keine persönliche Unbilligkeit bei Vorschreibung der Einkommensteuern aus einem Sanierungsgewinn
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter
A
in der Beschwerdesache
BF
vertreten durch
StB
gegen
FA
vertreten durch
AB
wegen
behaupteter Rechtswidrigkeit des Bescheides vom auf Abweisung des Antrages auf Nachsicht der Einkommensteuer 2012 gemäß § 236 BAO
nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom wurde dem BF die Einkommensteuer für 2012 i.H.v. € 25.869,00 vorgeschrieben. Weiters wurden dem BF für die Einkommensteuer 2012 Anspruchszinsen i.H.v. € 1.383,02 vorgeschrieben.
Mit Antrag vom brachte der BF ein Nachsichtansuchen hinsichtlich der mit Bescheiden vom festgesetzten Abgaben ein und begründete dies im Wesentlichen damit, dass mit der Vorschreibung dieser Beträge für ihn eine persönliche Unbilligkeit vorliege, da er nach seinem Insolvenzverfahren im Jahr 2012 in den Jahren 2013 und 2014 ein Einkommen von € 20.900,00 bzw. € 21.100,00 bezogen habe und für die Jahre 2015 und 2016 mit ähnlichen Ergebnissen gerechnet werden könne. Zudem habe das FA von der Erhöhung der Quote von 20% auf 25 % ebenfalls profitiert.
Mit Bescheid vom wies das FA das Ansuchen auf Nachsicht der oben angeführten Abgabenschulden ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die in Frage stehenden Abgaben aus der Versteuerung des durch das Sanierungsverfahren entstandenen Sanierungsgewinnes resultierten. Das FA habe dabei bereits Abgabenbeträge i.H.v. € 74.607,72 nach § 206 lit.b BAO in Abzug gebracht. Die Abgabennachsicht der verbleibenden Einkommensteuer i.H.v. 25 % würde eine doppelte Begünstigung darstellen.
Darauf erhob der BF fristgerecht Beschwerde und führte nochmals aus, nach welchen Kriterien die Nachsicht zu gewähren sei und aus dem Gesetz nicht zu entnehmen sei, dass die Steuerschuld im Sanierungsplan zu berücksichtigen sei. Dies wäre völlig undenkbar gewesen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA diese Beschwerde als unbegründet ab und führte dazu nochmals aus, dass die Reduktion der verbliebenen 25 % der Einkommensteuer 2012 eine doppelte Begünstigung darstellen würde und durch die Nachsichterteilung es zu einem nicht gerechtfertigten Nachteil der Republik als Abgabengläubiger komme. Offenbar sei den anderen Gläubigern eine höhere Quote geboten worden, als leistbar gewesen sei und diese höhere Quote sei durch Nichtberücksichtigung des Sanierungsgewinnes finanziert worden.
Darauf beantragte der BF fristgerecht die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das BFG und wies nochmals auf den in der Beschwerde enthaltenen Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung hin.
In der mündlichen Verhandlung vom führten die Parteien des Verfahrens ergänzend aus:
Der BF legte die aktualisierten finanziellen Verhältnisse zum Stichtag vor. Darin wies der BF sein geschätztes Einkommen lt. Einkommensteuerbescheid für 2018 mit € 19.200,00 aus. Seine monatlichen Kosten für Wohnungsmiete, Strom KFZ-Kosten, Hausrat- und Rechtsschutzversicherung und GIS bezifferte der BF mit € 1.080,00.
Weiters legt der steuerliche Vertreter einen Ausdruck des Steuerkontos vom vor, aus dem ersichtlich sei, dass der BF sich seit seinem Sanierungsverfahren immer bemüht habe seinen Verpflichtungen gegenüber dem FA fristgerecht nachzukommen. Die Einkommenssituation derzeit sei so, dass der BF sich am Rande des Existenzminimums befinde und die Bezahlung des in Frage stehenden Einkommensteuerbetrages für ihn eine existenzielle Gefährdung darstellen würde.
