Maßnahmenbeschwerde - tätlicher Angriff eines Polizeiorgans
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2019/17/0089. Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RM/7100009/2019 erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri. in der Beschwerdesache - Maßnahmenbeschwerde - vom des Bf., Adresse, vertreten durch Vertreter,
wegen behaupteter Verletzung in Rechten durch Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, "Tätlicher Angriff eines Polizeiorgans auf den Beschwerdeführer",
infolge einer Kontrolle nach dem GSpG durch Organe der Finanzpolizei FPT für das FA Wien am im Lokal Adresse1
zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § § 28 Abs. 6 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
Die Kostenanspruche gründen sich auf § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z 3 und 4 VwG-AufwandersatzVO idgF.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde des Beschwerdeführers, Bf. (idF Bf.), datiert , wurde per Fax beim Bundesfinanzgericht (BFG) eingebracht.
Mit dem Schriftsatz wurde durch den Vertreter des Bf. gegen die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch die LPD Wien im Lokal Adresse1, aufgrund "Tätlicher Angriff eines Polizeiorgans (WEGA) auf den Beschwerdeführer" Maßnahmenbeschwerde gem. Art. 130 Abs. 1 Z 2 iVm Art. 132 Abs. 2 B-VG wegen Verletzung in verfassungs- und einfachgesetzlich gewährleisteten Rechten erhoben.
Es wurde beantragt eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den angefochtenen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären sowie Gebührenersatz gem. § 35 VwGVG und § 26 VwGVG auszusprechen.
Zum Sachverhalt wurde vorgebracht, dass die Finanzpolizei FPT im angeführten Lokal eine Kontrolle nach den GSpG durchgeführt hat. Ein Polizeiorgan der WEGA habe an diesem Tag dem Bf. einen Schlag gegen den Kopf/Hals versetzt und diesen sodann einige Sekunden im Halsbereich gewürgt. Als Beweis wurde auf den beizuschaffenden Behördenakt sowie die Einvernahme sämtlicher bei der Amtshandlung beteiligter Organe verwiesen.
Die Maßnahmenbeschwerde sei rechtzeitig, da sich der bekämpfte Akt am zugetragen habe.
Zur Rechtswidrigkeit wurde festgehalten, dass ein Schlag in den Kopf/Halsbereich sowie Würgen einer Person gesetzlich nicht gedeckt sei. Der Bf. sei insbesondere in seinem Grundrecht auf Menschenwürde (Art. 1 EGRC) und auf Nichtvornahme einer erniedrigenden Behandlung (Art. 4 EGRC und Art. 3 EMRK) verletzt worden.
Zur Zuständigkeit wurde ausgeführt, dass dem Bf. nicht bekannt sei ob die Finanzpolizei aus eigenem die Kontrolle durchgeführt hatte und daher das BFG zuständig wäre oder ob die Kontrolle im Auftrag unter Beisein der LPD Wien stattgefunden habe. Der Bf. sei daher angehalten, die Maßnahmenbeschwerde sowohl am Verwaltungsgericht als auch am BFG einzubringen. Der Bf. behalte sich weitere Vorbringen ausdrücklich vor.
Mit Schreiben des Verwaltungsgerichts Wien vom , einlangend beim BFG am , wurde nach gesetzten Ermittlungshandlungen diese Maßnahmenbeschwerde an das BFG zuständigkeitshalber weitergeleitet.
Es wurde festgehalten, dass sich aufgrund der Zurechenbarkeit der in Beschwerde gezogenen Maßnahme zur Finanzpolizei Wien die Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts Wien bzw. die Zuständigkeit des BFG ergebe. Das Verwaltungsgericht legte den Gerichtsakt samt Behördenakt (Gz. xxx) dazu vor.
Dem Gerichtsakt lag die Gegenschrift der LPD Wien vom mit der Beilage "Aktenvermerk/Gedankenprotokoll der Finanzpolizei vom samt Bilddokumentation" bei. Darin wurde u.a. zum Vorwurf des Bf. Stellung genommen. Die LPD Wien legte dar, dass der Einsatz durch Angehörige des Wachkörpers Bundespolizei, hier die WEGA, erfolgt war. Die Hilfstätigkeit diente zur Überwindung faktischer Hindernisse für eine ausschließlich von der Abgabenbehörde, namentlich der Finanzpolizei nach § 50 Abs. 3 GSpG, geführte Amtshandlung. Die Organe wurden dabei funktionell für die Abgabenbehörde tätig. Das finanzbehördliche Ersuchen um Assistenz erfolgte allem Anschein nach wegen des sehr dringenden Verdachts, dass das Betreten des Lokals nicht ohne Gefährdung der Beamten der Finanzpolizei und/oder nicht ohne gewaltsames Öffnen der Türen möglich sein werde. Das Einschreiten des Wachkörpers beschränkte sich auf das Öffnen von Türen und Sichern der dahinter befindlichen Räume. Die LPD Wien hielt fest, dass sie die in Beschwerde gezogenen Amtshandlungen nicht gesetzt hatte und beantragte die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.
Dem Gerichtsakt lag weiters der Aktenvermerk über die erfolgte Akteneinsicht des Vertreters des Bf. vom bei. Der Vertreter, der den Bf. auch im Verfahren vor dem BFG vertritt, bestätigte die Übernahme einer Ausfertigung der Gegenschrift der LPD Wien. Dem Akt lag der Antrag des Vertreters vom bei, worin dieser das Verwaltungsgericht Wien ersuchte die Maßnahmenbeschwerde an das BFG weiterzuleiten.
Mit wurde die belangte Behörde, Finanzpolizei FPT, um Stellungnahme zur Maßnahmenbeschwerde sowie um Auskunft u.a. zu folgenden Fragen ersucht: ... "A)ob und welchen Kontakt es zum Bf. im Rahmen der durchgeführten Kontrolle seitens der handelnden Organe, sowohl der Finanzpolizei als auch der Organe der Sicherheitsbehörde gegeben hat. Angabe zu Gesprächen etc. Gab es durch die handelnden Organe Wahrnehmungen zum Vorwurf des Bf. (tätlicher Angriff) in der Beschwerde? Zum einen findet sich in der Bestätigung über die vorläufige Beschlagnahme unter 4) der Hinweis, dass keine Auskunftsperson anwesend war. Zum anderen ist im Aktenvermerk vom enthalten, dass der Bf. im Lokal angetroffen wurde. Bitte auch um diesbezügliche Klärung.
