Keine Umsatzsteuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 19 UStG 1994 für waffenrechtliche Verlässlichkeitsprüfungen und darüber ausgestellte Gutachten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. R. über die Beschwerden der Bf., vertreten durch Stb., vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt **** vom betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2013 und vom gegen den Bescheid vom betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2014 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2010, 2011, 2012 und 2014 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2013 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO vom abgeändert. Hinsichtlich der Bemessungsgrundlagen und der Höhe der Abgabe wird auf die Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin (Bf.) führt eine klinisch-psychologische und psychotherapeutische Praxis. Anlässlich einer bei der Bf. durchgeführten Außenprüfung, welche den Prüfungszeitraum 2010 bis 2013 und den Nachschauzeitraum Jänner bis Dezember 2014 umfasste, wurde festgestellt, dass von der Bf. für die von ihr an Bewerbern um eine Waffenbesitzkarte oder einen Waffenpass durchgeführten Verlässlichkeitsprüfungen und darüber ausgestellten Gutachten die Umsatzsteuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 19 UStG 1994 zu Unrecht in Anspruch genommen worden sei. Die Einnahmen aus diversen Vorträgen (2011-2013) sowie aus Gerichts- und sonstigen Gutachten (2013) seien den steuerpflichtigen Umsätzen zuzurechnen.
Gegen die den Prüfungsfeststellungen Rechnung tragenden Bescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2013 sowie Festsetzung von Umsatzsteuer für 01-06/2014 und 07-12/2014 erhob die Bf. fristgerecht Beschwerde und verwies - ausgehend davon, dass die Umsatzsteuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 19 UStG 1994 nach der Rechtsprechung des EuGH u.a. eine therapeutische Zielsetzung voraussetze - vor allem auf eine Verwaltungsmeinung zu im Zusammenhang mit Lenkerberechtigungen erstellten verkehrspsychologischen Untersuchungen, bei denen die Erfüllung dieser Voraussetzungen bejaht werde. Für die waffenrechtliche Verlässlichkeitsprüfungen müsse das Gleiche gelten. Die von der Außenprüfung der Umsatzsteuer unterzogenen Honorarnoten seien irrtümlicherweise auf dem Konto Vorträge verbucht worden. Es habe sich jedoch um eine psychotherapeutische Behandlung von Krankheitsbildern mittels Hypnotherapie gehandelt, welche unecht umsatzsteuerfrei zu belassen sei. Auch die von der Außenprüfung der Umsatzsteuer unterzogene Honorarnote der Bf. an das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung (Gruppe Personalangelegenheiten), welche auf den Konten "Gerichtsgutachten" und "Erlöse Gutachten" verbucht worden sei, falle unter die Steuerbefreiungsregel des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie.
Am erließ das Finanzamt den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2014 und verwies in der Begründung auf die Feststellungen im Betriebsprüfungsbericht.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wies das Finanzamt die Beschwerden gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2010, 2011, 2012 und 2014 als unbegründet ab und gab der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2013 teilweise (Beschwerdepunkte Vorträge und Gerichts- und sonstige Gutachten) statt.
Mit Schreiben vom stellte die Bf. fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde vom betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2013 und Festsetzung von Umsatzsteuer für Jänner bis Juni 2014 sowie Juli bis Dezember 2014 durch das Bundesfinanzgericht und erhob gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2014 vom fristgerecht Beschwerde mit Verzicht auf Ausfertigung einer Beschwerdevorentscheidung.
Das Finanzamt legte die Beschwerden am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte deren Abweisung. Das Bundesfinanzgericht gab den Beschwerden mit Erkenntnis vom , GZ. RV/7101547/2017, statt. Gegen dieses Erkenntnis wurde vom Finanzamt fristgerecht eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom , Zl. Ra 2018/13/0055, das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
§ 63 Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) bestimmt: „Wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, sind die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.“
Der im Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. RV/7101547/2017 festgestellte Sachverhalt, auf welchen hier verwiesen wird, ist nach der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom , Zl. Ra 2018/13/0055, wie folgt zu würdigen:
"Zu Begutachtungen der strittigen Art kommt es, wenn Personen, die nicht Inhaber einer Jagdkarte sind, eine Waffenbesitzkarte oder einen Waffenpass beantragen (§ 8 Abs. 7 Waffengesetz 1996) oder später Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Inhaber nicht mehr verlässlich ist (§ 25 Abs. 2 Waffengesetz 1996). Das vom Antragsteller beizubringende Gutachten ist Voraussetzung für die Erlangung oder das Behalten der Berechtigung und Grundlage für die behördliche Entscheidung darüber. Es wird nur erstellt, weil der Antragsteller oder Inhaber der waffenrechtlichen Urkunde eine Waffe besitzen und allenfalls führen will, und dient zweifellos dem Hauptzweck, ihm den vorgeschriebenen Nachweis der dafür erforderlichen Verlässlichkeit zu ermöglichen.
Es handelt sich um einen klaren Fall einer nach der vom Bundesfinanzgericht zitierten Rechtsprechung des EuGH von der Steuerbefreiung nicht erfassten Begutachtung.
Dass der Zweck der gesetzlichen Voraussetzungen von Selbst- und Fremdgefährdung ist und die Gutachten damit wie das Bundesfinanzgericht formuliert, "letztendlich" dem Schutz der Gesundheit dienen, löst sie nicht aus dem vorrangigen "Kontext" einer waffenrechtlichen Berechtigung, die der Betroffene anstrebt oder nicht verlieren will.
Eine Verwaltungsmeinung zu verkehrspsychologischen Untersuchungen, über die sich wohl Ähnliches sagen ließe, kann daran nichts ändern."
Zu den Beschwerdepunkten Vorträge sowie Gerichts- und sonstige Gutachten wird auf die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2013 verwiesen. Auf Grund der für glaubwürdig befundenen Vorbringen der Bf. und der vorgelegten Unterlagen war der Beschwerde Folge zu geben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ( Erkenntnis vom , Zl. Ra 2018/13/0055) gefolgt wird, ist die (ordentliche) Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 6 Abs. 1 Z 19 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | VwGH, Ra 2018/13/0055 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103552.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
FAAAC-21833