Wenn das FA in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt habe, dass der BF bei Durchführung des Ausgleiches offenbar eine höhere Quote angeboten habe als er leisten könne, so sei dies nicht richtig. Faktisch habe die Bank dem BF nur die Möglichkeit gelassen entweder die Quote von 20% auf 25 % zu erhöhen, oder sie hätte dem Ausgleich nicht zugestimmt. Ein Konkurs hätte jedoch dazu geführt, dass der BF seine Berufsbefugnis verloren hätte, weswegen ihm keine andere Wahl geblieben sei als die Quote auf 25% zu erhöhen. Dies habe nicht nur die Bank betroffen, die Erhöhung der Quote sei allen Gläubigern zu Gute gekommen.
Der BF führte zu seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in Ergänzung der schriftlichen Darlegung aus, dass er im Jahr 2009 einen schweren Herzinfarkt gehabt habe und danach eine Weile arbeitsunfähig und auf Reha gewesen sei. Im Reha-Zentrum habe man gemeint, dass er nicht mehr in der Lage sein werde seinen Beruf auszuüben. Er habe sich zurückgekämpft, habe allerdings auch Pech mit Mandanten gehabt, die nicht bezahlt hätten. Nach dem Herzinfarkt 2009 sei es 2011 zur Insolvenz gekommen, da er nicht in der Lage gewesen sei diese Forderungen einzutreiben. Es habe sich gezeigt, dass seine Leistungsfähigkeit bei weitem nicht mehr so hoch sei wie früher und er trotz seiner Bemühungen nicht mehr auf das Arbeitsausmaß komme wie früher um mehr Einnahmen zu erzielen.
Der Vertreter des BF führte dazu aus, dass dies nicht am Ausmaß der Arbeit liege, sondern einfach dem Gesundheitszustand geschuldet sei. Dies ergebe sich auch aus den Zahlen die nun in der Verhandlung vorgelegt worden seien, woraus ersichtlich sei, dass die Einkünfte auf niedrigem Niveau verharrten.
Der BF führte aus, dass grundsätzlich eine Sanierung unter Berücksichtigung einer Steuerpflicht des Sanierungsgewinnes praktisch nicht durchführbar sei. Ihm sei aus seiner Praxis kein Fall bekannt in dem das funktioniert hätte.
Der Vertreter des BF führte aus, dass es nie die Absicht gewesen sei, sich auf Kosten des FA zu sanieren. Man habe einfach versucht wirtschaftlich zu überleben.
Ergänzend führt der BF aus, dass aus den Aufstellungen ersichtlich sei, dass eine Steuerleistung nach der Sanierung weiterhin in der gesetzlichen Höhe erbracht worden sei. Wäre ein Konkurs erfolgt, hätte es überhaupt keine Möglichkeit gegeben eine weitere Steuerleistung zu erbringen. Weiters führte der BF aus, dass gerade die Erhaltung einer weiteren steuerlichen Leistungsfähigkeit für die Zukunft eine wesentliche Voraussetzung für die Gewährung einer Nachsicht darstelle. Letzten Endes profitiere auch der Abgabengläubiger davon, was auch der Zweckmäßigkeit in der Nachsicht entspreche, bei der es um die Interessen des Abgabengläubigers gehe.
Über Nachfrage durch den AB ob sich die Einnahmen auch im Jahr 2019 im Wesentlichen in der gleichen Höhe bewegten würden führte der BF aus, dass es ihm nicht bekannt sei, dass sich dabei Ausreißer ergeben hätten.
Dazu führte der Vertreter des BF aus, es sei eher so, dass derzeit Klienten verloren würden, einfach auf Grund dessen, dass diese in Pension gingen. Die Aquirierung neuer Klienten gestalte sich schwierig, so dass eher von rückläufigen Einnahmen auszugehen sei.
Über Befragen durch den Richter, ob die Einnahmen ab 2013 aus den Honoraren eigener Klienten stammten oder es sich um ein mit der StB Kanzlei StB2 vereinbartes Pauschalhonorar handle und warum sich dieses Honorar ab 2016 verringert habe führt der BF aus, dass es sich im Wesentlichen um eigene Honorare handle, gelegentlich übernehme er auch Aufträge von der StB2 wenn dort Not am Mann sei. Es hätten sich im Zuge der Insolvenz viele Klienten verabschiedet, da sie nicht gewusst hätten wie es weitergehe. Auch danach sei es zu weiteren Abgängen gekommen.
