Vorliegen von Kinderbetreuungskosten bei nahen Angehörigen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri über die Beschwerde vom des Beschwerdeführers Bf gegen den Bescheid des Finanzamtes betreffend Einkommensteuer 2011 vom zu Recht erkannt:
I)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II)
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gem. Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
1. Verfahrensgang
In der elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung 2011 vom wurden vom Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz BF) Kinderbetreuungskosten für seine beiden Kinder in Höhe von insgesamt € 2.551,99 geltend gemacht. Aufgrund eines Ergänzungsersuchens des Finanzamtes vom wurden vom BF vier Rechnungen von seiner Mutter in Höhe von insgesamt € 950,00 und fünf Rechnungen von Frau B in Höhe von insgesamt € 1.050,00 vorgelegt.
Mit dem Einkommensteuerbescheid 2011 vom wurden die Kinderbetreuungskosten vom Finanzamt nicht anerkannt, wobei in der Bescheidbegründung auf die Bescheidbegründung des Einkommensteuerbescheides für 2013 vom verwiesen wurde.
Mit Schreiben vom brachte der BF eine Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für 2011 ein, welche vom Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen wurde.
Mit Schreiben vom brachte der BF einen Vorlageantrag ein.
Mit Beschluss des Bundesfinanzgericht vom wurde der BF aufgefordert den Widerspruch in der Höhe der in der Einkommensteuererklärung beantragten Kosten für Kinderbetreuung für beide Kinder in Höhe von insgesamt € 2.551,99 und den Kinderbetreuungskosten laut vorgelegten Rechnungen in Höhe von € 2.000,00 aufzuklären bzw. die auf jedes Kind entfallenden Beträge detailliert aufzugliedern. Der BF wurde weiters aufgefordert, das Verhältnis zur Betreuungsperson B aufzuklären und hinsichtlich eines allfälligen Vorliegens eines Dienstverhältnisses mit den Betreuungspersonen Stellung zu nehmen.
Mit Schreiben vom wurde vom BF eine Aufstellung hinsichtlich der angefallenen Kinderbetreuungskosten übermittelt und zu den gestellten Fragen Stellung genommen.
Aufgrund des Erhebungsauftrages des Bundesfinanzgerichtes vom wurde Frau B vom Finanzamt am niederschriftlich als Zeugin einvernommen. Von Frau B wurde dabei im Wesentlichen angegeben, dass mit der Familie des BF zwar kein Angehörigenverhältnis, aber seit mehr als 15 Jahren eine sehr gute Freundschaft bestehe. Sie habe viel Zeit bei der Familie des BF verbracht und daher ein sehr gutes Verhältnis zur Tochter des BF gehabt. Hinsichtlich der durchgeführten Betreuungen habe es keine schriftliche Vereinbarung gegeben. Sie könne sich nicht erinnern, ob eine pauschale Vereinbarung über die Bezahlung oder ein Stundensatz vereinbart gewesen sei. Sie habe bei diversen Gegebenheiten vier oder fünf Mal auf die Tochter des BF über Nacht aufgepasst, an die genauen Daten könne sie sich aber nicht erinnern. Sie habe damals noch in Wien gewohnt. Die Betreuungszeiten bis 21.00 Uhr kämen ihr etwas spät vor, vielleicht habe aber der BF auch die Uhrzeiten auf den Rechnungen angegeben, an denen sie wieder in Wien gewesen sei. Geschlafen habe sie immer im Zimmer der Tochter auf einer Matratze. Die Rechnungen und Berechnungen seien vom BF erstellt worden. An die Beträge könne sie sich nicht genau erinnern, aber die Beträge auf den Rechnungen würden schon hinkommen. Sie habe es aber immer als großzügig empfunden. Die Beträge habe sie immer in bar bezahlt bekommen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
2. Sachverhalt
Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts basiert auf folgendem Sachverhalt, der in den Akten der Abgabenbehörde sowie des Gerichtes abgebildet bzw. im Rahmen der freien Beweiswürdigung vom Gericht festgestellt wurde.
