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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.07.2019, RV/5100101/2019

Steuerberaterkosten als Sonderausgaben unter dem Aspekt der Angehörigenjudikatur.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache DX, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) erzielte im streitgegenständlichen Jahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2017 wurden Steuerberatungskosten iHv 1.200 € als Sonderausgaben beantragt.

Das Finanzamt berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 2017 vom die geltend gemachten Steuerberatungskosten nicht und führte begründend aus:

Die vorgelegte Honorarnote lasse insgesamt offen, welche konkreten Leistungen (Tätigkeiten) tatsächlich abgerechnet worden seien. Mit der Rechnung vom sei ein "Beratungspauschale für das Jahr 2017" abgerechnet worden. Es lägen keine detaillierten Informationen vor, welche Beratungen erfolgt und für welchen Zeitaufwand und mit welchem Stundensatz die Leistungen verrechnet worden seien. Eine derartige Abrechnung von Leistungen wäre einem fremden Dritten gegenüber nicht denkbar gewesen. Da eine solche Vereinbarung einem Fremdvergleich nicht standhalte, seien die geltend gemachten Steuerberatungskosten nicht als Sonderausgaben anzuerkennen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bf. mit Schriftsatz vom Beschwerde und führte aus, dass Herr EX nicht sein Vater sei und somit auch kein verwandtschaftliches Verhältnis vorliege. Wieso von ihm nicht gleich eine Aufstellung der Leistung (Tätigkeit) gefordert worden sei, erscheine ungewöhnlich. Gerne werde diese Aufstellung aber im Anhang nachgeliefert:

[...]

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 mit folgender Begründung ab:

In der Beschwerde seien Steuerberatungskosten iHv 1.200 € als Sonderausgaben begehrt worden. Begründend sei ausgeführt worden, dass der Selbständige Bilanzbuchhalter EX nicht ihr Vater sei und somit kein verwandtschaftliches Verhältnis vorliege. Weiters sei eine Aufstellung der Leistung (Tätigkeit) zur Rechnung (Kopie vom von Herrn EX, Selbständiger Bilanzbuchhalter) vorgelegt worden, die wie folgt laute:

[...]

Strittig sei, ob es sich beim Bilanzbuchhalter um einen "nahen Angehörigen" im Sinne der Abgabenvorschriften handle und ob die Leistungsbeziehung einem "Fremdvergleich" standhalte.

Gemäß § 25 Abs. 1 BAO seien Angehörige im Sinne der Abgabenvorschriften
1. der Ehegatte;
2. die Verwandten in gerader Linie und die Verwandten zweiten, dritten und vierten Grades in der Seitenlinie;
3. die Verschwägerten in gerader Linie und die Verschwägerten zweiten Grades in der Seitenlinie;
4. die Wahl-(Pflege-)Eltern und die Wahl-(Pflege-)Kinder;
5. Personen, die miteinander in Lebensgemeinschaft leben würden, sowie Kinder und Enkel einer dieser Personen im Verhältnis zur anderen Person;
6. der eingetragene Partner.

Der Bf. sei der Stiefsohn von Bilanzbuchhalter EX und somit Angehöriger iSd § 25 BAO. Bei den geltend gemachten Steuerberatungsleistungen handle es sich somit um eine Leistungsbeziehung zwischen nahen Angehörigen iSd § 25 BAO, die unter diesem Aspekt zu prüfen sei.

Es sei davon auszugehen, dass Rechtsbeziehungen zwischen Fremden so gestaltet werden, dass sie das tatsächliche Geschehen im Wirtschaftsleben widerspiegeln, sich also die Geschäftspartner "nichts schenken wollen".

Die vorgelegte Rechnung vom sei ausgestellt über ein "Beratungspauschale für das Jahr 2017" iHv 1.000 € zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer. Erst in der Beschwerdebegründung sei eine Aufstellung der Leistung zur Rechnung nachgereicht worden.

Aus dieser Aufstellung sei ersichtlich, dass für die Erstellung der Arbeitnehmerveranlagung, bei der lediglich Sonderausgaben, das Pendlerpauschale und sonstige Werbungskosten beantragt worden seien, ein "Pauschale" iHv 300 € verrechnet worden sei. Ein näherer Zeitaufwand sei nicht dargestellt worden. Für das "Einlesen in die Literatur und Recherchen" im Zusammenhang mit einer Beschwerde gegen einen ESt-Bescheid (Inhalt: einziger Streitpunkt sei ebenfalls die Anerkennung der Steuerberatungskosten gewesen) seien insgesamt fünf Stunden zu einem Stundensatz von 100 € verrechnet worden, wobei für die Erstellung der Beschwerden nochmals zwei Stunden zu je 100 € verrechnet worden seien. Ein derart hoher Zeitaufwand für die allgemein vage Umschreibung der Leistung (Einlesen in die Literatur und Recherchen) und die Höhe des Pauschales für die elektronische Einreichung einer Erklärung für die Arbeitnehmerveranlagung sei, gemessen an der allgemeinen Lebenserfahrung, einem fremden Dritten gegenüber nicht verrechenbar. Da bei der Überprüfung einer Leistungsbeziehung zwischen nahen Angehörigen ein strenger Maßstab anzulegen sei, konnte dem Begehren nicht entsprochen werden.

