Entstehen einer Gebührenschuld
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache der GmbH1, vertreten durch StB, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom zu Erfassungsnummer N betreffend Gebühren für den Kreditvertrag vom nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Im Rahmen einer Außenprüfung bei der Beschwerdeführerin traf das Finanzamt unter anderem die Feststellung, dass die GmbH2 die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom um die Gewährung einer verzinslichen Finanzierung in Höhe von EUR 6.000.000,- ersucht habe. Mit Schreiben vom habe die Beschwerdeführerin der GmbH2 mitgeteilt, dass sie ihr diese Finanzierung gewähre. Es liege daher ein schriftlich beurkundetes Kreditverhältnis vor. Das Finanzamt folgte dieser Feststellung und schrieb mit Gebührenbescheid vom für den Kreditvertrag vom mit der GmbH2 eine Gebühr von EUR 48.000,- vor.
Die Beschwerdeführerin erhob am Beschwerde gegen diesen Gebührenbescheid und führte aus, dass sowohl die Anfrage um die verzinsliche Finanzierung seitens der GmbH2 vom als auch die Zusage der Bereitstellung dieser Finanzierung seitens der Beschwerdeführerin vom erst im Zuge der Bilanzerstellungsarbeiten der GmbH2 Anfang 2011 erstellt worden seien. Der italienische Steuerberater W habe im Zuge der Bilanzierung ersucht, dass eine schriftliche Dokumentation des Kreditverhältnisses hinsichtlich Betrag, Verzinsung und Laufzeit erfolgen möge. Daraufhin habe O, der sowohl Geschäftsführer der GmbH2 als auch der Beschwerdeführerin sei, im Jahr 2011 die entsprechenden beiden Schriftstücke für Bilanzierungszwecke der GmbH2 in Italien erstellt. Die Erstellung der beiden Urkunden sei sohin zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Gebührenpflicht gemäß § 33 TP 19 Abs 1 Z 1 GebG bereits abgeschafft gewesen sei. Am legte die Beschwerdeführerin eine Bestätigung des Steuerberaters W datiert mit vor. Darin bestätigt W, "dass die schriftliche Anfrage um verzinsliche Finanzierung der Firma GmbH2 vom als auch die darauffolgende schriftliche Antwort vom seitens der [Beschwerdeführerin] im März des Jahres 2011 anlässlich der Bilanzerstellung für die GmbH2 erstellt wurden, da es aus Gründen der Nachweisbarkeit der bislang mündlichen Finanzierungs-Abmachungen zweckmäßig und erforderlich ist, im Falle einer Prüfung seitens der italienischen Finanzbehörde schlüssige Schriftdokumente vorlegen zu können. Wir können auch bestätigen, dass Herr O, in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der beiden interessierten Gesellschaften, die obgenannte Anfrage und die diesbezügliche Antwort unmittelbar vor Erstellung der Jahresbilanz 2010 der GmbH2 Ende März 2011 erstellt und unterzeichnet hat."
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab, worauf die Beschwerdeführerin am (gemeint wohl: ) die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragte.
Das Bundesfinanzgericht holte mit Schreiben vom eine schriftliche Zeugenaussage des W ein und forderte ihn unter anderem zur Stellungnahme dazu auf, ob die Anfrage um verzinsliche Finanzierung der GmbH2 vom und die darauffolgende schriftliche Antwort der Wood Consult GmbH vom im März des Jahres 2011 erstellt und damit rückdatiert wurden. Dies bestätigte der Zeuge W in seinem E-Mail vom .
In der mündlichen Verhandlung am ergänzte die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen dahin, dass keinerlei Inlandsbezug des Darlehens vorliege mit Ausnahme der Tatsache, dass die Darlehensgeberin Österreicherin sei. Der entsprechende Vertrag sei in Italien erstellt und unterschrieben worden, nachdem das Darlehen zunächst mündlich vereinbart worden sei. Die Beschwerdeführerin und die GmbH2 seien Schwestergesellschaften mit identischer Eigentümerstrukur, O sei Geschäftsführer beider Gesellschaften. Das Annahmeschreiben sei erst im Zuge der Außenprüfung ins Inland gelangt. Verwiesen werde auf die Kommentarmeinung von Fellner in Rz 24, 50 und 52 zu § 16 GebG. Die Überweisung des Darlehensbetrages sei keine rechtserhebliche Handlung. § 16 Abs 2 GebG sei dem Grunde nach anzuwenden.
Das Finanzamt hielt dem entgegen, dass die relevanten Urkunden einen eindeutigen Inhalt aufwiesen und keinesfalls als undeutlich angesehen werden könnten. Das Annahmeschreiben vom stelle demgemäß eine Inlandsurkunde dar. Der Beweis des Gegenteils im Sinn des § 17 Abs 2 GebG sei unzulässig. Ein Kreditvertrag stelle einen Konsensualvertrag und ein zweiseitiges Rechtsgeschäft dar. Die Darlehenszuzählung sei im Inland erfolgt.
