TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.08.2019, RV/6100189/2017

Verspätungszuschlag

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Maria-Luise Wohlmayr über die Beschwerde des Bf. vom gegen den Bescheid des Finanzamtes XY, vom 29 . September 2015 betreffend Verspätungszuschlag hinsichtlich Umsatzsteuer 04-06/ 2015 zu Recht erkannt:

1. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

A. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (kurz: Bf.) war im Streitzeitraum Obmann eines Vereines und erhielt für seine Vorstandstätigkeit sogenannte „Geschäftsführerbezüge“ und Aufwands­entschädigungen, die vom Finanzamt für 2014 mit Bescheid vom der Umsatzsteuer unterzogen wurden. Der Bf. vertrat die Auffassung, dass diese Bezüge nicht umsatzsteuerpflichtig wären und er somit keine Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben und keine Vorauszahlungen zu leisten hätte.

Das Finanzamt setzte daher mit Bescheid vom Umsatzsteuervorauszahlungen für April – Juni 2015 in Höhe von EUR 1.682,80 fest. Mit Bescheid vom gleichen Tag verhängte das Finanzamt einen Verspätungszuschlag in Höhe von 10% der Umsatzsteuerzahllast und führte begründend aus, dass der Verspätungszuschlag aufgrund der Bestimmungen des § 135 BAO festzusetzen sei, weil trotz Verpflichtung zur Einreichung von Voranmeldungen diese nicht eingereicht worden seien.

Dagegen erhob der Bf. Beschwerde mit der Begründung, er habe keine umsatzsteuerpflichtigen Umsätze erzielt, weil für ihn die Kleinunternehmerbefreiung gelte.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.

Dagegen richtet sich der Vorlageantrag, in dem wiederholt wurde, dass die erzielten Umsätze nicht umsatzsteuerpflichtig wären und im Übrigen auch viel zu hoch festgesetzt worden seien.

Der Bf. hatte gleichzeitig auch eine Beschwerde betreffend den Umsatzsteuer­festsetzungs­bescheid für das 2. Quartal 2015 eingebracht, die vom Finanzamt ebenfalls abgewiesen wurde, wogegen die Vorlage an das BFG beantragt wurde. Das BFG hatte mit Erkenntnis vom über die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerjahresbescheid 2015 zu entscheiden. Darin wies das BFG die Höhe der Vorauszahlung für April bis Juni 2015 mit EUR 900 aus (siehe , Pkt. B/2.5).

B. Rechtliche Würdigung

Der geschilderte Sachverhalt geht aus den vom Finanzamt vorgelegten Akten hervor und ist unstrittig.

B/1. Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, kann die Abgabenbehörde gemäß § 135 BAO einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist. Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.

Zweck des Verspätungszuschlages ist, den rechtzeitigen Eingang der Abgabenerklärungen und damit die zeitgerechte Festsetzung und Entrichtung der Abgabe sicherzustellen (). Die Festsetzung von Verspätungszuschlägen liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen (etwa ). Sie setzt voraus, dass ein Abgabepflichtiger die Frist bzw. Nachfrist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht einhält und dass dies nicht entschuldbar ist (Ritz, BAO6, § 135 Tz 1, 4).

Eine Verspätung ist nicht entschuldbar, wenn den Abgabepflichtigen daran ein Verschulden trifft; bereits leichte Fahrlässigkeit schließt die Entschuldbarkeit aus (etwa , Ro 2014/13/0037).

Kein Verschulden liegt zB vor, wenn die Partei der vertretbaren Rechtsansicht war, dass sie keine Abgabenerklärung einzureichen hat und daher die Einreichung unterlässt (). Gesetzesunkenntnis oder irrtümliche, objektiv fehlerhafte Rechtsauffassungen sind (nach ; , 2002/17/0267; , 2001/13/0133) nur dann entschuldbar und nicht als Fahrlässigkeit zuzurechnen, wenn die objektiv gebotene, der Sache nach pflichtgemäße, nach den subjektiven Verhältnissen zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen wurde.