Seitens des BF wurden in der Einkommensteuererklärung für 2011 Kinderbetreuungskosten für die am Datum 12.2008 geborene Tochter T in Höhe von € 2.136,49 und für den am Datum 04.2011 geborenen Sohn J in Höhe von € 415,50 geltend gemacht. Die Ehegattin des BF befand sich im Jahr 2011 im Mutterschutz bzw. in Karenz.
Aufgrund eines Ergänzungsersuchens des Finanzamtes vom wurden vom BF vier Rechnungen seiner Mutter (Frau S) in Höhe von insgesamt € 950,00 und fünf Rechnungen von Frau B in Höhe von insgesamt € 1.050,00 vorgelegt.
Laut diesen Rechnungen wurden folgende Betreuungen in Rechnung gestellt:
Betreuungsperson B:
von 09.00 Uhr bis 21.00 Uhr Pauschale € 180
von 09.00 Uhr bis 21.00 Uhr Pauschale € 180
von 09.00 Uhr bis 21.00 Uhr Pauschale € 180
von 09.00 Uhr bis 20.00 Uhr Pauschale € 80
von 09.00 Uhr bis 20.00 Uhr Pauschale € 80
Betreuungsperson S:
von 08.00 Uhr bis 22.00 Uhr
von 08.00 Uhr bis 19.00 Uhr
von 11.00 Uhr bis 18.00 Uhr
von 10.00 Uhr bis 00.00 Uhr
Daneben wurden laut den Rechnungen das Kilometergeld für die Wegstrecke laut Google Maps hin und retour sowie ein geringer Betrag für Versorgung vergütet. Die einfache Wegstrecke von ihrem Wohnort bis zum BF beträgt bei Frau B 78 Kilometer und bei Frau S 64 Kilometer. Wohnort von Frau B laut ausgestellten Rechnungen war G. Laut der Zeugenaussage von Frau B vom befand sich der Wohnort zum Zeitpunkt der durchgeführten Betreuungen jedoch in Wien.
Hinsichtlich der durchgeführten Ausbildungen wurden betreffend Frau B ein Zeugnis über die Diplomprüfung für das Lehramt an Hauptschulen vom und betreffend Frau S ein Befähigungszeugnis für Arbeitslehrerinnen aus dem Jahr 1971 vorgelegt.
Die gegenständlichen Rechnungen, sowohl von der Mutter des BF als auch von Frau B sind vom Schriftbild und vom Aufbau nahezu völlig ident, weisen etwa auch den gleichen Rechtschreibfehler „Aufwändungen“ statt „Aufwendungen“ auf und wurden vom BF erstellt.
Dass die Betreuungsverhältnisse nach außen gegenüber Dritten in Erscheinung getreten wären, ist für das Bundesfinanzgericht nicht feststellbar.
Dass dem BF im Jahr 2011 steuerlich beachtliche Aufwendungen für die Betreuung seiner beiden Kinder erwachsen sind, konnte durch das Bundesfinanzgericht nicht festgestellt werden.
3. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf die Angaben der BF sowie auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen des Finanzamtes und ist hinsichtlich des Vorliegens der geltend gemachten Kinderbetreuungskosten strittig.
Gem. § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht, wobei es genügt, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (Ritz, BAO6, § 167 Tz 8, mit Hinweisen auf die einschlägige Rechtsprechung).
Gemäß § 138 Abs 1 BAO haben die Abgabepflichtigen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anträge zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, genügt die Glaubhaftmachung.
Die Glaubhaftmachung hat den Nachweis der Wahrscheinlichkeit zum Gegenstand und unterliegt den Regeln der freien Beweiswürdigung. Ein Sachverhalt ist glaubhaft gemacht, wenn die Umstände des Einzelfalles dafür sprechen, der vermutete Sachverhalt habe von allen anderen denkbaren Möglichkeiten die größte Wahrscheinlichkeit für sich (Ritz, BAO6, § 138 Tz 5 sowie die dort angeführte Judikatur).