Ob auch im Jahr 2018 die Umsätze in etwa in Höhe der Vorjahre gewesen seien, könne er aktuell nicht sagen. Es sei aber wie gesagt in keiner Richtung mit großer Änderung zu rechnen.
Befragt dazu, aus welchen Mitteln (Kredit, Vermögensveräußerung, laufende Einnahmen) die im Jahr 2012 (6%), 2013 (7%) und 2014 (12%) anfallenden Quoten aus dem Insolvenzverfahren beglichen worden seien führte der BF aus, dies sei im Wesentlichen dadurch erfolgt, dass seine Klienten ab 2012 über die StB abgerechnet worden seien und er die dafür aufgebrachten Arbeitsstunden in Rechnung gestellt habe. Er habe damit aus den laufenden Einnahmen diese Quote in den Jahren 2012 bis 2014 beglichen. Darüber hinaus sei die Kanzlei in Vorlage getreten und habe ihm de facto ein Darlehen (einen „Vorschuss“) gewährt. Dieser sei mittlerweile getilgt. Glaublich sei dies entweder 2016 oder 2017 der Fall gewesen.
Als Vermögenswerte seien ihm lediglich die bereits angeführte Pension bei der Kammer der Wirtschaftstreuhänder verblieben.
Die weiteren Belastungen in diesen Jahren ergäben sich aus dem aktuellen Stand der von ihm vorgelegten Beilage.
Die in den Jahren 2013 € 8.208,78, 2014 € 6.273,38, 2015 € 9.039,78, 2016 € 9.564,27 und 2017 € 11.042,60 bezahlten SV Beiträgen; umfassten umfasst nicht nur die Pensionsversicherung, die Unfallversicherung bei der SVA sondern auch die Pflichtversicherung zur Krankenversicherung bei der Vers (Opting out).
Bei den als privat dargestellten KFZ-Kosten handele es sich um die Privatanteile des Fahrzeuges das er überwiegend betrieblich verwende.
Die Krankenzusatzversicherung ergibt sich daraus, dass die Vers ihm jedes Jahr mitteile welcher Anteil der von ihm geleisteten Krankenversicherungsbeiträge als Betriebsausgabe und welcher Teil als Sonderausgaben zu behandeln ist.
Er habe im Insolvenzzeitraum nur die Mindestsicherung gehabt, das seien 700,00 Euro im Monat gewesen. Die Wohnungsmiete habe 600,00 Euro betragen, nur der Rest sei zu seiner freien Verfügung gewesen. In dieser Zeit habe er 2 Mitarbeiterinnen gehabt, eine habe gekündigt, die Arbeit der weggefallenen Mitarbeiterin habe er übernehmen müssen. Er habe auch die Abrechnungen des laufenden Betriebes der Kanzlei durchgeführt. Die Masseverwalterin habe dafür ein Honorar von 4.000,00 Euro im Monat gestellt, im letzten Monat habe sie ihm das Honorar nachgelassen, es seien pauschal 4.000 Euro im Monat abgerechnet worden, was mehr als sein monatlicher Umsatz gewesen sei. Er habe damals auch von der Unterstützung von Freunden gelebt.
Abschließend verwies der AB auf die Rechtsprechung des VwGH wonach über dem Existenzminimum liegende Beträge nicht nur der Pfändung unterlägen sondern, sofern nicht außerordentliche Umstände vorlägen, auch in diesen Fällen eine Nachsicht nicht zu gewähren sei und die Abgaben einzuheben seien. Entsprechende erhebliche Härten könnten im Wege des § 212 BAO abgemildert werden, durch Ratenzahlung bzw. Stundung. Die VwGH-Rechtsprechung sehe bis zu 23 Jahren Ratenzahlung als nicht unbillig an ().
Der Vertreter des BF führte aus, dass im Gegensatz zu den meisten VwGH-Entscheidungen bei denen eine Nachsicht nicht gewährt worden sei, weil die Sanierungsfähigkeit gar nicht gegeben gewesen sei, der gegenständliche Fall anders gelagert sei. Im gegenständlichen Fall sei die in Frage stehende Abgabenforderung der letzte Teil bevor eine endgültige Sanierung des BF eintreten könne.
