Steuerpflicht von Entgeltzahlungen aus der österreichischen Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse an deutschen Grenzgänger
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter, Mag. Dieter Fröhlich über die Bescheidbeschwerde des Bf., A., Deutschland wohnhaft, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom , Evidenznummer XX betreffend Abweisung des Rückerstattungsantrages vom
zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art 133 Abs. 4 B VG i.V.m. § 25a VwGG eine Revision nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer (in der Folge Bf. genannt) ist deutscher Grenzgänger. Sein Wohnsitz und Lebensmittelpunkt befindet sich in Deutschland und er arbeitet als Bauarbeiter bei der österreichischen Firma D. GmbH, in E., F-Gasse.
Der Bf. erhielt von der österreichischen Bauarbeiter-Urlaubs u. Abfertigungskasse (BUAK) auf Grund der eingereichten Meldungen seines Arbeitgebers im Jahr 2013 Urlaubsentgelte (insgesamt brutto € 5.052) ausbezahlt, von denen die BUAK Lohnsteuer in Höhe von € 589,66 einbehielt und an das zuständige Finanzamt abführte.
Mit Anbringen vom beantragte der Bf. mittels Formblatt ZS-RD1 die Rückzahlung dieser Lohnsteuer, weil sie auf Grund des Doppelbesteuerungsabkommens Deutschland-Österreich (DBA Deutschland) zu Unrecht einbehalten worden sei.
Das FA gab mit Bescheid vom diesem Antrag zunächst teilweise statt und gewährte eine Lohnsteuerrückerstattung von € 435,48 (ohne die auf das Jahressechstel entfallende Lohnsteuer von € 154,18).
Der Bf. erhob mit Schreiben vom gegen diesen Bescheid form- und fristgerecht Bescheidbeschwerde und begehrte die Rückerstattung der gesamten, von seinen Entgelten aus der BUAK einbehaltenen Lohnsteuer (€ 489,66).
Das Finanzamt gelangte bei der Bearbeitung der Beschwerde zu dem Ergebnis, dass ihm bei der rechtlichen Beurteilung des angefochten Bescheides ein Fehler unterlaufen sei und die Lohnsteuererstattung von Entgeltzahlungen aus der BUAK dem Bf. überhaupt nicht zustehe. Daher wurde mit Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO vom der teilweise stattgebende Erstattungsbescheid vom aufgehoben. Mit Bescheid vom wurde der Rückerstattungsantrag vom als unbegründet abgewiesen. In der Bescheidbegründung wurde dargelegt, dass es sich bei den Entgeltzahlungen der BUAK um Gelder aus der gesetzlichen Sozialversicherung handle, für die im Art 18 DBA-Deutschland das sogenannte Kassenstaatsprinzip normiert sei. Diese Entgelte unterliegen daher ungeachtet der Grenzgängerregelung der Steuerpflicht im Kassenstaat, also in Österreich, sodass eine LSt-Erstattung nicht möglich sei.
Dieser Bescheid vom , mit dem der Antrag auf LSt-Rückerstattung abgewiesen wurde, trat an die Stelle des aufgehobenen teilweise stattgebenden Bescheides vom , sodass die gegen den früheren Bescheid bereits erhobene Beschwerde gemäß § 253 BAO nunmehr auch gegen den später – in dieser Sache - ergangen Bescheid gerichtet galt.
Das FA hat daher zur Erledigung dieser Bescheidbeschwerde die Berufungsvorentscheidung vom erlassen, in welcher die Beschwerde mit folgender Begründung abgewiesen wurde:
„Gemäß Art. 18 DBA-Deutschland unterliegen Bezüge aus der österreichischen Sozialversicherung nach dem „Kassenstaatsprinzip“ der österreichischen Besteuerung und sind gemäß Art. 23 Abs. 2 des Abkommens in Deutschland von der Besteuerung freizustellen.
Die von Ihnen angegebenen Lohnsteuerbeträge beziehen sich, laut den vorliegenden Unterlagen (Auszahlungsbelege der BUAK), auf Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung.
