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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.05.2017, RV/7400022/2017

Haftung für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe - für das Verschulden ist es nicht maßgeblich, ob der Geschäftsführer tatsächlich seine Funktion ausgeübt hat

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Karoline Windsteig in der Beschwerdesache des Bf., adresse, vertreten durch Simonfay, Salburg & Krenn Rechtsanwälte, Museumstraße 5/19, 1070 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheid der belangten Behörde, Magistratsabteilung 6 Rechnungs- u. Abgabenwesen Dezernat II, vom , MA 6/DII/R1-484136/14E betreffend Kommunalsteuer in Höhe von 9.244,25 € und Dienstgeberabgabe in Höhe von 1.232,16 € für den Zeitraum September 2013 bis Dezember 2013 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die belangte Behörde hielt dem Beschwerdeführer (Bf.) am schriftlich vor, dass er seit dem im Firmenbuch als Geschäftsführer der yy eingetragen und daher verantwortlicher Vertreter gewesen sei. Aus § 80 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl.Nr. 194/1961, in der derzeit geltenden Fassung ergebe sich, dass die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen haben, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Der Bf. hafte nach § 6a Abs. 1 des Dienstgeberabgabegesetzes, LGBl.Nr. 17/1970, in der derzeit geltenden Fassung, neben den durch ihn vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß. Ebenso hafte der Bf. gemäß § 6a Abs. 1 des Kommunalsteuergesetzes 1993, KomStG 1993, BGBl.Nr. 819/1993 in der derzeit geltenden Fassung, neben den durch ihn vertretenen Abgabepflichtigen, für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.

Im gegenständlichen Fall wurden nachstehende Abgabenbeträge bis dato nicht entrichtet , wodurch die gesetzliche Voraussetzung für die Haftung- und Zahlungspflicht des Bf. gegeben sei:


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Kommunalsteuer
9-12/2013
9.062,99
SZ
9-12/2013
181,26
Dienstgeberabgabe
9-12/2013
1.208,00
SZ
9-12/2013
24,16
Summe
 
10.476,41

Der Bf. wurde unter Verweis auf § 183 Abs. 4 BAO aufgefordert, den vorliegenden Sachverhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis zu nehmen und sich innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens zu äußern.

Der Bf. gab dazu keine Gegenäußerung ab. Die belangte Behörde erließ daraufhin am den angefochtenen, an den Bf. am rechtswirksam zugestellten Haftungsbescheid.

In den Begründungsausführungen dieses Bescheides verwies die belangte Behörde auf einen Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom zur Zahl ***, mit dem über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Konkursverfahren eröffnet und mit Beschluss vom nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben worden ist. Demnach sei die vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung durch die Eröffnung des Konkurses jedenfalls erfüllt.

Der Bf. sei seit im Firmenbuch als Geschäftsführer der o.a. Gesellschaft eingetragen gewesen und habe weder die Bezahlung veranlasst, noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen.

Er habe somit die ihm als Geschäftsführer der o.g. Gesellschaft auferlegten Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne.

In der fristgerecht erhobenen Beschwerde führte der rechtsfreundliche Vertreter des Bf. im Wesentlichen aus, dass es dem Bf. versichert worden wäre, dass das genannte Unternehmen keine Schulden habe, was auch durch die Schlussbilanz nachgewiesen worden wäre. Dem Bf. wurde gesagt, dass er alles ruhig unterschreiben könne, außer einer Bankvollmacht.

Ohne diese könne ihm "nichts Schlimmes" passieren. Der Bf. sei zum Notar begleitet worden und habe sich dort unter Druck gesetzt gefühlt und so letztendlich die Unterlagen beim Notar unterfertigt. Er habe erst durch das Schreiben der belangten Behörde vom erfahren, dass er Dienstgeberabgabe und Kommunalsteuer zu bezahlen, und dass er Geschäftsführer des Unternehmens yy gewesen sei. Er habe somit bis vor kurzem nicht einmal gewusst, dass er Geschäftsführer der genannten GmbH geworden sei, weshalb ihm keine Haftung treffe. Er sei vielmehr vorsätzlich in eine Falle gelockt worden. Außerdem habe er keine Kenntnis davon gehabt, dass das genannte Unternehmen überhaupt tätig geworden sei bzw. dass bei der GmbH Personen angemeldet gewesen wären.

Die rechtsfreundliche Vertretung des Bf. führte ebenso aus, dass der Haftungsbescheid keinerlei Angaben darüber enthielt, wie die Summe von € 9.062,99 berechnet worden sei. Daher bestritt die rechtsfreundliche Vertretung des Bf., dass überhaupt Kommunalsteuer in besagter Höhe angefallen sei, und es sei ein Verfahrensmangel, dass der Haftungsbescheid diesbezüglich überhaupt keine Angaben enthalten habe.

