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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.08.2019, RV/2100374/2015

Keine Wohnsitzbegründung in vom Arbeitgeber befristet angemieteten Unterkünften

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf., Adr., vertreten durch Huber & Rosenthal Steuerberatung KG, Stadtplatz 56, 5280 Braunau am Inn, über die Beschwerden vom 1.) und vom 2.)  gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Judenburg Liezen vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 1.) 2011 und 2.) 2012, StNr. xxx, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide ESt 2011 und 2012 bleiben unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer beantragte am die Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2011 und 2012. Am erging seitens des Finanzamtes ein Ergänzungsersuchen bzgl. der beantragten Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung bzw. Familienheimfahrten. In der Beantwortung wurde die Berechnung der Kosten für die Familienheimfahrten wie folgt bekanntgegeben: 460 km x 20 Wochen x 0,42 Euro = 3.864 Euro. Kostenersätze habe er dafür nicht erhalten.

In den Bescheiden vom ging das Finanzamt für die Jahre 2011 und 2012 vom Vorliegen einer beschränkten Steuerpflicht aus und wurden jeweils Werbungskosten in Höhe des höchstzulässigen Pendlerpauschales für 5 Monate berücksichtigt. Die Einkommensteuerbescheide ergaben eine Gutschrift von 505 Euro (2011) und 593 Euro (2012).

Für das Jahr 2011 lagen zwei Lohnzettel des Arbeitgebers, der Filmgesellschaft, für die Zeiträume 7.6. bis und 27.11. bis und für das Jahr 2012 ein Lohnzettel für den Zeitraum 5.6. bis der Berechnung zugrunde.

Begründet wurde die Feststellung der beschränkten Steuerpflicht folgendermaßen: "Gem. § 1 Abs. 2 EStG 1988 ist eine Person unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie in Österreich einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt (länger als sechs Monate) hat. Ein von vorneherein nur für wenige Monate beabsichtigtes Innehaben einer Wohnung kann nicht als Wohnsitzbegründung qualifiziert werden."

Gegen diese Bescheide wurde am (bzgl. ESt 2011) und am (bzgl. ESt 2012) Beschwerde gegen die Behandlung des Bf. als beschränkt Steuerpflichtiger erhoben. Für die Auslegung des Begriffs Wohnsitz sei § 26 Abs. 1 BAO maßgebend, wonach jemand einen Wohnsitz dort habe, wo er eine Wohnung unter Umständen innehabe, die darauf schließen ließen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen werde. Der Bf. sei vom 7.6. bis und vom 5.6. bis für seinen Arbeitgeber in Österreich tätig gewesen und sei für ihn eine Wohnung angemietet worden. Es liege somit ein Wohnsitz im Sinne des § 26 Abs. 1 BAO in Österreich vor, der zur unbeschränkten Steuerpflicht führe. Die Dauer des Aufenthaltes sei nach der Rechtsprechung des VwGH nicht von erheblicher Bedeutung (). Davon abgesehen habe das Finanzamt im Ergänzungsersuchen vom ausgeführt, dass zur Begründung eines Wohnsitzes die Wohnung zwar nicht ununterbrochen, aber zumindest wiederkehrend längere Zeit (mehr als 10 Wochen) selbst benutzt werden müsse. Der Bf. habe in beiden Jahren etwa 5 Monate in Österreich gewohnt und gearbeitet.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen. Ausgeführt wurde, dass das "Beibehalten und Benutzen" im § 26 Abs. 1 BAO ua. ein Zeitmoment ausdrücke. Entscheidend sei dabei, ob die ursprüngliche Absicht auf einen längeren Aufenthalt als sechs Monate gerichtet sei. Ein von vorneherein nur für wenige Monate beabsichtigtes Innehaben einer Wohnung könne nicht als Wohnsitzbegründung qualifiziert werden. Die im Ergänzungsersuchen angeführten 10 Wochen würden sich auf die tatsächliche Nutzung einer Wohnung bei längerfristiger Wohnsitzbegründung (wie auch das zitierte Erkenntnis des VwGH) beziehen.

Gegen beide Entscheidungen wurde der Vorlageantrag gestellt und "vorsorglich" eine mündliche Verhandlung beantragt.