Bei der Auslegung des Abkommens aus seinem Gesamtzusammenhang vermag die Grenzgängerregelung des Art. 15 Abs. 6 DBA-Deutschland nicht die in diesem Artikel unter Absatz 1 festgeschriebene Subsidiarität gegenüber dem Art. 18 zu beseitigen. Daher ist der Bezug aus der österreichischen Sozialversicherung (dazu gehören auch die Zahlungen aus der BUAK) unter Progressionsvorbehalt von der deutschen Besteuerung freizustellen.“
Dagegen brachte der Bf. fristgerecht den Vorlageantrag vom ein. Der Bf. erhob Einwand, dass es sich bei den Zuflüssen aus der BUAK um Weihnachts- und Urlaubsgeld handle. Diese Lohnzahlungen seien daher keine „Zahlungen aus der gesetzlichen Sozialversicherung“ im Sinne des vom FA angewandten Art. 18 DBA-Deutschland. Es käme daher für diese im Wege der BUAK erhaltenen Lohnzahlungen ebenso die Grenzgängerregelung zu Anwendung, sodass die Steuerpflicht in Deutschland liege und die österr. Lohnsteuer zur Gänze zu erstatten sei.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
In Streit steht die Rechtsfrage, ob Zahlungen aus der BUAK an einen deutschen Grenzgänger unter den Tatbestand des Art. 18 Abs. 2 DBA-Deutschland „Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung“ fallen.
Die Bestimmung des Art 18 Abs. 2 DBA-Deutschland lautet:
„Bezüge, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der gesetzlichen Sozialversicherung des anderen Vertragsstaats erhält, dürfen abweichend von vorstehendem Absatz 1 nur in diesem anderen Staat besteuert werden.“
Diese Bestimmung normiert für alle Versicherungsleistungen, die auf einer öffentlich-rechtlichen Grundlage beruhen und der sozialen Sicherheit von Erwerbstätigen dienen, das so genannte „Kassenstaatsprinzip“. Damit ist die Steuerpflicht von Entgelten, die der öffentlich-rechtlichen Sozialgesetzgebung entspringen, in dem Staat gemeint, indem die auszahlende Kasse ihren Sitz hat.
Auf diesem Grundgedanken beruhend wurde in einer deutsch-österreichischen Verständigungsvereinbarung für eine Reihe derartiger Zahlungen einverständlich geklärt, dass sie unter den Tatbestand des Art 18 Abs. 2 DBA-Deutschland fallen. Dazu gehört unter anderem neben dem deutschen Konkursausfallgeld, Schlechtwettergeld, deutsche Knappschaftsrente, Arbeitslosengeld, Wintergeld, in Österreich die von Sozialversicherungsträgern getragene, bzw. dem Bauunternehmer rückerstattete Entgeltfortzahlungen sowie die Leistungen aus der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (vgl. dazu: Bendlinger/Kanduth-Kristen/ Kofler/Rosenberger, Internationales Steuerrecht, Kap. XIII, Rz. 705, ebenso Schuch/Fürnsinn in Wassermeyer/Kaeser/Lang/Schuch, Doppelbesteuerung, DBA Österreich-Deutschland zu Art 18 Rz. 8 sowie öBMF, EAS 1674 v. ; SWI 8/2000, 384 und EAS 3227 vom ).
Resümierend ist dazu festzustellen, dass eine langjährige, einhellige und mit der deutschen Finanzverwaltung abgestimmte Rechtsauffassung besteht, wonach Zahlungen aus der österr. BUAK den Tatbestand des Art. 18 Abs. 2 DBA-Deutschland „Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung“ erfüllen. Derartige Entgeltzuflüsse aus der BUAK sind daher auch von einem deutschen Grenzgänger in Österreich steuerpflichtig.
Das FA hat daher den Rückerstattungsantrag mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht als unbegründet abgewiesen.
Zulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).
Im gegenständlichen Fall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Das Ergebnis folgt bereits aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und entspricht einer langjährigen, unstrittigen herrschenden Rechtsmeinung.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | Art. 18 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7102910.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at