Gebühr für Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht - Wirksamkeit der Verfahrenshilfe auch für den Vertreter der Verfahrenshilfe genießenden Partei
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7103440/2018-RS1 | Mit der Bewilligung der Verfahrenshilfe fällt rückwirkend die Gebührenpflicht für die Beschwerde auch für den Vertreter der gebührenbefreiten Partei weg. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache BF, ADR, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr.***** betreffend Gebühren und Gebührenerhöhung zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt und Verfahrensablauf
Am brachte die BF (die nunmehrige Beschwerdeführerin, kurz Bf.) in Vertretung des Herrn A B mittels Telefax beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom ein, mit dem gemäß Art 28 Abs. 1 und 2 Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft angeordnet wurde. Gleichzeitig mit der Beschwerde (im selben Telefax) wurde ein Antrag auf einstweilige Befreiung von "den Gerichtsgebühren und anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren" eingebracht.
Am übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (kurz Finanzamt) einen amtlichen Befund, wonach für die oben angeführte Beschwerde keine Beschwerdegebühr gem. § 2 Abs. 1 BVwG-EGebV iHv € 30,00 entrichtet worden sei.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom zur Gz. **** wurde dem Antrag des Herrn A B auf vorläufige Befreiung von "den Gerichtsgebühren und anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren" stattgegeben.
Mit Gebührenbescheid vom setzte das Finanzamt eine Gebühr iHv € 30,- und mit Bescheid über eine Gebührenerhöhung vom eine Gebührenerhöhung gem. § 9 Abs. 1 GebG iHv € 15,00 fest. Die Bescheide ergingen an die Bf. als Gebührenschuldnerin gem. § 13 Abs. 3 GebG.
Gegen diese Bescheide wurde am das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben. Zur Begründung wurde eingewandt, dass mit der Beschwerde auch ein Antrag auf Verfahrenshilfe eingebracht worden sei, dem mit Beschluss des BVwG vom , ****, stattgegeben worden sei. Somit habe die Gebührenschuld im Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht mehr bestanden.
Die Beschwerden wurden mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass sich die Bewilligung der von Herrn A B beantragten Verfahrenshilfe nicht auf die als Gesamtschuldnerin gemäß § 13 Abs. 3 GebG herangezogene Bf. erstrecke.
Am wurde ein Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerden durch das Bundesfinanzgericht gestellt. Darin wurde ergänzend auf die Kommentarmeinung von Twardosz hingewiesen, wonach der Parteienvertreter nicht Gebührenschuldner werden könne, wenn der Interessent nicht Gebührenschuldner wird (Twardosz, GebG-ON6.01 § 13 Rz 26). Nach Twardosz scheine eine derartige Interpretation auch mit der ratio legis im Einklang zu stehen, denn hätte der Interessent die Eingabe selbst eingebracht, wäre die Gebührenschuld ja auch nicht entstanden. Würde man die Rechtsauffassung der Behörde weiterdenken, wäre das Verfahrenshilfesystem (beispielsweise in höchstgerichtlichen Verfahren) immer zu Lasten der bestellten Verfahrenshelfer*innen. § 13 Abs. 3 GebG sei dem Grundtatbestand des Abs. 1 legt cit nachgeordnet und finde im konkreten Fall mangels Gebührenschuld des Interessenten keine Anwendung.
Darüber hinaus erweise sich die Bestimmung des § 13 Abs. 3 GebG an sich als unsachlich und daher verfassungswidrig. Eine sachliche Rechtfertigung sei dann nicht ersichtlich, wenn der Grund für das eingeführte Gesamtschuldverhältnis rechtlich nicht mehr existent sei. Twardosz führe mit Verweis auf Gaier aus, dass die Bestimmung des § 13 Abs. 3 GebG mit der Abschaffung der Stempelmarken ihren ursprünglichen Sinn verloren habe. Denn mit der Abschaffung der Stempelmarken sei die Entstehung der Gebührenschuld für Eingaben und Beilagen von der Überreichung der Eingabe auf den Zeitpunkt der Zustellung der das Verfahren in einer Instanz abschließenden Erledigung verlagert worden. Dann könne der Gebührenschuldner aber zweifelsfrei festgestellt werden, sodass es nicht notwendig sei, den Kreis der Gebührenschuldner zu erweitern. Nach der alten Rechtslage sei die Gebührenschuld noch im Zeitpunkt der Überreichung entstanden, sodass es sachlich gerechtfertigt erschien, denjenigen als Gebührenschuldner heranzuziehen, der „mit der Eingabe in der Hand“ in der Einlaufstelle der Behörde – wenn auch für einen anderen – tätig wurde.