Vorgebracht wurde:

Der Bf. sei im Kalenderjahr 2011 rund viereinhalb Monate für seinen Arbeitgeber in Österreich tätig gewesen. Im Kalenderjahr 2012 habe er fünf Monate in Österreich gearbeitet. Weiters sei er vom 15.5. bis in Österreich tätig gewesen. Er sei also regelmäßig für seinen Arbeitgeber in Österreich tätig gewesen, weshalb die Kalenderjahre 2011 und 2012 nicht isoliert betrachtet werden können. Sein Arbeitgeber stelle ihm für die Zeit des jeweiligen Aufenthaltes in Österreich eine Wohnung zur Verfügung, die er ausschließlich alleine nützen könne. Eine Wohnstätte in Österreich sei also beruflich notwendig und werde in der Regel auch immer wieder die gleiche Wohnung angemietet. Es liege seiner Meinung nach daher ein Wohnsitz gemäß § 26 Abs. 1 BAO vor. Die Dauer des Aufenthaltes sei nach der Rechtsprechung des VwGH nicht von erheblicher Bedeutung ().

Es bestehe - seiner Meinung nach - kein Unterschied, ob sich ein Steuerpflichtiger in einer ständigen Wohnstätte in Österreich jeweils nur für kurze Zeit im Kalenderjahr tatsächlich aufhalte oder ob sich jemand nur für die Dauer seiner beruflichen Tätigkeit - wie im vorliegenden Fall - maximal für 5 Monate im Kalenderjahr eine Wohnung anmiete. Er halte es für unzumutbar, würde man verlangen eine Wohnung ganzjährig anzumieten, wenn man sie nicht das ganze Jahr benötige.

Der Bf. sei für seinen Arbeitgeber regelmäßig in Österreich tätig (etwa 5 Monate im Kalenderjahr). Im Hinblick auf diese Regelmäßigkeit sei die Anmietung einer Wohnung in Österreich daher beruflich notwendig.

Selbst wenn man nur von einem gewöhnlichen Aufenthalt gemäß § 26 Abs. 2 BAO in Österreich ausgehe, liege ein solcher schon bei einem weniger als 6-monaten Inlandsaufenthalt vor, wenn sich bereits nach der Lage des Falles (zB aufgrund vertraglicher Inlandsverpflichtung über ein Jahr) ergebe, dass der Steuerpflichtige nicht nur vorübergehend im Inland verweilen will (siehe Kommentar Quantschnigg/Schuch § 1 Rz 13). Die 6 Monate müssten daher nicht in einem Kalenderjahr liegen. Damit würde selbst nach § 26 Abs. 2 BAO die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht begründet werden. Verwiesen wurde dabei noch auf die Ausführungen in den Lohnsteuer- (Rz 3 und 4) und Einkommensteuerrichtlinien.

Im Vorlagebericht des Finanzamtes wurde bekräftigt, dass weder ein Wohnsitz nach § 26 Abs. 1 noch ein gewöhnlicher Aufenthalt nach Abs. 2 leg. cit. vorliege. Bei kurzfristig beschäftigten ausländischen Arbeitnehmern liege ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland nicht vor, weil sich diese Personen im Allgemeinen nur vorübergehend im Inland aufhalten würden. Auch wenn diese Personen wiederholt nach Österreich kommen würden, rechtfertige dies nicht die Annahme, dass sie nicht nur vorübergehend in Österreich verbleiben wollten, sondern vielmehr, dass ein Aufenthalt in Österreich nur vorübergehend (für die Zeit der Dreharbeiten) gedacht sei.

