Verlängerungsoption ist bei der Bemessung der Gebühr gemäß § 33 TP 5 GebG als Potestativbedingung anzusehen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf. , über die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde, Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ERFNR.xxx, betreffend Festsetzung der Gebühr gemäß § § 33 TP 5 Abs.1 Z 1 GebG 1957, erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Zwischen M, als Verpächterin, und der Bf, als Pächterin, ist ein Pachtvertrag abgeschlossen worden.Gegenstand des Pachtvertrages ist eine Geschäftsfläche von ca. 145,68 m² im Einkaufszentrum Y. in W.. Die Unterfertigung dieses Vertrages erfolgte durch die Bf. am und durch die Verpächterin am . In diesem Pachtvertrag wird die bestimmte Dauer von vier Jahren, beginnend vom Tag der Übergabe, festgeschrieben. Darüber hinaus wird der Pächterin das Recht eingeräumt, diesen Vertrag einmal um die bestimmte Dauer von fünf Jahren zu verlängern. Weiter wird vertraglich festgehalten, dass der Pachtzinns € 4.277,02 pro Monat inklusive Umsatzsteuer,(USt), beträgt, dass die Bf. Betriebs-und Nebenkosten idHv € 5,00 pro m² und Monat inklusive USt, eine Werbekostenpauschale idHv € 1,00 pro m² und Monat incl. USt, sowie Hausverwaltungskosten idHv € 0,40 pro m² und Monat incl. USt zu entrichten hat. Als einmalige Leistungen der Bf. wird das Ausmalen sowie die Leistung eines einmaligen Werbekostenbeitrages idHv des 1/2 Nettopachtzinses vereinbart. Festgehalten wird auch, dass eine Weitergabe des Pachtgegenstandes durch den Verkauf des Betriebes nur dann ohne Zustimmung der Verpächterin einmalig zulässig ist, sofern dieser neue Pächter zumindest die gleiche Bonität nach KSV-Rating wie die Pächterin aufweist, und die Verpächterin mindestens 14 Tage vor Beginn des Vertragsverhältnisses schriftlich davon informiert wird.
Mit Schreiben vom wurde dieser Pachtvertrag der belangten Behörde mit dem Ersuchen um Gebührenbemessung übermittelt. Darin wurde auf das umfassende Weitergaberecht der Bf.hingewiesen. Auf Grund der Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes , 99/16/0017; , 90/15/0034 sei der vorgelegte Bestandvertrag, als auf unbestimmte Dauer abgeschlossen, zu qualifizieren.
Die Finanzbehörde setzte in der Folge gegenüber der Bf. die Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs.1 Z 1 GebG 1957, mit dem, im Spruch dieses Erkenntnisses angeführten, Bescheid mit 9.198,89 € fest. Gemäß der vorstehend aufgezeigten Gesetzesbestimmung sei dies 1 % von der Bemessungsgrundlage von € 919.889,38 (gerundet gemäß § 204 BAO). Die Bemessungsgrundlage setze sich zusammen aus:
monatlicher Mindestpacht von € 4.227,02 x Dauer in Monaten (144) zzgl USt
Neben-, Werbe- u. Centermanagementkosten-Akonto von € 6,40 x 145,68 m² x vereinbarte Dauer in Monaten
Versicherungkosten iHv € 100,- (geschätzt gem § 184 BAO) x Dauer in Monaten
als einmalige Leistungen die Ausmalkosten von € 15,- je m² (geschätzt gem § 184 BAO) sowie der Werbekostenbeitrag von € 3.125,62 inkl. USt
Die Dauer setze sich zusammen aus der im Vertrag bestimmten Dauer von 7 Jahren sowie der Verlängerungsoption von 5 Jahren.
Der VwGH sei mit Erkenntnis , 2014/15/0072 (richtigerweise: 2014/16/0072), von der, von ihm im Erkenntnis vertretenen Rechtsansicht, dass durch die Ausübung eines Weitergaberechtes der Bestandnehmer den Pachtvertrag auflösen könne, abgewichen.
In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde brachte die Bf vor, dass die Dauer des Pachtvertrages auf 7 Jahre fixiert sei und es noch offen sei, ob die Option auf Verlängerung in Anspruch genommen werde.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Finanzbehörde die Beschwerde als unbegründet ab. Die verträglich eingeräumte Möglichkeit auf Vertragsverlängerung sei- nach Maßgabe der §§ 17 Abs.4, 28 GebG 1957- als für die Gebührenbemessung unbeachtliche Bedingung anzusehen. Für die Berechnung der Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs.1 Z 1 GebG 1957 sei somit die vertragliche vereinbarte Dauer sowie die Dauer der Verlängerungsmöglichkeit heranzuziehen gewesen.
Der Bf stellte daraufhin fristgerecht einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde (Vorlageantrag) durch das Bundesfinanzgericht.
Das Bundesfinanzgericht hat dazu erwogen:
Die auf den vorliegenden Fall anzuwendenden Bestimmungen des Gebührengesetzes 1957,(GebG 1957), lauten in ihrer verfahrensmaßgeblichen Fassung wie folgt:
"Auf die Entstehung der Gebührenschuld ist es ohne Einfluß, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt."
"Für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände gelten, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148, mit der Maßgabe, daß bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und daß bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des § 16 Abs. 3 des vorerwähnten Gesetzes ausgeschlossen ist. (BGBl. Nr. 7/1951, Art. I Z 7; BGBl. Nr. 116/1957, Z 2; BGBl. Nr. 148/1955, § 86 Abs. 2 und 3.)"