Der Bf. hat in seiner Beschwerde keine gesonderten Gründe vorgebracht, die für eine entschuldbare Verspätung der Einreichung bzw. Nichteinreichung der Voranmeldung sprechen würden. Er hat lediglich dargetan, dass er keine umsatzsteuerpflichtigen Umsätze erzielt habe und davon ausgegangen sei, dass das Finanzamt automatisch die UVA-Pflicht auf Null setzen würde.

Diese Verantwortung steht im Widerspruch dazu, dass das Finanzamt in seinem Umsatzsteuerbescheid 2014 vom die Entgelte, die der Bf. vom Verein erhielt, als umsatzsteuerpflichtig beurteilte. Somit musste dem Bf. bewusst sein, dass er spätestens ab diesem Zeitpunkt Umsatzsteuervoranmeldungen einzureichen hat. Dies umso mehr, als der Bf. als ehemaliger Finanzbeamter über besondere Kenntnisse im Steuerrecht verfügt und ihm subjektiv erhöhte Sorgfalt zuzumuten ist.

Nach Ansicht des BFG ist die Nichteinreichung der Umsatzsteuervoranmeldung somit nicht entschuldbar.

B/2. Bei der Ermessensübung sind verschiedene Kriterien zu berücksichtigen, nämlich das Ausmaß der Fristüberschreitung, die Höhe des durch die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung erzielten finanziellen Vorteils, das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen, der Grad des Verschuldens und die persönlichen, insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse des Abgabepflichtigen (Ritz, aaO, § 135 Tz 13 und die dort zitierte Judikatur).

Das Finanzamt hat den höchsten gesetzlich vorgesehenen Prozentsatz (10%) angesetzt, ohne allerdings das Ermessen zu begründen. Gemäß § 20 BAO müssen sich Ermessensentscheidungen in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu treffen. Ermessensentscheidungen sind zu begründen.

Der Bf. hätte nach § 21 Abs 1 UStG 1994 spätestens am eine Voranmeldung für das zweite Kalendervierteljahr 2015 einzureichen gehabt. Die bescheidmäßige Festsetzung durch das Finanzamt erfolgte am . Die Vorauszahlung wurde vom Finanzamt zu hoch festgesetzt, sie betrug laut BFG EUR 900 (siehe ). Der erzielte finanzielle Vorteil besteht somit in der um rund 7 Wochen verzögerten Entrichtung von EUR 900. Aus den vom Finanzamt vorgelegten Unterlagen ist nicht ersichtlich, dass der Bf. bei der Einreichung von Abgabenerklärungen bereits wiederholt säumig war. Demgegenüber ist der Grad des Verschuldens jedoch nicht als minder zu beurteilen.

In Abwägung aller für die Ermessensübung entscheidenden Kriterien erscheint die Verhängung des höchsten Prozentsatzes unverhältnismäßig zu sein. So hat der UFS etwa bei wiederholter Säumigkeit, höheren Vorauszahlungen und einer 5monatigen Verspätung 8% Verspätungszuschlag als angemessen betrachtet sowie bei gleichen Umständen und einer 2monatigen Verspätung 6% ( betreffend Verspätungszuschläge für USt-Vorauszahlungen).

Im vorliegenden Fall erscheint somit bei Abwägung aller maßgeblichen Umstände ein Prozentsatz von 5% angemessen.

Verspätungszuschlagsbescheide sind zur festgesetzten Abgabe (hier: Umsatzsteuerfestsetzung 04 – 06/2015) formell akzessorisch. Sie sind insoweit von der festgesetzten Abgabe zu berechnen, als ihre Bemessungsgrundlage von der Höhe der festgesetzten Abgabe abhängt ().

Wie im Erkenntnis des festgehalten entfällt auf das 2. Kalendervierteljahr 2015 eine Vorauszahlung von EUR 900. Der zu verhängende Verspätungszuschlag beträgt somit EUR 45. Gemäß § 135 BAO sind aber Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, nicht festzusetzen.

Somit war der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.

C. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig , wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art 133 Abs 4 B-VG).

Zur gegenständlichen Rechtsfrage existiert die unter Pkt. B dargestellte höchstgerichtliche Judikatur, auf die sich das gegenständliche Erkenntnis stützt. Aus diesem Grund ist die Revision nicht zuzulassen.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.6100189.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at