Sachverhalt
Die GmbH2 mit Sitz in Italien hat an die Beschwerdeführerin eine schriftliche Anfrage um verzinsliche Finanzierung in Höhe von EUR 6.000.000,-, verzinslich mit 5 % p.a. gerichtet, welche mit "Bozen, " datiert ist. Die Beschwerdeführerin hat bezugnehmend auf diese Anfrage mit Schreiben datiert "Angerberg, " eine verzinsliche Finanzierung in Höhe von EUR 6.000.000,- gewährt, und zwar zu folgenden Bedingungen: "Die Finanzierung läuft bis zum , mit automatischer Verlängerung um jeweils zwei weitere Monate, falls nicht mindestens 30 Tage vor Ende der Laufzeit eine Kündigung erfolgt. Der Zinssatz beträgt 5 Prozent p.a. Die Finanzierung kann frühestens ab dem bereitgestellt werden." Der Darlehensbetrag von EUR 6.000.000,- wurde in zwei Teilbeträgen, und zwar EUR 600.000,- am und EUR 5.400.000,- am an die GmbH2 ausbezahlt. In der Bilanz der Beschwerdeführerin ist zum ein "Darlehen GmbH2, Italien" in Höhe von EUR 6.093.041,10 ausgewiesen. Sowohl die mit datierte Anfrage als auch die mit datierte Gewährung der Finanzierung tragen die Unterschrift von O jeweils in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der beteiligten Gesellschaften.
Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Beschwerdebegehren und den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen und sind unstrittig.
Aufgrund der glaubwürdigen Zeugenaussage des W steht fest, dass die beiden mit und datierten Schriftstücke im Jahr 2011 in Italien erstellt und unterfertigt wurden.
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ist ersichtlich, dass sich das mit datierte Schreiben über die Gewährung der Finanzierung während der Außenprüfung im Betrieb der Beschwerdeführerin befand.
Erwägungen
Gemäß § 15 Abs 1 GebG sind Rechtsgeschäfte nur dann gebührenpflichtig, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird. Bei schriftlicher Annahme eines Vertragsanbotes gilt das Annahmeschreiben als Urkunde (Abs 2 leg cit). Unstrittig handelt es sich bei dem mit datierten Schreiben der Beschwerdeführerin an die GmbH2 um eine Urkunde im Sinn des § 15 Abs 2 GebG.
Gemäß § 17 Abs 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Urkunde maßgeblich. Das mit datierte Anbot ist wie das mit datierten Annahmeschreiben klar und eindeutig sowohl hinsichtlich des Inhaltes des abgeschlossenen Rechtsgeschäftes als auch hinsichtlich des Ortes und des Datums seiner Unterfertigung. Daher kommt die Anwendung des § 17 Abs 2 GebG, welcher der Partei die Möglichkeit des Gegenbeweises, dass keine eine Gebührenpflicht begründenden Sachverhaltselemente vorliegen, einräumt, nicht in Betracht (Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 17 zu § 16 GebG mit Judikaturzitaten).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung einer Gebührenpflicht lediglich auf den Inhalt der Urkunde abzustellen (zuletzt ). Außerhalb der Urkunde liegende Tatsachen sind bei der Bemessung der Gebühr nicht zu berücksichtigen (). Der Beweggrund für die schriftliche Beurkundung ist für die Beurteilung der Gebührenpflicht rechtlich unerheblich und die Behörde ist bei einem eindeutigen und bestimmten Inhalt der Urkunde nicht verpflichtet, weitere Erhebungen durchzuführen (). Den gemäß § 17 Abs 1 GebG maßgeblichen Inhalt der Urkunde bildet auch die Beifügung von Ort und Datum der Unterzeichnung, im Fall des Annahmeschreibens also der Ort "Angerberg" und das Datum "".
Gemäß § 16 Abs 4 GebG entsteht die Gebührenschuld mit dem Zustandekommen des Vertrages, wenn ein Annahmeschreiben als Urkunde über den Vertrag gilt. Unstrittig ist, dass dieses Rechtsgeschäft im Jahr 2010 gültig zustande gekommen ist. In der Zuzählung des Kreditbetrages an die GmbH2 am 8. und liegt die Erfüllung der vereinbarten Verpflichtung durch die Beschwerdeführerin. Zivilrechtlich wurde der Kreditvertrag - was auch die Beschwerdeführerin einräumt - somit im Jahr 2010 abgeschlossen und seitens der Beschwerdeführerin auch erfüllt.