A1) Wurde der Bf. niederschriftlich einvernommen? Falls ja, bitte um Vorlage der Niederschrift."
Mit Fax vom brachte der Vertreter des Bf. einen Fristsetzungsantrag gem. Art. 133 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 7 B-VG beim BFG ein. Dem Antrag lagen der Nachweis über die Entrichtung der Gebühr sowie die Maßnahmenbeschwerde in Kopie bei. Begründet wurde der Antrag mit der Untätigkeit des BFG hinsichtlich der am per Fax eingebrachten Maßnahmenbeschwerde des Bf.
Am langte die Stellungnahme der belangten Behörde beim BFG ein. Darin wurde u.a. zum Ablauf der Amtshandlung wie auch zum Vorwurf des Bf. ausgeführt:
"... Zum Sachverhalt - Am wurde durch Kontrollorgane der Finanzpolizei Wien, FPT, unter Assistenzleitung von Einsatzkräften der Abteilung Sondereinheiten (WEGA) im Gewerbestandort in Adresse1 auf Grundlage des § 50 Abs. 4 GSpG eine Kontrolle auf Einhaltung der Bestimmungen des Glückspielgesetzes durchgeführt. Es handelt sich hier um ein Lokal ohne Bezeichnung mit mehreren Räumen, welches verschlossen war und auch nach mehrmaligem Klingeln, Klopfen und Androhung von Zwangsmaßnahmen nicht geöffnet wurde.
Mittels Aufsperrdienst wurde die verschlossene Eingangstür hinter der offenen Glastür geöffnet (10:48 Uhr). Die zur Unterstützung gerufene Einsatzgruppe-WEGA sicherte das Lokal und musste noch weitere Türen (unter anderem eine als Garderobe getarnte Geheimtür) gewaltsam öffnen, um in die dahinter gelegenen Räumlichkeiten zu gelangen, in denen slch die Glücksspielgeräte befanden. Um 10:53 Uhr erfolgte nach Sicherung durch die Wega das Betreten des Lokals durch Organe der Finanzpolizei. In den nunmehr zugänglichen Räumen wurden neun Spielgeräte und vier weitere Eingriffsgegenstände (Cash Center .... Einzahlungsautomaten, welche mit mehreren Spielgeräten verbunden waren) aufgefunden und in weiterer Folge in Anwendung des § 53 Abs 2 GSpG vorläufig beschlagnahmt. Einige Geräte wurden bereits vor dem Öffnen der Türen heruntergefahren, konnten jedoch von den Kontrollorganen als vor kurzem noch betriebsbereit wahrgenommen werden, da die Bildschirme noch Restwärme aufwiesen. Mehrere Geräte mussten durch den Aufsperrdienst geöffnet werden, um die sich in den Geräten befindlichen Stromunterbrecher entfernen zu können.
Im Lokal wurde zu Beginn der Kontrolle durch Einsatzkräfte der Wega der rumänische Staatsbürger, Herr Bf., angetroffen, vor das Lokal geleitet, wo die weitere Amtshandlung durch die Finanzpolizei übernommen wurde. Er gab an, nur für zwei Stunden am Tag als Putzkraft im Lokal beschäftigt zu sein - siehe Anlage Personenblatt. Eine Abfrage ergab, dass er als geringfügig beschäftigter Arbeiter bei der Firma XY GmbH laufend gemeldet ist. Herr M. gab an, nichts mit den Spielgeräten und mit dem Auszahlen zu tun zu haben. Sein privates Tablet befand sich hinter dem Laptop hinter der Theke. Darauf angesprochen meinte er, er müsse ja sein Tablet irgendwo hingeben, aber mit dem Laptop habe er dennoch nichts zu tun.
Zum Inhalt der Maßnahmenbeschwerde
In Hinblick auf die Hintanhaltung von potentiellen Gefährdungen darf ua auf das Erkenntnis des zu 2011/17/0333 hingewiesen werden, wonach es den Organen bei Kontrollen nach dem GSpG unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gestattet ist, jene Maßnahmen zu setzen, die für den reibungslosen Ablauf einer glücksspielrechtlichen Kontrolle notwendig sind.
Zu dem unter Punkt 1. Sachverhalt der Maßnahmenbeschwerde geäußerten Vorwurf „Die belangte Behörde bzw. ein ihr zurechenbares Organ (Wega) hat an diesem Tag dem Beschwerdeführer einen Schlag gegen den Kopf/Halsbereich versetzt und diesen sodann einige Sekunden im Halsbereich gewürgt“ wurde seitens des zuständigen Sachbearbeiters in den unter Zl. Zlxxx geführten Akt der Staatsanwaltschaft Wien Einsicht genommen und Kopien von sachverhaltsrelevanten Schriftstücken gezogen. Demnach wurden im Auftrag der StA Wien durch das Büro für Qualitätssicherung, Referat Besondere Ermittlungen der LPD Wien ua zeugenschaftliche Einvernehmen der einschreitenden WEGA Einsatzkräfte, Herrn RvI. PM. und Herrn RvI HA. durchgeführt. Als Zeuge einvernommen, gab Herr RvI PM. an, die Angaben in der von ihm verfassten Stellungnahme vollinhaltlich aufrecht zu halten.