Vorlage der Beschwerde ans BFG
Bei der am erfolgten Vorlage der Beschwerde ans BFG beantragte das FA die Abweisung der Beschwerde und gab noch eine Stellungnahme mit auszugsweise folgendem Inhalt ab:
"Nach § 13 Abs. 3 GebG wird ein abgabenrechtliches Gesamtschuldverhältnis normiert und dem Gesetz kann über eine Vorrangigkeit eines der in Betracht kommenden Abgabenschuldner nichts entnommen werden (, , 2001/16/0306, , 98/16/0137 und , 93/16/0018).
Herr B ist Gebührenschuldner gem. § 13 Abs. 1 Z 1 GebG, jedoch (laut Angaben der Bf.) aufgrund des Beschlusses des BVwG vom , ****, gem. § 64 Abs. 1 Z 1 ZPO (vorläufig) von Gebühren befreit. Die Gebühr ist daher von der Bf. als allein verbleibendem Gebührenschuldner zu entrichten, ein Ermessensspielraum liegt nicht vor (vgl. diesbezüglich den auch von der Bf. genannten Erlass des Bundesministeriums für Finanzen BMF-010206/0007/-VI/5/2010 - Bundessteuertagung Gebühren und Verkehrsteuern - Ergebnisse 2008).
Zum Vorbringen der Bf., die hier anzuwendende Gesetzesbestimmung sei verfassungswidrig, wird festgehalten, dass die Beurteilung einer allfälligen Verfassungswidrigkeit nicht der Abgabenbehörde obliegt. Die Abgabenbehörde hat die Gesetze zu vollziehen, die in Geltung sind. Solange eine Bestimmung nicht für verfassungswidrig erklärt wird, ist sie von dieser anzuwenden.
Im Übrigen wird auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen. Der Vollständigkeit halber wird auch auf das Erkenntnis des , verwiesen."
Rechtslage und Erwägungen
Rechtslage
Gemäß § 14 Tarifpost 6 (TP 6) des Gebührengesetzes 1957 (GebG) unterliegen Eingaben von Privatpersonen (natürlichen und juristischen Personen) an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen, einer festen Gebühr.
Gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z 1 GebG unterliegen der Eingabengebühr nicht die Eingaben an die Gerichte, wobei gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z 1 leg. cit. die Eingaben an die Verwaltungsgerichte der Länder, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesfinanzgericht von der Befreiung ausgenommen sind und der Bundesminister für Finanzen ermächtigt wird, für Eingaben einschließlich Beilagen u.a. an das Bundesverwaltungsgericht durch Verordnung Pauschalgebühren festzulegen, sowie den Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld und die Art der Entrichtung der Pauschalgebühren zu regeln.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Gebühr für Eingaben beim Bundesverwaltungsgericht sowie bei den Landesverwaltungsgerichten (BuLVwG-EGebV), BGBl. II Nr. 387/2014, sind Eingaben und Beilagen an das Bundesverwaltungsgericht oder ein Verwaltungsgericht eines Landes (u.a. Beschwerden) gebührenpflichtig, soweit nicht gesetzlich Gebührenfreiheit vorgesehen ist.
Die Gebührenschuld für die Eingaben und Beilagen entsteht gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung im Zeitpunkt der Einbringung der Eingabe, und mit dem Entstehen der Gebührenschuld wird die Gebühr fällig.
Gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung beträgt die Höhe der Pauschalgebühr für Beschwerden 30 EUR.
Zur Entrichtung von Stempelgebühren sind gemäß § 13 Abs.1 Z. 1 GebG verpflichtet:
bei Eingaben, deren Beilagen und die Eingaben vertretenden Protokollen sowie sonstigen gebührenpflichtigen Protokollen derjenige, in dessen Interesse die Eingabe eingebracht wird oder das Protokoll verfasst wird.
