Geschäftsführerhaftung, Problematik der zunächst verweigerten Eintragung des Geschäftsführerwechsels im Firmenbuch sowie der Frage der rechtzeitigen Niederlegung der GF-Funktion, Mittellosigkeit nicht nachgewiesen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Anschrift, vertreten durch PCP Pitzal/Cerny/Partner Rechtsanwälte OG, Paulanergasse 9, 1040 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben, vom , N-1, betreffend Haftung für Abgabenschulden der G-1 gemäß §§ 6a KommStG und DGAG zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung auf nachstehende Abgaben im Gesamtbetrag von € 911,52 herabgesetzt:
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Abgabe | Zeitraum | Betrag |
Kommunalsteuer | 01-07/2017 | 692,29 |
Dienstgeberabgabe | 01-07/2017 | 219,23 |
Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Haftungsprüfungsvorhalt vom teilte der Magistrat der Stadt Wien MA 6 dem Beschwerdeführer (Bf.) mit, seit D-1 als Geschäftsführer der G-1 im Firmenbuch eingetragen und daher verantwortlicher Vertreter iSd §§ 6a KommStG und DGAG iVm § 80 BAO zu sein. Im gegenständlichen Fall seien Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben 01-07/2017 samt Säumniszuschlägen bis dato nicht entrichtet worden, wodurch die gesetzliche Voraussetzung für seine Haftungs- und Zahlungspflicht gegeben sei.
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Mit Schreiben vom nahm der Bf. dazu Stellung und führte aus, dass die G-1 erstmals am D-2 im Firmenbuch eingetragen worden sei. Seit Gründung der Gesellschaft bis zum D-3 sei Frau P-1 als Geschäftsführerin eingetragen gewesen. Erst seit D-4 sei der Bf. als nunmehriger Geschäftsführer eingetragen.
Die vormalige Geschäftsführerin habe seit Jahren sowohl den Gesellschaftern der G-2, deren Geschäftsführer ebenfalls der Bf. sei, wie auch dem weiteren Gesellschafter P-2 jegliche Informationen über den Zustand der Gesellschaft verweigert. Dem Wechsel der Geschäftsführer seien Übernahmeverhandlungen der Geschäftsanteile vorausgegangen, welche jedoch gescheitert seien. Es sei sodann zur Geschäftsführerbestellung des Bf. im Rahmen einer Generalversammlung vom D-1 gekommen.
Das Firmenbuchgericht habe das Eintragungsbegehren jedoch mit der Begründung abgewiesen, dass das im Gesellschaftsvertrag festgelegte Anwesenheitsquorum nicht erfüllt worden sei. Dagegen habe sich der Rekurs der Gesellschaft vom D-5 gerichtet, dem mit Beschluss vom D-6 Folge gegeben und die Eintragung letztlich erst am D-4 vorgenommen worden sei. Bis zur Eintragung im Firmenbuch am D-4 sei es dem Bf. nicht möglich gewesen, die Geschäftsräumlichkeiten zu betreten, da die vormalige Geschäftsführerin eine entsprechende Weisung erlassen habe, dem nunmehrigen Geschäftsführer den Zutritt zum Geschäftslokal zu verweigern. Auch sei durch den abweisenden Beschluss des Firmenbuches zunächst unklar gewesen, ob die Geschäftsführerbestellung rechtlich überhaupt wirksam geworden sei oder ob Hinderungsgründe entgegengestanden seien, und habe der Bf. erst ab der tatsächlichen Eintragung von einer wirksamen Bestellung als Geschäftsführer ausgehen können.
Es seien dem Bf. zu keinem Zeitpunkt Inventarlisten oder Kontodaten zur Verfügung gestanden. Auch habe er keine Hinweise hinsichtlich allfälliger Dienstnehmer gehabt. Ab Übernahme der Geschäftsführertätigkeit und Zutrittserlangung zum Geschäftslokal sei jedenfalls kein Dienstnehmer im Geschäftslokal anwesend gewesen und seien auch keine Dienstnehmerforderungen bekannt worden. Vielmehr habe sich für den Bf. herausgestellt, dass allfällige vormalige Dienstnehmer über Anregung der früheren Geschäftsführerin bei einem Konkurrenzunternehmen beschäftigt worden seien.
Es seien weder irgendwelche Buchhaltungsunterlagen vorgefunden noch Informationen von der früheren Geschäftsführerin herausgegeben worden. Das Unternehmen habe jedenfalls seit zumindest April 2017 keinerlei Geschäftstätigkeit mehr entfaltet.
Infolge einer vom Finanzamt durchgeführten Steuerprüfung seien diverse Bescheide betreffend die Zeiträume 2013-2016 mit Nachforderungen von insgesamt € 447.696,33 ergangen.
Es seien dem Bf. zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Mittel der Gesellschaft zur Verfügung gestanden. Das teilweise vorhandene Warenlager habe sich insofern als nahezu unverkäuflich herausgestellt, da die im Geschäftslokal befindlichen Waren zu einem Großteil aus Kommissionswaren oder gefälschte Markenwaren gewesen seien.
Es sei dem Bf. daher nicht möglich gewesen, die dargestellten Rückstände zu begleichen, zumal einerseits hierüber keine Informationen durch die frühere Geschäftsführerin übergeben worden oder entsprechende Buchhaltungsunterlagen zur Verfügung gestanden seien. Zum anderen sei das Unternehmen zum Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführertätigkeit durch den Bf. bereits zahlungsunfähig und überschuldet gewesen. Insbesondere werde jedoch auch darauf hingewiesen, dass der Bf. erst mit D-4 im Firmenbuch als Geschäftsführer eingetragen worden sei und die dargestellten Verbindlichkeiten allesamt auf den Zeitraum 01-07/2017, somit vor seiner Geschäftsführertätigkeit zurückgingen, weshalb eine Haftung des Bf. ausscheide.
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Mit weiterem Vorhalt vom teilte der Magistrat der Stadt Wien MA 6 dem Bf. mit, dass die Eintragung in das Firmenbuch nur deklarative Wirkung habe und der Bf. durch den angestrebten Rekurs selbst von der Gültigkeit der Geschäftsführerbestellung überzeugt gewesen sein müsse. Durch die nachträgliche Eintragung sei im Firmenbuch auch vermerkt worden, dass er die Gesellschaft seit D-1 selbstständig vertrete. Gehe man nun von seiner Geschäftsführerbestellung per D-1 aus, so seien auch mit diesem Datum alle Rechte und Pflichten auf ihn übergegangen.
Sehe sich der Geschäftsführer darin sowie in der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Pflichten durch die Gesellschafter oder durch dritte Personen behindert, so habe dieser entweder sofort im Rechtsweg die Möglichkeit, die ungehinderte Ausübung seiner Funktion zu erzwingen, oder seine Funktion niederzulegen und als Geschäftsführer auszuscheiden (; ).
Weiters sei festzuhalten, dass es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entspreche, dass ein Geschäftsführer auch für Abgabenrückstände, die vor seiner Geschäftstätigkeit fällig geworden seien, hafte. Der Verwaltungsgerichtshof habe zum Ausdruck gebracht, dass die Pflicht zur Entrichtung von Abgabenschuldigkeiten erst mit ihrer Abstattung ende und der Geschäftsführer einer GmbH sich bei der Übernahme der Geschäftsführertätigkeit daher darüber unterrichten müsse, ob und in welchem Ausmaß die nunmehr von ihm vertretene Gesellschaft bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen sei ().
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Dazu nahm der Bf. mit Schreiben vom Stellung und führte aus, dass es aus seiner Sicht nicht maßgeblich sei, ob er von der Wirksamkeit der Geschäftsführerbestellung ab tatsächlicher Eintragung in das Firmenbuch ausgegangen sei, ausgehen habe dürfen oder von der Rechtmäßigkeit seiner Bestellung überzeugt gewesen sei.