Das Bundesfinanzgericht äußerte in einem Vorhalt vom nach Abfragen des Melderegisters und des AIS des Bundes seine Bedenken hinsichtlich der Behauptung, dass sich der Bf. "regelmäßig" zu Berufszwecken in Österreich aufhalte und verwies darauf, dass für die Jahre vor 2011 und nach 2012 weder Lohnzettel, noch Anmeldungen vorliegen würden. Weiters wurde auf die bestehende Diskrepanz zwischen den in den gemeldeten inländischen Lohnzettel enthaltenen Beschäftigungszeiten und den Angaben des Bf. in der Beschwerde 2011 hingewiesen und um Aufklärung bzw. Vorlage der fehlenden Gagenabrechnungen ersucht. Auf einen bereits entschiedenen gleichartig gelagerten Fall () wurde ebenfalls hingewiesen und ausgeführt, dass auch gegenständlich zu prüfen bleibe, ob die unbeschränkte Steuerpflicht nach § 26 Abs. 2 zweiter Satz BAO allein aufgrund des Zeitablaufes von mehr als 6 Monaten ausgelöst werde. Der Bf. wurde eingeladen, die Fragen zu beantworten, geeignete Unterlagen zum Nachweis vorzulegen und eine Stellungnahme abzugeben. Auf die Möglichkeit der Zurückziehung des Antrages auf mündliche Verhandlung wurde hingewiesen.

Mit Schreiben vom wurde folgende Stellungnahme abgegeben: Der Bf. sei im Kalenderjahr 2011 vom 17.6. bis 25.10. und im Kalenderjahr 2012 vom 12.6. bis 7.11 für seinen Arbeitgeber als Tonmeister in Österreich tätig gewesen. Er habe zusätzlich jeweils 2 Wochen vor und 2 Wochen nach den genannten Zeitpunkten zur Vorbereitung und Abwicklung in der Y verbracht. Er sei auch bereits 2010 vom 15.5. bis in Österreich tätig gewesen. Warum kein Lohnzettel für diesen Zeitraum vorliege, könne er sich nicht erklären. In der gefragten Zeit habe er immer dieselbe Wohnung (V 11, Y) bewohnt. Warum hier unterschiedliche Adressen gemeldet wurden, könne er sich ebenso wenig erklären. Er sei verheiratet und der Hauptwohnsitz sei in Deutschland, Adr. gelegen. Er sei also regelmäßig für seinen Arbeitgeber in Österreich tätig, weshalb die Kalenderjahre 2011 und 2012 nicht isoliert betrachtet werden könnten. Sein Arbeitgeber habe ihm für die Zeit des jeweiligen Aufenthaltes in Österreich eine Wohnung zur Verfügung gestellt, die er ausschließlich alleine nutzen konnte. Eine Wohnung in Österreich sei also beruflich notwendig und sei immer wieder die gleiche Wohnung angemietet worden. Es werde daher nochmals beantragt, den Bf. als unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln.

Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgezogen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Der Bf. ist verheiratet und hat seinen Hauptwohnsitz in Deutschland. Er war in den strittigen Jahren als Tonmeister für bestimmte Produktionen der Filmgesellschaft, die in Deutschland ansässig ist und im Inland eine Zweigniederlassung hat, tätig. Der Arbeitgeber des Bf. beschäftigt sich mit Filmproduktionen aller Art, die auch in Österreich durchgeführt werden. So entstand ua. am Drehort in der Y die Serie "B", an der der Bf. als Tonmeister mitgewirkt hat. Am Drehort mietete der Arbeitgeber Unterkünfte an, die er den Mitgliedern der Filmcrew zur Verfügung stellte.

Der Arbeitgeber des Bf. hat für die Dauer der Beschäftigung jeweils Lohnsteuer einbehalten und diese in Österreich abgeführt. Aus den dem Finanzamt übermittelten Lohnzettel ergeben sich folgende Beschäftigungszeiten: 

2011


Tabelle in neuem Fenster öffnen
von - bis
Tage
7.6. - 23.10.
139
27.11. - 4.12.
    8
Gesamt
147 = 4,9 Monate

2012


Tabelle in neuem Fenster öffnen
von - bis
Tage
5.6. - 24.10.
142 = 4,7 Monate

Aus einer Abfrage im Melderegister ergibt sich, dass der Bf. im Jahr 2011 vom 17.6. bis 25.10. in V 11 bei Frau S, Apartmenthotel und im Jahr 2012 vom 12.6. bis 7.11. in V 310 bei Frau S mit einem Nebenwohnsitz gemeldet war. Für die Zeit vom 27.11. bis liegen bis auf den Lohnzettel keinerlei Unterlagen vor. Nach Angaben des Bf. war er bereits im Jahr 2010 in Österreich für die Filmgesellschaft tätig und zwar im Zeitraum vom 15.5. bis . Eine neuerliche Abfrage des BFG ergab, dass für den Zeitraum 18.5 bis ein Lohnzettel von seinem Arbeitgeber dem Finanzamt übermittelt worden ist.