Trifft die Verpflichtung zur Entrichtung der Stempelgebühr zwei oder mehrere Personen, so sind sie gemäß § 13 Abs. 2 GebG zur ungeteilten Hand verpflichtet.
Gemäß § 13 Abs. 3 GebG ist mit den in Abs.1 genannten Personen zur Entrichtung der Stempelgebühr zur ungeteilten Hand verpflichtet, wer im Namen eines anderen eine Eingabe oder Beilage überreicht oder eine gebührenpflichtige amtliche Ausfertigung oder ein Protokoll oder eine Amtshandlung veranlasst.
Wird eine feste Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt, so ist gemäß § 9 Abs. 2 GebG eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 vH der verkürzten Gebühr zu erheben.
Seit enthält das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) auf Grund der Novellierung durch BGBl. I Nr. 24/2017 in § 8a VwGVG folgende Regelung über die Verfahrenshilfe:
"(1) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.
(2) Soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung – ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, zu beurteilen. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe schließt das Recht ein, dass der Partei ohne weiteres Begehren zur Abfassung und Einbringung der Beschwerde, des Vorlageantrags, des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder zur Vertretung bei der Verhandlung ein Rechtsanwalt beigegeben wird.
(3) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist schriftlich zu stellen. Er ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Für Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist der Antrag unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen.
(4) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe kann ab Erlassung des Bescheides bzw. ab dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, gestellt werden. Wird die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer Säumnisbeschwerde beantragt, kann dieser Antrag erst nach Ablauf der Entscheidungsfrist gestellt werden. Sobald eine Partei Säumnisbeschwerde erhoben hat, kann der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe auch von den anderen Parteien gestellt werden.
(5) In dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist die Rechtssache bestimmt zu bezeichnen, für die die Bewilligung der Verfahrenshilfe begehrt wird.
(6) Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und die Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Hat das Verwaltungsgericht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beschlossen, so hat es den Ausschuss der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu benachrichtigen, damit der Ausschuss einen Rechtsanwalt zum Vertreter bestelle. Dabei hat der Ausschuss Wünschen der Partei zur Auswahl der Person des Vertreters im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen.
(7) Hat die Partei innerhalb der Beschwerdefrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt, so beginnt für sie die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei zu laufen. Entsprechendes gilt für die Fristen, die sich auf die sonstigen in Abs. 2 genannten Anträge beziehen.
(8) Die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter erlischt mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten.
(9) In Verfahrenshilfesachen ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig.
(10) Der Aufwand ist von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen das Verwaltungsgericht in der Angelegenheit handelt."
Die Zivilprozessordnung (ZPO) enthält in den Bestimmungen der §§ 63 ff auszugsweise folgenden Regelungen über die Verfahrenshilfe:
"§ 63. (1) Verfahrenshilfe ist einer Partei so weit zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen als sie außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. ...
(2) Einer juristischen Person oder einem sonstigen parteifähigen Gebilde ist die Verfahrenshilfe zu bewilligen, wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von ihr (ihm) noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint; das gleiche gilt für ein behördlich bestelltes Organ oder einen gesetzlichen Vertreter, die für eine Vermögensmasse auftreten, wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder aus der Vermögensmasse noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können.
...
§ 64. (1) Die Verfahrenshilfe kann für einen bestimmten Rechtsstreit und ein nach Abschluß des Rechtsstreits eingeleitetes Vollstreckungsverfahren die folgenden Begünstigungen umfassen:
1. die einstweilige Befreiung von der Entrichtung
a) der Gerichtsgebühren und anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren;
...
f) der notwendigen Barauslagen, die von dem vom Gericht bestellten gesetzlichen Vertreter oder von dem der Partei beigegebenen Rechtsanwalt oder Vertreter gemacht worden sind;
diese umfassen jedenfalls auch notwendige Übersetzungs- und Dolmetschkosten; die unter den Buchstaben b bis e und die unter diesem Buchstaben genannten Kosten, Gebühren und Auslagen werden vorläufig aus Amtsgeldern berichtigt;
...