Richtig sei zwar grundsätzlich, dass die Firmenbucheintragung nur deklarative Wirkung habe, im Außenverhältnis jedoch tatsächlich Dritten gegenüber eben die deklarative Wirkung entscheidend für die vereinfachte Durchsetzung jeglicher Rechte aus der Geschäftsführereigenschaft des Bf. sei. Er habe faktisch bis zum Zeitpunkt seiner tatsächlichen Eintragung am D-4 keinerlei Möglichkeiten gehabt, bei potentiellen – ihm konkret nicht bekannten – Lieferanten oder sonstigen Geschäftspartnern, bei Banken, der (angenommenen) steuerlichen Vertretung der Gesellschaft oder sonstigen Stellen irgendwelche Informationen in Erfahrung zu bringen. Zu Recht sei von dritter Seite ihm gegenüber auf das Firmenbuch und die dort ersichtliche eingetragene vormalige Geschäftsführerin mit dem Hinweis auf entsprechende Verschwiegenheitsverpflichtungen verwiesen worden.
Der Bf. sei richtigerweise von D-7 an bemüht gewesen, Informationen über den tatsächlichen Zustand und Liquiditätsstatus sowie allfällige Verbindlichkeiten oder Rückstände in Erfahrung zu bringen. Die vormalige Geschäftsführerin habe ihm gegenüber die Herausgabe jeglicher Information verweigert. Auch nach erfolgter Eintragung im Firmenbuch habe der Bf. von der vormaligen Geschäftsführerin überhaupt keine Unterlagen zur Gesellschaft erhalten und sei es ihm nur möglich gewesen, in wochenlanger detektivischer Kleinarbeit überhaupt irgendwelche konkrete Informationen zu erhalten.
Es habe überhaupt keine Aufzeichnungen über beschäftigte Mitarbeiter, Dienstzettel, Lohnaufzeichnungen oder bekannte Konten der Gesellschaft gegeben, aus denen sich Zahlungen oder Abgabenverpflichtungen ableiten hätten lassen.
Auch der Vorhalt, dass er im Rechtsweg die ungehemmte Ausübung seiner Funktion erzwingen hätte müssen, gehe ins Leere, da sich Dritte hinsichtlich allfälliger Ansprüche des Bf. auf Auskunftserteilung zu Recht auf den Firmenbuchstand hätten verlassen und berufen können.
Erstinstanzlich sei durch das Firmenbuchgericht die Abweisung der Eintragung der Geschäftsführerbestellung samt rechtlicher Begründung betreffend notwendige Quoren bei der Beschlussfassung erfolgt, sodass der Bf. Dritten gegenüber zwar von der Ergreifung eines Rechtsmittels berichten habe bzw. hätte können, keinesfalls sei jedoch die tatsächliche Rechtmäßigkeit der Bestellung und Durchsetzbarkeit der Eintragung als Geschäftsführer gesichert gewesen.
Auch die von der MA 6 dargelegte Ansicht, dass sich der Geschäftsführer bei der Übernahme der Geschäftsführertätigkeit darüber unterrichten müsse, ob und in welchem Ausmaß die nunmehr von ihm vertretene Gesellschaft bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen sei, sei nur dann zu Lasten des Bf. auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar, wenn diesem zumindest ein geringer Verschuldensgrad vorzuwerfen sei.
Tatsächlich sei von der vormaligen Geschäftsführung im vorliegenden Sachverhalt jedoch konsequent jegliche Informationsweitergabe blockiert worden und habe der Bf. überhaupt keine Möglichkeiten gehabt, sich über die bisherigen steuerlichen und abgabenrechtlichen Verpflichtungen oder allfällige Rückstände zu informieren. Tatsächlich sei durch die von den Minderheitsgesellschaftern eingeleitete Absetzung der bisherigen Geschäftsführung und Übernahme der Geschäftsführertätigkeit durch den Bf. die Vergrößerung eines Schadens abgewendet worden, zumal er nach Durchführung einer Inventur ehestmöglich nach Erlangung einer Zutrittsmöglichkeit zum Geschäftslokal und intensiver detektivischer Recherchearbeit unverzüglich nach Kenntnis über das tatsächliche Vorliegen der Insolvenz der Gesellschaft einen entsprechenden Antrag eingebracht habe.
Beweis:
- Beschluss der Abweisung der Eintragung vom D-14
- Rekurs gegen den Beschluss vom
- Vernehmung Bf.
- Vernehmung P-3
Es werde daher weiterhin der Rechtsstandpunkt eingenommen, dass eine Haftung des Bf. jedenfalls in Ermangelung irgendeines Verschuldensgrades und Berücksichtigung der Umstände, die es ihm unmöglich gemacht hätten, Informationen zu Rückständen oder Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu erlangen, ausscheide.
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Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien MA 6 vom wurde der Bf. zur Haftung herangezogen:
I. Gemäß § 6a KommStG werde der Bf. für den Rückstand an Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen der G-1 in der Höhe von € 706,77 für den Zeitraum Jänner bis Juli 2017 haftbar gemacht und aufgefordert, diesen Betrag gemäß § 224 Abs. 1 BAO binnen einem Monat ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten, widrigenfalls die zwangsweise Einbringung veranlasst werde.
II. Gemäß § 6a DGAG werde der Bf. für den Rückstand an Dienstgeberabgabe samt Nebenansprüchen der G-1 in der Höhe von € 223,82 für den Zeitraum Jänner bis Juli 2017 haftbar gemacht und aufgefordert, diesen Betrag gemäß § 224 Abs. 1 BAO binnen einem Monat ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten, widrigenfalls die zwangsweise Einbringung veranlasst werde.
Nach Zitierung der §§ 6a Abs. 1 KommStG und DGAG sowie des § 80 Abs. 1 BAO wurde ausgeführt, dass mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-8 über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Konkursverfahren eröffnet worden sei. Die bereits vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung sei durch die Eröffnung des Konkurses jedenfalls erfüllt.
Der Bf. sei seit D-1 im Firmenbuch als Geschäftsführer der genannten Gesellschaft eingetragen gewesen und habe weder die Bezahlung veranlasst noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen.
Er habe somit die ihm als Geschäftsführer der GmbH auferlegten Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne.
Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf bestehe, dass der nunmehr aushaftende Betrag bei der Primärschuldnerin überhaupt noch eingebracht werden könnte.
Die Stellungnahmen des Bf. bezögen sich im Wesentlichen auf den Zeitpunkt seiner Eintragung als Geschäftsführer in das Firmenbuch sowie darauf, dass ihm zu keinem Zeitpunkt Inventarlisten, Kontodaten, Hinweise auf allfällige Dienstnehmer, Buchungsunterlagen, Informationen von der früheren Geschäftsführerin oder irgendwelche Mittel der Gesellschaft zur Verfügung gestanden seien.
Zum Zeitpunkt der Übernahme sei das Unternehmen bereits zahlungsunfähig und überschuldet gewesen. Zudem seien alle dargestellten Verbindlichkeiten auf den Zeitraum vor seiner Geschäftsführertätigkeit zurückgegangen.
Dazu werde festgehalten, dass der Bf. laut Firmenbuch seit D-1 Geschäftsführer sei. Selbst wenn die Eintragung in das Firmenbuch erst mit D-4 – wie in den Stellungnahmen behauptet werde – erfolgt wäre, hätte er als Vertreter auch nach dem D-4 demnach genügend Zeit gehabt, um sich bei der Abgabenbehörde darüber zu informieren, ob und in welchem Ausmaß die von ihm nunmehr vertretene GmbH bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen sei (), bzw. die erforderlichen Unterlagen als Vertreter der Gesellschaft einzuholen.
Der Verwaltungsgerichtshof spreche von einer schuldhaften Verletzung der Vertreterpflichten, wenn der Vertreter keine Gründe darlegen könne, aufgrund derer ihn die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen sei, den Vertreter treffe dabei eine qualifizierte behauptungs- und Konkretisierungspflicht (; ).