Mit Schriftsatz vom beantragte der Bf. die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Begründend führte er aus, es gebe kein verwandtschaftliches Verhältnis zu Bilanzbuchhalter EX, da dieser nicht sein Vater sei. Hinsichtlich der Höhe der Rechnungspositionen handle es sich um marktübliche Entgelte. Es gebe keine gesetzlichen Bestimmungen, die Verrechnungssätze vorschreiben und die Art der Bezahlung regeln würden. Der Rechnungsbetrag sei ihm in keiner Weise zu hoch gewesen.

Das Finanzamt legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

II. Festgestellter Sachverhalt

Die vom Bf. laut Rechnung des Bilanzbuchhalters EX vom als Sonderausgaben geltend gemachten Steuerberatungskosten für "Beratungspauschale für das Jahr 2017“ betragen 1.200 €. Die Rechnung wurde durch Überweisung am beglichen.

Der Antrag zur Arbeitnehmerveranlagung (L1) wurde am elektronisch über FinanzOnline eingebracht.

Der Bilanzbuchhalter EX ist der Stiefvater des Bf.

III. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den beim Finanzamt vorliegenden Daten und den vom Bf. vorgelegten Unterlagen.

In den Beihilfedaten des Finanzamtes scheint EX als "anderer Elternteil" des Bf. auf. Er ist zwar nicht der leibliche Vater des Bf., jedoch mit dessen Mutter verheiratet und alle drei haben den gleichen Familiennamen. Bilanzbuchhalter EX ist der Stiefvater des Bf.

Die Abrechnungsmodalitäten sind aus den vorgelegten Beweismitteln ersichtlich. Die Rechnung Nr. 010448 vom trägt den handschriftlichen Buchungsvermerk "1803/4001". Aus der Lastschriftanzeige geht hervor, dass die Rechnung am bezahlt wurde. In der "Aufstellung zur AR von DX" erfolgt eine Zuordnung der Leistungen zu dem in der Rechnung angeführten Beratungspauschale für das Jahr 2017:

[...]

IV. Rechtslage

Gemäß § 18 Abs. 1 Z 6 EStG sind Steuerberatungskosten, die an berufsrechtlich befugte Personen geleistet werden, bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind.

Gemäß § 83 Abs. 1 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

Die Abgabenbehörde kann von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte "Angehörige (§ 25 BAO)", Haushaltsangehörige oder Angestellte handelt und Zweifel über das Bestehen und den Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten.

Gemäß § 25 Abs. 1 BAO sind Angehörige im Sinne der Abgabenvorschriften

  • der Ehegatte;

  • die Verwandten in gerader Linie und die Verwandten zweiten, dritten und vierten Grades in der Seitenlinie;

  • die Verschwägerten in gerader Linie und die Verschwägerten zweiten Grades in der Seitenlinie;

  • die Wahl-(Pflege-)Eltern und die Wahl-(Pflege-)Kinder;

  • Personen, die miteinander in Lebensgemeinschaft leben, sowie Kinder und Enkel einer dieser Personen im Verhältnis zur anderen Person;

  • der eingetragene Partner.

V. Rechtliche Erwägungen

Strittig ist, ob die geltend gemachten Steuerberatungskosten als Sonderausgaben abzugsfähig sind.

Der Bf. ist der Stiefsohn von Bilanzbuchhalter EX und somit Angehöriger iSd § 25 BAO. Bei den vom Bf. als Sonderausgaben geltend gemachten Steuerberatungsleistungen handelt es sich – wie das Finanzamt richtigerweise festgestellt hat – um Leistungsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen iSd § 25 BAO, die unter diesem Aspekt (Angehörigenjudikatur) zu prüfen sind.

Vertragliche Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen können für den Bereich des Steuerrechts – ungeachtet ihrer zivilrechtlichen Gültigkeit – nur als erwiesen angenommen werden und damit Anerkennung finden, wenn sie (1) nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen; (2) einen eindeutigen klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und (3) auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären. Auch die Erfüllung der vertraglichen Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen muss diesen Anforderungen genügen (vgl. ). Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen, haben ihre Bedeutung im Rahmen der – vom VwGH nur auf ihre Schlüssigkeit zu prüfenden – Beweiswürdigung (§ 167 Abs. 2 BAO) und kommen daher in jenen Fällen zum Tragen, in denen berechtigte Zweifel am wahren wirtschaftlichen Gehalt einer behaupteten vertraglichen Gestaltung bestehen. Die Rechtsprechung über die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen ist Ausfluss der wirtschaftlichen Betrachtungsweise des § 21 BAO (vgl. ).