Bei ungewöhnlichen Verhältnissen, die nur der Abgabepflichtige aufklären kann, oder bei Behauptungen, die mit den Erfahrungen des täglichen Lebens in Widerspruch stehen, besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht (Ritz, BAO6, § 115 Tz 13).
Können Tatsachenfeststellungen nicht getroffen werden, trifft die Beweislast diejenige Seite, zu deren Gunsten die entsprechende Tatsache wirken würde: Die Abgabenbehörde hat damit die Beweislast für Tatsachen zu tragen, die den Abgabenanspruch begründen, der Abgabepflichtige für Tatsachen, die Begünstigungen, Steuerermäßigungen uä begründen bzw. die den Abgabenanspruch einschränken oder aufheben oder die gesetzliche Vermutung widerlegen [Doralt/Ruppe, Steuerrecht II3 (1996), 238].
Die Betreuung der Kinder des BF erfolgte im Streitjahr durch die Mutter des BF (= Großmutter der zu betreuenden Kinder) und durch Frau B.
Im gegenständlichen Fall erfolgte bei der Höhe der Kinderbetreuungskosten offenkundig eine Orientierung an der Veranlagungsgrenze des § 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 . Dies wurde vom BF auch im Schreiben vom bestätigt.
Die vom BF behaupteten Vereinbarungen mit seiner Mutter und mit Frau B entsprechen nicht den von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien für eine steuerliche Anerkennung von Vereinbarungen mit nahen Angehörigen.
Ein Interessengegensatz, wie er unter Fremden besteht, kann insbesondere bei Personen, die zueinander in einem besonderen persönlichen Naheverhältnis stehen, fehlen, also zB bei Angehörigen iSd § 25 BAO wie Ehegatte, Lebensgefährte und dessen Kinder (der ehemalige Lebensgefährte aber nur dann, wenn noch eine faktische Nahebeziehung besteht; s ), nahe Verwandte (zB Geschwister – ), Verschwägerte sowie Wahl- oder Pflegeeltern und -kinder, aber auch etwa bei Verlobten und eng Befreundeten ( ) oder Hausangestellten ( ).
Der VwGH hat ausgesprochen, es bedürfe einer fallbezogenen Prüfung, ob eine faktische Nahebeziehung bestehe, auf die sich die Beurteilung als naher Angehöriger gründen lasse. Eine bloße Bekanntschaft, mag sie auch schon "sehr lange" dauern, wird nicht ausreichen, um eine Person einem "nahen Angehörigen" gleichzuhalten. Was Freundschaften anlangt, so bedarf es der Prüfung im Einzelfall, ob sie so eng sind, dass dies zu Zweifeln an der betrieblichen Veranlassung geleisteter Zahlungen, auf die sich die von der belangten Behörde herangezogene Judikatur bezieht, Anlass gibt (; vgl. zu Grundlagen und Anwendungsbereich dieser die Beweiswürdigung betreffenden Rechtsprechung etwa Doralt/Toifl , EStG14, § 2 Tz 158 ff).
Zu Frau B besteht laut Schreiben des BF vom ein freundschaftliches Naheverhältnis. Dieser Umstand wird durch die Zeugenaussage von Frau B vom , wonach sie sehr gute Freunde seien und diese Freundschaft schon seit 15 Jahren bestehe, bestätigt. Nach Auffassung des Bundesfinanzgerichts ist alleine schon dadurch aber auch durch den Umstand, dass der BF und seine Ehegattin Frau B laut den vorgelegten Rechnungen ein zum Beginn der angegebenen Betreuungen gerade mal zwei Jahre altes Kind (die Tochter T wurde am Datum 12.2008 geboren) mehrmals über einen Zeitraum von nahezu zwei Tagen durchgehend zur Betreuung überlassen haben, davon auszugehen, dass auch Frau B zum Kreis der „nahen Angehörigen“ zu zählen ist.
Die Mutter des BF ist jedenfalls zum Kreis der nahen Angehörigen zu zählen.
