94). Einfamilienhäuser unterliegen dabei einem geringeren Risiko als gewerblich oder industriell genutzte Liegenschaften. Der Kapitalisierungszinssatz ist auch von der relativen Höhe der Miete abhängig; bei Mietverhältnissen, die unter das MRG fallen (was gegenständlich laut Pkt 1. des Mietvertrages nicht der Fall ist), wird der Kapitalisierungszinssatz am unteren Ende der Skala anzusetzen sein (Kranewitter, aaO).

Kranewitter geht betreffend Wohn-und Geschäftshäuser von Kapitalisierungssätze in Höhe von 5- 5,5%  und Büro- und Geschäftshäuser 5,5% bis 6% aus.

Gleichzeitig hält Kranewitter fest, dass bei sehr guten Innenstadtlagen in Großstädten auch deutlich geringere Kapitalisierungszinssätze für Wohn- und Geschäftshäuser angenommen werden können. Dies sollte dann der Fall sein, wenn die Nachfrage nach derartigen Objekten wesentlich größer ist als das am Markt vorhandene Angebot.
(Kranewitter, Liegenschaftsbewertung, 5. Aufl. S 174)

Im gegenständlichen Fall handelt es sich um eine gewerbliche Liegenschaft, welche im gegenständlichen Zeitraum als Bäckerei und Verkaufslokal verwendet wurde. Nur im zweiten Stock befindet sich eine Wohnung, welche als Büro mitvermietet wurde.
Die gewerbliche Liegenschaft befindet sich in Stadt****. Auf eine sehr gute Lage wird in den Gutachten nicht hingewiesen.

Das Bundesfinanzgericht teilt den von der belangten Behörde und im 2. Gutachten vertretenen Vervielfältiger von 4,5% und steht damit in Einklang mit der gängigen Fachliteratur. Unter Zugrundelegung der per Gesetz vorgegebenen Restnutzungsdauer von 50 Jahren ergibt sich somit ein Vervielfacher in der Höhe von 19,76 (1972; vgl. Tabelle XIX, Vervielfältiger zur Ermittlung des Ertragswertes in Kranewitter, Liegenschaftsbewertung, 5.Aufl., S. 308).

Das Beschwerdevorbringen, wonach ein Vervielfältiger von 23,70 in Ansatz zu bringen wäre, vermag nicht zu überzeugen.

Das Bundesfinanzgericht kommt auf Grund der nachfolgenden Berechnung zu der anerkannten AfA:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Nutzungsdauer
50 Jahre
AfA
2%
Monatsrohertrag netto
2.500,00
Jahresrohertrag netto
30.000,00
Bewirtschaftungskosten
1.350,00
Liegenschaftsreinertrag
28.650,00
Liegenschaftszinssatz
4,50%
Instandhaltung
1,50%
Mietausfallwagnis
3,00%
Bodenwert pro/m2
150,00
m2 laut Grundbuch
423
Bodenwert Gebäude
63.450
Verzinsungsbetrag des Bodenwert
2.855,25
Vervielfältiger bei RND 50
19,76


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahresrohbetrag
30.000,00
-Bewirtschaftungskosten
1.350,00
Liegenschaftsreinertrag
28.650,00
-Verzinsungsbetrag Bodenwert
-2.855,25
Jahresreinertrag für baul. Anlagen
25.794,75
Vervielfältiger
19,76
Ertragswert
509.704,26
Anschaffungsnebenkosten 6%
30.582,25
Ertragswert inkl. Nebenkosten
540.286,51
gerundet
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Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientiert sich bei den zu lösenden Rechtsfragen an der einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur, darüber hinaus hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles sowie auf der Ebene der Beweiswürdigung zu beantwortenden Sachfragen ab.
Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at