§ 212a BAO: Strittig sind die Erfolgsaussichten einer Beschwerde des zur Mitzahlung der Dienstbarkeitsgebühr herangezogenen Gesamtschuldners, wenn im Verfahren des „Erstschuldners“ bereits ein rechtskräftiges abweisendes BFG-Erkenntnis zu § 33 TP 9 GebG erging?
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RV/7102842/2018-RS1 | Beurteilung der Erfolgsaussichten: Die Rechtsfrage „ist die Schenkung von Geld an ein Kind, damit es ein Grundstück erwerben kann, das Entgelt für die Dienstbarkeit, die das Kind den Eltern dafür einräumt“ wurde bereits vom bejaht und das Bundesfinanzgericht folgte dieser Rechtsprechung. Damit steht das Beschwerdebegehren der Bf. mit der ständigen Rechtsprechung in Widerspruch, doch im vorliegenden Fall ist ausschlaggebend, dass die Bf. in der Dienstbarkeitsgebührensache, über die das Bundesfinanzgericht bereits entschieden hat, als Mitschuldnerin herangezogen wurde. Da im gegenständlichen Fall hinsichtlich des zuerstherangezogenen Gesamtschuldners ein im Wesentlichen abweisendes Erkenntnis des BFG erging, und der Antrag gemäß § 212a BAO von der als weitere Gesamtschuldnerin herangezogenen Bf. gestellt wurde, ist im Hinblick auf die gebührenrechtliche Beurteilung des „identen“ Vertrages davon auszugehen, dass die Beschwerde der Bf., die ihrem Aussetzungsantrag zugrunde liegt, als nach der Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.DDr. Hedwig Bavenek-Weber in der Beschwerdesache ****Bf.+ADRESSE**** , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde, des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr. ****x1****, StNr. ****x2**** betreffend Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO (Dienstbarkeitsgebühr) zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
§ 212a BAO: Strittig sind die Erfolgsaussichten einer Beschwerde des zur Mitzahlung der Dienstbarkeitsgebühr herangezogenen Gesamtschuldners, wenn im Verfahren des „Erstschuldners“ bereits ein abweisendes, rechtskräftiges BFG-Erkenntnis zu § 33 TP 9 GebG erging?
1. Verfahrensverläufe
1.1. Gebührenrechtlicher Teil
Mit Kaufvertrag vom samt Nachtrag erwarben die Bf. und ihr Sohn ****NAME_SOHN**** das Grundstück ****GRNDSTÜCK**** um einen Kaufpreis von 180.000 Euro. Mit einem weiteren Nachtrag vom wurde vereinbart, dass anstatt der Bf. als kaufender Vertragsteil nun ihr Sohn eintritt, als Kaufpreis wurden 175.000 Euro vereinbart.
Mit Vertrag über die Einräumung von Wohnungsrechten sowie Veräußerungs- und Belastungsverboten vom wurde festgehalten, dass die Großeltern ****GROßELTERN**** ihrem Enkel, dem Sohn der Bf., ****NAME_SOHN**** den gesamten Kaufpreis für den Erwerb des Grundstücks geschenkt haben. Im Hinblick auf diese Schenkung räumt der Sohn der Bf. seinen Großeltern auf Lebensdauer des länger Lebenden von ihnen und seinen Eltern, der Bf. und ihren Ehegatten ****EHEGATTE****, das unentgeltliche Wohnungsrecht an dem von ihm erworbenen Grundstück ein und bestellt diese als Dienstbarkeiten. Laut Punkt VI. tragen die Bf. und ihr Ehegatte die mit der Errichtung und Verbücherung dieses Vertrages verbundenen Kosten, Steuern, Abgaben und Gebühren zur ungeteilten Hand aus eigenem und werden diesbezüglich die übrigen Vertragsparteien vollkommen schad- und klaglos halten.
- Gebührenverfahren Ehegatte der Bf.: Mit Gebührenbescheid vom setzte das Finanzamt für diesen Vertrag vom die Dienstbarkeitsgebühr gemäß § 33 TP 9 GebG in Höhe von 3.600 Euro fest (Kaufpreis 180.000 x2%), da die Schenkung des Grundstückskaufpreises das Entgelt für die Dienstbarkeitseinräumung darstellt. Das Finanzamt adressierte den Bescheid an den Ehegatten der Bf., ****EHEGATTE**** , als Gesamtschuldner. Dieser erhob dagegen Beschwerde, die das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom abwies. Dagegen wurde am ein Vorlageantrag eingebracht. Das Bundesfinanzgericht wies die Beschwerde mit Erkenntnis dem Grunde nach ab und setzte die Gebühr auf 3.500 Euro (175.000 x2%) herab.