(2) Bei Bewilligung der Verfahrenshilfe ist auszusprechen, welche der im Abs. 1 aufgezählten Begünstigungen und welche zur Gänze oder zum Teil gewährt werden. ...
(3) Soweit die Verfahrenshilfe bewilligt wird, treten die Befreiungen und Rechte nach Abs. 1 mit dem Tag ein, an dem sie beantragt worden sind. Die Befreiungen nach Abs. 1 Z 1 Buchstaben b bis e können wirksam noch bis zur Entrichtung dieser Kosten und Gebühren beantragt werden. ...
(4) Den in Abs. 1 Z 1 lit. f genannten Vertretern ist auf Antrag ein angemessener Vorschuss auf die vorläufig zu leistenden notwendigen Barauslagen zu gewähren, wenn diese insgesamt den Betrag von 100 Euro voraussichtlich übersteigen.
§ 66. (1) In dem Antrag ist die Rechtssache bestimmt zu bezeichnen, für die die Verfahrenshilfe begehrt wird. ...
§ 70. Die im § 64 Abs. 1 Z 1 genannten Beträge, von deren Bestreitung die Partei einstweilen befreit ist, sowie die der Partei gemäß § 64 Abs. 1 Z 5 einstweilen ersetzten Reisekosten sind unmittelbar beim Gegner einzuheben, soweit diesem die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind oder er sie in einem Vergleich übernommen hat. Das Gericht hat auch dann, wenn die Partei zwar obsiegt, aber keinen Kostenersatz beansprucht, darüber zu entscheiden, ob und wieweit der Gegner zum Ersatz der im § 64 Abs. 1 Z 1 und Z 5 genannten Beträge verpflichtet ist. Ist der Gegner der Partei zum Kostenersatz verpflichtet, so ist bei der Kostenfestsetzung so vorzugehen, als wäre der Rechtsanwalt der Partei nicht vorläufig unentgeltlich beigegeben worden.
§ 71. (1) Die die Verfahrenshilfe genießende Partei ist mit Beschluß zur gänzlichen oder teilweisen Nachzahlung der Beträge zu verpflichten, von deren Berichtigung sie einstweilen befreit gewesen ist oder die ihr zur Bestreitung ihrer Reisekosten einstweilen aus Amtsgeldern ersetzt worden sind, und die noch nicht berichtigt sind, wie ebenso zur tarifmäßigen Entlohnung des ihr beigegebenen Rechtsanwalts, soweit und sobald sie ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts dazu imstande ist. Nach Ablauf von drei Jahren nach Abschluß des Verfahrens kann die Verpflichtung zur Nachzahlung nicht mehr auferlegt werden.
..."
Entstehen der Gebührenschuld
Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass es sich bei der von der Bf. für Herrn A B am eingebrachten Eingabe um eine Beschwerde iSd § 1 Abs. 1 BuLVwG-EGebV handelt.
Durch die Rechtsprechung des BFG (vgl. ) und des VwGH () ist auch bereits geklärt, dass es sich bei der Bf. nicht um eine Vereinigung handelt, die ausschließlich Humanitäts- oder Wohltätigkeitszwecke verfolgt, und ist der Schriftenverkehr der Bf. mit den öffentlichen Behörden und Ämtern daher nicht nach § 2 Z 3 GebG befreit.
Die auf Grund eines mit dem Bundesminister für Inneres bzw. dem Bundeskanzler geschlossenen Bestellungsvertrages gemäß § 48 BFA-VG mit der Besorgung von Rechtsberatungen betraute Bf. und mit Verfahrensanordnungen des BFA den Beschwerdeführern amtswegig zur Seite gestellte Rechtsberaterin hat die Beschwerden, wenn auch auf Wunsch der einzelnen Beschwerdeführer, im Rahmen ihrer Tätigkeit als bestellte Rechtsberaterin eingebracht und hat ungeachtet dessen, ob sie im Einzelfall gemäß § 52 BFA-VG in der jeweiligen Fassung zur wunschgemäßen Vertretung verpflichtet oder nicht verpflichtet werden konnte, damit Leistungen für den Bund erbracht. Dies begründet jedoch keine persönliche Befreiung der Bf. von den Gebühren nach dem Gebührengesetz. Gemäß § 2 Z 1 GebG sind zwar der Bund und die von ihm betriebenen Unternehmungen sowie öffentlich-rechtliche Fonds, deren Abgänge er zu decken verpflichtet ist, von den Gebühren befreit. Eine persönliche Befreiung von den Gebühren für Vertragspartner des Bundes besteht selbst dann nicht, wenn der Bund verpflichtet ist, diesem die Gebühren zu ersetzen (vgl. unter Hinweis auf ).