Das BFG hat dazu erwogen:
Das BFG legt den folgenden Sachverhalt seiner Entscheidung zu Grunde, der sich aus dem Vorbringen der Parteien im Verfahren und den Akten des Verwaltungsverfahrens ergibt:
Der BF war als Wirtschaftstreuhänder tätig. Mit Beschluss des LG Salzburg vom wurde über das Vermögen des BF der Konkurs eröffnet. In diesem Insolvenzverfahren meldete das FA Abgabenschulden i.H.v. € 46.690,12 an. Diese umfassten vor allem Umsatzsteuern und Einkommensteuern sowie Nebengebühren aus den Jahren 2008-2011. Dies ergibt sich aus dem Insolvenzakt des FA.
Nach Durchführung des Insolvenzverfahrens wurde mit Beschluss des LG Salzburg vom von den Gläubigern des BF folgender Sanierungsplan angenommen: Die Konkursgläubiger, die keine Rückstehungserklärungen abgegeben hatten, erhielten auf ihre Forderungen eine 25 %ige Quote, zahlbar 7 % binnen zwei Monaten ab Annahme des Sanierungsplanes, 9 % binnen zwölf Monaten ab Annahme des Sanierungsplanes und 9 % binnen 24 Monaten ab Annahme des Sanierungsplanes. Mit Beschluss des LG Salzburg vom wurde die Annahme des Sanierungsplanes bestätigt. Mit Beschluss vom wurde die Rechtskraft des Sanierungsplanes bestätigt und der Konkurs aufgehoben. Als Ende der Zahlungsfrist wurde der bestimmt. Dies ergibt sich aus der Insolvenzdatei betreffend das Konkursverfahren des BF.
Der BF beglich seine Schulden aus dem Insolvenzverfahren auch gegenüber dem FA fristgerecht bis mit der vorgesehenen Quote mit 25 %. Dies ergibt sich aus dem Insolvenzakt des FA.
Ende November 2015 reichte der BF die Einkommensteuererklärungen für das Jahr 2012 ein. Darin wurde ein Gewinn für das Jahr 2012 mit € 218.835,92 ausgewiesen. Die Höhe des Sanierungsgewinnes wies der BF mit € 228.210,17 aus. Nach Durchführung eines Ergänzungsverfahrens wurde der BF mit Bescheid vom unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Sanierungsverfahrens zur Einkommensteuer für 2012 veranlagt. Dabei standen der Einkommensteuerfestsetzung i.H.v. € 24.869,00 Nichtfestsetzungen in Höhe von 74.607,72 gegenüber. Dies ergibt sich aus dem Einkommensteuerakt des BF.
Dieser Betrag wurde bis zum Fälligkeitstag nicht entrichtet.
Die finanzielle Situation des BF stellt sich in den Jahren 2013 bis 2017 wie folgt dar, wobei folgende Berechnung zur Ermittlung der vorhandenen flüssigen Mittel durchgeführt wurde:
Dem erklären Ergebnis laut Einnahmen-/Ausgabenrechnung wurde der geltend gemachte Gewinnfreibetrag als unbare Betriebsausgabe zugerechnet und die im jeweiligen Kalenderjahr bezahlten Einkommensteuern (Vorauszahlungen, Abschlusszahlungen, Änderungen auf Grund der Wiederaufnahme der Verfahren) abgezogen bzw. Gutschriften dazugerechnet.
Aufgrund der Wiederaufnahme der Verfahren 2014 und 2015 wurden für diese Jahre die korrigierten Einkünfte (und der korrigierte Gewinnfreibetrag nach Wiederaufnahme der Verfahren) angesetzt; daraus resultierende Steuergutschriften wurden im Jahr der Rückzahlung berücksichtigt. Die detailierte Darstellung findet sich in der Beilage 1.