Die notwendige Publizität setzt eine ausreichend deutliche Fixierung der wesentlichen Vertragsbestandteile sowie des Beweises des Abschlusses und der tatsächlichen Durchführung des Vertrages Dritten gegenüber voraus ( ). Schriftlichkeit des Vertrages ist zwar nicht unbedingt erforderlich, im Rahmen der Beweiswürdigung kommt aber der Schriftform besondere Bedeutung zu. Von besonderer Bedeutung ist die Publizität dann, wenn sich Zahlungen hinsichtlich ihrer Höhe an steuerlichen oder sozialversicherungsrechtlichen Bagatellgrenzen orientieren (vgl. Knechtl in Wiesner/Grabner/Wanke [Hrsg.], EStG § 4 Anm. 69).
Schriftliche Vereinbarungen zwischen dem BF und Frau B bzw. der Mutter des BF bestehen nicht. Die vermeintlichen Verträge mit den Kinderbetreuern wurden vor deren steuerlicher Geltendmachung Dritten gegenüber auch nicht offengelegt. Schon deswegen sind die Voraussetzungen zur steuerlichen Anerkennung nicht erfüllt.
Der BF konnte zudem den Widerspruch in der Höhe der angefallenen Betreuungskosten (in der Einkommensteuererklärung für 2011 geltend gemachte Betreuungskosten in Höhe von € 2.136,49 für die Tochter T und € 415,50 für den Sohn J, in Summe also € 2.551,99, bzw. vorgelegte Rechnungen über einen Betrag in Höhe von insgesamt nur € 2.000,00) nicht aufklären bzw. hat er im Schreiben vom den Widerspruch mit nicht mehr auffindbaren Belegen begründet.
Einem Fremdvergleich hält auch der Umstand nicht stand, dass die Rechnungen vom BF selbst verfasst (siehe Stellungnahme des BF vom ) und diese seitens der Betreuungspersonen offensichtlich nur abgezeichnet wurden. Auch die Ermittlung der Rechnungsbeträge wurde nach der Zeugenaussage von Frau B vom BF vorgenommen. Bei der Erstellung dieser Rechnungen betreffend Frau B ist dem BF insofern ein Fehler unterlaufen, als er für die Ermittlung des Kilometergeldes die Wegstrecke zur Adresse von Frau B in G herangezogen hat, diese aber laut ihren Angaben in der Zeugenaussage vom zum Zeitpunkt der durchgeführten Betreuungen noch in Wien gewohnt habe.
Weiters stellen sich die vorgelegten Rechnungen hinsichtlich der Betreuungszeiten als nicht glaubwürdig dar, wie etwa bei den B zuordenbaren Rechnungen „1“ bis „3“ mit pauschalen Betreuungszeiten von 09.00 Uhr am ersten Tag bis 21.00 Uhr am zweiten Tag bei einem – wie vorhin bereits angeführt – zum Zeitpunkt der „durchgeführten“ Betreuungen gerade mal zwei Jahre alten Kind oder wenn etwa bei der Mutter des BF eine Betreuung am Silvestertag 2011 bis 00.00 Uhr angegeben wird. Dies auch vor dem Umstand, dass sich die Ehegattin des BF im Jahr 2011 ab 03.02. des Jahres im Mutterschutz bzw. in Karenz und somit zu Hause befunden hat.
Überdies ist dem Finanzamt zuzustimmen, dass es der Lebenserfahrung widerspricht, dass Großeltern ihre Enkelkinder gegen Entgelt betreuen. Vielmehr erfolgt die Betreuung der Enkelkinder durch ihre Großeltern üblicherweise im Rahmen der familienhaften Unterstützung unentgeltlich.
Auch sind die in den vorgelegten Aufstellungen angegebenen Betreuungen – vor allem bei B – hinsichtlich des Betreuungsausmaßes beispielsweise von typischen (vierstündigen, entgeltlich angebotenen) Vormittagsbetreuungen, wodurch sich ein wöchentliches Betreuungsausmaß von 20 Stunden bzw. ein monatliches von 80 oder mehr Stunden ergibt, weit entfernt.