Die Befreiung von der Gebührenpflicht nach § 70 AslyG in der Stammfassung BGBl. I Nr. 100/2005 erfasst nicht die Eingabengebühr für Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht (vgl. und ). Erst nach der mit in Kraft getretenen Fassung BGBl. I Nr. 56/2018 gilt die Gebührenbefreiung des § 70 AsylG 2005 auch im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Die von der Bf. für Herrn A B eingebrachte Beschwerde unterliegt daher grundsätzlich der Pauschalgebühr iHv € 30,00. Gemäß § 1 Abs. 2 BuLVwG-EGebV ist die Gebührenschuld im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde am entstanden. Alleine die Einbringung eines Verfahrenshilfeantrages verhindert nicht das Entstehen der Gebührenschuld, da § 64 Abs. 3 ZPO auf die bewilligte, nicht auf die beantragte Verfahrenshilfe abstellt (vgl. ).
Rückwirkende Gebührenbefreiung durch Bewilligung der Verfahrenshilfe
Erst wenn die Verfahrenshilfe bewilligt wird, treten die Befreiungen und Rechte rückwirkend mit dem Tag ein, an dem sie beantragt worden sind (vgl. ).
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshof betreffend Gerichtsgebühren besteht bei der Entscheidung über die Befreiung von Gerichtsgebühren eine Bindung an die Entscheidung des Gerichtes über den entsprechenden Verfahrenshilfeantrag (vgl. ua. unter Hinweis auf Tschugguel/Pötscher, Die Gerichtsgebühren5, E 3 und 4 zu § 9 GGG).
Durch die sinngemäße Anwendbarkeit der Verfahrenshilfebestimmungen der ZPO ist die Rechtslage hier vergleichbar und besteht für die Abgabenbehörde (und auch für das Bundesfinanzgericht) in einem Verfahren betreffend Festsetzung der Gebühr ebenfalls eine Bindung an die Entscheidung des für das Verfahrenshilfeverfahren zuständigen Gerichtes (vgl. ua. ).
Im gegenständlichen Fall liegt unstrittig ein Beschluss des für das Verfahrenshilfeverfahren zuständigen Gerichtes (hier Bundesverwaltungsgericht) über die Bewilligung der Verfahrenshilfe vor. Mit Beschluss vom zur GZ **** gab das Bundesverwaltungsgericht dem Antrag des Herrn A B auf "vorläufige Befreiung von den Gerichtsgebühren und anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren" in der Rechtssache "Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremenenwesen und Asyl vom , Zl. 1147890707/171281395" statt. Gemäß § 8a VwGVG iVm § 64 Abs. 3 ZPO ist damit rückwirkend mit dem Tag der Einbringung des Verfahrenshilfeantrages die Gebührenbefreiung "vorläufig" eingetreten. Solange die Verfahrenshilfe nicht erloschen ist oder die Verfahrenshilfe entzogen wird (siehe dazu § 8a VwGVG iVm § 68 ZPO) oder die die Verfahrenshilfe genießende Partei zur Nachzahlung der Gebühren verpflichtet wird (siehe § 8a VwGVG iVm § 71 ZPO) ist die Partei des Beschwerdeverfahrens (hier: A B) nicht nach § 13 Abs. 1 GebG zur Entrichtung der Gebühr verpflichtet.
Wirkung der Bewilligung der Verfahrenshilfe auch für den Vertreter
Nach der Bestimmung des § 13 Abs. 3 GebG wird derjenige zum Gesamtschuldner "mit den im Abs. 1 der Gesetzesstelle genannten Personen", wer im Namen eines anderen eine Eingabe überreicht.