Zur behaupteten Misshandlung führte er aus, den Betroffenen, um dessen Aufmerksamkeit zu erwecken mit der linken Hand auf seinen Hinterkopf oder seitlich am Kragen ergriffen und ihn leicht zu sich gezogen zu haben. Der Griff sei auch nicht aufrecht erhalten und sei der Betroffene damit auch nicht gewürgt worden. Jeglicher Misshandlungsvorwurf werde zurückgewiesen, auch habe er den Bf. nicht geschlagen - siehe Zeugeneinvernahme. Laut angeschlossener Stellungnahme sei er am in Adresse1, zu gegenständlicher Einsatzadresse beordert worden, um bei einem Einsatz der Finanzpolizei betreffend illegalem Glücksspiel unterstützend zu wirken. Er sei von der Finanzpolizei darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass sich in den Räumlichkeiten des dortigen Lokals vermutlich illegale Glücksspielautomaten befinden sollen. Laut Angaben der Finanzpolizei sollen sich diese Geräte in Räumlichkeiten befinden, welche lediglich über versteckte Türen zu betreten sind. Über die Anzahl der in dem Gebäude befindlichen Personen konnte keine Angabe gemacht werden. Die Vordereingangstüre sei in der Folge durch einen von der Finanzpolizei bereitgestellten Schlosser geöffnet worden. Durch den vordersten Mann im Zugriffsteam konnte eine Person hinter einer Theke wahrgenommen werden, wobei diese aufgefordert wurde, aus dem Gebäude herauszutreten. Die betreffende Person, welche sich später als der Bf. herausstellte, wollte nicht auf die Frage nach einem Schlüssel antworten, sondern habe lediglich „wirre Angaben" von sich gegeben. Es wurde ihm sodann durch Handzeichen gedeutet, dass der Schlüssel benötigt werde. Der Bf. habe erneut wirre und größtenteils unverständliche Angaben gemacht und dabei ins Leere geblickt. Für ihn habe es den Anschein gehabt. als wollte er der Amtshandlung nicht folgen bzw. sachdienliche Hinweise erteilen, „wobei er plötzlich wieder in einen unverständlichen Redeschwall verfallen sei.“ Um die Aufmerksamkeit wieder zu erwecken, habe er ihn mit der linken Hand im Hinterkopf/Nackenbereich berührt und ihn leicht zu sich gezogen. Der Griff in den Nacken habe lediglich dazu gedient dessen Aufmerksamkeit zu erlangen und sollte diese Geste die Ernsthaftigkeit der Situation klar machen. Der besagte Schlüssel konnte in weiterer Folge hinter der Theke im Eingangsraum an einem Nagel hängend aufgefunden werden und die besagte Türe damit beschädigungsfrei geöffnet werden. Ausdrücklich betont wurde, dass er den Bf. zu keinem Zeitpunkt geschlagen, geschweige denn gewürgt wurde. Vorort wurde durch den Bf. keine Verletzung behauptet.
Ebenfalls wurde Hr. RvI HA., Abteilung Sondereinheiten (WEGA), zum behaupteten Vorfall anlässlich der Unterstützungsmaßnahme für die Finanzpolizei einvernommen. Laut der aus dem Akt der StA Wien gezogenen Stellungnahme sei es nicht bekannt gewesen, wie viele Personen sich im Lokal befanden bzw. ob das Lokal mit einer Reizgasanlage bestückt war. Er selbst sei einer der Letzten gewesen, der das Lokal betreten habe. Als er den Raum betrat, wurde bereits eine Person aus dem Lokal eskortiert und der Finanzpolizei zur weiteren Amtshandlung übergeben. Es wurde eine als Garderobe getarnte Tür gefunden, welche vorerst nicht geöffnet, aber letztendlich hinter einer hölzernen Konstruktion versteckten Durchgang hinter der Theke des Lokals umgangen werden konnte. Dahinter seien weitere Räume gewesen, in welchen zahlreiche Glücksspielautomaten standen. Der im Raum befindliche (Anmerkung Bf.) habe unzusammenhängende Angaben gemacht bzw. gab dieser zu verstehen, kein Deutsch zu sprechen bzw. uns nicht zu verstehen. Dabei habe seine Stimme gelassen und gefasst gewirkt. Es konnte durch ihn zu keinem Zeitpunkt wahrgenommen werden, dass der Mann geschlagen oder gewürgt wurde, noch wurde vor Ort so etwas von ihm behauptet. Er habe die ganze Zeit hindurch ruhig gewirkt und sei dieser weder aufgebracht, eingeschüchtert oder offensichtlich verletzt gewesen. Zu den vom Beschwerdeführer angegebenen Behauptungen könne er nicht mehr angeben. Laut dem in der Anlage angeschlossenen Abschlussbericht der LPD Wien, Referat Besondere Ermittlungen habe der als Zeuge einvernommene Bf. angegeben, von einem Exekutivorgan auf „seiner rechten Seite ergriffen und dann 2 - 3 Sekunden gedrückt worden zu sein“. Er habe sich nicht in ärztliche Behandlung gegeben, er sei nicht geschlagen worden, sondern den Schlag gegen die rechte Halsseite in Verbindung mit dem Zugreifen bekommen zu haben.
Zur Beteiligung der einschreitenden Organe der Finanzpolizei sei festgehalten, dass sich diese bis zum Zeitpunkt der Sicherung des Lokals durch die WEGA auf dem Gehsteig vor dem Lokal befanden und aus diesem Grunde zu den in den Raum gestellten Behauptungen eines Würgens oder eines Schlages auf den Kopf keine Wahrnehmungen machen konnten. Es kann lediglich angegeben werden, dass der Bf. gegenüber den Einsatzkräften der Finanzpolizei keine Angaben hinsichtlich einer Verletzung tätigte. Die der Stellungnahme angeschlossenen Kopien zeigen drei Abbildungen des Bf. im Bereich des Eingangs zum Lokal und sind auch auf diesen Abbildungen keine Verletzungen wahrnehmbar. Auf Grund mangelnder Sprachkenntnisse wurde mit diesem lediglich ein in rumänischer Sprache abgefasstes Personenblatt aufgenommen, welches dieser ohne Hinweise auf einen möglichen „Angriff" seitens der WEGA ausfüllte. Auf Grund der mangelnden Sprachkenntnisse und in Folge des Zeitdrucks während der Amtshandlung wurde, zumal die Beiziehung eines Dolmetschers für die rumänische Sprache zu lange gedauert hätte, keine Niederschrift aufgenommen.