Der Verwaltungsgerichtshof habe wiederholt festgestellt, dass ein Geschäftsführer auch für Abgabenrückstände hafte, die vor seiner Geschäftstätigkeit fällig geworden seien.
Der Rückstand setze sich laut Abgabenkonto wie folgt zusammen:
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Abgabe | Zeitraum | Betrag |
Kommunalsteuer | 01-07/2017 | 692,91 |
Säumniszuschlag | 01-07/2017 | 13,86 |
Dienstgeberabgabe | 01-07/2017 | 219,43 |
Säumniszuschlag | 01-07/2017 | 4,39 |
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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte der Bf. ergänzend zu den bisherigen Stellnahmen ein, dass dem bereits übermittelten historischen Firmenbuchauszug der Gesellschaft zu entnehmen sei, dass zwar ein Antrag auf Eintragung des Bf. am D-9 beim Firmenbuch eingelangt, jedoch eine Eintragung seiner Person als Geschäftsführer nachweislich erst am D-4 erfolgt sei.
Der Bf. sei erst ab D-4 Geschäftsführer der GmbH gewesen und solle nunmehr für den Zeitraum Jänner bis Juli 2017 für den Rückstand an Dienstgeberabgaben samt Nebenansprüchen haftbar gemacht werden, obwohl er in diesem Zeitraum nicht Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen sei.
Bereits am D-10 sei von ihm beim Handelsgericht Wien ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens eingebracht worden. Der Zeitraum, in welchem der Bf. Geschäftsführer der GmbH gewesen sei, habe sohin lediglich rund zwei Monate betragen.
Da zum Zeitpunkt seiner Eintragung als Geschäftsführer das Geschäftslokal bereits geschlossen gewesen sei und keine Dienstnehmer mehr beschäftigt gewesen seien, habe der Bf. versucht, sich einen Überblick über offene Forderungen von Lieferanten und dgl. zu verschaffen, um abschätzen zu können, ob das Geschäftslokal wiedereröffnet werden könne oder ob die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Betracht zu ziehen sei.
Der Zeitraum, in welchem der Bf. Informationen über Rückstände hätte einholen können, verkürze sich auf lediglich 8 Wochentage, da zu berücksichtigen sei, dass im Sinne der Gläubigergleichbehandlung im relevanten Zeitraum von 60 Tagen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Zahlungen mehr an einzelne Gläubiger geleistet werden dürften. Hätte er in diesen 8 Tagen Auskunft über allfällige Rückstände der Gesellschaft erhalten, so hätte er bei Zahlung dieser Rückstände die anderen Gläubiger benachteiligt und sich sohin aufgrund des Gebots der Gläubigergleichbehandlung strafbar gemacht.
Da der Bf. zu keinerlei Unterlagen aus der laufenden bzw. bisherigen Buchhaltung Zugriff gehabt habe, habe er erst das von der bisherigen Geschäftsführerin hinterlassene Chaos im Geschäftslokal ordnen und sichten müssen, um sich einen Überblick über den aktuellen Stand der noch vorhandenen Waren, Verbindlichkeiten und offenen Forderungen zu verschaffen. Frau P-1 sei im Zeitraum vom D-2 bis D-4 alleinige und einzige operative Geschäftsführerin der GmbH gewesen.
Da eine Eintragung des Bf. erst per D-4 erfolgt sei, hätte er aufgrund der Außenwirkung der Eintragung als Geschäftsführer im Firmenbuch zu einem früheren Zeitpunkt auch gar keine Auskünfte von der Abgabenbehörde bekommen bzw. Nachforschungen anstellen können, ob Frau P-1 alle Abgaben abgeführt habe oder nicht.
Die MA 6 stütze ihren Haftungsbescheid auf die Entscheidung des . Entgegen der Annahme der MA 6 sei die genannte Entscheidung jedoch aus folgenden Gründen nicht mit dem vorliegenden Fall vergleichbar:
In der zitierten Entscheidung habe der Geschäftsführer rund 6 Monate Zeit gehabt, um allfällige Rückstände zu ermitteln, bevor es zu einer Konkurseröffnung der Gesellschaft gekommen sei. Der Bf. habe vergleichsweise lediglich 8 Tage Tag gehabt, um nicht im relevanten Zeitraum von 60 Tagen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Zahlungen an einzelne Gläubiger zu leisten und andere Gläubiger dadurch zu benachteiligen. Ein schuldhaftes Verhalten des Bf. innerhalb dieser 8 Tage sei jedenfalls nicht erkennbar.
Abgesehen davon hätte eine frühere Kenntnis des Bf. von den Abgabenrückständen zu keiner Verbesserung für die Abgabenbehörde geführt, da bereits am D-10 ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt worden sei, weshalb zum Zeitpunkt seiner Eintragung bereits Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft vorgelegen sei. Hätte er von den Rückständen gewusst, so hätte er diese aufgrund der vorliegenden Illiquidität nicht bezahlen können, da der Gesellschaft keine Mittel mehr zur Verfügung gestanden seien. Gemäß § 54 Abs. 1 WAO hätten Vertreter insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden. Zum Zeitpunkt der Eintragung des Bf. als Geschäftsführer habe die Gesellschaft über keine Mittel mehr verfügt.
Im Vergleich zu der zitierten Entscheidung, wonach dem dortigen Geschäftsführer Geschäftsunterlagen zur Verfügung gestanden seien, habe der Bf. auf keine Buchhaltungs- und Geschäftsunterlagen zurückgreifen können.
Er könne auch nicht zur Haftung von Säumniszuschlägen herangezogen werden, da vor seiner Eintragung als Geschäftsführer Frau P-1 allein verantwortlich für die Abfuhr der Abgaben und allfälligen Rückstände gewesen sei und diese auch über die Rückstände Bescheid gewusst habe.
Hätte der Bf. vor der Antragstellung auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gleich hohe Zahlungen an alle Gläubiger geleistet, so hätten alle Gläubiger aufgrund der bestehenden Illiquidität der GmbH keine Zahlung erhalten (dürfen).
Aufgrund der bestehenden Abgabenrückstände hätte auch die Abgabenbehörde selbst einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen können und müssen, um die Verschlechterung ihrer selbst sowie der anderen Gläubiger zu verhindern. Die Abgabenbehörde habe im Gegensatz zum Bf. über die Höhe der Rückstände Bescheid gewusst.
Die MA 6 habe es im Haftungsbescheid unterlassen, festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Eintragung des Bf. bereits Zahlungsunfähigkeit bestanden habe und in der GmbH keine liquiden Mittel mehr vorhanden gewesen seien. Von der Zahlungsunfähigkeit sei jedenfalls auszugehen gewesen, da bereits am D-10 der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt worden sei, in welchem die Zahlungsunfähigkeit zugestanden worden sei.
Ebenso widerspreche der Haftungsbescheid der Zweckmäßigkeit und Billigkeit. Frau P-1 sei die einzige gewesen, die stets darüber Bescheid gewusst habe, wie viele Angestellte die GmbH aktuell beschäftigt habe und welche Kosten dadurch entstünden.
Bei Abstandnahme von der Haftung würde die Abgabenbehörde wie alle anderen Gläubiger im Insolvenzverfahren der Gesellschaft behandelt werden.
Unbillig wäre es im vorliegenden Fall jedenfalls, den Bf. als letzten Geschäftsführer zur Haftung heranzuziehen, welcher lediglich 8 Tage – vor der 60-tägigen Frist vor Insolvenzeröffnung – Zeit gehabt habe, um sich einen Überblick über die finanzielle Situation der GmbH zu verschaffen, anstatt die langjährige und allein operativ tätige Geschäftsführerin heranzuziehen, welche es während ihrer 10-jährigen alleinigen Tätigkeit verabsäumt habe, die Abgaben bzw. allfällige Rückstände zu begleichen bzw. zumindest Zahlungsvereinbarungen mit der Abgabenbehörde zu treffen, dies im Wissen, dass die Abgabenrückstände bestünden.