Bei der für eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu entrichtenden Gebühr handelt es sich nach dem klaren Wortlaut um eine Eingabengebühr nach § 14 TP 6 GebG. Damit sind eindeutig für diese Eingabengebühr nach § 14 TP 6 GebG grundsätzlich die anderen Bestimmungen des GebG, u.a. § 13 Abs. 3 leg. cit., anzuwenden (vgl. ).
Dem Gesetz kann über eine Vorrangigkeit eines der in Betracht kommenden Abgabenschuldner nichts entnommen werden (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I unter Hinweis auf , und vwGH , 2013/16/0101).
Zum Einwand der Verfassungswidrigkeit der Bestimmung des § 13 Abs. 3 GebG ist auf den Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1257/00 zu verweisen (vgl. dazu auch Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempelgebühren und Rechtsgebühren, Rz 16 zu § 13 GebG).
Mit dem unter Hinweis auf Twardosz, Kommentar zum Gebührengesetz6 (2015) § 13 Rz 23 erhobenen Einwand, dass die Bestimmung des § 13 Abs. 3 GebG mit der Abschaffung der Stempelmarken ihren ursprünglichen Sinn verloren haben dürfte, weil mit der Abschaffung der Stempelmarken die Entstehung der Gebührenschuld für Eingaben und Beilagen von der Überreichung der Eingabe auf den Zeitpunkt der Zustellung der das Verfahren in einer Instanz abschließenden Erledigung verlagert wurde, hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits im wie folgt auseinandergesetzt.
"Allerdings ist diese Verlagerung nicht ohne Ausnahmen geblieben und nennt das Schrifttum selbst einen Fall, in welchem die Gebührenschuld mit dem Überreichen der Eingabe entsteht (Ansuchen um Erteilung und Ausführung eines Aufenthaltstitels nach § 14 TP 8 Abs. 5 GebG - vgl. Twardosz, aaO, Rz 24). Auch nach der im Revisionsfall maßgebenden BuLVwG-EGebV entsteht die Gebührenschuld mit dem Einbringen der Eingabe (hier Beschwerde). Dergestalt erweist sich angesichts des klaren und unmissverständlichen Wortlauts des § 13 Abs. 3 GebG der vom Revisionswerber erhobene Vorwurf, das Bundesfinanzgericht agiere "mit seinen Ansichten fernab der Gesetzeslage und der herrschenden Lehre" als haltlos."
Mit dem vom Finanzamt im Vorlagebericht genannten Erlass des Bundesministers für Finanzen (Bundessteuertagung Gebühren und Verkehrsteuern – Ergebnisse 2008, BMF-010206/0007/-VI/5/2010), wonach ein Parteienvertreter, der für den gemäß § 2 GebG persönlich gebührenbefreiten Bund eine Eingabe überreicht, nach § 13 Abs 3 GebG alleiniger Gebührenschuldner sei, hat sich die Literatur kritisch auseinandergesetzt:
Fellner merkt dazu in Fellner, aaO, Rz 17b zu § 13 GebG unter Hinweis auf vS an, dass für den Fall, dass der Bund eine Eingabe an eine Behörde des Bundes überreicht, der Tatbestand des § 14 TP 6 GebG nicht erfüllt ist. Die an eine Organ einer Gebietskörperschaft gerichtete Eingabe muss nämlich von außen, also von einer Person eingebracht werden, die sich außerhalb der Entscheidungsbehörde befindet.
Nach Twardosz, aaO, Rz 26 zu § 13 GebG scheint diese Interpretation von § 13 Abs 3 aus folgendem Grund unrichtig zu sein (vgl auch Gaier in den Vorauflagen): Nach § 13 Abs 3 wird der Parteienvertreter mit dem Interessenten Gebührenschuldner und nicht neben dem Interessenten. Wenn also der Interessent (aus welchem Grunde auch immer) nicht Gebührenschuldner wird, kann es der Parteienvertreter auch nicht mit ihm werden. Diese Interpretation scheint mir auch mit der ratio legis im Einklang zu stehen, denn hätte der Interessent die Eingabe selbst eingebracht, wäre die Gebührenschuld ja auch nicht entstanden.