Die belangte Behörde teilte dem Bf. vor dem Hintergrund seiner Beschwerde Folgendes mit:

Gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG werde die GmbH durch den Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Mit der Bestellung zum alleinigen Geschäftsführer werde auch die Pflicht zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Vorschriften übernommen. Der Geschäftsführer habe insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die er verwaltet, entrichtet werden. Bei der Übernahme der Funktion eines Geschäftsführers als "pro forma Geschäftsführer ohne Dispositionsbefugnis" über das Gesellschaftsvermögen sei der Geschäftsführer zur Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Pflichten tatsächlich nicht in der Lage. Ihn trifft deshalb ein haftungsbegründetes Verschulden für die Nichtentrichtung jener Abgaben, die während der Zeit anfallen, in der er als Geschäftsführer bestellt ist (vgl. ).

Für das Verschulden ist es überdies nicht maßgebend, ob der Geschäftsführer seine Funktion als Vertreter tatsächlich ausgeübt hat, sondern es kommt vielmehr darauf an, ob er als Geschäftsführer zum Vertreter der Primärschuldnerin bestellt war und ihm daher diese Funktion auszufüllen, oblegen hätte ().

Ebenso hielt der VwGH im Erkenntnis vom , 86/13/0148, fest, dass die Haftung des Geschäftsführers einer GesmbH für nicht entrichtete Abgaben auch dann zum Tragen komme, wenn sich der Geschäftsführer schon bei der Übernahme seiner Funktion und auch in weiterer Folge mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt (wie im konkreten Fall - eine Verweigerung zur Ausstellung einer Bankvollmacht), die ihm die künftige Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen, insbesondere auch den Abgabenbehörden gegenüber, unmöglich macht.

Somit sei durch die Übernahme der kollektiven Mitgeschäftsführung ohne selbständige Zeichnungsberechtigung das Verschulden des Bf. an der Pflichtverletzung begründet, da er jedenfalls gehalten gewesen wäre, diese Funktion entweder gar nicht anzunehmen, oder diese sofort, und nicht erst nach einer eventuell als angemessen angesehenen Frist, niederzulegen, sobald ihm die Behinderung an der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Pflichten durch den selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer bekannt wurde.

Die belangte Behörde übermittelte dem Bf. den Bericht der "gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben" sowie die Niederschrift über die Schlussbesprechung.

Der Bf. habe gemäß § 183 Abs.4 BAO die Gelegenheit, den vorliegenden Sachverhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis zu nehmen und sich innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens dazu zu äußern.

Dazu erging am eine schriftliche Äußerung der rechtsfreundlichen Vertretung des Bf., nach welcher der Bf. offensichtlich betrügerischen Handlungen zum Opfer gefallen sei und es habe der Bf. seine rechtsfreundliche Vertretung bereits beauftragt, binnen vierzehn Tagen eine entsprechende Strafanzeige (Sachverhaltsdarstellung) einzubringen.

Die belangte Behörde erließ am eine Beschwerdevorentscheidung, in der sie im Wesentlichen unter Verweis auf § 6a Abs. 1 des Kommunalsteuergesetzes 1993, auf § 6a Abs. 1 des Dienstgeberabgabegesetzes, auf § 80 Abs. 1 BAO begründete, dass die Voraussetzungen für die Haftung des Bf. vorliegen würden.

Dies deshalb, da die Voraussetzungen, wie eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die erschwerte Einbringung der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringung gegeben waren. Dass die im angefochtenen Bescheid angeführten Abgabenforderungen tatsächlich bestehen, stehe nach der Aktenlage fest.

Weiters stehe unbestritten fest, dass der Bf. als Geschäftsführer der Gesellschaft zu dem im § 80 Abs.1 BAO angeführten Personenkreis gehörte. Außerdem werde nicht bestritten, dass die angeführten Abgabenrückstände bei der Gesellschaft erschwert einbringlich gewesen seien. Es sei ferner Aufgabe des Vertreters, nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen wären, weil nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt, die Gründe darzutun habe, aus denen ihm die Erfüllung unmöglich war, widrigenfalls angenommen werden könne, dass er seiner Pflicht schuldhafter Weise nicht nachgekommen sei.

Den Beschwerdeausführungen hielt die belangte Behörde entgegen, dass gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG die GmbH durch den Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten werde. Der Geschäftsführer könne sich nicht auf Unkenntnis seiner Steuerpflichten berufen. Wer also im Handelsregister eingetragener gesetzlicher Vertreter einer Kapitalgesellschaft am Wirtschaftsleben teilnimmt, hat sich, wenn ihm die entsprechenden Kenntnisse fehlen, diese in geeigneter Weise zu verschaffen ( 1335, 1459/1462/78).