Nochmalig betont wird; dass seitens des Bf. in Anwesenheit der Organe der Finanzpolizei keine Hinweise auf eine etwaige Verletzung gegeben wurden, im Gegenteil er wirkte gefasst und gelassen und gab an, lediglich als Putzkraft im Lokal tätig zu sein und mit den Glücksspielgeräten nichts zu tun zu haben. So gesehen, lässt sich der seitens des BFG aufgeworfene Widerspruch zwischen Einsatzprotokoll und Angabe im Aktenvermerk erklären, dass keine Verantwortungsperson im Lokal anwesend gewesen sei.
In einer Zusammenschau der im Abschlussbericht der LPD Wien wiedergegebenen Angaben des Bf., er sei nicht geschlagen worden und habe sich nicht in ärztliche Behandlung gegeben, der Aussage des Wega - Beamten PM., welcher einen Körperkontakt zur „Erweckung der Aufmerksamkeit“ einräumte, den seitens des Rechtsvertreters behaupteten Vorwurf eines Schlages auf den Kopf und/oder eines Würgens in Abrede stellte, mit der Angabe des Wega - Beamten RvI. HA., der angab, von einem Schlagen oder Würgen nichts wahrgenommen zu haben, eine derartige Behauptung sei seitens des Bf. vor Ort nicht aufgestellt worden, dessen Stimme sei die ganze Zeit hindurch „ruhig und weder aufgebracht, eingeschüchtert oder offensichtlich verletzt gewesen", kann unter Bedachtnahme auf den Umstand, dass der Bf. den Erhebungsorganen der Finanzpolizei gegenüber keine Misshandlung durch Exekutivorgane behauptete davon ausgegangen werden, dass die seitens des Rechtsvertreters inkriminierten Misshandlungsvorwürfe nicht den Fakten entsprechen."
Mit Beschluss vom wurde zur Wahrung des Parteiengehörs die dem BFG vorliegende Stellungnahme der belangten Behörde, Finanzpolizei / Juristischer Dienst für das FA 2/20/21/22, vom , sowie weitere im Beschluss angeführte Unterlagen übermittelt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Blatt | Unterlagen |
1 - 5 6 - 10 11 - 13 14 - 15 16 - 17 18 - 19 20 | Stellungnahme vom - FinPol Aktenvermerk vom zur Kontrolle vom Fotos Bf. vor dem Lokal bei der Amtshandlung Abschlussbericht LPD Wien vom Stellungnahme vom RvI PM. (WEGA) Beschuldigtenvernehmung vom RvI PM. Stellungnahme vom RvI HA. |
21 | Schreiben der Staatsanwaltschaft Wien vom - Benachrichtigung von der Einstellung des Verfahrens betreffend PM. |
22 - 23 | Zeugenvernehmung vom Bf. |
Den angeführten, dem Vertreter des Bf. neben der Stellungnahme der belangten Behörde übermittelten Unterlagen war zum behaupteten Angriff gegen den Bf. wie folgt zu entnehmen:
Dem Aktenvermerk des Einsatzleiters der Finanzpolizei vom zur Kontrolle nach dem GlücksspielG am war hinsichtlich der Person des Bf. zu entnehmen, dass es sich bei diesem um einen geringfügig beschäftigten Arbeiter (angebliche Putzkraft) handelte.
Die Fotos die den Bf. vor dem Lokal zeigen, zeigen keine Handlungen der Amtsorgane (weder Wega noch Finanzpolizei) gegenüber dem Bf. Sämtliche abgebildete Personen wirken ruhig.
Der Abschlussbericht der LPD Wien vom war an die Staatsanwaltschaft Wien gerichtet.
Der Bericht betraf Ermittlungen gegen RvI PM. wegen des Verdachts auf Körperverletzung sowie Verdachts auf strafbare Handlungen unter Ausnützung einer Amtsstellung zum Nachteil des Bf. Dem Bericht war zu entnehmen, dass als Zeugen sowohl der Bf. als auch die bei der Kontrolle anwesenden Amtsorgane vernommen worden waren. Der Zeuge HA. , als auch der Beschuldigte PM. legten bei der Einvernahme ergänzend Stellungnahmen vor. Zusammenfassend geht aus den Zeugeneinvernahmen hervor, dass keinerlei Misshandlung des Bf. durch Schlagen oder Würgen wahrgenommen worden sei und dass sich auch der Bf. während der Amtshandlungen dahingehend nicht geäußert hatte.
RevI PM. schilderte in seiner Stellungnahme vom u.a. den Ablauf der Amtshandlung. Er gab an, den Bf., um dessen Aufmerksamkeit zu erlangen, mit der linken Hand am Nacken ergriffen zu haben und ihn leicht zu sich gezogen zu haben. Bei der Einvernahme als Beschuldigter am bezog er sich auf den Inhalt seiner Stellungnahme und gab an, den Griff nicht aufrecht erhalten zu haben und den Bf. nicht gewürgt zu haben. Er wies jeglichen Misshandlungsvorwurf zurück.
Der Stellungnahme des RevI HA. war u.a. zu entnehmen, dass die Stimme der angehaltenen und befragten Person (Anmerkung: des Bf.) gelassen und gefasst klang. Dass der Mann geschlagen oder gewürgt worden sei, war von ihm nicht wahrgenommen worden. Der Mann behauptete dies vor Ort nicht, er wirkte die ganze Zeit ruhig und weder aufgebracht noch eingeschüchtert.
Bei der Einvernahme des Bf. vom in Anwesenheit seines rechtlichen Vertreters gab dieser u.a. an, dass er, bei der im Zuge der Amtshandlung gestellten Frage der Polizisten nach einem Schlüssel für eine Türe, von einem Polizisten mit der Hand an der rechten Seite ergriffen und 2 - 3 Sekunden gedrückt worden war. Er gab an Luft bekommen zu haben und dass er atmen konnte. Er sei an der Halsseite rot gewesen und er habe sich erschrocken. Er war danach nicht beim Arzt. Er gab an nicht geschlagen worden zu sein. Zum Inhalt der Beschwerde, worin stand, dass er geschlagen wurde, gab er an, dass er gemeint hatte, dass er plötzlich einen Schlag gegen die rechte Halsseite in Verbindung mit dem Zugreifen bekommen habe.
