Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.07.2019, RV/5100144/2015

Zurücknahmeerklärung betreffend Umsatzsteuerbescheid und Feststellungsbescheid.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf., Adresse, vertreten durch MF , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid-Zurücknahme/Gegenstandsloserklärung  der belangten Behörde Finanzamt Braunau Ried Schärding vom , StNr. xxxx betreffend Zurücknahmeerklärung der Beschwerde vom  gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 und den Bescheid über die Festsetzung von Einkünften 2009 zu Recht erkannt: 

Der Bescheid-Zurücknahme/Gegenstandsloserklärung vom betreffend Zurücknahmeerklärung der Beschwerde vom  gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 und den Bescheid über die Festsetzung von Einkünften für 2009 wird aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

1. Sachverhalt:

Das Finanzamt erließ am den Umsatzsteuerbescheid für 2009 und den Bescheid über die Feststellung der Einkünfte gem § 188 BAO für 2009.

Die Beschwerdeführerin (in der Folge Bfin.) brachte mit Schreiben vom - beim Finanzamt eingelangt amua gegen den Umatzsteuerbescheid 2009 und den Bescheid über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO 2009 Beschwerde ein und brachte vor, dass die Begründung nach einer Informationsbesprechung mit der Finanzbehörde ehestmöglich nachgereicht werde.

Das Finanzamt forderte mit Bescheid - Mängelbehebungsauftrag vom die Bfin auf, die fehlenden Inhaltserfordernisse gem. § 250 Abs. 1 BAO   - die Erklärung, in welchen Punkten die Bescheide angefochten werden, die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden und die Begründung -  gem. § 85 Abs. 2 BAO bis zum zu beheben. Bei Versäumung dieser Frist gelte die Beschwerde als zurückgenommen.

Mit Schreiben vom , eingelangt am beim Finanzamt, brachte die Bfin ua zum Umsatzsteuerbescheid 2009 und zum Bescheid über die Feststellung der Einkünfte 2009 folgendes vor:

"... zum Umsatzsteuerbescheid 2009:

Es gilt im Wesentlichen dasselbe wie für 2008 und werden wir auch die Umsatzsteuererklärung 2009 neu erstellen und übermitteln.

Zum Bescheid über die Feststellung der Einkünfte 2009 :

Es gelten dieselben Argumente wie für den Bescheid 2008. Die Unterlagen werden neu überarbeitet. Wir wollen uns vorher allerdings noch bei der Finanzbehörde erkundigen, ob sich aus der Bearbeitung der neuen Erklärungen für das Jahr 2008 Änderungsbedarf ergibt, um unnötigen Aufwand zu vermeiden. In Beilage übermitteln wir den Lohnzettel L 16 2013 und den Verischerungsdatenauszug als Bestätigung der korrekten Beschäftigung für Vermietung und Verpachtung.

Wir beantragen die Frist für die Abgabe der überarbeiteten Einnahmen/Ausgabenrechnung 2009 sowie der daraus folgenden Erklärungen der Einkünfte 2009 und Umsatzsteuer 2009 zu verlängern."

In der Folge erließ das Finanzamt einen (gesonderten) Bescheid- Zurücknahme/ Gegenstandsloserklärung vom mit folgendem Inhalt:

"Ihre Eingabe vom betreffend Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 und den Bescheid über die Festsetzung von Einkünften für 2009 gilt gem § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen.

Begründung:

Sie haben den Auftrag, die Mängel Ihrer Eingabe bis zum zu beheben nicht entsprochen. Daher war gemäß der oben zitierten Gesetzesstelle mit Bescheid abzusprechen, dass die Eingabe als zurückgenommen gilt...".

Gegen diesen Bescheid erhob die Bfin. fristgerecht mit Schreiben vom , eingelangt beim Finanzamt am , Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des Bescheides, weil die zu Grunde gelegte gesetzliche Bestimmung nicht zutreffen würde und den Antrag auf Stattgabe unseres Antrags gemäß Schreiben vom , die Frist .. für den Mängelbehebungsauftrag zu verlängern.

Mit Schreiben vom   - eingelangt beim FA am - erfolgte die Ergänzung der Mängelbehebung betreffend Umsatzsteuererklärung 2009 und die Feststellung der Einkünfte 2009 unter Beilage von Lohnzettel, Dienstvertrag, Rechnungen Nr 87 und 88, Zahlscheine, Rechnungen Brennstoff für 2009 und die Rechnung Dr. S.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde vom gegen den Zurücknahmebescheid vom  als unbegründet ab.