Nach § 988 ABGB idF des ab anzuwendenden Darlehens- und Kreditrechts-Änderungsgesetzes, BGBl I 2010/28 heißt der entgeltliche Darlehensvertrag über Geld Kreditvertrag und ist als zweiseitiges Rechtsgeschäft ausgestaltet. Der Kreditvertrag ist seit dieser Gesetzesänderung kein Real-, sondern ein Konsensualkontrakt (siehe Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 4 zu § 33 TP 19 GebG). Die Richtigkeit der vom Finanzamt vorgenommenen rechtlichen Qualifikation des in der Bilanz als "Darlehen" bezeichneten Rechtsgeschäftes als Kreditvertrag wurde in der Beschwerde nicht bestritten. Diese Zuordnung hätte im übrigen aufgrund des angewandten Gebührensatzes von 0,8 % auf den Betrag von EUR 6.000.000,- keine Auswirkung auf die festgesetzte Gebühr. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob ein gemäß § 33 TP 8 (Darlehensverträge) oder TP 19 (Kreditverträge) GebG dem Grunde nach der Gebühr unterliegendes Rechtsgeschäft vorliegt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Gegenbeweis zulässig, dass das Rechtsgeschäft überhaupt nicht oder mit einem anderen Inhalt zustande gekommen ist ( Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 14 zu § 17 GebG mit Judikaturzitaten). Die Beschwerdeführerin hat weder behauptet noch bewiesen, dass der Kreditvertrag zwischen der Beschwerdeführerin und der GmbH2 nicht oder anders als beurkundet zustandegekommen wäre. Das Beschwerdevorbringen bezieht sich ausschließlich auf den Zeitpunkt der Erstellung des eine Urkunde bildenden Annahmeschreibens vom .
Daher ist die gegenständliche Gebührenschuld im Jahr 2010 entstanden.
Zum selben Ergebnis gelangt man auch, wenn man angesichts der Zeugenaussage des W der maßgeblichen Urkunde - dem Annahmeschreiben vom - einen undeutlichen Inhalt im Sinn des § 17 Abs 2 GebG beimessen würde.
Lässt man die tatsächliche Datierung des Anbotes der GmbH2 und des Annahmeschreibens der Beschwerdeführerin außer Betracht und geht davon aus, dass beide im Jahr 2011 verfasst und unterzeichnet wurden, wären die relevanten Urkunden im Ausland errichtet worden und im Rahmen der Außenprüfung in den Betrieb der Beschwerdeführerin gelangt.
Gilt ein Annahmeschreiben als Urkunde und befindet sich diese beim Zustandekommen des beurkundeten Rechtsgeschäftes im Ausland, so ist gemäß § 16 Abs 4 GebG der § 16 Abs 2 leg cit sinngemäß anzuwenden. § 16 Abs 2 Z 2 lit b sieht für den Fall, dass die (im Ausland errichtete) Urkunde in das Inland gebracht wird, und dass aufgrund des Rechtsgeschäftes im Inland eine rechtserhebliche Handlung vorgenommen wird, vor, dass die Gebührenschuld zu jenem Zeitpunkt entsteht, zu dem aufgrund des Rechtsgeschäftes im Inland diese rechtserhebliche Handlung vorgenommen wird. Die Auszahlung des Kreditbetrages durch die Beschwerdeführerin stellt eine solche rechtserhebliche Handlung dar (siehe Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 53 zu § 16 GebG; Schneider, taxlex 2006, 176). Da die Auszahlung des Kreditbetrages unstrittig am 8. und erfolgt ist, wäre die Gebührenschuld ebenfalls im Jahr 2010 entstanden.
Dieses Ergebnis entspräche auch der Ratio des Gesetzes, der zufolge das Rechtsgeschäft an sich und nicht die darüber errichtete Urkunde Gegenstand der Abgabenerhebung ist. Das Urkundenprinzip ist nur ein steuertechnisches Hilfsmittel, um die tatsächliche Erfassung der Rechtsgeschäfte zu ermöglichen (549 BlgNR 15. GP).
Gemäß § 33 TP 19 GebG beträgt der Tarif der Gebühren für Kreditverträge, mit welchen dem Kreditnehmer die Verfügung über einen bestimmten Geldbetrag eingeräumt wird, 0,8 Prozent der vereinbarten Kreditsumme, wenn der Kreditnehmer über die Kreditsumme nur einmal verfügen kann. Diese Bestimmung ist gemäß § 37 Abs 28 GebG letztmalig auf Sachverhalte anzuwenden, die vor dem 1. Jänner verwirklicht wurden. Die Vorschreibung der Gebühr für den Kreditvertrag, den die Beschwerdeführerin mit der GmbH2 abgeschlossen hat, mit Gebührenbescheid vom erfolgte daher zu Recht.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Erkenntnis folgt der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Urkundenprinzip des § 17 Abs 1 GebG. Darüber hinaus wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen, zumal dem Erkenntnis eine durchaus ungewöhnliche Sachverhaltskonstellation zugrunde liegt und ab keine Gebührenpflicht für Darlehens- und Kreditverträge mehr besteht. Es ist daher unwahrscheinlich, dass noch über eine nennenswerte Anzahl vergleichbarer Fälle zu entscheiden sein wird ( mwN). Die Revision war daher für nicht zulässig zu erklären.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 17 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.3100807.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at