Mit Erledigung vom wurde durch die Staatsanwaltschaft Wien das Ermittlungsverfahren zum Vorfall vom wegen §§ 83 (1), 313 StGB gegen PM. eingestellt. Die Einstellung erfolgte, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung bestand (§ 190 Z 2 StPO). Mit der "Benachrichtigung über die Einstellung des Verfahrens" wurde auch der Bf. verständigt. Anträge zur Fortführung des Verfahrens sind nicht aktenkundig.
Mit Fax vom langte die Stellungnahme des Vertreters des Bf. beim BFG ein.
Diese lautete: " Sämtliche Zeugenaussagen werden bestritten, sofern diese mit dem eigenen Vorbringen in Widerspruch stehen. Der Beschwerdeführer legt ein Video über den gegenständlichen Vorfall mittels beiliegendem "WeTransfer-Link" vor. Sollte das Gericht diesen Link nicht öffnen können/dürfen, so möge dies bekanntgeben, auf welchem Medium ein Video übermittelt werden kann. https:// we.tl/t-B....
Der Beschwerdeführer verzichtet nunmehr - sofern das Gericht das Video gesichtet und dessen wesentlichen Bestandteile als Sachverhalt festgestellt hat - ausdrücklich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung."
Über die Beschwerde wurde erwogen
Die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde des Beschwerdeführers, Bf. (idF Bf.), datiert , wurde per Fax beim Bundesfinanzgericht (BFG) eingebracht.
Mit dem Schriftsatz wurde durch den Vertreter des Bf. gegen die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch die LPD Wien im Lokal Adresse1 , am aufgrund "Tätlicher Angriff eines Polizeiorgans (WEGA) auf den Beschwerdeführer" Maßnahmenbeschwerde gem. Art. 130 Abs. 1 Z 2 iVm Art. 132 Abs. 2 B-VG wegen Verletzung in verfassungs- und einfachgesetzlich gewährleisteten Rechten erhoben.
Unstrittig war, dass durch die Organe der Finanzpolizei unter Assistenzleistung von Einsatzkräften der Abteilung Sondereinheiten (WEGA) im gegenständlichen Lokal am eine Kontrolle nach den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes durchgeführt wurde. Im Laufe dieser Amtshandlung wurde im Lokal der Bf. angetroffen. Bei diesem handelte sich um einen geringfügig beschäftigten Arbeiter; nach dessen eigenen Angaben war er als Putzkraft tätig.
Strittig war der in der Maßnahmenbeschwerde erhobene Vorwurf des "tätlichen Angriffs eines Polizeiorgans gegen den Bf." im Laufe der Amtshandlung.
Gemäß
Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG
erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (AuvBZ) wegen Rechtswidrigkeit.
Ist im Verfahren wegen AuvBZ gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die AuvBZ für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben (
§
28 Abs. 6 VwGVG
).
Gemäß Art. 132 Abs. 2 B-VG kann gegen die AuvBZ wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Ein solcher Verwaltungsakt liegt vor, wenn Verwaltungsorgane im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen individuell bestimmte Adressaten einen Befehl erteilen oder Zwang ausüben und damit unmittelbar, d.h. ohne vorangegangenen Bescheid, in subjektive Rechte des Betroffenen eingreifen.
Gemäß
§ 1 Abs. 1 BFGG
obliegen dem Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen (Bundesfinanzgericht - BFG) Entscheidungen über Beschwerden gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 bis 3 B-VG in Rechtssachen in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und Gemeinden) und des Finanzstrafrechts sowie in sonstigen gesetzlich festgelegten Angelegenheiten, soweit die genannten Angelegenheiten unmittelbar von den Abgaben- oder Finanzstrafbehörden des Bundes besorgt werden.
Abs. 2 - Abgabenbehörden des Bundes sind ausschließlich: 1. Bundesministerium für Finanzen, 2. Finanzämter, 3. Zollämter.
Abs. 3 - Zu den sonstigen Angelegenheiten (Abs. 1) gehören:
Z 2 - Entscheidungen über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG gegen Abgabenbehörden des Bundes, soweit nicht Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (Abs. 1) oder der Beiträge (Z 1) betroffen sind.
Die maßgeblichen Bestimmungen des
§ 50 Glücksspielgesetz
(GSpG) lauten:
§ 50 (1) Für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz sind die Bezirksverwaltungsbehörden, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, die Landespolizeidirektion zuständig. Gegen diese Entscheidungen kann Beschwerde an ein Verwaltungsgericht des Landes erhoben werden.
(2) Diese Behörden können sich der Mitwirkung der Organe der öffentlichen Aufsicht bedienen und zur Klärung von Sachverhaltsfragen in Zusammenhang mit den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes die Amtssachverständigen des § 1 Abs. 3 hinzuziehen. Zu den Organen der öffentlichen Aufsicht zählen jedenfalls die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Abgabenbehörden.
(3) Zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind die Organe der öffentlichen Aufsicht auch aus eigenem Antrieb berechtigt. Die Organe der Abgabenbehörden können zur Sicherung der Ausübung ihrer Überwachungsbefugnisse die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes hinzuziehen.
(4) Die Behörde nach Abs. 1 und die in Abs. 2 und 3 genannten Organe sind zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach Abs. 1, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs. 3) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt. Die Behörde nach Abs. 1 und die in Abs. 2 und 3 genannten Organe sind ermächtigt, diese Überwachungsaufgaben mit unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durchzusetzen. Die Ausübung ist dem Betroffenen anzudrohen. Die Organe haben deren Ausübung zu beenden, sobald der angestrebte Erfolg erreicht wurde, sich zeigt, dass er auf diesem Wege nicht erreicht werden kann oder der angestrebte Erfolg außer Verhältnis zu dem für die Durchsetzung erforderlichen Eingriff steht. Eine Gefährdung des Lebens oder eine nachhaltige Gefährdung der Gesundheit ist jedenfalls unzulässig.
§ 9 Abs. 3 AVOG 2010 - Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung besondere Organisationseinheiten mit bundesweitem und/oder regionalem Wirkungsbereich zur Besorgung der Geschäfte der Steuer- und Zollverwaltung einrichten, soweit dies organisatorisch zweckmäßig ist und einer einfachen und Kosten sparenden Vollziehung wie auch den Bedürfnissen einer bürgernahen Verwaltung dient. Diese Organisationseinheiten werden bei Erfüllung ihrer Aufgaben als Organe der Abgabenbehörden tätig.
