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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.08.2019, RV/3101091/2016

Keine Gesellschaftsteuerpflicht für Verlustübernahme durch Gesellschafter vor dem Bilanzstichtag

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache der S, vertreten durch StB über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom zu Erfassungsnummer 1 betreffend Gesellschaftsteuer zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang und Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin reichte am eine Gesellschaftsteuererklärung gemäß § 10 Abs 1 Kapitalverkehrsteuergesetz beim Finanzamt ein. Darin gab sie an, freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft erzählten zu haben, die geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, und machte dafür einen Befreiungstatbestand geltend.

Mit Gesellschaftsteuerbescheid vom setzt das Finanzamt die Gesellschaftsteuer für Gesellschafterzuschüsse (01-02/2015 - Gemeinde A) vom in Höhe von EUR 3.000,- fest. In ihrer Beschwerde vom beantragte die Beschwerdeführerin die Festsetzung der Gesellschaftsteuer mit Null und gab an, dass in der Gesellschaftsteuererklärung Steuerbefreiung geltend gemacht worden sei. Der Zuschuss der Gemeinde A in Höhe von EUR 300.000,- sei zur Abdeckung des Verlustes 2014 gewährt worden. Die Zuschussgewährung sei vom Gemeinderat der Gemeinde A in der Sitzung des Gemeinderates vom beschlossen worden. Die Beschwerdeführerin habe somit vor dem Bilanzstichtag () einen klagbaren Anspruch auf Verlustübernahme erworben. Daher trete keine Erhöhung des Gesellschaftsvermögens ein.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab und begründete dies damit, dass zum Zeitpunkt der Gemeinderatssitzung, in der die Übernahme von EUR 300.000,- des Jahresverlustes der Beschwerdeführerin beschlossen worden sei, der Jahresverlust 2014 bereits bekannt gewesen sei und bestanden habe.

Die Beschwerdeführerin beantragte am die Verlängerung der Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages bis zum und beantragte am die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Sie ergänzte ihr Beschwerdevorbringen dahin, dass Verluste frühestens zum Abschlussstichtag eintreten könnten und dass bei laufendem Geschäftsbetrieb keinesfalls vor Ende des Geschäftsjahres die Höhe des Jahresergebnisses genau festgestellt, sondern bestenfalls geplant bzw. geschätzt werden könne. Der Gesellschafterin sei der Jahresverlust nicht bekannt gewesen. Es sei nur die Übernahme eines Betrages beschlossen worden, der aufgrund der voraussichtlichen Abschreibungen und der Tatsachen, dass der laufende Geschäftsbetrieb erst im letzten Quartal aufgenommen worden sei (Neueröffnung am ) und dass den Einnahmen in den ersten Monaten nach Eröffnung erfahrungsgemäß hohe Marketing-, Beratungs- und Personalkosten gegenüberstünden, für wahrscheinlich erachtet worden sei. Verwiesen werde auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () und des UFS ( GZ RV/0383-L/08). Die Regelungen der RL 96/335/EWG und die dazu ergangene EuGH-Rechtsprechung (, Waldrich Siegen Werkzeugmaschinen GmbH und , Rs C-492/10, Immobilien Linz GmbH & Co KG) seien dahin auszulegen, dass ein vor dem Bilanzstichtag erworbener Anspruch auf Verlustübernahme zu keiner Gesellschaftsteuerpflicht führe.

An entscheidungswesentlichem Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten, dass laut Niederschrift über die Sitzung des Gemeinderates von A am zu Punkt 4. der Tagesordnung einstimmig beschlossen wurde: "Die Gemeinde A als Gesellschafterin der [Beschwerdeführerin] verpflichtet sich durch diesen Gemeinderatsbeschluss zur Übernahme von EUR 300.000,- des Jahresverlustes 2014 der [Beschwerdeführerin]. Die Auszahlung des Betrages erfolgt im Jahr 2015."

Die Beschwerdeführerin ist eine im Firmenbuch zu FN 2 eingetragene GmbH. Ihre Gesellschafter sind die Gemeinde A zu 75 % und die Gemeinde B zu 25 %. Ihr Bilanzstichtag ist der 31.12. jeden Jahres.