§ 33 TP 5 Abs 1 bis 3 GebG 1957:
"(1) Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert
im allgemeinen .......................................................................................1 vH;
beim Jagdpachtvertrag ............................................................................2 vH.
(2) Einmalige oder wiederkehrende Leistungen, die für die Überlassung des Gebrauches vereinbart werden, zählen auch dann zum Wert, wenn sie unter vertraglich bestimmten Voraussetzungen auf andere Leistungen angerechnet werden können.
(3) Bei unbestimmter Vertragsdauer sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht."
Erwägungen:
Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass der der VwGH im Erkenntnis vom , Ro 2014/16/0072 , betreffend Weitergaberecht einer Vertragspartei eines Pachtvertrages, folgendes festhält:
"Die lediglich in dem hg. Erkenntnis vom , 99/16/0017, vertretene Ansicht, durch Ausüben des Weitergaberechtes könne die Bestandnehmerin den Pachtvertrag auflösen, hält der Verwaltungsgerichtshof nicht aufrecht, wobei jene Entscheidung zur Rechtslage vor der Änderung des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG durch das AbgÄG 1998, BGBl. I Nr. 28/1999, erging und schon deshalb nicht die Entscheidung durch einen verstärkten Senat (§ 13 VwGG) erforderlich ist."
Sohin ist im zu beurteilenden Fall nicht davon auszugehen, dass die Bf., als Pächterin, den zu beurteilenden Vertrag durch die Ausübung des o.a. Weitergaberechtes einseitig vorzeitig aufzulösen vermag. Sohin kann vom Vorliegen eines Vertragsverhältnisses auf unbestimmte Dauer, wegen der Einräumung des o.a. Weitergaberechtes, keine Rede sein.
Im zu beurteilenden Fall ist strittig, ob - in gebührenrechtlicher Hinsicht - der vorliegende Pachtvertrag als auf 7 Jahre oder auf 12 Jahre abgeschlossen zu gelten hat.
Dazu ist festzustellen:
Laut Pachtvertrag liegt eine unbedingte Befristung auf 7 Jahre vor sowie die Option zur Verlängerung um weitere 5 Jahre. Laut diesem Vertrag löst die Ausübung der Option auf Vertragsverlängerung nicht den Abschluss eines neuen Vertrages , sondern bloß die Verlängerung der ursprünglich befristeten Vertragsdauer aus. Es bedarf dazu keiner neuerlichen Willenseinigung beider Vertragsparteien, sondern lediglich der einseitigen Willenskundgebung der optionsberechtigten Partei (= Bf.), ein inhaltlich vorausbestimmtes Schuldverhältnis in Gang zu setzen.
Der VwGH hat bereits im Erkenntnis vom , 37/67 betont, dass dem Gebührengesetz eine Unterscheidung zwischen einem bedingten und einem unvollständigen Rechtsgeschäft nicht bekannt ist, und dass in der Einräumung einer Option (=Potestativbedingung=Bedingung bei der der Eintritt der Bedingung vom Willen einer Partei abhängt) ein unter einer aufschiebenden Bedingung stehendes Rechtsgeschäft zu verstehen ist. In den Erkenntnissen vom , 93/16/0159 und vom 94/16/0237, die in Fällen der Verlängerungsoption ergangen sind, hat der VwGH ausdrücklich klargestellt, dass das Wesen der Option (= Gestaltungsrecht, wodurch einem Partner ermöglicht wird, ein inhaltlich vorausbestimmtes Vertragsverhältnis durch einseitige Erklärung in Geltung zu setzen) auch für die Verlängerungsoption gilt.
Eine Verlängerungsoption basiert auf einem bereits vorher abgeschlossenem Rechtsgeschäft. Das Gebührengesetz möchte Rechtsgeschäfte besteuern und ein solches liegt in Gestalt einer Option schon vor.
Gemäß § 17 Abs 4 GebG 1957 ist es für das Entstehen der Gebührenschuld ohne Einfluss, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt. Aufgrund des eindeutigen und klaren Gesetzeswortlauts ist daher die Bestimmung des § 17 Abs 4 GebG 1957 auf Verlängerungsoptionen ( hier: im Pachtvertrag im Voraus bestimmte Vertragsverlängerung und wird mit einseitiger Willenserklärung der Bf. in Geltung gesetzt) anzuwenden.
Bezogen auf den zu beurteilenden Fall bedeuten diese rechtlichen Ausführungen, dass -in gebührenrechtlicher Hinsicht- von einem auf zwölf Jahre abgeschlossenen Pachtvertrag auszugehen war, und dass daher von der belangten Behörde bei der Bemessung der Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs.1 Z 1 GebG 1957 der Wert der, vom Optionsrecht umfassten, Verlängerungszeit zu Recht mit einbezogen wurde.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Zulässigkeit der Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die ordentliche Revision ist im vorliegenden Fall unzulässig. Das Bundesfinanzgericht ist in rechtlicher Hinsicht der, in der Entscheidung dargestellten, Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, betreffend die gebührenrechtliche Bedeutung einer Verlängerungsoption ,gefolgt.
Aus den aufgezeigten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 17 Abs. 4 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 26 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 5 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 5 Abs. 2 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 5 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7104384.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at