Hinsichtlich der Finanzpolizei als besondere Organisationseinheit ist in der Durchführungs-verordnung des AVOG 2010 - AVOG - DV bestimmt:
Laut § 10b Abs. 1 AVOG-DV wird die Finanzpolizei als besondere Organisationseinheit gemäß § 9 Abs. 3 AVOG 2010 mit Sitz in Wien und Dienststellen bei allen Finanzämtern gemäß § 4 Abs. 1 eingerichtet.
Abs. 2 Z 2 lit c - Der Finanzpolizei obliegt im Rahmen ihrer Unterstützungstätigkeit für die Finanzämter als Abgabenbehörden wie diesen die Wahrnehmung des Glücksspielgesetzes.
Bei der gegenständlichen Amtshandlung handelte es sich um eine Kontrolle des genannten Teams der Finanzpolizei (FPT für das FA Wien) aufgrund der Bestimmungen des GlückspielG.
Dazu hatte dieses zur Sicherung der Ausübung seiner Überwachungsbefugnisse die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes beigezogen. Die durch die Amtsorgane der WEGA gesetzten Handlungen waren somit der Finanzpolizei zuzurechnen.
Die Entscheidung über die vorliegende Maßnahmenbeschwerde fiel daher gem. § 1 Abs. 1 BFGG in die Zuständigkeit des BFG.
Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen die AuvBZ gem. Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG sechs Wochen.
Die hier gegenständliche Amtshandlung fand am statt. Die Maßnahmenbeschwerde wurde am per Fax beim BFG eingebracht. Die Beschwerde war daher rechtzeitig.
Der folgende Sachverhalt wurde der Entscheidung zugrunde gelegt:
Wie den dem BFG vorliegenden Unterlagen der Finanzpolizei und der LPD Wien zu entnehmen war, handelte es sich um eine nicht unübliche Kontrolle eines Lokals nach den Bestimmungen des GlückspielG aufgrund des Verdachts des Vorliegens eines illegalen Glücksspiellokals.
Der Ablauf der Amtshandlung vom war in der Stellungnahme der Finanzpolizei vom sowie im beiliegenden Aktenvermerk/Gedankenprotokoll des Einsatzleiters vom ausführlich dargelegt.
Im Zuge dieser Amtshandlung trafen die Amtsorgane nur allein den Bf. im Lokal an. Die Sicherungsmaßnahmen für das Betreten des Lokals und im Lokal erfolgten durch die Organe der WEGA. Diese, wie auch die Organe der Finanzpolizei, traten mit dem Bf. in Kontakt. Dabei kam es auch zu einem körperlichen Kontakt.
Ob es sich dabei, wie in der Beschwerde behauptet, um einen "tätlichen Angriff" gegen den Bf. gehandelt hat wird in der Folge zu beurteilen sein.
Aufgrund der Maßnahmenbeschwerde und des darin erhobenen Vorwurfs des Bf. dass gegen ihn ein "tätlicher Angriff" durch ein Polizeiorgan erfolgt sei und er einen Schlag gegen den Kopf/Halsbereich erhalten habe und einige Sekunden im Halsbereich gewürgt worden sei, wurde durch die LPD Wien ein Ermittlungsverfahren geführt und an die Staatsanwaltschaft Wien berichtet.
Dem vorliegenden Bericht der LPD vom und den darin enthaltenen Zeugenaussagen der beteiligten Amtsorgane war zu entnehmen, dass von keiner der zeugenschaftlich einvernommenen Personen eine solche, dem Vorwurf zugrundeliegende, Handlung bzw. behauptete Misshandlung des Bf. durch Schlagen oder Würgen wahrgenommen worden war. Die Zeugen gaben zudem an, dass der Bf. zu keiner Zeit gegenüber den Amtsorganen Angaben zu einer solchen erfolgten Misshandlung, Verletzung oder Vorgangsweise gemacht hatte.
Der beschuldigte Polizeibeamte gab bei seiner Aussage am an, dass er den Bf. am Hinterkopf oder seitlich ergriffen und zu ihm herangezogen hatte um seine Aufmerksamkeit wieder zu bekommen. Dies aus dem Grund, da der Bf. auf die Fragen der Amtsorgane nicht antwortete bzw. wirre Angaben machte, schlecht Deutsch sprach und abwesend wirkte.
Der Bf. wurde am ebenfalls durch die LPD Wien zum angeführten Vorwurf befragt und sagte in Anwesenheit eines Dolmetschers und des Rechtsanwalts (Vertreter auch im gegenständlichen Verfahren) aus. Der Bf. war ordnungsgemäß u.a. über die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage belehrt worden und er hatte ausdrücklich auf seine Recht auf Aussageverweigerung verzichtet. Es waren ihm die Infoblätter über seine Opferrechte und eine Opferbetreuung übergeben worden.
Er gab u.a. an, dass er bei der Befragung nach einem Schlüssel von einem Polizisten mit der Hand an seiner rechten Seite ergriffen worden und dann 2 - 3 Sekunden gedrückt worden war. Er wurde nicht geschlagen, war aber an der Halsseite rot und hatte sich erschreckt. Zur Angabe in der Beschwerde, dass er geschlagen worden sei, brachte er vor, dass dies nicht so gemeint war. Er meinte, dass er einen Schlag gegen den Hals in Verbindung mit dem Zugreifen bekommen habe. Die Polizei hatte dann den Schlüssel gefunden und der Einsatz war damit zu Ende.
Wie der Niederschrift weiter zu entnehmen war, machten weder der Bf. noch sein Vertreter sonstige Angaben zu einer etwaigen Verletzung durch die Amtsorgane und es wurden von diesen keine weiteren Fragen dazu gestellt.
Das Verfahren gegen den beschuldigten Polizeibeamten wurde seitens der Staatsanwaltschaft Wien am gem. § 190 Z 2 StPO eingestellt, da kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung gegeben war.