Erwägungen

Gemäß § 2 Z 4 lit a des Kapitalverkehrsteuergesetzes idF BGBl Nr I 52/2009, zwischenzeitlich aufgehoben durch BGBl I Nr 13/2014,  (im folgenden: KVG) unterlagen der Gesellschaftsteuer unter anderem Zuschüsse eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft, wenn die Leistung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen. Bemessungsgrundlage war gemäß § 7 Abs 1 Z 2 KVG der Wert der Leistung.

Neben den Bestimmungen des Kapitalverkehrsteuergesetzes sind seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union am auch die Bestimmungen der Richtlinie des Rates vom betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital 69/335/EWG (in Folgenden kurz RL 69/335/EWG), neugefasst durch die Richtlinie des Rates vom betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von KapitaI 2008/7/EG (kurz RL 2008/7/EG - maßgeblich für die ab verwirklichten Vorgänge) unmittelbar anzuwenden.

Mit hat der EuGH in der Rs C-492/10, Immobilien Linz GmbH & Co. KG, in Auslegung von Art 4 Abs. 2 Buchstabe b der Richtlinie 69/335/EWG ausgesprochen, dass die Übernahme der Verluste einer Gesellschaft durch einen Gesellschafter in Erfüllung einer von ihm vor dem Eintritt dieser Verluste eingegangenen Verpflichtung, mit der nur die Abdeckung der Verluste sichergestellt werden soll, das Gesellschaftsvermögen nicht erhöht.

Ein Verlust einer Kapitalgesellschaft kann schon begrifflich erst mit der Feststellung ihres Jahresabschlusses eintreten. Gemäß § 4 Abs 1 EStG ist Gewinn (wobei dieser Begriff sowohl ein positives wie auch ein negatives Jahresergebnis umfasst; siehe Marschner in Jakom, EStG, 12.A., Rz 1 zu § 4) der durch doppelte Buchführung zu ermittelnde Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss vorangegangenen Wirtschaftsjahres.

Geht ein Gesellschafter eine Verpflichtung zur Übernahme von Verlusten gegenüber der Gesellschaft vor deren Eintritt ein, so erbringt er keine Leistung, durch die das Gesellschaftsvermögen erhöht würde ( mit Hinweis auf EuGH 28.30.1990, C-38/88, Slg 1990 I - 1447 ff Rn 12). Damit ist für jenen zeitlichen Bereich, auf den das Gemeinschaftsrecht in Ö anzuwenden ist, klargestellt, daß es für die Frage der Gesellschaftsteuerpflicht gem § 2 Z 2 KVG ua darauf ankommt, ob sich zufolge eines vor der Feststellung des Verlustes abgeschlossenen Ergebnisabführungsvertrages der Verlust auf den Umfang des Gesellschaftsvermögens gar nicht auswirkt oder ob der Gesellschafter die Verpflichtung zur Verlustabdeckung erst nach dem Zeitpunkt übernimmt, in dem die Gesellschaft ein Geschäftsjahr mit Verlust abgeschlossen hat ().

Auf Sachverhaltsebene steht fest, dass die Gemeinde A sich vor dem Bilanzstichtag der Beschwerdeführerin zur Übernahme "von EUR 300.000,- des Jahresverlustes 2014" verpflichtet hat. Es ist dabei nicht maßgeblich, ob die Verpflichtung zur Abdeckung des Verlustes zivilrechtlich einklagbar oder nach öffentlichem Recht begründet wurde (so auch zu einem vergleichbaren Sachverhalt).

Unter Berücksichtigung der Aussagen des EugH und des VwGH in den zitierten Erkenntnissen ist daher keine Erhöhung des Gesellschaftsvermögens und damit keine Erhöhung des Wertes der Gesellschafterrechte der zuschussgebenden Gemeinde eingetreten. Ein steuerbarer Tatbestand nach dem Kapitalverkehrsteuergesetz liegt nicht vor.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt schon deshalb nicht vor, da die anzuwendenden Normen mit außer Kraft getreten sind. Es ist unwahrscheinlich, dass noch über eine nennenswerte Anzahl vergleichbarer Fälle zu entscheiden sein wird ( mwN). Im übrigen folgt das Erkenntnis der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes. Die Revision war daher für nicht zulässig zu erklären.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 2 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.3101091.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at