Beweis:
- bereits vorgelegte Urkunden
-noch vorzulegende Urkunden
- PV
- weitere Beweise ausdrücklich vorbehalten
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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies der Magistrat der Stadt Wien MA 6 die Beschwerde als unbegründet ab und stellte nach Zitierung der Bezug habenden gesetzlichen Bestimmungen fest, dass eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die erschwerte Einbringung der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringung Voraussetzungen der Haftung seien.
Dass die im Bescheid angeführten Abgabenforderungen tatsächlich bestünden, stehe nach der Aktenlage fest. Weiters stehe unbestritten fest, dass der Bf. zu dem in § 80 Abs. 1 BAO angeführten Personenkreis gehöre. Ferner werde nicht bestritten, dass die angeführten Abgabenrückstände bei der Gesellschaft erschwert einbringlich seien.
Es sei ferner Aufgabe des Vertreters nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei, weil nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfülle, die Gründe darzutun habe, aus denen ihm die Erfüllung nicht möglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden könne, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen sei.
Der Bf. habe in seiner Beschwerde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Eintragung im Firmenbuch als Geschäftsführer nachweislich am D-4 erfolgt wäre. Er wäre in dem angeführten Zeitraum nicht Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen und hätte zu keinerlei Unterlagen aus der laufenden bzw. bisherigen Buchhaltung Zugriff gehabt.
Dem werde Folgendes entgegengehalten:
Gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG werde die GmbH durch den Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Mit der Bestellung zum Geschäftsführer werde auch die Pflicht zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Vorschriften übernommen. Der Geschäftsführer habe insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die er verwalte, entrichtet würden.
Der Bf. habe in seiner Stellungnahme selbst angegeben, dass er im Rahmen der Generalversammlung vom D-1 zum Geschäftsführer bestellt worden sei.
Laut Verwaltungsgerichtshof habe sich ein Geschäftsführer bei Übernahme seiner Funktion auch darüber zu unterrichten, ob und in welchem Ausmaß die von ihm nunmehr vertretene Gesellschaft bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen sei, weil die Pflicht der GmbH zur Abgabenentrichtung erst mit deren Abstattung ende (, 0006, 0007). Daher hafte ein Geschäftsführer auch für Abgabenrückstände, die vor seiner Geschäftstätigkeit fällig geworden seien ().
Der Bf. behaupte nun, keinerlei Zugriff auf die laufende bzw. bisherige Buchhaltung gehabt zu haben. Die Behörde halte allerdings an der Meinung fest, dass es Aufgabe der beschwerdeführenden Partei gewesen wäre, sich – nach Vorlage des notariell beglaubigten Protokolls der Generalversammlung vom D-1 – nach seiner Bestellung als Geschäftsführer bei der zuständigen Abgabenbehörde über die Kommunalsteuerpflicht zu erkundigen (). Bis zur Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Primärschuldnerin sei dem Bf. dafür noch ein Zeitraum von mehr als sieben Monaten verblieben.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe zudem ein Geschäftsführer, der sich in der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Pflichten durch die Gesellschafter oder durch dritte Personen behindert sehe, entweder sofort im Rechtsweg die Möglichkeit, die ungehinderte Ausübung seiner Funktion zu erzwingen oder seine Funktion niederzulegen und als Geschäftsführer auszuscheiden (; ). Im gegenständlichen Fall hätte der Bf. unter anderem als Geschäftsführer innerhalb von zwei Monaten ab Annahme der Geschäftsführerfunktion ausscheiden können und den Rekurs in der Firmenbuchsache nicht anstreben dürfen.
Der Bf. habe mit Haftungsbescheid vom für einen Rückstand in Höhe von € 930,59 in Haftung gezogen werden sollen. Dieser Rückstand bestehe für den Zeitraum Jänner bis Juli 2017. Der Rückstand der Selbstbemessungsabgabe Kommunalsteuer sei am vom bevollmächtigten steuerlichen Vertreter in Form der Jahreserklärung für 2017 gemeldet worden, eine Nachschau habe ergeben, dass dieser bereits die Jahreserklärung für 2016 am übermittelt habe. Im Rahmen der gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben durch das Finanzamt sei die Kommunalsteuergrundlage 2017 laut Betriebssummenblatt erhoben und vom Masseverwalter für richtig befunden worden. Die Beträge stimmten mit der Jahreserklärung des steuerlichen Vertreters überein. Die Behörde gehe davon aus, dass im Jahr 2017 Löhne und Gehälter ausbezahlt worden seien, zumal laut Auskunft der Wiener Gebietskrankenkassa zehn Dienstnehmer gemeldet gewesen seien.
Ein weiteres Indiz, dass im Haftungszeitraum Geldflüsse erfolgt seien, sei die Angabe des Bf. in seiner Stellungnahme, dass das Unternehmen seit zumindest April 2017 keinerlei Geschäftstätigkeit mehr entfalte, womit er die Geschäftstätigkeit bis zumindest D-7 bestätigt habe. Darüber hinaus seien laut Auskunft der WGKK bis Juli 2017 Dienstnehmer gemeldet gewesen.
Nach dem Gleichheitsgrundsatz habe der Vertreter vorhandene Mittel zwar nicht in erster Linie zur Begleichung der Abgabenschulden zu verwenden, er dürfe allerdings auch nicht den Abgabengläubiger schlechter behandeln als andere Gläubiger, somit nicht andere Verbindlichkeiten vor den Abgabenschulden erfüllen. Seien zwar Geldmittel vorhanden, reichten sie aber nicht zur Deckung aller allfälligen Verbindlichkeiten aus, müssten – damit dem Gleichheitsgrundsatz entsprochen werde – alle Verbindlichkeiten anteilig im gleichen Verhältnis erfüllt werden (, 82/14/0070-0072).
Von einer anteiligen Begleichung könne nicht gesprochen werden, wenn zB die Löhne ausbezahlt und die Abgaben nicht entrichtet würden. Im gegenständlichen Fall sehe es die Behörde als obsolet an, dem Bf. eine monatliche Liquiditätsaufstellung abzuverlangen, da dieser wiederholt behauptet habe, dass es keine Aufzeichnungen über beschäftigte Mitarbeiter, Dienstnehmerforderungen, Dienstzettel, Lohnaufzeichnungen oder bekannte Konten der Gesellschaft gäbe, aus denen Zahlungen an Mitarbeiter oder sonstige Zahlungen abgeleitet werden könnten.
Nachdem der Bf. laut eigenen Angaben in der Generalversammlung vom D-1 zum Geschäftsführer bestellt worden sei und laut Judikatur ein Geschäftsführer auch für die Vorzeiträume hafte, hafte er laut Ansicht der Behörde für den Betrag in Höhe von € 930,59.
Der Bf. habe in seiner Beschwerde somit nicht den Nachweis erbracht, dass ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen sei. Die Pflichtverletzung des Bf. ergebe sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen. Er hätte Sorge tragen müssen, dass die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe für den Haftungszeitraum fristgerecht entrichtet würden, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen gewesen sei.
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Fristgerecht beantragte der Bf. mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und brachte ergänzend vor, dass der Magistrat immer wieder darauf verweise, dass die Abgaben aus den Mitteln, die der Geschäftsführer verwalte, zu entrichten seien.
Wie der Insolvenzdatei zu entnehmen sei, sei das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft am D-8 eröffnet und bereits am D-11 die Schließung des Unternehmens angeordnet worden. Die Gläubiger erhielten laut Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-12 lediglich eine Verteilungsquote von 0,0899%. Die im Verfahren festgestellten Verbindlichkeiten beliefen sich auf insgesamt € 642.976,86.
