Geschäftsführerhaftung, Einwand der Mittel von dritter Seite nicht nachgewiesen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Anschrift, vertreten durch Bernhart Steuerberatungs GmbH, Alser Straße 23/27, 1080 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Baden Mödling vom , Steuernummer N-1, betreffend Haftung für Abgabenschulden der G-1 gemäß § 9 BAO zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
In Beantwortung des Haftungsvorhaltes vom gab der Beschwerdeführer (Bf.) mit Schreiben vom bekannt, dass der G-1 keine eigenen Mittel zur Verfügung gestanden seien, um die Abgaben oder andere Verbindlichkeiten zu begleichen. Es seien ausschließlich Mittel von dritter Seite herangezogen worden, um Bargeschäfte abwickeln zu können. Er verweise dazu auf die bei der Umsatzsteuernachschau zur Verfügung gestellten Unterlagen. Da es ihm nicht möglich gewesen sei, die Abgabenschulden und andere Verbindlichkeiten mit den Mitteln der Gesellschaft zu entrichten, liege kein Verschulden seinerseits an der Nichtentrichtung der Abgabenschulden vor.
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Mit Bescheid vom wurde der Bf. gemäß § 9 Abs. 1 BAO iVm § 80 BAO als ehemaliger Geschäftsführer der G-1 für nachstehende Abgaben in der Höhe von € 7.027,04 zur Haftung herangezogen:
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Abgabe | Zeitraum | Betrag | Fälligkeit |
Umsatzsteuer | 10-12/2012 | 89,07 | |
Umsatzsteuer | 2012 | 5.000,00 | |
Lohnsteuer | 03/2013 | 18,71 | |
Dienstgeberbeitrag | 03/2013 | 115,92 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 03/2013 | 10,30 | |
Lohnsteuer | 04/2013 | 13,55 | |
Dienstgeberbeitrag | 04/2013 | 7,03 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 04/2013 | 0,63 | |
Lohnsteuer | 05/2013 | 20,57 | |
Dienstgeberbeitrag | 05/2013 | 5,25 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 05/2013 | 0,47 | |
Lohnsteuer | 06/2013 | 48,20 | |
Dienstgeberbeitrag | 06/2013 | 160,88 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 06/2013 | 14,30 | |
Lohnsteuer | 07/2013 | 20,57 | |
Dienstgeberbeitrag | 07/2013 | 81,53 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 07/2013 | 7,25 | |
Lohnsteuer | 08/2013 | 20,57 | |
Dienstgeberbeitrag | 08/2013 | 8,06 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 08/2013 | 0,72 | |
Lohnsteuer | 09/2013 | 34,52 | |
Umsatzsteuer | 2013 | 1.348,94 |
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO hafteten die in § 80 Abs. 1 BAO erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht hätten eingebracht werden können.
Gemäß § 1298 ABGB obliege dem, der vorgebe, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung ohne sein Verschulden gehindert gewesen sei, der Beweis.
Aus dem Zusammenhalt dieser Bestimmungen ergebe sich, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet habe, für diese Abgaben hafte, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden könnten und er nicht beweise, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht hätten entrichtet werden können.
Der Bf. sei unbestritten Geschäftsführer der Gesellschaft, also einer juristischer Person, und daher gemäß § 18 GmbHG zu deren Vertretung berufen gewesen. Er sei somit auch verpflichtet gewesen, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.
Hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung für ausstehende Lohnsteuer sei festzuhalten, dass gemäß § 78 Abs. 1 EStG der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten habe. Es wäre die Pflicht des Bf. gewesen, für eine zeitgerechte Lohnsteuerabfuhr Sorge zu tragen. Er hingegen habe die fälligen Lohnsteuerbeträge dem Finanzamt zwar gemeldet, jedoch nicht beglichen.
Es werde in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass der Arbeitgeber gemäß § 78 Abs. 3 EStG für den Fall, dass die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichten, verpflichtet sei, die Lohnsteuer von dem tatsächlichen zur Auszahlung gelangenden, niedrigeren Betrag zu berechnen, einzubehalten und abzuführen. In der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung sei jedenfalls ein schuldhaftes Verhalten zu erblicken (vgl. ).
Bei erwiesenen Lohnauszahlungen bestehe für den Geschäftsführer unter Hinweis auf die zitierte Gesetzesstelle und die §§ 41 und 43 FLAG sowie aufgrund der Tatsache, dass dieser durch die handelsrechtlich verankerte Sekundärhaftung Arbeitgeberfunktion ausübe, die Verpflichtung zur Entrichtung aller anfallenden Lohnabgaben (Dienstgeberbeitrag). Dies gelte auch für den gemäß § 57 Handelskammergesetz zu bemessenden Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag.
Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Umsatzsteuer sei Folgendes festzuhalten:
Gemäß § 21 Abs. 1 UStG habe der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 UStG und des § 16 UStG selbst zu berechnen habe. Der Unternehmer habe eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Für die haftungsgegenständlichen Zeiträume sei die Umsatzsteuer teilweise korrekt selbstbemessen und teilweise beglichen worden (Die Umsatzsteuerbescheide 2012 und 2013 lägen bei).
Da der Bf. seinen Verpflichtungen schuldhaft nicht nachgekommen sei und die Abgaben bei der Gesellschaft uneinbringlich seien, sei wie im Spruch zu entscheiden gewesen.
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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte der Bf. Rechtswidrigkeit des Inhaltes des Haftungsbescheides infolge unrichtiger Beurteilung des Sachverhaltes ein und beantragte, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und durch einen neu zu erlassenden Bescheid zu ersetzen, der den nachstehenden Beschwerdegründen Rechnung trage.
Sämtliche Lohnabgaben und die Umsatzsteuer 10-12/2012 würden von ihm in Höhe von € 678,10 entrichtet. Jedoch seien die Umsatzsteuern 2012 und 2013 vom Finanzamt im Zuge eines Schätzungsverfahrens festgesetzt worden, obwohl er (gemeint wohl: die GmbH) tatsächlich keine Erlöse gehabt habe. Des weiteren sei zum Zeitpunkt der Festsetzung der Umsatzsteuern 2012 und 2013 die Gesellschaft bereits vermögenslos gewesen. Daher seien sämtliche Verbindlichkeiten nicht bezahlt und somit alle Gläubiger gleich behandelt worden. Daher hafte der Bf. nicht für die Umsatzsteuern 2012 und 2013 in Höhe von € 6.348,94.
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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und nach Zitierung der Bezug habenden gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt:
Es sei Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert hätten, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gemäß § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden dürfe.
Als schuldhaft im Sinne dieser Bestimmung gelte jede Form des Verschuldens, somit auch leichte Fahrlässigkeit.
Derartige abgabenrechtliche Pflichten bestünden insbesondere in der zeitgerechten Einreichung von Abgabenerklärungen durch den Vertreter und in der Abgabenentrichtung aus den Mitteln, die der Geschäftsführer verwalte.
Aufgrund der Umsatzsteuererklärungen seien in den Jahren 2012 und 2013 Umsätze erzielt worden, somit wäre es in der Verpflichtung des Geschäftsführers gewesen, entsprechende Voranmeldungen abzugeben und die Abgaben (u.a. die Lohnabgaben für 2013) zeitgerecht zu entrichten.
Bei Selbstbemessungsabgaben sei maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären. Maßgebend sei somit der Zeitpunkt der Fälligkeit der betreffenden Abgabe, unabhängig davon, wann sie bescheidmäßig festgesetzt werde.
Der Einwand, dass die Festsetzungen für die Erklärungen 2012 und 2013 erst erfolgt seien, nachdem die Gesellschaft zahlungsunfähig gewesen sei, stelle somit keinen erfolgreichen schuldbefreienden Einwand dar.
Was die Richtigkeit der Feststellungen betreffe, könne gemäß § 248 BAO mit der Zustellung des Haftungsbescheides auch gegen die Grundlagenbescheide Beschwerde erhoben werden. Da diesbezüglich keine Einwände eingebracht worden seien, habe die Abgabensicherung von der Richtigkeit der Festsetzungen auszugehen.
Im Übrigen werde bemerkt, dass diese Feststellungen unter Zugrundlegung der mit der Geschäftsleitung bzw. dem Vertreter aufgenommenen Niederschrift aufgrund der Ergebnisse des Vorhalteverfahrens erfolgt seien.
Da die Abgaben bei der Gesellschaft uneinbringlich seien, sei die Haftungsinanspruchnahme zu Recht erfolgt.
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Fristgerecht beantragte der Bf. mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und brachte ergänzend vor, dass die Begründungen des Haftungsbescheides und der Beschwerdevorentscheidung ins Leere gingen, da er erst mit D-1 Geschäftsführer der Gesellschaft geworden sei.
Des weiteren sei festzuhalten. dass für den Zeitraum 2012 Umsatzsteuervoranmeldungen vorgenommen worden seien. Für 2013 seien durch eine Umsatzsteuersonderprüfung nur geringe Änderungen zu den vorgelegten Umsatzsteuervoranmeldungen festgestellt worden. Die Feststellungen der Prüfung im Kalenderjahr 2015 über den gleichen Zeitraum hätten lediglich auf Schätzungen seitens des Finanzamtes beruht und seien nur aus ökonomischen Gründen anerkannt worden, da die Gesellschaft über keinerlei finanzielle Mittel mehr verfügt habe. Der Bf. habe zu keiner Zeit Umsatzsteuern vereinnahmt und auch keine Gläubiger bevorzugt. Vor allem die Vorschreibung für 2012 sei nicht seiner Geschäftsführertätigkeit zuzurechnen.