Es kann somit von einem „eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt“ der Vereinbarungen keine Rede sein. In Hinblick darauf, dass Beziehungen zwischen nahen Angehörigen auch familienhafter Natur sein können, muss eine klare und eindeutige Abgrenzung einer auf einem wirtschaftlichen Gehalt beruhenden Beziehung von einer familienhaften vorliegen, wobei unklare Vereinbarungen zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen (vgl. Knechtl in Wiesner/Grabner/Wanke [Hrsg.], EStG § 4 Anm. 70). Zur Aufklärung einer unklaren Vertragsgestaltung hat somit derjenige beizutragen, der sich darauf beruft ( ). Die bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen geforderte Publizität setzt eine ausreichend deutliche Fixierung der wesentlichen Vertragsbestandteile sowie des Beweises des Abschlusses und der tatsächlichen Durchführung des Vertrages Dritten gegenüber voraus (vgl. Wiesner/Grabner/Wanke [Hrsg.], MSA EStG 11. GL § 4 Anm. 66 f.).
Letztlich fehlt es im gegenständlichen Fall an einer Fremdüblichkeit. Dass entgeltliche Tätigkeiten in Abstimmung mit anderen jeweils bis zum Erreichen der Veranlagungsgrenze ausgeübt werden, ist nicht fremdüblich.
Helfen Familienmitglieder bei anderen Familienangehörigen aus, tun sie dies häufig in ihrer Freizeit und nicht aus rechtlicher Verpflichtung, sondern aus familiärer Solidarität. Entschließt sich der von der Familie unterstützte Steuerpflichtige, seinen Angehörigen als Ausgleich für gelebte familiäre Solidarität etwas zukommen zu lassen, entspringt eine solche Unterstützung zumeist nicht einer rechtlichen Verpflichtung, sondern Beweggründen wie Dankbarkeit und Anstand (). Üblicherweise helfen nahe Angehörige, ohne dass diese hierfür ein Entgelt verlangen. Sollte ausnahmsweise ein entgeltliches Rechtsverhältnis einer Kinderbetreuung durch nahe Angehörige vorliegen, müsste dieses in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise so gestaltet sein wie auch ein fremder Dritter entgeltlich tätig geworden wäre.
Das Bundesfinanzgericht vermag daher nicht festzustellen, dass die Kinder des BF im Beschwerdezeitraum 2011 durch die Mutter des BF und durch Frau B, die auch zu den nahen Angehörigen zu zählen ist, entgeltlich in einer Weise betreut wurden, die den Kriterien zur steuerlichen Anerkennung von vertraglichen Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen entspricht. Steuerlich anzuerkennende Aufwendungen für Kinderbetreuung waren daher im Beschwerdezeitraum nicht gegeben.
Auch wenn Frau B nicht unter den Kreis der nahen Angehörigen fallen würde, war aus den vorhin genannten Gründen (Widerspruch in der Höhe der angefallenen Aufwendungen, Erstellung der Rechnungen und auch der zugrundeliegenden Berechnungen durch den BF, völlig untypische Betreuungszeiten) für das Bundesfinanzgericht nicht glaubwürdig und damit auch nicht feststellbar, dass für den BF Frau B betreffend steuerlich anzuerkennende Aufwendungen für Kinderbetreuung entstanden sind.
4. Rechtsgrundlagen, rechtliche Würdigung
Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 279 Abs. 1 BAO).
Gemäß § 34 Abs. 9 EStG 1988 gelten Aufwendungen für die Betreuung von Kindern bis höchstens 2 300 Euro pro Kind und Kalenderjahr unter folgenden Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastung:
Die Betreuung betrifft ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 oder ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 2.