Der Bf. gibt unterschiedliche Zeiten der Beschäftigung im Inland an:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2011
2012
Vorbringen in
7.6. bis 4.12.
5.6. bis 24.10.
Beschwerde
rund 4, 5 Monate
5 Monate
Vorlageantrag
17.6. bis 25.10. + 2 Wochen davor und danach 
12.6. bis 7.11. + 2 Wochen
davor und danach
Vorhaltsbeantwortung

Damit wurde nicht einmal behauptet, dass in den einzelnen Kalenderjahren ein länger als sechs Monate andauernder Aufenthalt in Österreich vorliegt. Die Diskrepanz zwischen den vom Arbeitgeber gemeldeten Lohnbezugszeiten und den Angaben des Bf. wurde weder aufgeklärt, noch wurden entsprechende Unterlagen zum Nachweis vorgelegt.

Gemäß dem im Abgabenverfahren vorherrschenden Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 167 BAO) genügt es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt ().

Festzustellen ist daher, dass weder die Lohnzettel noch die Anmeldungen auf einen länger als sechs Monate dauernden inländischen Aufenthalt des Bf. in den Kalenderjahren 2011 und 2012 hinweisen und wurde eine solche Behauptung auch gar nicht aufgestellt.

§ 1 EStG 1988 bestimmt Folgendes:

„(1) Einkommensteuerpflichtig sind nur natürliche Personen.

(2) Unbeschränkt steuerpflichtig sind jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

(3) Beschränkt steuerpflichtig sind jene natürlichen Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich nur auf die im § 98 aufgezählten Einkünfte.

(4) Auf Antrag werden auch Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anzuwenden ist, als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 98 haben. Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90% der österreichischen Einkommensteuer unterliegen oder wenn die nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte nicht mehr als 11000 Euro betragen. Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten in diesem Zusammenhang als nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegend. Die Höhe der nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte ist durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Abgabenbehörde nachzuweisen. Der Antrag kann bis zum Eintritt der Rechtskraft des Bescheides gestellt werden.“

Gemäß § 26 Abs. 1 BAO hat einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn der Abgabenvorschriften hat gemäß § 26 Abs. 2 BAO jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Wenn Abgabenvorschriften die unbeschränkte Abgabepflicht an den gewöhnlichen Aufenthalt knüpfen, tritt diese jedoch stets dann ein, wenn der Aufenthalt im Inland länger als sechs Monate dauert. In diesem Fall erstreckt sich die Abgabepflicht auch auf die ersten sechs Monate. Das Bundesministerium für Finanzen ist ermächtigt, von der Anwendung dieser Bestimmung bei Personen abzusehen, deren Aufenthalt im Inland nicht mehr als ein Jahr beträgt, wenn diese im Inland weder ein Gewerbe betreiben noch einen anderen Beruf ausüben.

Für das Vorliegen eines Wohnsitzes müssen die Voraussetzungen „Wohnung“, „Innehabung derselben“ sowie die „Beibehaltung und Benutzung“ kumulativ vorliegen. Unter einer Wohnung sind Räumlichkeiten zu verstehen, die ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein den persönlichen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten ().

Unter dem Innehaben einer Wohnung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs die rechtliche und/oder tatsächliche Möglichkeit zu verstehen, über die Wohnung zu verfügen, insbesondere sie für den Wohnbedarf jederzeit benützen zu können (vgl. ). Bei der Beurteilung des Tatbestandsmerkmales des Innehabens steht die tatsächliche Verfügungsmacht im Vordergrund (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, Seite 334).