Allein aufgrund der raschen Schließung des Unternehmens und der Höhe der Verbindlichkeiten sei davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt der Eintragung des Bf. als Geschäftsführer im Firmenbuch keine liquiden Mittel mehr vorhanden gewesen seien.
Der Bf. habe bereits nachgewiesen, dass er erst mit D-4 als Geschäftsführer ins Firmenbuch eingetragen worden sei. Eine Bestellung allein nutze dem Geschäftsführer jedoch nichts, da er bei sämtlichen Behörden, Ämtern und Gläubigern keine Auskünfte über Daten und Zahlungsflüsse erhalte, bevor er nicht im Firmenbuch eingetragen sei.
Durch den abweisenden Beschluss des Firmenbuches sei zunächst auch unklar gewesen, ob die Bestellung zum Geschäftsführer rechtlich überhaupt wirksam geworden sei oder ob Hinderungsgründe entgegengestanden seien, weshalb der Bf. erst ab der tatsächlichen Eintragung am D-4 von einer wirksamen Bestellung als Geschäftsführer ausgehen und seine damit verbundenen Funktionen ausüben habe können.
Der Magistrat berufe sich bei seiner Abweisung der Beschwerde auch darauf, dass sich der Bf. nach seiner Bestellung als Geschäftsführer (sohin am D-4) bei der zuständigen Abgabenbehörde über die Kommunalsteuerpflicht zu erkundigen hätte. Dem widersprechend weise der Magistrat darauf hin, dass der Bf. sämtliche Gläubiger der Gesellschaft gleich zu behandeln und alle Verbindlichkeiten anteilig im gleichen Verhältnis zu erfüllen gehabt hätte.
Bei fehlenden liquiden Mitteln einer Gesellschaft ergebe sich bei einer anteiligen Verteilung auf sämtliche Gläubiger eine Quote von 0,00%. Im nunmehr abgeschlossenen Insolvenzverfahren habe sich eine minimal höhere Quote von 0,0899% aufgrund des vor Abschluss des Insolvenzverfahrens durchgeführten Verkaufs des verbliebenen Inventars der Gesellschaft ergeben. Im Falle einer Weiterführung des Unternehmens wäre es jedoch nicht zu einem Verkauf dieser Fahrnisse gekommen, sodass sich aufgrund der fehlenden liquiden Mittel wiederum eine Quote von 0,00% ergeben hätte.
Wie bereits mehrfach vorgebracht, habe der Bf. weder Zugriff auf Konten der Gesellschaft noch Unterlagen darüber gehabt, gegenüber welchen Gläubigern noch offene Forderungen bestanden hätten.
Hätte der Bf. bei der Abgabenbehörde bezüglich offener Forderungen nachgefragt – wobei fraglich sei, ob er vor der Eintragung im Firmenbuch überhaupt Auskünfte erhalten hätte -, so hätte er diese aufgrund der fehlenden liquiden Mittel nicht begleichen können und dürfen. Weitere Gläubiger seien dem Bf. aufgrund der fehlenden Buchhaltungsunterlagen zum Zeitpunkt der Eintragung als Geschäftsführer namentlich nicht bekannt gewesen. Abgesehen davon hätten auch deren Forderungen nicht beglichen werden können. Eine Nachfrage bei der Abgabenbehörde hätte sohin nichts an der Unmöglichkeit der Bezahlung allfälliger Abgabenschulden verändert.
Der Vorschlag des Magistrats, wonach der Bf. als Geschäftsführer hätte ausscheiden können bzw. keinen Rekurs an das Firmenbuchgericht hätte anstreben sollen, sei lebensfremd und wäre dieser Schritt auch den Gläubigern gegenüber nicht vertretbar gewesen.
Der Bf. sei bestrebt gewesen, das Unternehmen zu retten, da er aus den Anfangszeiten der Gesellschaft gewusst habe, dass eine Zusammenarbeit mit Reiseveranstaltern aus Korea bestanden und diese gewinnbringend funktioniert habe. Als er jedoch die buchhalterischen Missstände aufgedeckt habe, die Frau P-1 in den letzten Jahren, in denen sie Alleingeschäftsführerin gewesen sei, verursacht gehabt habe, und in Erfahrung habe bringen müssen, dass so gut wie keine Unterlagen vorhanden gewesen seien, habe er den Entschluss fassen müssen, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH zu stellen, um sämtliche Gläubiger – sohin auch die Abgabenbehörde – vor weiteren Ausfällen zu schützen.
Abgesehen davon sei der Bf. auch deshalb bestrebt gewesen, das Unternehmen zu retten, da er Mitgesellschafter der G-2 sei, welche wiederum Gesellschafterin der G-1 sei.
Die Dienstnehmer der gegenständlichen GmbH seien alle ausschließlich von Frau P-1 eingestellt und bei der WGKK an- bzw. abgemeldet worden. Nach der Eintragung des Bf. als Geschäftsführer sei das Unternehmen bereits geschlossen gewesen und habe er durch den Insolvenzverwalter erfahren, dass keine Dienstnehmer mehr bei der WGKK beschäftigt und angemeldet gewesen seien.
Entgegen der Behauptung des Magistrats, dass nicht bestritten worden wäre, dass die angeführten Abgabenrückstände bei der Gesellschaft erschwert einzubringen seien, habe der Bf. bereits in seiner Stellungnahme bekanntgegeben, dass zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Mittel der Gesellschaft zur Verfügung gestanden seien. Das teilweise vorhandene Warenlager habe sich insofern als nahezu unverkäuflich herausgestellt, da die im Geschäftslokal befindlichen Waren zu einem Großteil Kommissionswaren oder gefälschte – unverkäufliche – Markenwaren gewesen seien. Hierüber sei im Insolvenzverfahren auch ein Sachverständigengutachten erstellt worden.
Aufgrund der fehlenden Buchhaltungsunterlagen und Kooperation durch Frau P-1 hätten natürlich erschwerte Bedingungen bestanden, die der Einbringlichmachung der Abgabenrückstände entgegengestanden seien.
Aufgrund der Eintragung seiner Funktion als Geschäftsführer per D-4 und des bereits am D-10 gestellten Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Handelsgericht Wien sei der Bf. seinen Pflichten als Geschäftsführer der GmbH jedenfalls fristgerecht nachgekommen und sei ihm die Erfüllung von offenen Forderungen aufgrund der fehlenden liquiden Mittel der Gesellschaft unmöglich gewesen, da nicht zuletzt keine Buchhaltungsunterlagen des Unternehmens aufgefunden hätten werden können.
Abschließend verwies der Bf. nochmals ausdrücklich auf sein bisheriges Vorbringen und die bereits vorgelegten Urkunden.
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In Beantwortung des Schreibens des Bundesfinanzgerichtes an dem Magistrat der Stadt Wien MA 6 vom mit dem Ersuchen um Bekanntgabe, ob neben dem Bf. als tatsächlichem Vertreter der Gesellschaft auch die faktische Geschäftsführerin P-1 für die haftungsgegenständlichen Abgaben zur Haftung herangezogen worden sei, teilte die Behörde am mit, dass die frühere Geschäftsführer in den Rückstand für den Zeitraum 2014 bis Jänner 2017 aufgrund der Vorhalte zur Stellungnahme bezahlt habe. Aufgrund des Vorhaltes vom sei für Jänner 2017 ein Betrag von € 155,10 und aufgrund des Vorhaltes vom ein weiterer Betrag in Höhe von € 488,27, insgesamt daher € 643,37 überwiesen worden. Diese Zahlungen seien im Haftungsbescheid gegen den Bf. berücksichtigt worden.
Der Ordnung halber werde mitgeteilt, dass die MA 6 am eine Insolvenzquote in Höhe von 0,0899% bzw. € 1,29 im Rahmen des Konkursverfahrens der G-1 erhalten habe, welche im gegenständlichen Haftungsverfahren noch nicht habe berücksichtigt werden können, da das Konkursverfahren erst mit Beschluss vom D-13 aufgehoben worden sei.
