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Verfahrenshilfe – Einzel – Beschluss, BFG vom 13.08.2019, VH/7500011/2019

Antrag auf Verfahrenshilfe (Parkometer)

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. über den Antrag des ASt, Wien, vom , auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , MA67/67/2019, betreffend eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, beschlossen:

I. Der Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers wird abgewiesen.

II. Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen diesen Beschluss eine ordentliche Revision an
den Verwaltungsgerichtshof durch die vor dem Bundesfinanzgericht belangte Behörde
nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Antragsteller wurde mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , MA67/67/2019, schuldig erkannt, das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna am um 14:15 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1200 Wien, Pöchlarnstraße 6, ohne gültigen Parkschein abgestellt und dadurch die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt zu haben.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschrift des § 5 Abs 2 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt. Zudem wurde gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.

Der Bf. stellte zur Beschwerdeeinbringung gegen das Straferkenntnis einen Antrag auf
Verfahrenshilfe und gibt folgenden Grund an:

"MA 67/67/2019 - Antrag auf Verfahrenshilfe

Die in dieser Causa auftretende Behörde hat das mit der im Betreff angeführten GZ zusammenhängende Verfahren MA 67/67/2019 am eingestellt, führt das o.g. Verfahren gegen mich aber weiter. Dieses Vorgehen widerspricht sich aber in sich - sowohl vom Ansatz und Procedere als auch von der Argumentation. Um zu meinem Recht zu kommen, benötige ich in diesem Stadium des Verfahrens jedoch fachliche und sachliche Unterstützung.

Innerhalb offener Frist stelle ich daher den Antrag auf Verfahrenshilfe, da ich durch meine finanzielle Situation außerstande bin, die Kosten für diese Weiterführung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten. Außerdem ist die beabsichtigte Weiterführung und der Gang in die nächste Instanz weder offenbar mutwillig noch aussichtslos."

Über den Antrag wurde erwogen:

Gemäß § 40 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag des Beschuldigten,
wenn dieser außer Stande ist, die Kosten der Verteidigung ohne Beeinträchtigung des
notwendigen Unterhalts zu bestreiten und soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor
allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich und auf Grund des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 lit. c der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und
Grundfreiheiten oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union
geboten ist, zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, dessen Kosten
der Beschuldigte nicht zu tragen hat.

Die in § 51a Abs. 1 VStG (idF vor BGBl I 2013/33) genannten Voraussetzungen
(Mittellosigkeit, Interessen der Rechtspflege) müssen kumulativ vorliegen (vgl. zB VwGH
, 2005/11/0094).

Da § 40 Abs. 1 VwGVG der Regelung des § 51a Abs. 1 VStG zur Gänze entspricht, ist die zu § 51a Abs. 1 VStG ergangene Rechtsprechung auf die neue Rechtslage zu übertragen (, unter Verweis auf ). Hinsichtlich der Kriterien für die Zuerkennung von Verfahrenshilfe in Verwaltungsstrafverfahren ist auch durch die Novellierung des § 40 Abs.1 VwGVG durch das BGBl I 2017/24 keine inhaltliche Änderung eingetreten (vgl 1255 BlgNR XXV. GP).

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind als Gründe für die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers (u.a.) besondere Schwierigkeiten der Sachlage oder Rechtslage wie auch persönliche Umstände des Beschuldigten und die besondere Tragweite des Rechtsfalles (wie etwa die Höhe der dem Beschuldigten drohenden Strafe) für die Partei zu berücksichtigen (, unter Verweis auf Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate, zweite Auflage, Seiten 245 f, 249; Fasching, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen, Ergänzungsband, § 64 ZPO Anm. 10; MGA ZPO, 14. Auflage, § 64 E 5).