Bei der Wohnung, die der Bf. im Veranlagungsjahr in Österreich benutzt hat, handelte es sich um ein Apartment in einem Hotel, das von seinem Arbeitgeber (befristet) angemietet und bezahlt worden ist. Dem Bf. war es daher nicht möglich, die Wohnung jederzeit ungehindert und uneingeschränkt benützen zu können. Der Arbeitgeber stellte dem Bf. (seinen Angaben zufolge) eine Wohnung nur für die Zeit des jeweiligen Aufenthaltes im Inland zur Verfügung. Er bestimmte die Zeit der Nutzung durch den Bf. und hatte es daher in der Hand, die Wohnung auch anderen Mitgliedern der Filmcrew zur Verfügung zu stellen. Zudem handelte es sich nicht stets um die gleiche Wohnung, wie sich dies aus den unterschiedlichen Anmeldeadressen in den Jahren 2011 und 2012 ergibt. Es liegen auch keine Anhaltspunkte vor, dass der Bf. das Apartment auch außerhalb seiner beruflichen Tätigkeit in Österreich benutzt hat oder benützen hätte können, noch gab es Hinweise dafür, dass dem Vermieter oder dem Arbeitgeber nicht das Recht zugestanden wäre, die Wohnung anderweitig zu vergeben.

Darüber hinaus war auch das Beibehalten und Benutzen für eine längere Zeit nicht erkennbar. Ob die Wohnung vom Abgabepflichtigen auch tatsächlich benutzt wird, ist nicht entscheidend, sondern nur, ob Umstände dafür sprechen, dass sie ständig vom Abgabepflichtigen benutzt werden kann. Im vorliegenden Fall gibt es weder Hinweise dafür, dass der Bf. die Wohnung unbefristet nutzen konnte, noch wurde dies vom der Bf. behauptet. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen ist nicht davon auszugehen, dass der Bf. in den strittigen Jahren über einen inländischen Wohnsitz im Sinne des § 26 Abs. 1 BAO verfügt hat.

Die Bestimmung des § 26 Abs. 2 BAO verlangt (ebenso wie die des Abs. 1) das Vorliegen äußerer Umstände, und zwar solcher, die erkennen lassen, dass der Abgabepflichtige am Aufenthaltsort oder im Aufenthaltsland nicht nur vorübergehend verweilt. Ein gewöhnlicher Aufenthalt ist begrifflich im Gegensatz zu einem vorübergehenden Aufenthalt zu sehen. Ein gewöhnlicher Aufenthalt ist im Allgemeinen mit einem dauernden Aufenthalt gleichbedeutend. Daher erfüllt ein nur vorübergehender Aufenthalt nicht den Tatbestand des gewöhnlichen Aufenthalts. (Stoll, BAO-Kommentar, 336 f). Ein gewöhnlicher Aufenthalt erfordert im Allgemeinen mehr als bloß ein körperliches Anwesendsein wegen der Arbeit (). Im gegenständlichen Fall hat sich der Bf. im Inland nur wegen seiner Arbeit aufgehalten. Seine Tätigkeit im Inland war von vornherein zeitlich beschränkt und es stand somit fest, dass der Bf. nur vorübergehend im Inland verweilen und er nach Beendigung seiner Tätigkeit wieder zu seinem Hauptwohnsitz in Deutschland zurückkehren wird. Der Bf. hat auch wöchentliche Familienheimfahrten geltend gemacht und ist dadurch manifestiert, dass die Bindungen zum ausländischen Aufenthaltsort enger waren als die zum inländischen.

Als nicht nur vorübergehend gilt ein Aufenthalt auch dann, wenn er sich über einen längeren Zeitraum erstreckt, wobei die Verwaltungspraxis in der Regel davon ausgeht, wenn sich der Zeitraum der Anwesenheit zumindest über sechs Monate erstreckt. Nach der Rechtsprechung des VwGH () kann ein gewöhnlicher Aufenthalt auch bei einer unter Umständen wesentlich kürzer verbrachten Aufenthaltsdauer in Österreich vorliegen, sofern der Aufenthalt unter Umständen genommen wird, die erkennen lassen, dass es sich nicht um ein bloß vorübergehendes Verweilen handelt. In dem zitierten Rechtsfall (Beschäftigung von ausländischen Golftrainern) sah der VwGH in der vertraglichen Bindung der Arbeitnehmer, in Österreich 1 Jahr tätig zu sein, einen solchen Umstand, der - trotz eines tatsächlich oft nicht einmal 6-Monate dauernden Aufenthaltes im Inland – die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthaltes rechtfertigt. Dass ein derartiger Umstand vorliegt, wurde im gegenständlichen Fall aber nicht behauptet und liegt nach der Aktenlage auch diesbezüglich kein Hinweis vor.

