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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.07.2019, RV/7103159/2016

Stundungszinsen, Stundung und Aussetzung der Einhebung nicht für dieselben Abgaben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Anschrift, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Herbert Rabitsch, Petrusgasse 2/15, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Baden Mödling vom , Steuernummer N-1, betreffend Stundungszinsen gemäß § 212 Abs. 2 BAO zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die mit Ansuchen der Beschwerdeführerin (Bf.) vom bis beantragte Stundung des in Höhe von € 34.832,73 aushaftenden Abgabenrückstandes wurde mit Bescheid vom bewilligt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom setzte das Finanzamt für den Zeitraum bis Stundungszinsen in Höhe von € 1.454,19 fest.

*****

In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führte die Bf. aus:

Der VwGH habe mit Erkenntnis vom im Verfahren zu 2010/13/0075 betreffend das Verfahren vor dem nunmehrigen Bundesfinanzgericht, dort anhängig zu RV/7105525/2014, die seinerzeitige Berufungsentscheidung vom teilweise aufgehoben.

Es seien die Körperschaftsteuer für die Jahre 1994 und 1995 sowie die Kapitalertragsteuer für 1995 und 1996 von insgesamt € 19.991,49 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften als nicht zu Recht bestehend aufgehoben worden.

Hingewiesen werde, dass der nicht beanstandete Teil des Berufungsbescheides, also der Differenzbetrag von € 16.631,99 lt. Buchungsmitteilung Nr. 3/2014 vom per bereits bezahlt worden sei.

In rechtlicher Hinsicht sei auszuführen, dass hinsichtlich des noch offenen Betrages eine Aussetzung mit Bescheid vom bewilligt worden sei. Die Stundungszinsen seien für den Zeitraum - mit € 1.454,19 festgesetzt worden. Ab Dezember 2014 fehle jedoch hinsichtlich der aufgehobenen Steuerbeträge (€ 19.991,49) die Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Stundungszinsen.

Im Übrigen liege auch keine Stundung der Beträge vor, sondern sei hinsichtlich derselben die Aussetzung seit 2010 aufgrund einer Bankgarantie bewilligt worden. Ein Aussetzungszinsenbescheid dürfe jedenfalls nach ständiger Rechtsprechung während der Dauer des Zahlungsaufschubes nicht erlassen werden (siehe Ritz, BAO zu § 212a, Rz 35).

Es werde daher der Antrag gestellt, das Bundesfinanzgericht möge den Bescheid über die Festsetzung von Stundungszinsen aufheben.

*****

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte nach Zitierung des Bezug habenden § 212 Abs. 2 BAO aus:

Im gegenständlichen Fall handle es sich um das Stundungsansuchen vom . Die Bewilligung des Ansuchens sei mit Bescheid vom erfolgt.

Ein Guthaben entstehe für den Abgabenpflichtigen erst dann, wenn auf seinem Abgabenkonto die Summe aller Gutschriften die Summe aller Lastschriften übersteige. Gutschriften entstünden, wenn die Buchungen tatsächlich von der Abgabenbehörde durchgeführt würden.

Die in der Beschwerde angeführte Begründung, dass Bescheide für die Jahre 1994 und 1995 an Körperschaftssteuer sowie für 1995 und 1996 an Kapitalertragsteuer aufzuheben seien und eine Gutschrift zu erwarten sei, habe auf dem Abgabenkonto zu keiner tatsächlich durchgeführten Gutschrift geführt.

Die Stundungszinsen bestünden daher zu Recht, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen sei.

*****

Mit Schreiben vom beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und brachte ergänzend vor, dass es zwar richtig sei, dass eine Gutschrift auf ihrem Steuerkonto erst mit einem stattgebenden Erkenntnis der angerufenen Höchstgerichte erfolge, wobei die Beschwerden jeweils mit Aufschiebungsanträgen verbunden worden seien.

Der angefochtene Stundungszinsenbescheid sei jedoch im Spruch insofern aufzuheben bzw. abzuändern, als die Einbringung festgesetzter Stundungszinsen gemäß § 230 Abs. 3 BAO im Rahmen der Zahlungserleichterung gehemmt sei.