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Mit Schreiben vom teilte der Magistrat der Stadt Wien mit, dass auch die Geschäftsführerin P-1 einen Haftungsbescheid vom erhalten habe.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter haften gemäß § 6a KommStG 1993 neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.
Die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter haften gemäß § 6a DGAG (Wiener Dienstgeberabgabegesetz) neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.
Persönliche Haftungen erstrecken sich gemäß § 7 Abs. 2 BAO auch auf Nebenansprüche im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2 BAO. Zu diesen Nebenansprüchen gehören gemäß § 3 Abs. 2 lit. d BAO insbesondere die Nebengebühren der Abgaben, wie die Stundungs- und Aussetzungszinsen, der Säumniszuschlag und die Kosten (Gebühren und Auslagenersätze) des Vollstreckungs- und Sicherungsverfahrens, worunter gemäß § 26 AbgEO insbesondere Pfändungsgebühren und die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen (somit auch Postgebühren) fallen.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Voraussetzung für eine Haftungsinanspruchnahme nach den §§ 6a KommStG und DGAG ist, dass die Abgaben bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, was insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorliegt.
Im gegenständlichen Fall wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der G-1 nicht nur am D-8 eröffnet, sondern m it Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-13 auch bereits nach Verteilung einer Quote von 0,0899% wieder aufgehoben, sodass sogar die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben in Höhe von 99,9101% feststeht.
Strittig ist, in welchem Zeitraum dem Bf. als Geschäftsführer der genannten Gesellschaft die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag, da er zwar im Rahmen der Generalversammlung vom D-1 nach Abberufung der früheren Geschäftsführerin P-1 als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung bestellt wurde, jedoch einwandte, erst aufgrund seines stattgegebenen Rekurses vom D-5 gegen den Beschluss des Firmenbuchgerichtes vom D-14 auf Zurückweisung seines Antrages vom D-15 am D-4 als Geschäftsführer eingetragen worden zu sein.
Dazu ist rechtlich festzustellen:
Die Gesellschaft muss gemäß § 15 Abs. 1 GmbHG einen oder mehrere Geschäftsführer haben. Zu Geschäftsführern können nur physische, handlungsfähige Personen bestellt werden. Die Bestellung erfolgt durch Beschluss der Gesellschafter. Werden Gesellschafter zu Geschäftsführern bestellt, so kann dies auch im Gesellschaftsvertrage geschehen, jedoch nur für die Dauer ihres Gesellschaftsverhältnisses.
Der Beschluss über die Bestellung des Geschäftsführers ist gemäß § 15a Abs. 3 GmbHG mit dessen Zustimmung sowie, sofern im Beschluss nichts anderes angeordnet ist, mit Zustellung an den Geschäftsführer wirksam.
Die jeweiligen Geschäftsführer und das Erlöschen oder eine Änderung ihrer Vertretungsbefugnis sind gemäß § 17 Abs. 1 GmbHG ohne Verzug zum Firmenbuch anzumelden.
Die Nichtigerklärung eines Beschlusses der Gesellschafter kann gemäß § 41 Abs. 1 GmbHG mittels Klage verlangt werden:
1. wenn der Beschluss nach diesem Gesetze oder dem Gesellschaftsvertrage als nicht zustande gekommen anzusehen ist;
2. wenn der Beschluss durch seinen Inhalt zwingende Vorschriften des Gesetzes verletzt oder, ohne dass bei der Beschlussfassung die Vorschriften über die Abänderung des Gesellschaftsvertrages eingehalten worden wären, mit letzterem in Widerspruch steht.
Klageberechtigt ist gemäß § 41 Abs. 2 GmbHG jeder Gesellschafter, der in der Versammlung der Gesellschafter erschienen ist und gegen den Beschluss Widerspruch zu Protokoll gegeben hat, sowie jeder nicht erschienene Gesellschafter, der zu der Versammlung unberechtigterweise nicht zugelassen oder durch Mängel in der Berufung der Versammlung am Erscheinen gehindert worden ist. Wurde ein Beschluss durch Abstimmung im schriftlichen Wege gefasst, so ist jeder Gesellschafter klageberechtigt, der seine Stimme gegen den Beschluss abgegeben hat oder bei dieser Abstimmung übergangen worden ist.
Aus dem Einwand des Bf., dass aufgrund der Zurückweisung des Antrages auf Eintragung des Bf. als Geschäftsführer der Gesellschaft durch das Firmenbuchgericht trotz Ergreifung des Rekurses die Rechtmäßigkeit seiner Bestellung und Durchsetzbarkeit der Eintragung als Geschäftsführer zunächst nicht gesichert gewesen sei, lässt sich nichts gewinnen, da er aufgrund der Gesetzeslage nach § 41 GmbH, wonach nicht satzungsgemäß zustande gekommene Beschlüsse lediglich im Klagswege und nur von in der Generalversammlung erschienenen oder unberechtigt nicht zugelassenen Gesellschaftern angefochten werden können, sowie der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes, dass ein Nichterreichen des erforderlichen Anwesenheits- oder Mehrheitsquorums einen bloßen Anfechtungsgrund darstellt, nicht jedoch die absolute Nichtigkeit des derart zustande gekommenen Beschlusses (), und ein bloß mit Klage nach § 41 GmbHG angefochtener Beschluss solange wirksam ist, bis er durch ein Urteil für nichtig erklärt wird (), davon ausgehen musste, dass der Umstand, dass an der Generalversammlung vom D-1, in der der Abberufungs- bzw. Bestellungsbeschluss gefasst wurde, trotz ordnungsgemäßer Einberufung unter Anführung der Abberufung der Geschäftsführerin P-1 und Bestellung des Bf. als Geschäftsführer der Gesellschaft als Tagesordnungspunkt die Gesellschafterin G-3 nicht teilgenommen hat, sodass das im Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft vorgesehene Präsenzquorum von zwei Drittel des Stammkapitals nicht erreicht wurde, weder zur Qualifikation dieser Beschlüsse als rechtlich unbeachtliche Scheinbeschlüsse im Sinne der Rechtsprechung noch als absolut nichtige Beschlüsse im Sinne der Lehre (Koppensteiner, GmbHG2 § 41 Rz 18; Kostner/Umfahrer, GmbH5 Rz 484) führten, da aufgrund des Nichterscheinens der Mehrheitsgesellschafterin trotz ordnungsgemäßer Ladung eine Anfechtung des Abberufungs- und Bestellungsbeschlusses gemäß § 41 Abs. 2 GmbHG nicht zulässig gewesen wäre.
Auch geht das Vorbringen der erst am D-4 erfolgten Eintragung des Bf. als Geschäftsführer der GmbH ins Leere, da die Eintragung der Änderung der Vertretungsbefugnis im Firmenbuch trotz der Pflicht zur umgehenden Anmeldung zum Firmenbuch gemäß § 17 Abs. 1 GmbHG lediglich deklarative Wirkung entfaltet. Die Bestellung, Abberufung und Änderung der Vertretungsbefugnis werden daher schon bei (korrekter) Beschlussfassung wirksam ().
Die Bestellung zum Geschäftsführer einer GmbH ist nach der Zustimmung des Geschäftsführers sofort wirksam; für die Wirksamkeit der Bestellung sind die Anmeldung des Geschäftsführers zum Firmenbuch und seine Eintragung nicht erforderlich. Die Eintragung im Firmenbuch hat nur deklarative Bedeutung, die Geschäftsführer sind bereits vor ihrer Eintragung im Rahmen des § 15 GmbHG zu Vertretungshandlungen für die Gesellschaft berechtigt ().