Es ist davon auszugehen, dass Rechtsbeziehungen zwischen Fremden so gestaltet werden, dass sie das tatsächliche Geschehen im Wirtschaftsleben widerspiegeln, sich also die Geschäftspartner "nichts schenken wollen". Dieser Interessensgegensatz fehlt vielfach bei Leistungsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen und sonst einander Nahestehenden, wodurch allenfalls Zuwendungen nach § 20 Abs. 1 Z 4 EStG in steuerlich abzugsfähige Aufwendungen unter welchem Titel immer gekleidet werden sollen und damit idR ein Splitting-Effekt bewirkt wird. Hier wird das subjektive Element des "Bereichernwollens" vermutet (vgl. ). Es ist dabei erforderlich, die Sphären von Einkommenserzielung und Einkommensverwendung sauber zu trennen. Ein Interessensgegensatz, wie er unter Fremden besteht, kann insbesondere bei Personen, die zueinander in einem besonderen persönlichen Naheverhältnis stehen, fehlen, also zB bei Angehörigen iSd § 25 BAO (vgl. Jakom/Lenneis EStG, 2018, § 4 Rz 331).

Bei Überprüfung der Vertragsgestaltung (Abrechnung der Beratungsleistungen) zwischen dem Bf. und Bilanzbuchhalter EX sah das Finanzamt ein Fehlen der Fremdüblichkeit in der Tatsache der pauschalen Abrechnung. Der in Rechnung gestellte Pauschalbetrag erschien der Abgabenbehörde im Hinblick auf die sehr einfache Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung und die wenig komplexen Eingaben zum Beschwerdeverfahren der Vorjahre bei weitem überhöht.

Für das Bundesfinanzgericht sind die getroffenen Schlussfolgerungen aus folgenden Gründen nachvollziehbar:

Aus dem vorgelegten Leistungsverzeichnis zur streitgegenständlichen Rechnung ist ersichtlich, dass für die Erstellung der Arbeitnehmerveranlagung, bei der lediglich Sonderausgaben, das Pendlerpauschale und sonstige Werbungskosten beantragt wurden, ein "Pauschale" iHv 300 € verrechnet wurde. Ein näherer Zeitaufwand ist nicht dargestellt worden. Für das "Einlesen in die Literatur und Recherchen" im Zusammenhang mit einer Beschwerde gegen einen ESt-Bescheid (Inhalt: einziger Streitpunkt war ebenfalls die Anerkennung der Steuerberatungskosten) sind insgesamt fünf Stunden zu einem Stundensatz von 100 € verrechnet worden, wobei für die Erstellung der Beschwerden nochmals zwei Stunden zu je 100 € in Rechnung gestellt wurden. Die Verrechnung von insgesamt sieben Stunden für ein relativ einfach geführtes Beschwerdeverfahren betreffend die Arbeitnehmerveranlagung 2016 erscheinen dem Bundesfinanzgericht als wenig nachvollziehbar (vgl. die im BFG-Erkenntnis vom , RV/5101373/2017 angeführten Schriftsätze). 

Ein derart hoher Zeitaufwand für die allgemein vage Umschreibung der Leistung und die Höhe des Pauschales für die elektronische Einreichung einer Erklärung für die Arbeitnehmerveranlagung ist, nach den Erfahrungen im Wirtschaftsleben, einem fremden Dritten gegenüber nicht verrechenbar. Das Bundesfinanzgericht teilt die Feststellung des Finanzamtes, dass der in Rechnung gestellte Pauschalbetrag im Hinblick auf die sehr einfach gehaltene Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung und die wenig komplexen Eingaben zum Beschwerdeverfahren der Vorjahre bei weitem überhöht erscheint.

Eine gleichartige Leistungsbeziehung gegenüber einem fremden Dritten ist undenkbar. Misst man diese Vorgangsweise an der allgemeinen Lebenserfahrung, so lässt dies nur den Schluss zu, dass der gewählte Abrechnungsmodus der Beratungsleistungen nur mit der persönlichen Nahebeziehung zwischen dem Bf. und seinem Stiefvater erklärt werden kann.

Auf den Umstand, dass dem Bf. der Rechnungsbetrag in keiner Weise zu hoch war, kommt es nicht an.

Da eine solche Vereinbarung einem Fremdvergleich nicht standhält, sind die geltend gemachten Steuerberatungskosten als Sonderausgaben nicht abzugsfähig (vgl. Jakom/Baldauf EStG, 2018, § 18 Rz 121).

VI. Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall ergeben sich die Rechtsfolgen aus dem Gesetz, diese schlichte Rechtsanwendung berührt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Zudem hing die Entscheidung im Wesentlichen von im Streitfall ausschließlich einzelfallbezogenen Sachverhaltsfragen ab, die im Wege der freien Beweiswürdigung beurteilt wurden. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 18 § 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 25 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100101.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at