- Gebührenverfahren der Bf. als Gesamtschuldnerin: Wegen erfolgloser Einbringungsmaßnahmen beim anderen Gesamtschuldner zog das Finanzamt die Bf. mit Mitzahlungs-Gebührenbescheid vom zur Zahlung der Dienstbarkeitsgebühr in Höhe von 3.500 Euro heran. Dagegen erhob die Bf. Beschwerde mit Schreiben vom , die das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom abwies. Dagegen wurde am ein Vorlageantrag eingebracht und in der Folge dem Bundesfinanzgericht zu RV/7100906/2018 vorgelegt. Im Vorlageantrag stellte die Bf. den Antrag gemäß § 212a BAO.
1.2. § 212a BAO
In diesem zuletzt genannten Vorlageantrag vom stellte die Bf. den Antrag, die Einhebung der vorgeschriebenen Dienstbarkeitsgebühr bis zur rechtskräftigen Erledigung der Beschwerde gemäß § 212a BAO auszusetzen.
Am erließ das Finanzamt den Bescheid über die Abweisung eines Aussetzungsantrages. Das Finanzamt begründete die Abweisung des Antrages gemäß §212a BAO damit, dass die Aussetzung nicht zu bewilligen sei, soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint. „Mit Gebührenbescheid vom wurden Sie als weiterer Gesamtschuldner der Gebühren herangezogen, da Einbringungsmaßnahmen beim ursprünglich in Anspruch genommenen Gesamtschuldner erfolglos waren. Der ursprünglich in Anspruch genommene Gesamtschuldner hat ebenfalls gegen den Bescheid Beschwerde erhoben. Diese Beschwerde wurde vom Bundesfinanzgericht am unter GZ RV/7100570/2017 dem Grunde nach abgewiesen. Da der gegenständlichen Beschwerde derselbe Sachverhalt zugrunde liegt, ist davon auszugehen, dass das BFG die Beschwerde ebenfalls abweisen wird. Die Beschwerde ist daher als wenig erfolgversprechend zu werten und ist daher der Antrag auf Aussetzung der Einhebung abzuweisen.“
Fristgerecht erhob die Bf. dagegen Beschwerde vom . Die Tatsache, dass die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes betreffend die Gebührenvorschreibung an den Ehegatten der Bf. rechtskräftig geworden sei, beruhe allein auf dem Umstand, dass es diesem aus rein finanziellen Gründen nicht möglich gewesen sei, ein Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof anzustrengen. Darüber hinaus sei das Bundesfinanzgericht nicht an seine Entscheidung über die Beschwerde des Ehegatten der Bf. gebunden, sondern habe über den Antrag der Bf. gesondert und neuerlich zu entscheiden.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.
Dagegen wurde die Vorlage an das Bundesfinanzgericht beantragt.
Das Finanzamt legte die Akten mit einer umfangreichen Stellungnahme dem Bundesfinanzgericht vor, die der Bf. auch zugestellt wurde.
Beweis wurde vom Bundesfinanzgericht erhoben durch Einsicht in die elektronisch vorgelegten Teile des Abgabensicherungsaktes, sowie des Bemessungsaktes des Finanzamtes betreffend Dienstbarkeitsgebühr.
2. Gesetzesmaterialien
§ 212a BAO lautet:
(1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.
(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,
a) soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder
b) soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder
c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.
3. Erwägungen
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ist es nicht Aufgabe eines Aussetzungsverfahrens, die Beschwerdeentscheidung vorwegzunehmen, sondern haben die Abgabenbehörden und Gerichte bei Prüfung der Voraussetzungen für eine Aussetzung der Einhebung die Erfolgsaussichten lediglich anhand des Beschwerdevorbringens zu beurteilen, wobei nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere auch auf die jeweils herrschende (insbesondere publizierte) Rechtsprechung Bedacht zu nehmen ist. Ein Rechtsmittel erscheint nur insoweit wenig erfolgversprechend, als seine Erfolglosigkeit offenkundig ist. Als offenkundig erfolglos kann eine Beschwerde etwa insoweit angesehen werden, als sie nach Maßgabe des § 252 BAO zwingend abzuweisen ist, das Beschwerdebegehren mit der Rechtslage eindeutig in Widerspruch steht, der Abgabepflichtige eine der ständigen Judikatur der Höchstgerichte widersprechende Position bezieht oder ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er sich auf gesicherte Erfahrungstatsachen oder auf eine längerwährend unbeanstandet geübte Verwaltungspraxis stützt.
Im Zuge der Beurteilung einer Beschwerde nach § 212a Abs. 2 lit. a BAO sind deren Erfolgsaussichten lediglich abzuschätzen. Eine Beschwerde kann nicht schon deshalb von Vornherein als wenig erfolgversprechend angesehen werden, weil sich der abgabenbehördliche Bescheid im Bereich des möglichen Verständnisses einer verschiedene Interpretationen zulassenden Vorschrift bewegt und zur konkreten Streitfrage noch keine eindeutige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt. Lediglich dann, wenn die Beschwerde einen Standpunkt vertritt, welcher mit zwingenden Bestimmungen ganz eindeutig und ohne jeden Zweifel unvereinbar ist oder mit der ständigen Rechtsprechung in Widerspruch steht, könnte von einer wenig Erfolg versprechenden Beschwerde die Rede sein (; ; Stoll, BAO-Kommentar, 2273; Fischerlehner, Abgabenverfahren2 § 212a Anm 6); Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-Handbuch, 616-617; Ritz, BAO6 § 212a Tz 9 ).