Sämtliche Unterlagen (siehe Auflistung der Unterlagen in den Entscheidungsgründen) wurden dem Bf. iSd Parteiengehörs mit zur Stellungnahme übermittelt.
Ein Teil der Unterlagen (z.B. Aktenvermerk vom zur Kontrolle vom ) war als dem Vertreter bekannt zu beurteilen, da diese Unterlagen auch dem Verwaltungsgericht Wien vorlagen und der Vertreter in diese Einsicht genommen hatte (siehe dazu Aktenvermerk VwG vom ).
Mit Fax vom langte die aus lediglich vier Sätzen bestehende Stellungnahme des Bf. ein. Es war angeführt: "Sämtliche Zeugenaussagen werden bestritten, sofern diese mit dem eigenen Vorbringen in Widerspruch stehen."
Es wurde auf ein Video des Bf. "über den gegenständlichen Vorfall" verwiesen und angeführt, dass auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werde "sofern das Gericht das Video gesichtet und dessen wesentliche Bestandteile als Sachverhalt festgestellt hat".
Die durch den Vertreter des Bf. beigebrachte Stellungnahme des Bf. und damit verbunden dessen Mitwirkungspflicht im Verfahren, beschränkte sich auf den o.a. Inhalt und nahm mit keinem Wort Bezug auf die übermittelten Unterlagen und die darin enthaltenen Angaben und Ausführungen der belangten Behörde.
Wenn nun in der Stellungnahme ohne nähere Ausführungen "sämtliche Zeugenaussagen bestritten werden, sofern diese mit dem eigenen Vorbringen in Widerspruch stehen", war aufgrund dessen vorerst festzustellen, worin das "eigene Vorbringen" bestanden hatte und ob bzw. welche Widersprüche vorlagen.
Folgte man den ursprünglichen Ausführungen in der durch den Vertreter des Bf. eingebrachten, hier gegenständlichen, Maßnahmenbeschwerde, so wäre am Tag der Kontrolle, am , ein "tätlicher Angriff eines Polizeiorgans auf den Bf." vorgelegen. Der Bf. wäre demnach durch einen Schlag gegen den Kopf/Hals und durch folgendes, Sekunden dauerndes, Würgen im Halsbereich in seinen Rechten verletzt worden.
Diesem Vorbringen des Vertreters stand jedoch die eigene, dem BFG vorliegende, protokollierte Aussage des Bf. vom gegenüber dem vernehmenden Organ der LPD Wien entgegen.
Der Bf. gab darin an, im Zuge der Amtshandlung am , die von ihm nicht sofort bemerkt worden war, da er im Lokal Kopfhörer trug und aufgrund der Musik sonst nichts gehört hätte, bei der Befragung von einem Polizisten mit dessen Hand an seiner rechten Seite ergriffen und 2 - 3 Sekunden gedrückt worden zu sein. Er habe Luft bekommen und konnte atmen. Er sei danach auf der Halsseite rot gewesen, habe sich erschrocken, sei aber nicht zum Arzt oder ins Spital gegangen. Er gab an, nicht geschlagen worden zu sein. Er relativierte auch die Angabe in der Beschwerde, dass er geschlagen worden wäre, und gab an, den Schlag in Verbindung mit dem Zugreifen bekommen zu haben.
Auf die Frage des Vernehmenden, ob sonst noch etwas passiert wäre, gab der Bf. an "Nein, es ist nichts passiert. Sie haben dann den Schlüssel gefunden. Dann war der Polizeieinsatz zu Ende. Sonst kann ich nichts mehr dazu angeben. Mein Rechtsanwalt hat auch keine weiteren Fragen dazu."
Der Bf. machte seine Aussage im Beisein eines Dolmetschers und seines rechtlichen Vertreters. Die protokollierte Aussage wurde gelesen und war ohne weiteren Einwand und ohne Korrekturen verblieben.
Für das BFG bestand kein Grund den persönlichen Angaben des Bf. gegenüber der LPD Wien über seine eigene, als Opfer/Geschädigter, empfundene Wahrnehmung des Vorfalls nicht zu folgen und an deren Wahrheitsgehalt zu zweifeln.
Aufgrund der Aussage des Bf. war weder von einem Schlag gegen den Kopf des Bf., noch vom Würgen des Bf. am Hals auszugehen. Es verblieb die Darstellung des Erschreckens des Bf. über das Zugreifen des Polizisten und ein diesem folgendes kurzes Drücken von 2 - 3 Sekunden.
Zu den Angaben des Bf. stehen die Aussagen des zeugenschaftlich befragten Amtsorgans, des Beamten der Wega, RevI PM., nicht in Widerspruch.
Dieser hatte bei seiner Zeugenaussage angegeben, den Bf. mit der linken Hand am Hinterkopf oder seitlich ergriffen und zu sich gezogen zu haben. Der Griff wurde nicht aufrecht erhalten und diente dazu die Aufmerksamkeit des Bf. bei der Befragung wieder zu erlangen. Die weiteren unmittelbar oder mittelbar bei dem Vorgang anwesenden Amtsorgane schilderten in ihren Zeugenaussagen den Bf. als ruhig, gelassen und weder aufgebracht noch eingeschüchtert. Es wurde keine Misshandlung oder Verletzung des Bf. durch Schlagen oder Würgen wahrgenommen und wurde dies gegenüber den Amtsorganen durch den Bf. auch nicht behauptet.
Diese Angaben decken sich auch mit der Stellungnahme der belangten Behörde vom zur Maßnahmenbeschwerde.
Aus den dem BFG vorliegenden Fotos des Bf. aus dem Behördenakt, aufgenommen vor dem kontrollierten Lokal, war nicht zu ersehen, dass eine unverhältnismäßige Situation vorlag. Sowohl der abgebildete Bf., als auch die Beamten der Wega und der Finanzpolizei wirkten darauf ruhig. Eine Verletzung des Bf. war nicht zu erkennen.
Daraus folgend verblieb für den vorgebrachten Vorwurf in der Maßnahmenbeschwerde, dass es einen "tätlichen Angriff" durch ein Amtsorgan gegen den Bf. gegeben hatte, kein Raum.