Ein für die Abgabenhaftung relevantes Verschulden liegt auch dann vor, wenn sich der Geschäftsführer schon bei der Übernahme in seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt, bzw. eine solche Beschränkung in Kauf nimmt, die die künftige Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung, insbesondere auch dem Abgabengläubiger gegenüber, unmöglich macht ().

Für das Verschulden ist es überdies nicht maßgebend, ob der Bf. seine Funktion als Vertreter tatsächlich ausgeübt hat, sondern es kommt vielmehr darauf an, ob er als Geschäftsführer zum Vertreter der Primärschuldnerin bestellt war und ihm daher diese Funktion auszufüllen oblägen hätte ().

Dass die Bestellung eines Geschäftsführers auf dem Papier an seiner Stellung als Organwalter und am Bestand der ihn nach § 80 BAO treffenden Pflichten nichts ändert, hat der VwGH in ständiger Rechtsprechung wiederholt zum Ausdruck gebracht. Auf den Grund der Übernahme der Geschäftsführerfunktion sowie auf allfällige Einflüsse Dritter auf die Geschäftsführung kommt es nicht an ().

Die belangte Behörde stützte sich insbesondere auf die Feststellung, dass der Bf. vor der Unterzeichnung des Geschäftsführervertrages sich zwar unter Druck gesetzt gefühlt habe, die Unterlagen beim Notar jedoch unterzeichnet und danach auch kein Sachvorbringen erstattet habe, dass er nach Eintragung als Geschäftsführer alles ihm Zumutbare getan habe, um die Behinderung in der Ausübung seiner Funktion abzustellen.

Dem Bf. wurde mit Schreiben vom vorstehende Feststellung zur Kenntnis gebracht und wurde dieser aufgefordert, dazu eine Stellungnahme abzugeben.

Diesbezüglich hat der Bf. sich nur dahingehend geäußert, dass er offensichtlich betrügerischen Handlungen zum Opfer gefallen sei und er seine rechtsfreundliche Vertretung bereits beauftragt habe, eine entsprechende Strafanzeige/Sachverhaltsdarstellung einzubringen.

Im Vorlageantrag verwies die rechtsfreundliche Vertretung des Bf. auf die Ausführungen in der Beschwerde vom .

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Aus den vorgelegten Akten und nach Einsicht ins Firmenbuch ergab sich, dass der Bf. seit dem bis zur Löschung der GmbH am ihr alleiniger Geschäftsführer war. Weiters ist unbestritten, dass der Bf. als Geschäftsführer der Gesellschaft zu dem im § 80 Abs.1 BAO angeführten Personenkreis gehörte.

Die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben steht aufgrund des Beschlusses des Handelsgerichts vom über die Aufhebung des Konkurses nach Verteilung an die Massegläubiger und der amtswegigen Löschung der GmbH gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit fest.

Mit angefochtenem Haftungsbescheid vom wurde der Bf. bezüglich des Zeitraumes 9-12/2013 zur Haftung für den Rückstand an Kommunalsteuer in Höhe von 9.062,99 € samt einem Säumniszuschlag von 181,26 € sowie an Dienstgeberabgabe in Höhe von 1.208,00 € samt einem Säumniszuschlag von 24,16 € herangezogen.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 6a Abs. 1 KommStG 1993 haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden. Voraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

Gemäß § 11 Abs. 2 KommStG 1993 ist die Kommunalsteuer vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monates (Fälligkeit) an die Gemeinde zu entrichten.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestimmt sich der Zeitpunkt, für den es zu beurteilen gilt, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, danach, wann die Abgaben bei Beachtung der Vorschriften zu entrichten gewesen wären (vgl. ). Maßgebend ist somit der Zeitpunkt der Fälligkeit der betreffenden Abgabe, unabhängig davon, wann sie bescheidmäßig festgesetzt wird. Die Vertreter Haftung besteht insbesondere für Abgaben, deren Zahlungstermin in die Zeit der Vertretertätigkeit fällt. Sie besteht aber auch für noch offene Abgabenschuldigkeiten, deren Fälligkeit bereits vor der Tätigkeit des betreffenden Vertreters gelegen ist (vgl. ). In diesem Zusammenhang hat sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Geschäftsführer bei Übernahme seiner Funktion auch darüber zu informieren, ob und in welchem Ausmaß die von ihm nunmehr vertretene Gesellschaft bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen ist, weil die Pflicht der Gesellschaft zur Abgabenentrichtung erst mit deren Abstattung endet. Die Gesellschaft bleibt verpflichtet, Abgabenschuldigkeiten, mit deren Abfuhr oder Einzahlung sie in Rückstand geraten ist, zu erfüllen und zur Erfüllung dieser Verpflichtung ist der Geschäftsführer der Gesellschaft verhalten (vgl.  auch ,  2 012/16/0101).