Entgegen der Rechtsansicht des Bf. wurde er daher nicht erst mit der tatsächlich am D-4 erfolgten Eintragung in das Firmenbuch rechtswirksam zum Geschäftsführer der GmbH bestellt, sondern bereits mit dem in der Generalversammlung vom D-1 mit sofortiger Wirkung gefassten Beschluss, da die ordnungsgemäße Bestellung zum Geschäftsführer einer GmbH sofort wirksam und von der in § 17 Abs. 1 GmbHG vorgeschriebenen Eintragung im Firmenbuch unabhängig ist ().
Dass der Bf. vom Vorliegen seiner Geschäftsführungsbefugnis ausgehen durfte und musste, ergibt sich auch daraus, dass umgekehrt die Eintragung eines Geschäftsführers im Firmenbuch aufgrund eines nicht ordnungsgemäß zustande gekommenen Beschlusses nicht mittels Rekurses angefochten werden kann, da die strittige Vorfrage, ob ein Gesellschafterbeschluss rechtswirksam zustande gekommen ist, nicht im Firmenbuchverfahren zu klären ist (), weshalb die Abberufung des Geschäftsführers und die Neubestellung einer anderen Person zum Geschäftsführer solange bestehen bleiben, bis der Generalversammlungsbeschluss allenfalls durch Urteil umgestoßen wird ().
Zu prüfen war nunmehr, ob in der Zeit vom D-1 (Beschlussfassung) bis zur Konkurseröffnung am D-8 eine schuldhafte Pflichtverletzung des Bf. vorlag.
Die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung haben gemäß § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtsgesetz über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.
Gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG wird die Gesellschaft durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten.
Der Rechtsansicht des Magistrates der Stadt Wien MA 6, dass er sich bei der zuständigen Abgabenbehörde über das Bestehen der Kommunalsteuerpflicht und darüber, ob und in welchem Ausmaß die von ihm vertretene GmbH bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen sei, informieren hätte müssen, war zwar zu folgen, da die Behörden ihm gegenüber aufgrund des in der Generalversammlung vom D-1 gefassten und notariell beglaubigten Beschlusses der mit sofortiger Wirkung erfolgten Bestellung des Bf. als Geschäftsführer der G-1 nach § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtsgesetz iVm § 18 Abs. 1 GmbHG ungeachtet der in rechtswidriger Weise vom Firmenbuchgericht zunächst verweigerten Eintragung grundsätzlich zur Auskunft verpflichtet gewesen wären.
Die lediglich deklarativ wirkende Eintragung im Firmenbuch dient zwar dem Schutz des guten Glaubens Dritter im geschäftlichen Verkehr (; ), ändert aber nichts an einer wirksam zustande gekommenen Bestellung eines Geschäftsführers im Falle einer korrekten Beschlussfassung (), weshalb der Bf. bereits vor seiner Eintragung im Rahmen des § 15 GmbHG zu Vertretungshandlungen für die Gesellschaft berechtigt war (), die auch dritte Personen ungeachtet der tatsächlichen Firmenbucheintragung bei entsprechender Nachweisung durch Vorlage des notariell beglaubigten Gesellschafterbeschlusses zu akzeptieren gehabt hätten.
Allerdings wäre es dem Magistrat faktisch nicht möglich gewesen, dem Bf. eine Auskunft über das Aushaften der haftungsgegenständlichen Abgaben zu geben, da diese überhaupt nicht festgesetzt, sondern erstmals im Haftungsbescheid vom geltend gemacht wurden und überdies die gemeinsame Prüfung der lohnabhängigen Abgaben erst nach der Konkurseröffnung vom D-8 vom Finanzamt Wien 1/23 am D-16 (Niederschrift) bzw. D-17 (Prüfungsbericht) durchgeführt wurde.
Aus diesem Grund ist auch die Begründung der Behörde, dass die Pflicht zur Abgabenentrichtung erst mit deren Abstattung ende, weshalb ein Geschäftsführer auch für Abgabenrückstände hafte, die vor seiner Geschäftstätigkeit fällig geworden seien, nicht zielführend.
Hingegen lässt sich aus dem Vorbringen des Bf., dass ihm die frühere, mit Beschluss vom D-1 abberufene Geschäftsführerin sowohl den Zutritt zu den Geschäftsräumlichkeiten als auch die Herausgabe sämtlicher Geschäftsunterlagen verweigert habe, nichts gewinnen, da ihm vorgeworfen werden muss, dass ein Geschäftsführer, der sich in der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Pflichten durch die Gesellschafter oder durch dritte Personen behindert sieht, die Möglichkeit hat, entweder sofort im Rechtsweg die ungehinderte Ausübung seiner Funktion zu erzwingen oder seine Funktion niederzulegen und als Geschäftsführer auszuscheiden ().
Dass für Beschreitung des Klageweges die zunächst fehlende, jedoch lediglich deklarativ wirkende, Eintragung im Firmenbuch aufgrund des notariell beglaubigten Gesellschafterbeschlusses vom D-1 kein Hindernis darstellt, wurde bereits bei der Auskunftspflicht der Behörden dargelegt.
Welcher Zeitraum zwischen Erkennen der Behinderung und Rücktritt haftungsrelevant ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (). Im Erkenntnis vom , 88/15/0089, 89/15/0038, hat der Verwaltungsgerichtshof eine Zurücklegung nach zwei Monaten als ausreichend beurteilt. Nach , schließt auch ein Zeitraum von nahezu drei Monaten zwischen der Bestellung zum Geschäftsführer einer GmbH und dessen Rücktritt wegen einer Behinderung in der Ausübung seiner Funktion eine Beurteilung als unverzüglich nicht von vornherein aus, weil die Verpflichtung zum Rücktritt erst durch die Erkennbarkeit der Behinderung und der Ergebnislosigkeit der Bemühungen, diese zu beseitigen, ausgelöst wird. Ein Zuwarten durch sechs Monate ist jedenfalls als zu lang anzusehen (; Ritz, BAO6, § 9 Tz 17).
Dem Einwand des Bf., dass die Wirksamkeit seiner Bestellung aufgrund der Zurückweisung des Antrages auf Eintragung im Firmenbuch nicht sicher gewesen sei, ist entgegenzuhalten, dass er in seinem Rekurs vom D-5 gegen den Beschluss des Firmenbuchgerichtes vom D-14 unter Anführung der ständigen Judikatur des OGH selbst darlegte, weshalb seine Bestellung wirksam war.
Da er seit seiner Bestellung vom D-1 bis zur Konkurseröffnung vom D-8 somit mehr als sieben Monate verstreichen ließ, ohne die vom VwGH geforderten Maßnahmen innerhalb eines maximalen Zeitraumes von drei Monaten zu ergreifen, verletzte der Bf., der weiterhin als Geschäftsführer „tätig“ blieb, obwohl er sich in seiner Pflichterfüllung behindert sah, auch seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Entrichtung der die GmbH treffenden Abgaben ().
Der Abgabenrückstand an Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe 01-07/2017 ergab sich aufgrund der Feststellungen einer GPLA, denen die vom steuerlichen Vertreter des Masseverwalters übermittelten Abgabenerklärungen sowie Anmeldungen von Dienstnehmern bei der WGKK zugrunde lagen. Die im Haftungsbescheid geltend gemachten Beträge wurden nicht bestritten.
Die Kommunalsteuer ist gemäß § 11 Abs. 2 KommStG 1993 vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monates (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten.
Der Abgabepflichtige hat gemäß § 6 Abs. 1 DGAG bis zum 15. Tag jedes Monates die im Vormonat entstandene Abgabenschuld zu entrichten.
Dazu wird festgestellt, dass die haftungsgegenständlichen Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben zwar erst im Haftungsbescheid vom geltend gemacht wurden, jedoch bereits vor Konkurseröffnung vom D-8 zu entrichten gewesen wären, da nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes maßgebend ist, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (). Maßgebend ist ausschließlich der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, somit unabhängig davon, ob und wann die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird (), diesfalls daher gemäß § 11 Abs. 2 KommStG und § 6 Abs. 1 DGAG am 15.2./15.3./18.4./15.5./16.6./17.7./.