Das Kind hat zu Beginn des Kalenderjahres das zehnte Lebensjahr oder, im Falle des Bezuges erhöhter Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 für das Kind, das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet. Aufwendungen für die Betreuung können nur insoweit abgezogen werden, als sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
Die Betreuung erfolgt in einer öffentlichen institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung oder in einer privaten institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung, die den landesgesetzlichen Vorschriften über Kinderbetreuungseinrichtungen entspricht, oder durch eine pädagogisch qualifizierte Person, ausgenommen haushaltszugehörige Angehörige.
Der Steuerpflichtige gibt in der Einkommensteuererklärung die Betreuungskosten unter Zuordnung zu der Versicherungsnummer (§ 31 ASVG) oder der Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte (§ 31a ASVG) des Kindes an.
Steuerfreie Zuschüsse, die gemäß § 3 Abs. 1 Z 13 lit. b von Arbeitgebern geleistet werden, kürzen den Höchstbetrag von 2 300 Euro pro Kind und Kalenderjahr nicht. Soweit Betreuungskosten durch Zuschüsse gemäß § 3 Abs. 1 Z 13 lit. b EStG 1988 abgedeckt sind, steht dem Steuerpflichtigen keine außergewöhnliche Belastung zu.
Gemäß § 34 Abs. 6 EStG 1988 können die Aufwendungen für die Kinderbetreuung im Sinne des Abs 9 leg cit ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden.
Losgelöst von der Frage, ob die Anspruchsvoraussetzungen des § 34 Abs. 9 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung für die steuerliche Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten erfüllt sind, ist zu klären, ob die zwischen dem BF und seiner Mutter bzw. zwischen dem BF und Frau B vereinbarten Betreuungsverhältnisse überhaupt die an Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen anzulegenden steuerlichen Erfordernisse erfüllen.
Es ist festzuhalten, dass das bei Angehörigen regelmäßige Fehlen eines zwischen Fremden üblicherweise bestehenden Interessensgegensatzes zum Anlass genommen werden könnte, durch rechtliche Gestaltungen steuerliche Folgen abweichend von den wirtschaftlichen Gegebenheiten herbeizuführen. Verträge zwischen nahen Angehörigen werden daher - selbst bei zivilrechtlicher Gültigkeit - für den Bereich des Steuerrechts nur dann anerkannt, wenn sie
• nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen (Publizitätswirkung),
• einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben, und
• zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (Fremdvergleich).
Die Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Die Kriterien entsprechen der ständigen Rechtsprechung (vgl. Doralt/Toifl, EStG 14, § 2 Tz 160, mwN).
Nahe Angehörige sind vor allem jene des § 25 BAO, aber auch sonstige Personen, zu denen besondere persönliche Beziehungen bestehen. Als "nahe Angehörige", für welche diese Grundsätze anzuwenden sind, gelten auch Personen, die untereinander in einem besonderen persönlichen Naheverhältnis stehen (vgl. ).
Bei den Kinderbetreuungskosten nach § 34 Abs. 9 EStG 1988 sind auch an Angehörige geleistete Aufwendungen abzugsfähig, wenn der Angehörige in einem anderen Haushalt lebt, pädagogisch im Sinne des Gesetzes qualifiziert ist und er - anders als üblicherweise bei einer Kinderbetreuung durch nahe Angehörige - hierfür ein Entgelt erhält.
Da – wie vorhin zur Beweiswürdigung ausgeführt – die vermeintlichen Verträge des BF mit den Betreuungspersonen nicht den zur steuerlichen Anerkennung von Verträgen zwischen einander Nahestehenden aufgestellten Kriterien entsprechen und daher nicht festgestellt werden konnte, dass dem BF steuerlich anzuerkennende Aufwendungen für Kinderbetreuung im Jahr 2011 erwachsen sind, sind die geltend gemachten Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
Die Beschwerde war deshalb als unbegründet abzuweisen.
4.1. Revision
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG).
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).
Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).
Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch Rechtsprechung ausreichend geklärt (siehe oben) bzw. wurden sie in der Literatur einhellig beantwortet. Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 138 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 25 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 34 Abs. 9 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103369.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at