Auch wenn es nach der Judikatur des VwGH eine Reihenfolge der Gebührenschuldner nicht gibt, so spricht doch auch der VwGH davon, dass § 13 Abs. 3 GebG den Kreis der Gebührenschuldner über den Kreis der „Interessenten“ hinaus auf diejenigen, die im Namen eines anderen eine Eingabe oder Beilage überreichen oder eine gebührenpflichtige amtliche Ausfertigung oder ein Protokoll oder eine Amtshandlung veranlassen, "erweitert" (vgl ; , 98/16/0137; GebR Rz 182).
Auch der Wortlaut des § 13 Abs. 3 GebG, wonach "Mit den im Abs 1 genannten Personen" zur Entrichtung der Stempelgebühren zur ungeteilten Hand verpflichtet ist, spricht dafür, dass eine dem "Interessenten" zustehende Gebührenbefreiung auch für den Vertreter, der im Namen des "Interessenten" eine Eingabe überreicht, eine Wirkung entfaltet.
Der Bf. ist beizupflichten, dass die von der Abgabenbehörde vorgenommene Auslegung dem Sinn und Zweck der Verfahrenshilfe widerspricht. Nach § 8a Abs. 1 VwGVG ist einer "Partei" unter bestimmten Voraussetzungen Verfahrenshilfe zu bewilligen, der Vertreter der Partei ist hingegen nicht Adressat der Bestimmungen über die Verfahrenshilfe. Zieht man nun den Vertreter der Partei, der nur als "verlängerter Arm" der Partei tätig wird und daher seine Aufwendungen grundsätzlich der Partei in Rechnung stellen wird, als Gebührenschuldner heran, so wäre die Gebührenbefreiung für die Partei im Ergebnis wirkungslos.
Außerdem sind nach § 8a Abs. 2 VwGVG die Bestimmungen der ZPO sinngemäß anzuwenden. § 70 ZPO sieht für die im § 64 Abs. 1 Z. 1 genannten Beträge (dazu zählen die Gerichtsgebühren und anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren) eine Einhebung beim "Gegner" im Rahmen des Kostenersatzes vor. Daraus ist erkennbar, dass die für eine bestimmte Rechtssache einer Partei gewährten Verfahrenshilfe in einem Mehrparteienverfahren vor einem Verwaltungsgericht nicht den anderen – nicht gebührenbefreiten - Parteien zukommen soll (auch bei Einbringung einer gemeinschaftlichen Eingabe iSd § 7 GebG durch mehrere Personen, wird daher zB die nicht gebührenbefreite Person den vollen Betrag zu entrichten haben). In der ZPO findet sich jedoch keine Bestimmung, die eine Erstreckung der einer Partei auf Grund der bewilligten Verfahrenshilfe zustehenden Gebührenbefreiung auf deren Vertreter ausschließen würde. Das Bundesfinanzgericht ist daher auf Grund eines Umkehrschlusses und dem Sinn und Zweck der Verfahrenshilfe der Ansicht, dass mit der Bewilligung des Verfahrenshilfe rückwirkend die Gebührenpflicht für die Beschwerde auch für den Vertreter der gebührenbefreiten Partei weggefallen ist.
Der Beschwerde ist daher Folge zu geben und sind sowohl der Gebührenbescheid als auch der Bescheid über die Gebührenerhöhung aufzuheben..
Zur Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision wird zugelassen, da zur Frage, ob durch Bewilligung der Verfahrenshilfe auch für den Vertreter der Verfahrenshilfe genießenden Partei rückwirkend eine Gebührenbefreiung eintritt (oder dieser auf Grund der Bestimmung des § 13 Abs. 3 GebG alleiniger Gebührenschuldner ist), keine höchstgerichtliche Rechtsprechung existiert und der Frage somit grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 13 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 14 TP 6 Abs. 5 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 1 Abs. 1 BuLVwG-EGebV, BuLVwG-Eingabengebührverordnung, BGBl. II Nr. 387/2014 § 8a VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 § 64 Abs. 1 Z 1 ZPO, Zivilprozessordnung, RGBl. Nr. 113/1895 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103440.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at