Allerdings bestand die Haftung für die Säumniszuschläge nicht zu Recht, da diese erst nach der Konkurseröffnung, nämlich gemäß § 210 Abs. 1 BAO mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe des Haftungsbescheides vom , fällig wurden, weshalb daher eine Verpflichtung des Bf. zur Entrichtung nicht mehr bestehen konnte.
Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht ().
Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().
Aus dem Vorbringen des Bf., dass ohnehin kein Gläubiger eine Zahlung erhalten hätte, da die Gesellschaft illiquid gewesen sei, lässt sich nichts gewinnen, weil er mangels vorhandener Geschäftsunterlagen diese Aussage nicht nachzuweisen vermag. Er kann auch nicht dadurch exkulpiert werden, dass ihm die frühere Geschäftsführerin die Geschäftsunterlagen nicht aushändigte, da er seine Bestellung zum Geschäftsführer der GmbH annahm bzw. sogar selbst in die Wege leitete, ohne sich bereits im Vorfeld anhand der Geschäftsunterlagen einen Überblick über die wirtschaftliche Situation der von ihm daher praktisch blind übernommenen Gesellschaft zu machen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es jedoch Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).
Wird der Nachweis, dass keine liquiden Mittel vorhanden waren oder welcher Betrag aus vorhandenen Mitteln bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, vom Vertreter nicht erbracht, kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ().
Diese qualifizierte Mitwirkungspflicht des Vertreters entbindet die Behörde nicht von jeglicher Ermittlungspflicht. Eine solche Pflicht besteht etwa, wenn sich aus dem Akteninhalt deutliche Anhaltspunkte für das Fehlen der Mittel zur Abgabenentrichtung ergeben. Entspricht der Vertreter seiner Obliegenheit, das nötige an Behauptungen und Beweisanboten zu seiner Entlastung darzutun, so liegt es an der Behörde, erforderlichenfalls Präzisierungen und Beweise vom Vertreter abzufordern, jedenfalls aber konkrete Feststellungen über die von ihm angebotenen Entlastungsbehauptungen zu treffen ().
Im gegenständlichen Fall ergaben sich jedoch entgegen der Ansicht des Bf. nach der Aktenlage keine ausreichenden Anhaltspunkte für das Fehlen von liquiden Mitteln, da jedenfalls laut Betriebsprüfungsbericht vom noch bis (zumindest) Juni 2017 Umsätze getätigt wurden und laut den der Abgabenbehörde übermittelten Lohnzetteln bis zum Löhne an folgende Dienstnehmer ausbezahlt wurden:
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P-4 | 01.01. bis 31.01. |
P-5 | 01.01. bis 31.01. |
P-6 | 01.01. bis 30.04. |
P-7 | 01.01. bis 30.04. |
P-8 | 01.01. bis 30.04. |
P-9 | 27.03. bis 20.05. |
P-10 | 22.06. bis 12.07. |
P-11 | 01.01. bis 24.07. |
P-12 | 01.01. bis 24.07. |
P-13 | 18.04. bis 24.07. |
Was eine allfällige Gleichbehandlung der Gläubiger betrifft, so wäre dies vom Bf. zu behaupten und zu beweisen gewesen.
Das Vorbringen des Bf., dass sich das Fehlen von liquiden Mitteln daraus ableite, dass das Insolvenzverfahren lediglich eine minimale Quote von 0,0899% ergeben habe, geht ins Leere, da wie bereits ausgeführt der Gesamtzeitraum seiner Geschäftsführertätigkeit einer Betrachtung zu unterziehen war und überdies sogar für den Zeitraum zwischen seiner Eintragung im Firmenbuch vom D-4 und der Konkurseröffnung am D-8 keine Aussage über das Vorhandensein oder Fehlen von liquiden Mitteln getroffen werden kann.
Darüber hinaus vermag auch der Einwand des Bf., dass er ohnehin bereits 60 Tage vor der Insolvenzeröffnung keine Zahlungen mehr hätte leisten dürfen, ihn nicht zu exkulpieren, da damit das Gebot quotenmäßiger Befriedigung der offenen Forderungen insoweit nicht beachtet wurde, als keinem der Gesellschaftsgläubiger auch nur anteilig Zahlung geleistet wurde. Mit dieser Vorgangsweise wird nämlich die dem Abgabengläubiger gegenüber bestehende Pflicht zur zumindest anteiligen Tilgung der Abgabenforderungen ebenfalls verletzt ().
Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.
Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().
Zur Ausübung des Ermessens brachte der Bf. vor, dass der Haftungsbescheid der Zweckmäßigkeit und Billigkeit widerspreche, da die frühere Geschäftsführerin P-1 die einzige gewesen sei, die stets darüber Bescheid gewusst habe, wie viele Angestellte die G-1 aktuell beschäftigt habe und welche Kosten daraus entstehen würden.
Soweit Personen auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabepflichtigen und der in §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen, haben sie gemäß § 6a Abs. 2 KommStG 1993 diesen Einfluss dahingehend auszuüben, dass diese Pflichten erfüllt werden.
Die in Abs. 2 bezeichneten Personen haften gemäß § 6a Abs. 3 KommStG 1993 für die Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge ihrer Einflussnahme nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Soweit Personen auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabepflichtigen und der in §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen, haben sie gemäß § 6a Abs. 2 DGAG 1993 diesen Einfluss dahingehend auszuüben, dass diese Pflichten erfüllt werden.
Die in Abs. 2 bezeichneten Personen haften gemäß § 6a Abs. 3 DGAG für die Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge ihrer Einflussnahme nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung.
Die frühere Geschäftsführerin führte wie bereits ausgeführt auch nach ihrer Abberufung vom D-1 die Geschäfte der Gesellschaft bis (zumindest) Juni 2017 faktisch weiter und beschäftigte laut den der Abgabenbehörde übermittelten Lohnzetteln im Jahr 2017 bis Ende Juli laufend mehrere bereits namentlich dargelegte Dienstnehmer.
Daraus ergibt sich, dass P-1 für die haftungsgegenständlichen lohnabhängigen Abgaben gemäß den §§ 6a Abs. 2 und 3 KommStG und DGAG als faktische Geschäftsführerin im Zeitraum vom D-1 bis (zumindest) bzw. (längstens) D-4 ebenfalls zur Haftung herangezogen werden könnte und auch mit Haftungsbescheid vom herangezogen wurde.
Die Haftungen der rechtlichen Vertreter nach den §§ 6a Abs. 1 KommStG und DGAG und der auf die Pflichterfüllung der Abgabenpflichtigen Einfluss nehmenden faktischen Geschäftsführer nach den §§ 6a Abs. 2 und 3 KommStG und DGAG schließen einander nicht aus. Es liegt im Ermessen der Abgabenbehörde, welche dieser Haftungen vorrangig geltend gemacht wird.
Vom Bf. wurden keine Gründe vorgebracht, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Einschätzung bewirken hätten können.
Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf. als Haftungspflichtiger für die nachstehenden Abgabenschuldigkeiten der G-1 im Ausmaß von nunmehr € 911,52 zu Recht:
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Abgabe | Zeitraum | Betrag laut Haftungsbescheid | abzüglich 0,0899% |
Kommunalsteuer | 01-07/2017 | 692,91 | 692,29 |
Dienstgeberabgabe | 01-07/2017 | 219,43 | 219,23 |
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 6a KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993 § 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 15 Abs. 1 GmbHG, GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906 § 15a Abs. 3 GmbHG, GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906 § 17 Abs. 1 GmbHG, GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906 § 41 Abs. 1 GmbHG, GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906 § 41 Abs. 2 GmbHG, GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7400376.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at