In der Judikatur wurde auch bereits ausgesprochen, dass selbst dann, wenn es sich bei einem Beschuldigten um eine Person ohne juristische Ausbildung handelt, die Verfahrenshilfe nicht in jedem Fall zu gewähren ist und bei Vorliegen einer lediglich einfachen Sach- oder Rechtslage davon Abstand genommen werden kann (vgl. etwa ; ferner zum Fall des Vorliegens einer lediglich einfachen Sachlage ).

Nach der Rechtsprechung des EGMR sind bei der Beurteilung der Notwendigkeit
der Beigebung eines Verfahrenshelfers im Zusammenhang mit dem Kriterium der
"zweckentsprechenden Verteidigung" primär die Bedeutung und Schwere des Delikts
und die Schwere der drohenden Sanktion zu berücksichtigen (vgl. das Urteil des EGMR
vom , Nr. 12744/87, Quaranta, § 33). Darüber hinaus ist insbesondere die
Komplexität des Falles ausschlaggebend, wobei auf die Schwierigkeiten rechtlicher oder
tatsächlicher Art (hinsichtlich der Sachverhaltsfeststellung) Bedacht zu nehmen ist (vgl.
neuerlich EGMR , Nr. 12744/87, § 34).

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Prüfungsbeschluss, der zur Aufhebung des § 40 VwGVG (idF vor BGBl I 2017/24) führte ( G 7/2015), die Judikatur des EGMR dahingehend zusammengefasst, dass der „Zugang zu einem Gericht nicht bloß theoretisch und illusorisch, sondern effektiv gewährleistet sein müsse“; in jenen Fällen, in denen es „unentbehrlich sei, dass der Partei eines Verfahrens ein unentgeltlicher Verfahrenshelfer beigestellt werde,“ müsse ein solcher beigestellt werden. Für diese Beurteilung sind verschiedene Kriterien maßgeblich. Das sind zum einen Kriterien, die sich auf die Person der Parteien beziehen, nämlich ihre Vermögensverhältnisse oder ihre Fähigkeiten im Verkehr mit Behörden; zum anderen auch Kriterien, die in Zusammenhang mit der Rechtssache stehen, nämlich die Erfolgsaussichten, die Komplexität des Falles oder die Bedeutung der Angelegenheit für die Parteien (vgl 1255 BlgNR XXV. GP).

Im vorliegenden Fall wurde der Antragsteller der fahrlässigen Verkürzung der
Parkometerabgabe für schuldig erkannt; besondere Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage können dem Akteninhalt nicht entnommen werden. Vielmehr handelt es sich
um einen faktisch wie rechtlich einfach gelagerten Fall, da die Frage, wann eine Straße als öffentliche Straße gilt, vom Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Erkenntnissen hinreichend geklärt ist.

Für das Bundesfinanzgericht ist nicht ersichtlich, inwiefern dem Antragsteller die
Erstattung des aufgezeigten Vorbringens ohne Beigebung eines Verteidigers oder die
Stellung von Beweisanträgen nicht möglich wäre.

Zusammenfassend wird festgestellt, dass im vorliegenden Fall weder eine zu lösende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt noch von einer besonderen Tragweite des Falles für den Antragsteller gesprochen werden kann.

Auch die Höhe der dem Antragsteller drohenden Strafe (Geldstrafe € 60,00) gebietet für
sich allein nicht die Beigebung eines Verteidigers, darf doch gemäß § 42 VwGVG in einem
Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes keine höhere Strafe verhängt werden als im (dann)
angefochtenen Bescheid.

Da die Beigebung eines Verteidigers im Interesse der Rechtspflege nicht erforderlich ist,
braucht auch nicht geprüft werden, ob der Antragsteller, welcher seine Einkommens- und Vermögensverhältnissen weder näher erläutert noch nachgewiesen hat, außer Stande ist, die Kosten der Verteidigung ohne Beeinträchtigung des für ihn und Personen, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhalts zu tragen.

Der Antrag war sohin abzuweisen.

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 40 Abs. 1 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 51a Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
Verweise
Art. 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom S. 389





G 7/2015
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:VH.7500011.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at