Zusammengefasst verfügte der BF im Jahr 2013 über liquide Mittel i.H.v. € 22.427,10, im Jahr 2014 i.H.v. € 20.436,76, im Jahr 2015 i.H.v. € 19.148,26, im Jahr 2016 i.H.v. € 12.492,21, im Jahr 2017 i.H.v. € 16.938,03.
Der BF führte in der mündlichen Verhandlung vom aus, dass seine Einnahmen auf niedrigem Niveau verharren würden, was dem Gesundheitszustand geschuldet sei und sich auch im Jahr 2019 nach seinem Wissen keine Ausreißer ergeben würden. Festzuhalten ist, dass der BF für das Jahr 2018 keine Einkommensteuererklärung sondern eine Einkommensschätzung vorgelegt hat, die nach seinen Ausführungen auch für das Jahr 2019 gelten dürfte. Diese Schätzung für das Jahr 2018, weist ein Einkommen laut Einkommensteuerbescheid von ca. € 19.200,00 aus. Das BFG folgt der Schätzung des BF für die Jahre 2018 und auch 2019. Berücksichtigt man die in der vorgelegten Aufstellung dargestellten Ergebnisse und Umsätze der Jahre 2013-2017 und berücksichtigt, dass dem BF in den Jahren 2013-2015 Vorschüsse auf zukünftige Honorare zugekommen sind, die als Einnahmen zu erfassen waren und bis (spätestens) 2017 wieder „zurückgezahlt“ wurden, was sich in der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung des BF als deutliche Verminderung der Umsätze dargestellt hat, so erscheint wegen der bereits feststehenden Umsätze des Jahres 2018 ein geschätztes Einkommen von € 19.200,00 durchaus glaubwürdig und kann aus Sicht des BFG auch zur Beurteilung der dem BF zustehenden flüssigen Mittel für 2018 und 2019 herangezogen werden.
Berücksichtigt man dazu - wie in den Vorjahren - einen auf diesem Einkommen basierenden GFB und die bereits bekannten Salden aus Einkommensteuervorauszahlungen, Abschlusszahlungen und Gutschriften, so verbleiben dem BF für 2018 geschätzte flüssige Mittel i.H.v. € 26.347,56 und für 2019 hochgerechnet geschätzt € 24.308,00.
Der BF hat laufende monatliche Kosten ohne Nahrung und Bekleidung in Höhe von ca. € 1.080,00. Weitere Verpflichtungen bestehen nicht. Über verwertbares Vermögen verfügt der BF nicht. Dies ergibt sich aus den Angaben des BF im Beschwerdeverfahren.
Die ehemaligen Klienten des BF werden seit 2012 über WTH Gesellschaft StB abgerechnet, der BF betreut diese Klienten weiter und fakturiert der WTH Gesellschaft dafür die von ihm geleisteten Stunden.
Dies ergibt sich aus den vom BF in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Zahlen und seinen Ausführungen in dieser mündlichen Verhandlung.
In rechtlicher Hinsicht ist zum gegenständlichen Verfahren Folgendes auszuführen:
Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Die Unbilligkeit der Einhebung einer Abgabe nach Lage des Falles kann eine persönliche oder sachliche sein (zB VwGH 20.5.2010, 2006/15/0337; 17.11.2010, 2007/13/0135).
Festzuhalten ist vorab, dass der BF im gegenständlichen Verfahren nicht mit einer sachlichen Unbilligkeit der Einkommensteuernachzahlung aus der Sanierung argumentiert. Dies ist aus Sicht des BFG auch nachvollziehbar, ergibt sich diese Besteuerung des Sanierungsgewinnes doch in allen Fällen, in denen Schuldennachlässe eines Unternehmens nicht durch entsprechende Verlustvorträge der Vorjahre gedeckt sind.
Zu der vom BF ausgeführten persönlichen Unbilligkeit der Abgabeneinhebung ist auszuführen, dass eine persönliche Unbilligkeit sich aus der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers ergibt. Sie besteht bei einem wirtschaftlichen Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und den im Bereich des (der) Abgabepflichtigen entstehenden Nachteilen ( ; 19.10.2006, 2003/14/0098).
Eine solche Unbilligkeit wird stets gegeben sein, wenn die Einhebung die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner Familie gefährdet (zB VwGH 9.7.1997, 95/13/0243; 30.4.1999, 99/16/0086; 22.9.2000, 95/15/0090).