Nicht nur, dass es sich bei einem tätlichen Angriff um eine wider den Körper der Person gerichtete Aktivität handeln muss, die eine körperliche Einwirkung mit dem Ziel des Misshandelns oder des Zufügens eines sonstigen körperlichen Leids beinhaltet, ist ein diesbezüglicher Vorsatz erforderlich.
Selbst wenn das Zugreifen des Amtsorgans den Bf. erschreckte und eine eventuelle Rötung an der Halsseite zur Folge hatte, war in dessen Handeln weder ein tätlicher Angriff noch eine Misshandlungsabsicht feststellbar. Wie der Polizist angab, erfolgte das Zugreifen mit der Absicht die Aufmerksamkeit des Bf. zu erwecken. In dieser Absicht war kein Vorsatz für einen tätlichen Angriff gegenüber dem Bf. zu erblicken. Auch wenn ein Zugreifen mit Handschuhen (Schutzausrüstung) möglicherweise beim Bf. ein Erschrecken auslöste, war damit kein Vorliegen eines tätlichen Angriffs zu begründen.
Die Zeugenaussagen widersprachen somit den Angaben des Bf. nicht. Die diesbezügliche, nicht substantiierte Erklärung und Begründung in der Stellungnahme, dass die Aussagen bestritten werden, konnten der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.
Zum Satz in der Stellungnahme "Der Beschwerdeführer legt ein Video über den gegenständlichen Vorfall mittels beiliegendem "WeTransfer-Link" vor" war wie folgt auszuführen.
Grundsätzlich war festzuhalten, dass dem Gericht ein Zugriff auf sogenannte "web-links" aus sicherheitstechnischen Gründen nicht möglich ist. Doch unabhängig davon, stellt sich die Frage nach der rechtlichen Qualität dieses Hinweises.
Ein Beweisantrag, falls dieser Hinweis als solcher gemeint war, hat nicht nur das Beweismittel, sondern auch das Beweisthema zu nennen. Es wären daher jene Tatsachen und Punkte konkret zu nennen gewesen, die durch das mögliche Beweismittel, also das Video, geklärt werden sollten.
Die alleinige knappe Angabe, dass das Video "zum Vorfall" vorgelegt werden sollte, war nicht als Nennung eines Beweisthemas zu beurteilen. Welche Tatsache mit welchem Inhalt des Videos nachgewiesen oder bewiesen werden sollte, war nicht vorgebracht worden.
Ebenso war die gestellte Aufforderung an das Gericht, das Video zu sichten und dessen "wesentliche Bestandteile als Sachverhalt" festzustellen, keine Nennung des Beweisthemas.
Es stellte sich in diesem Zusammenhang für das Gericht die Frage, ob das Vorbringen nicht auch mit einer gewissen Verschleppungsabsicht gestellt wurde. So war dieses Video im gesamten Verfahren vor den unterschiedlichen, damit befassten, Behörden nie Thema. Es war nicht erkennbar, warum ein solcher Videobeweis nicht schon früher hätte gestellt werden können oder thematisiert worden war. Dieses Video war weder in den an das Landesverwaltungsgericht und das BFG gerichteten Maßnahmenbeschwerden, noch vor der LPD Wien oder im laufenden Verfahren vor dem BFG erwähnt worden.
Die in der Stellungnahme erfolgte Erwähnung des Videos war somit nicht als substantiierter Beweisantrag zu beurteilen und daher als solcher abzulehnen.
Für das BFG war nicht nur durch die Darstellung der durchgeführten Kontrolle der belangten Behörde, d.h. der Finanzpolizei, durch die eigene Zeugenaussage des Bf. zum Vorwurf eines tätlichen Angriffs und durch die Zeugenaussagen der involvierten Amtsorgane der erhebliche Sachverhalt als geklärt zu beurteilen.
Es lag auch die durch die Staatsanwaltschaft Wien erfolgte Einstellung des Verfahrens gegen das handelnde Polizeiorgan als weiteres Indiz gegen das Vorliegen des behaupteten tätlichen Angriffs vor. Die Einstellung des dortigen Verfahrens wegen Verdachts der Körperverletzung und Verdachts auf strafbare Handlungen unter Ausnützung einer Amtsstellung erfolgte, da für eine weitere Verfolgung kein tatsächlicher Grund vorlag.
Zusammenfassend kam das BFG zum Schluss, dass der behauptete tätliche Angriff gegen den Bf. bei der gegenständlichen Kontrolle nach dem GlücksspielG nicht vorlag und somit keine rechtswidrige Handlung der beteiligten Amtsorgane gegeben war.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Gemäß
§ 24 Abs. 4 VwGVG kann ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung abgesehen werden, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Im gegenständlichen Fall war der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage und vorliegenden Schriftsätzen als vollständig zu beurteilen. Dieser Sachverhalt wurde im Verfahren nicht substantiiert bestritten.
Es wurde daher von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen.
Kostenentscheidung
Die Kostenansprüche gründen sich auf § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG in Verbindung mit § 1 Z 3 und 4 VwG-Aufwandsersatzverordnung in der geltenden Fassung.
Gemäß
§ 35 Abs. 1 VwGVG
hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.
Gemäß Abs. 3 ist, wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
Gemäß Abs. 7 ist der Aufwandersatz auf Antrag der Partei zu leisten.
Gemäß § 1 VwG-AufwErsV wird die Höhe der jeweilig zu ersetzenden Pauschbeträge in den Ziffern 1 - 7 festgesetzt.
Demnach ergibt sich als Aufwandersatz, welcher der belangten Behörde als obsiegende Partei zu leisten ist, aus
Z 3 - Ersatz des Vorlageaufwands iHv Euro 57,40 und
Z 4 - Ersatz des Schriftsatzaufwands iHv Euro 368,80.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage aufgeworfen, der iSd Art 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine ordentliche Revision an den VwGH ist daher nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Glücksspiel |
betroffene Normen | Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 28 Abs. 6 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 § 1 Abs. 1 BFGG, Bundesfinanzgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 14/2013 § 50 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 9 Abs. 3 AVOG 2010, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 9/2010 § 7 Abs. 4 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 § 24 Abs. 4 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 § 35 Abs. 1 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RM.7100011.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at