Dazu ist festzustellen, dass das vom Finanzamt ins Treffen geführte Erkenntnis des nicht nur sachverhaltskongruent ist, sondern den „identischen“ Vertrag betrifft, da die Bf. und ihr Ehegatte mit diesem Vertrag ein Wohnrecht gegen Entgelt eingeräumt bekamen, und das Erkenntnis zum Verfahren des zuerstherangezogenen Gesamtschuldners, des Ehegatten der Bf., erging. Ebenso weicht das Beschwerdevorbringen laut Erkenntnis des nicht vom Vorliegenden ab. Sowohl im Verfahren des zuerstherangezogenen Gesamtschuldners, als auch im vorliegenden Verfahren wird vorgebracht, dass für die Einräumung des Wohnungsrechtes keinerlei Gegenleistung erbracht worden sei, die Rechtseinräumung erfolgte unentgeltlich und sei daher nicht steuerbar.
Abgesehen davon, das wurde auch im Erkenntnis dargestellt, besteht eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob Dienstbarkeitsgebühr gemäß § 33 TP 9 GebG anfällt, wenn den Eltern für die Schenkung des Kaufpreises eine Dienstbarkeit am Grundstück eingeräumt wird: . Nach dem zugrundeliegenden Sachverhalt wollte der Sohn eine Wohnung erwerben. Der Vater schenkte dem Sohn Sparbücher, um ihm die Finanzierung der Wohnung zu ermöglichen und dafür räumte der Sohn beiden Elternteilen ein unentgeltliches Wohnrecht ein. Das Finanzamt schrieb Dienstbarkeitsgebühr vor, und ging davon aus, dass die dem Sohn übergebenen Sparbücher das Entgelt für die Einräumung der Dienstbarkeit gewesen seien. Der Verwaltungsgerichtshof wies die Beschwerde ab, da die Sparbücher als das vom Vater geleistete Entgelt für die beiden Ehegatten eingeräumte Dienstbarkeit geleistet wurden, weil es bei der Beurteilung der Entgeltlichkeit auf die subjektive Äquivalenz ankommt.
Zu einem vergleichbaren Sachverhalt erging auch RV/0188-G/04 mit Titel laut Findok: Schenkung von Sparbüchern kann Entgelt für die Einräumung einer Dienstbarkeit darstellen.
Zum Beschwerdeeinwand, die Rechtseinräumung an die Bf., bzw. ihren Ehegatten sei unentgeltlich erfolgt, wurde bereits in Stellung bezogen: „Das Finanzamt hat unter Beachtung des vertraglichen Innenverhältnisses die Gebührenvorschreibung an den Beschwerdeführer gerichtet. Nach dem Inhalt des Vertrages haben sich der Beschwerdeführer und […. die Bf. ….] verpflichtet, sämtliche mit der Errichtung und Verbücherung dieses Vertrages verbundenen Kosten, Steuern, Abgaben und Gebühren aus eigenem zu tragen und die übrigen Vertragsparteien vollkommen schad- und klaglos zu halten. Das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel hat mit dem gegenständlichen Bescheid eine der beiden Parteien in Anspruch genommen, die sich im Innenverhältnis zur Tragung der Gebühren verpflichtet haben.“
4. Zusammenfassende Beurteilung der Erfolgsaussichten
Die Rechtsfrage „ist die Schenkung von Geld an ein Kind, damit es ein Grundstück erwerben kann, das Entgelt für die Dienstbarkeit, die das Kind den Eltern dafür einräumt“ wurde bereits vom bejaht. Das Bundesfinanzgericht (vorher der Unabhängige Finanzsenat) folgte dieser Rechtsprechung ( RV/0188-G/04; ). Damit steht das Beschwerdebegehren der Bf. mit der ständigen Rechtsprechung in Widerspruch (; ), doch im vorliegenden Fall ist ausschlaggebend, dass die Bf. in der Dienstbarkeitsgebührensache, über die das Bundesfinanzgericht bereits entschieden hat, als Mitschuldnerin herangezogen wurde. Da im gegenständlichen Fall hinsichtlich des zuerstherangezogenen Gesamtschuldners ein im Wesentlichen abweisendes Erkenntnis erging, und der Antrag gemäß § 212a BAO von der als weitere Gesamtschuldnerin herangezogenen Bf. gestellt wurde, ist im Hinblick auf die gebührenrechtliche Beurteilung des „identen“ Vertrages davon auszugehen, dass die Beschwerde der Bf., die ihrem Aussetzungsantrag zugrunde liegt, als nach der Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint.
Aus all diesen Gründen war der Beschwerde der Erfolg zu versagen.
5. Unzulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Grundsätzliche Rechtsfragen wurden nicht aufgeworfen. Das gegenständliche Erkenntnis weicht nicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102842.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at