*****

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurden Altakten wie das gegenständliche Beschwerdeverfahren innerhalb des Bundesfinanzgerichtes neu verteilt und die nunmehrige Gerichtsabteilung mit Wirksamkeit vom dafür erstmals zuständig.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt war festzustellen:

Mit Bescheiden vom wurden folgende Abgaben festgesetzt:


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Abgabe
Zeitraum
Umsatzsteuer
1995 – 1998
Körperschaftsteuer
1994 – 2000
Kapitalertragsteuer
1995 – 1998 und 2000

Aufgrund des in der dagegen (ausgenommen Körperschaftsteuer 2000, da mit € 0,00 festgesetzt) eingebrachten Berufung enthaltenen Antrages auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO wurde die Einhebung der Nachforderungen am antragsgemäß ausgesetzt.

Infolge Erlassung einer Berufungsvorentscheidung verfügte das Finanzamt am den Ablauf der Aussetzung der Einhebung und setzte Aussetzungszinsen fest.

Im daraufhin eingebrachten Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragte die Bf. erneut, die Einhebung der Abgaben auszusetzen. Die Bewilligung dieses Ansuchens erfolgte am .

Mit Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/2344-W/06, RV/2345-W/06, RV/2346-W/06, wurde die Berufung gegen die genannten Körperschaft- und Kapitalertragsteuern als unbegründet abgewiesen und die Berufung gegen die angefochtenen Umsatzsteuern infolge deren Zurücknahme als gegenstandslos erklärt.

Daraufhin verfügte das Finanzamt am erneut den Ablauf der Aussetzung der Einhebung und setzte weitere Aussetzungszinsen fest.

Gegen die UFS-Entscheidung brachte die Bf. die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ein, der zunächst den Antrag auf aufschiebende Wirkung abwies, woraufhin die Bf. die Stundung des gesamten Abgabenrückstandes gemäß § 212 Abs. 1 BAO beantragte.

Der VwGH entschied mit Erkenntnis vom , 2010/13/0075, dass die angefochtene Berufungsentscheidung hinsichtlich der Abgaben Körperschaftsteuer 1994 und 1995 sowie Kapitalertragsteuer 1995 und 1996 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde. Hinsichtlich der übrigen Abgaben wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Am setzte das Finanzamt die Einhebung der genannten verbliebenen Abgaben gemäß § 212a BAO aus, verfügte am den Ablauf der Aussetzung und setzte Aussetzungszinsen fest, nachdem das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , RV/7105525/2015, entschieden und die Beschwerde erneut abgewiesen hatte.

Dagegen brachte die Bf. sowohl eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof als auch eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ein und beantragte erneut die Stundung des gesamten Rückstandes mit hier nicht mehr verfahrensrelevanten Ansuchen.

Zunächst entschied der , und wies die Revision zurück. Der VfGH lehnte mit Beschluss vom , E 2505/2015, die Behandlung der Beschwerde ab.

Rechtlich folgt daraus:

§ 212 Abs. 2 BAO lautet:

Für Abgabenschuldigkeiten, die den Betrag von insgesamt 750 Euro übersteigen, sind,

a) solange aufgrund eines Ansuchens um Zahlungserleichterungen, über das noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden dürfen (§ 230 Abs. 3) oder

b) soweit infolge einer gemäß Abs. 1 erteilten Bewilligung von Zahlungserleichterungen ein Zahlungsaufschub eintritt,

Stundungszinsen in Höhe von viereinhalb Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten; Stundungszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Im Fall eines Terminverlustes gilt der Zahlungsaufschub im Sinn dieser Bestimmung erst im Zeitpunkt der Ausstellung des Rückstandsausweises (§ 229) als beendet. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Stundungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden

§ 212a Abs. 5 BAO lautet:

Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden

a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder
b) Erkenntnisses (§ 279) oder
c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung

zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages nicht aus.

Wurden dem Abgabepflichtigen für einen Abgabenbetrag sowohl Zahlungserleichterungen (§ 212) als auch eine Aussetzung der Einhebung bewilligt, so tritt bis zum Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf der Zahlungsaufschub auf Grund der Aussetzung ein.

Gemäß § 42 Abs. 3 VwGG tritt durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nach Abs. 2 die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte.