Der Bf. meint, dass der Bf. regelmäßig in Österreich für seinen Arbeitgeber tätig geworden ist und sieht darin ein Indiz für das Vorliegen eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO. Festgestellt wurden lediglich drei jeweils unter 6 Monate liegende inländische Aufenthalte in drei aufeinanderfolgenden Jahren, die jeweils Anfang Juni (2011 und 2012) bzw. Mitte Mai (2010) begannen. Für einen gewöhnlichen Aufenthalt ist es nicht erforderlich, dass eine ununterbrochene Anwesenheit vorliegt. So wird ein gewöhnlicher Aufenthalt auch dann anzunehmen sein, wenn das Verweilen, die Anwesenheit, vorübergehend unterbrochen wird, die Umstände aber erkennen lassen, dass die (nicht nur vorübergehende) Verbundenheit mit diesem Ort oder diesem Land aufrecht bleibt. Aus diesem Blickwinkel sind vorübergehende Unterbrechungen unschädlich (Stoll, w.o., S 337) und ist es auch nicht Voraussetzung, dass der Aufenthalt von mehr als sechs Monaten im Inland innerhalb eines Kalenderjahres liegen muss (Fuchs in Hofstätter/Reichl,  ESt-Kommentar, § 1 Tz 11). Im gegenständlichen Fall kann man allerdings nicht von vorübergehenden, kurzen Unterbrechungen sprechen, wenn diese über jeweils über ein halbes Jahr hinausgehen und die Bindungen zum ausländischen Aufenthaltsort deutlich enger sind (siehe Familienheimfahrten) als zum inländischen. 

Auch wenn der Bf. sich nachweislich in drei aufeinanderfolgenden Jahren aus Arbeitsgründen im Inland aufgehalten hat, rechtfertigt dies noch nicht die Annahme, dass er nicht nur vorübergehend im Inland verweilen wollte, sondern vielmehr, dass sein Aufenthalt in Österreich tatsächlich nur vorübergehend – nämlich für die Zeit der Filmproduktion - gedacht war (vlg. zu Saisonarbeitern; Fuchs in Hofstätter/Reichl, w.o.).  

Mangels eines Wohnsitzes im Sinne des § 26 Abs. 1 BAO und mangels eines gewöhnlichen Aufenthaltes im Sinne des § 26 Abs. 2 erster Satz BAO war in weiterer Folge noch zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 26 Abs. 2 zweiter Satz BAO gegeben waren. Allein der Zeitablauf des Aufenthaltes löst nach der zuletzt genannten Bestimmung die unbeschränkte Steuerpflicht aus (Stoll, BAO-Kommentar, S 340).

Im gegenständlichen Fall wurde nicht behauptet, dass ein mehr als 6-monatiger inländischer Aufenthalt in den einzelnen strittigen Veranlagungsjahren vorliegt und ergibt auch die Aktenlage kein solches Bild. Wie bereits oben ausgeführt, können die Auslandsaufenthalte auch nicht als kurzfristige Unterbrechungen angesehen werden. Eine Anwendung des Ersatztatbestandes nach § 26 Abs. 2 zweiter Satz BAO kommt daher - anders als in dem vergleichbaren Fall, der vom BFG mit Erkenntnis vom , RV/2101824/2016 entschieden wurde - nicht in Betracht.

Aus den dargestellten Erwägungen war in den beiden strittigen Jahren zu Recht von einer beschränkten Steuerpflicht des Bf. auszugehen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Rechtsfragen, wann von einem Wohnsitz bzw. einem gewöhnlichen Aufenthalt auszugehen ist, sind durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinlänglich geklärt, weshalb eine (ordentliche) Revision nicht zugelassen wurde.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 26 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 26 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.2100374.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at