Eine Unbilligkeit ist nach der Judikatur jedoch dann nicht gegeben, wenn die finanzielle Situation des Abgabenschuldners so schlecht ist, dass auch die Gewährung der beantragten Nachsicht nicht den geringsten Sanierungseffekt hätte und an der Existenzgefährdung nichts änderte (zB VwGH 21.11.2007, 2007/13/0086; 29.4.2010, 2006/15/0278; 27.6.2013, 2013/15/0173; 25.11.2015, 2013/16/0114).
Es bedarf keiner Existenzgefährdung; es genügt, wenn die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich sind, zB wenn die Abgabenschuld nur unter Verschleuderung von Vermögenswerten entrichtet werden könnte (zB VwGH 17.10.2001, 98/13/0073; 2.6.2004, 2003/13/0156; 30.1.2006, 2005/17/0245, AW 2005/17/0061; 10.5.2010, 2006/17/0289).
Für die Entscheidung über ein Nachsichtansuchen sind die Vermögens- und Einkommensverhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Ansuchen maßgebend (zB VwGH 26.6.2007, 2006/13/0103; 24.6.2010, 2008/15/0221; 17.11.2010, 2007/13/0135; 19.6.2013, 2010/16/0219). (Ritz, BAO6, § 236 Tz 10)
Betrachtet man die oben dargestellten Sachverhaltsfeststellungen so ergibt sich für das BFG, dass es dem BF in den Jahren 2012,2013 und 2014 gelungen ist, seine Verbindlichkeiten aus dem Insolvenzverfahren vollständig und fristgerecht zu begleichen. Daraus resultierende Verbindlichkeiten aus Vorschüssen auf zukünftige Honorare bei der WTH Gesellschaft wurden bis spätestens 2017 ebenfalls beglichen. Dem BF stehen somit derzeit unter Berücksichtigung seiner eigenen Angaben liquide Mittel von ca. € 24.000,00 pro Jahr zur Verfügung. Setzt man dazu die vom BF genannten monatlichen Kosten dagegen und berücksichtigt dazu durchschnittliche Kosten für Nahrung und Bekleidung mit einem Gesamtbetrag von € 1.400,00, so verbleiben dem BF – ohne Rückgriff auf die vom FA angeführte Grenze der Mindestsicherung - monatlich ca. € 600,00.
Es ist richtig, dass bei diesen Verhältnissen die Begleichung der Steuerschuld 2012 aus der Sanierung nicht auf einmal möglich ist.
Eine Begleichung der Verbindlichkeiten in Raten ist bei diesen wirtschaftlichen Verhältnissen aber sehr wohl möglich ohne dass ein wirtschaftlichen Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und den im Bereich des Beschwerdeführers entstehenden Nachteilen im Sinne der oben genannten Entscheidungen des VwGH entstehen würde. Eine Tilgung der gesamten Steuerschuld scheint bei gleichbleibenden wirtschaftlichen Verhältnissen innerhalb absehbarer Zeit möglich. Somit liegt keine persönliche Unbilligkeit der Einhebung dieser Abgabenschuld vor.
Die Beurteilung, ob eine Unbilligkeit vorliegt, ist keine Ermessensfrage ( ), sondern die Auslegung eines unbestimmten Gesetzesbegriffes ( VwGH 18.5.1995, 95/15/0053; 11.12.1996, 94/13/0047, 0049, 0050). (Ritz, BAO6, § 236 Tz 15)
Da mangels persönlicher Unbilligkeit der Abgabeneinhebung bereits die Nachsichtvoraussetzungen dem Grunde nach nicht gegeben sind, können Überlegungen zum Ermessen für die Bewilligung oder Nichtbewilligung der Nachsicht unterbleiben.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, da bei der gegenständlichen Sachlage eine persönliche Unbilligkeit nach den in der Judikatur des VwGH aufgestellten, oben dargestellten Kriterien nicht vorliegt.
Salzburg-Aigen, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | persönliche Unbilligkeit Steuern aus Sanierungsgewinn |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.6100524.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at