Die mit rückwirkender Kraft ausgestattete Gestaltungswirkung eines aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet nicht nur, dass der Rechtszustand zwischen Erlassung des angefochtenen Bescheides und seiner Aufhebung im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob der aufgehobene Bescheid von Anfang an nicht erlassen worden wäre, sondern hat auch zur Folge, dass allen Rechtsakten, die während der Geltung des sodann aufgehobenen Bescheides auf dessen Basis gesetzt wurden, im Nachhinein die Rechtsgrundlage entzogen wurde; solche Rechtsakte gelten infolge der Gestaltungswirkung des aufhebenden Erkenntnisses mit diesem dann als beseitigt, wenn sie mit dem aufgehobenen Bescheid in einem unlösbaren rechtlichen Zusammenhang stehen (vgl. z.B. ). Im zitierten Erkenntnis leitete der Verwaltungsgerichtshof daraus bereits ab, dass der mit der Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung nach § 212a Abs. 5 Satz 3 BAO gesetzte Rechtsakt mit dem aufgehobenen Berufungsbescheid im Abgabenverfahren, der das Berufungsverfahren abgeschlossen und die Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung daher ausgelöst hatte, in einem solchen unlösbaren Zusammenhang steht, welcher eine Anwendung der von Lehre und Rechtsprechung aus § 42 Abs. 3 VwGG abgeleiteten Folgewirkungen auf den nach § 212a Abs. 5 Satz 3 BAO erlassenen Bescheid grundsätzlich rechtfertigt ().

Daraus folgt, dass durch das vom VwGH am , 2010/13/0075, hinsichtlich der Abgaben Körperschaftsteuer 1994 und 1995 sowie Kapitalertragsteuer 1995 und 1996 aufgehobene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/2344-W/06, RV/2345-W/06, RV/2346-W/06, als Konsequenz auch die insoweit teilweise Aufhebung der Bescheide vom betreffend Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung der zuvor genannten Abgaben sowie Festsetzung der Aussetzungszinsen zur Folge hatte.

Daraus folgt weiters, dass die auf Grund des Antrages auf Vorlage der Beschwerde gegen die am bescheidmäßig festgesetzten Abgaben mit Bescheid vom bewilligte Aussetzung der Einhebung hinsichtlich der Abgaben Körperschaftsteuer 1994 und 1995 sowie Kapitalertragsteuer 1995 und 1996 bis zum Ergehen des Ablaufbescheides vom aufrecht war. Hinsichtlich der übrigen Abgaben blieben die genannten Bescheide vom im Rechtsbestand.

Allerdings beantragte die Bf. mangels Bewilligung der aufschiebenden Wirkung der VwGH-Beschwerde sowie mangels Kenntnis der später durch den VwGH mit Erkenntnis vom , 2011/13/0075, vorgenommen teilweise Aufhebung der Berufungsentscheidung des die Stundung des gesamten Abgabenrückstandes , woraufhin das Finanzamt mit Bescheiden vom , , und sowie mit dem hier verfahrensgegenständlichen Bescheid vom Stundungszinsen gemäß § 212 Abs. 2 BAO festsetzte.

Dazu ist rechtlich auszuführen, dass gemäß § 212a Abs. 5 letzter Satz BAO bis zum Ablauf der Aussetzung der Zahlungsaufschub auf Grund der Aussetzung eintritt, wenn dem Abgabepflichtigen für einen Abgabenbetrag sowohl Zahlungserleichterungen (§ 212 BAO) als auch eine Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) bewilligt wurden.

Das bedeutet somit, dass – hinsichtlich der aushaftenden Abgaben Körperschaftsteuer 1994 und 1995 sowie Kapitalertragsteuer 1995 und 1996 – bis zur Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung vom grundsätzlich keine Stundungszinsen gemäß § 212 Abs. 2 BAO vorgeschrieben werden durften, sondern lediglich Aussetzungszinsen gemäß § 212a Abs. 9 BAO.

Dazu wird festgestellt, dass den angefochtenen Stundungszinsen vom , die für den Zeitraum bis festgesetzt wurden, ein Bewilligungsbescheid vom zugrunde lag, mit dem Abgaben in Höhe von € 34.832,73 gestundet wurden. Dabei handelt es sich um den zu diesem Zeitpunkt aushaftenden gesamten Abgabenrückstand, in dem die mit Bescheid vom festgesetzten Abgaben – und somit auch die Körperschaftsteuer 1994 und 1995 sowie Kapitalertragsteuer 1995 und 1996 – jedoch infolge zwischenzeitiger Entrichtungen ohnehin nicht mehr enthalten sind, weshalb eine Änderung des Bescheides nicht in Betracht kommt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie der klaren und eindeutigen Rechtslage.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 42 Abs. 3 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103159.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at