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Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurden Altakten wie das gegenständliche Beschwerdeverfahren innerhalb des Bundesfinanzgerichtes neu verteilt und die nunmehrige Gerichtsabteilung mit Wirksamkeit vom dafür erstmals zuständig.
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Mit Schreiben vom ersuchte das Bundesfinanzgericht den Bf. zur Vorlage des Kassabuches und der Bankkonten für die jeweiligen Monate, in denen die Umsatzsteuern 2012 und 2013 fällig gewesen seien, vorzulegen und bekanntzugeben, woher die Mittel zur Abwicklung der Geschäfte der Gesellschaft gestammt hätten.
Dieser Vorhalt blieb unbeantwortet.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären ().
Im gegenständlichen Fall steht die Uneinbringlichkeit fest, da m it Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom D-2 über das Vermögen der G-1 mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet und die Gesellschaft am D-3 im Firmenbuch gelöscht wurde.
Unbestritten ist auch, dass dem Bf. als Geschäftsführer und Liquidator der genannten GmbH im Zeitraum vom D-1 bis D-3 die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.
Im gegenständlichen Fall brachte der Bf. vor, dass ihm keine Mittel zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden seien. Da sämtliche Verbindlichkeiten nicht bezahlt worden seien, seien alle Gläubiger gleich behandelt worden.
Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht ().
Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().
Dazu ist festzustellen, dass sich nach Aktenlage für eine völlige Vermögenslosigkeit der Primärschuldnerin keine Anhaltspunkte ergeben, da sowohl Umsätze erzielt als auch Löhne ausbezahlt wurden. Dies ergibt sich aus den vom Bf. vorgelegten Umsatzsteuererklärungen, den Umsatzsteuer- und Lohnabgabenvoranmeldungen sowie den bescheidmäßigen Umsatzsteuerfestsetzungen.
Der Einwand des Bf., dass der Gesellschaft keine eigenen Mittel, sondern ausschließlich Mittel von dritter Seite zur Verfügung gestanden seien, musste unberücksichtigt bleiben, da er der Aufforderung des Bundesfinanzgerichtes zur Vorlage des Kassabuches und der Bankkonten sowie zur Bekanntgabe der Mittelherkunft zum Nachweis dieses Vorbringens keine Folge leistete.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).
Im gegenständlichen Fall brachte der Bf. vor, im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes gehandelt zu haben, da er die Zahlungen gegenüber sämtlichen Gläubigern eingestellt habe.
Da damit das Gebot quotenmäßiger Befriedigung der offenen Forderungen insoweit nicht beachtet wurde, als keinem der Gesellschaftsgläubiger auch nur anteilig Zahlung geleistet wurde, verletzte der Bf. mit dieser Vorgangsweise die dem Abgabengläubiger gegenüber bestehende Pflicht zur zumindest anteiligen Tilgung der Abgabenforderungen ().
Der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige kann gemäß § 248 BAO unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen.
Dem Einwand des Bf., dass die Nachforderungen auf Schätzungen der Betriebsprüfung basieren würden, muss entgegengehalten werden, dass Einwendungen gegen den Abgabenanspruch nicht mit Erfolg im Haftungsverfahren vorgebracht werden können, sondern ausschließlich im Beschwerdeverfahren gemäß § 248 BAO betreffend Bescheide über den Abgabenanspruch, zumal nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch die nach § 9 BAO erforderliche Verschuldensprüfung von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen hat ().
Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten ().
Aus dem Vorbringen des Bf., dass die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Festsetzung der Umsatzsteuern 2012 und 2013 bereits vermögenslos gewesen sei, lässt sich nichts gewinnen, da sich der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, danach bestimmt, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (). Bei Selbstbemessungsabgaben ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (); maßgebend ist daher ausschließlich der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, somit unabhängig davon, ob und wann die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird ().
Am Bf., dem als Geschäftsführer der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, wäre es gelegen gewesen, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel ().
Ein solcher Nachweis wurde nicht einmal ansatzweise erbracht.
Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.
Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().
Vom Bf. wurden keine Gründe vorgebracht, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Einschätzung bewirken hätten können.
Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf. als Haftungspflichtiger für die Abgabenschuldigkeiten der G-1 zu Recht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 248 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7104473.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
SAAAC-21645