Mit Eingabe vom  betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid- Zurücknahme/Gegenstandsloserklärung vom gemäß § 85 Abs. 2 BAO und Beschwerdevorentscheidung vom - stellte die Bfin. den

1. Antrag auf Entscheidung über diese Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht,
2. Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung,
3. Antrag auf Aufhebung des Bescheides vom ,
4. Antrag auf Stattgabe des Antrags gemäß Schreiben vom , die Frist für die überarbeitete Einnahmen/Ausgabenrechnung 2009, also die Frist für den Mängelbehebungsauftrag zu verlängern, sowie
5. Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem § 308 BAO für den Fall der Ablehnung der Anträge Pkt 3. und Pkt 4.

In der Folge wurde diese Beschwerde vom Finanzamt dem BFG zur Entscheidung am  vorgelegt.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt elektronisch übermittelten Aktenteile.

3. Rechtsgrundlagen:

§ 85 BAO lautet:

(1) Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).

(2) Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

§ 250 Abs. 1 BAO lautet:

Die Bescheidbeschwerde hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;

b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;

c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;

d) eine Begründung.

§ 262 BAO lautet:

(1) Über Bescheidbeschwerden ist nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendemBescheid abzusprechen.

(2) Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat zu unterbleiben,

a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und

b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.

(3) Wird in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet, so ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die Bescheidbeschwerde unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen.

(4) Weiters ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, wenn der Bundesminister für Finanzen den angefochtenen Bescheid erlassen hat.

§ 263 Abs. 1 BAO lautet:

Ist in der Beschwerdevorentscheidung die Bescheidbeschwerde

a) weder als unzulässig oder als nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch

b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,

so ist der angefochtene Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

§ 264 BAO lautet:

(1) Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.

(2) Zur Einbringung eines Vorlageantrages ist befugt

a) der Beschwerdeführer, ferner

b) jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt.

(3) Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt. Bei Zurücknahme des Antrages gilt die Bescheidbeschwerde wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt; dies gilt, wenn solche Anträge von mehreren hiezu Befugten gestellt wurden, nur für den Fall der Zurücknahme aller dieser Anträge.

(4) Für Vorlageanträge sind sinngemäß anzuwenden:

a) § 93 Abs. 4 und 5 sowie § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 5 (Frist),

b) § 93 Abs. 6 und § 249 Abs. 1 (Einbringung),

c) § 255 (Verzicht),

d) § 256 (Zurücknahme),

e) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),

f) § 274 Abs. 3 Z 1 und 2 sowie Abs. 5 (Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung).

(5) Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt dem Verwaltungsgericht.

(6) Erfolgt die Vorlage der Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht nicht innerhalb von zwei Monaten ab Einbringung des Vorlageantrages bzw. in den Fällen des § 262 Abs. 3 und 4 (Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung) ab Einbringung der Bescheidbeschwerde, so kann die Partei (§ 78) beim Verwaltungsgericht eine Vorlageerinnerung einbringen. Diese wirkt wie eine Vorlage der Beschwerde. Sie hat die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdevorentscheidung und des Vorlageantrages zu enthalten.

(7) Durch die Aufhebung einer Beschwerdevorentscheidung scheidet der Vorlageantrag aus dem Rechtsbestand aus.

§ 278 Abs. 1 BAO lautet:

Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes

a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch

b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,

so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

§ 279 Abs. 1 BAO lautet:

Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

4. Rechtliche Erwägungen:

Auch Formalentscheidungen betreffend Beschwerden (wie z.B. Zurücknahmeerklärungen) sind von der Abgabenbehörde gemäß § 262 Abs. 1 BAO in Verbindung mit § 263 Abs. 1 lit. b leg.cit. in Form einer Beschwerdevorentscheidung zu erlassen.

Die Erlassung eines gesonderten Zurücknahme/Gegenstandsloserklärungs-Bescheid (Erstbescheid) ist durch die BAO-Rechtslage nicht gedeckt (siehe hiezu Ritz, BAO6, § 262 TZ 1 und § 85 Tz 19c, ).

Der angefochtene Bescheid-Zurücknahme/Gegenstandsloserklärung ist daher aufzuheben, wobei sich eine weitere inhaltliche Auseinandersetzung erübrigt.

Da dem Beschwerdebegehren entsprochen wird indem der gesonderte Zurücknahme/Gegenstandsloserklärungs-Bescheid (Erstbescheid) aufzuheben ist, erübrigt es sich auf die restlichen Anträge einzugehen.

Abgesehen davon wird hinsichtlich der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem.
§ 308f BAO angemerkt, dass über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand jene Abgabenbehörde berufen ist, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war. 

Eine mündliche Verhandlung war nicht abzuhalten, da die mündliche Verhandlung zur Erläuterung der Wiedereinsetzungsgründe beantragt wurde (siehe Beschwerde vom , Seite 2, letzter Absatz).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Da ein solcher Fall hier nicht vorliegt, ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 262 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 263 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100144.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at