Im konkreten Fall ist unbestritten, dass der Bf. bei der in Rede stehenden Gesellschaft ab dem selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer war.

Der Bf. brachte vor, dass ihm die Schuldenfreiheit der genannten GmbH versichert worden wäre, und dass er bis vor kurzem gar nicht gewusst habe, dass er Geschäftsführer der besagten GmbH geworden sei. Er hätte überdies keine Kenntnis davon gehabt, dass das Unternehmen tätig geworden sei und Personen beschäftigt habe.

Vor dem Hintergrund der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und angesichts der in weiteren Erkenntnissen des Gerichtshofes zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung, der zufolge mit einer behaupteten Unkenntnis der rechtlichen Stellung eines Geschäftsführers einer GmbH sein mangelndes Verschulden nicht aufgezeigt werden kann, gehen die Beschwerdeausführungen ins Leere (vgl. ). Dazu kommt, dass es für das Verschulden iSd § 9 Abs. 1 BAO nicht maßgeblich ist, ob der Geschäftsführer seine Funktion tatsächlich ausgeübt hat, sondern ob er als Geschäftsführer bestellt war und ihm daher die Ausübung der Funktion oblegen wäre (vgl. ). Der Geschäftsführer ist von seiner Verantwortung zur Entrichtung der Abgaben unter anderem nicht deshalb befreit, weil die Geschäftsführung anderen Personen zusteht und der Geschäftsführer dadurch der rechtlichen und/oder faktischen Möglichkeit einer ausreichenden und effektiven Kontrolle in der Richtung, ob die jeweils fällig werdenden Abgaben zumindest anteilig entrichtet werden, beraubt ist, sich aber gegen die unzulässige Beschränkung seiner Geschäftsführung oder seiner Aufsichts- und Kontrollaufgaben in Bezug auf die Entrichtung der Abgaben nicht durch entsprechende gerichtliche Schritte zur Wehr setzt oder von seiner Geschäftsführerfunktion zurücktritt.

Der Bf. hat nicht nachgewiesen, dass er solche Maßnahmen rechtzeitig ergriffen hat. Überdies zeigte er kein fehlendes Verschulden auf, indem er angab, dass er hinsichtlich der ihm als Geschäftsführer zustehenden Möglichkeiten einem Irrtum unterlegen wäre, und darüber hinaus vorsätzlich in eine Falle gelockt worden sei, zumal der Bf. mit der Unterzeichnung von Unterlagen beim Notar verhalten war, sich mit den aus der Übernahme einer Geschäftsführung ergebenden  Rechten und Pflichten eines Geschäftsführers vertraut zu machen.

Diese Beurteilung muss auch angesichts der höchstgerichtlichen Rechtsprechung als zutreffend erachtet werden, wonach es auf den Grund der Übernahme der Geschäftsführerfunktion sowie auf allfällige Einflüsse Dritter auf die Geschäftsführung nicht ankommt (vgl. ).

Dass der Bf. bei Übernahme seiner Funktion nicht einmal eine Bankvollmacht gehabt hatte, begründet ebenso ein für die Haftung relevantes Verschulden, zumal ein an der ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner Obliegenheiten gehinderter Geschäftsführer einer GmbH entweder sofort die Behinderung seiner Funktion abstellen oder seine Funktion niederlegen und als Geschäftsführer ausscheiden muss (vgl. )

Dass dies nicht erfolgt ist und der Bf. trotz gegebener Geschäftsführerfunktion gegenüber der Gesellschaft untätig geworden ist, legt im Sinne vorstehender Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes deutlich dar, dass dem Bf. ein Verschulden an der Unkenntnis der in Streit stehenden auf dem Abgabenkonto nicht verbuchten Selbstbemessungsabgaben anzulasten ist. Im Falle des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung  und den Rechtswidrigkeitszusammenhang ().

In diesem Zusammenhang wird überdies auf die zutreffenden Ausführungen der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung verwiesen, welche diesbezüglich ihre Feststellungen unter Wahrung des Parteiengehörs getroffen und darauf basierend ihre rechtlichen Ausführungen gemacht hat.

Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann.

Ist eine Einbringlichmachung beim Primärschuldner unzweifelhaft nicht gegeben, kann die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden von der Abgabenbehörde bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigt werden ().

Der Bf. brachte keine Gründe vor, die bei der Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Beurteilung herbeigeführt hätten.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Erkenntnis ist die Frage der Haftung des Geschäftsführers im Sinne der darin zitierten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet worden, weshalb eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorlag und eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 9 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 183 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 18 Abs. 1 GmbHG, GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 11 Abs. 2 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
Verweise



§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961




ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7400022.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at