Zwei Grundstücke als wirtschaftliche Einheit zwecks Abwassergebühr?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Dr. Adebiola Bayer in der Beschwerdesache Bf., Adresse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 31, vom , MA ***, betreffend Abwassergebühr für den Zeitraum bis zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (im Folgenden "Bf.") ist Eigentümer der beiden nebeneinander befindlichen Liegenschaften Adresse1 und Adresse2, welche laut Feststellungsbescheid des Finanzamts Wien xxx vom gemäß § 2 BewG eine wirtschaftliche Einheit bilden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Abwassergebühr für diese Liegenschaften für den Zeitraum bis vorgeschrieben. In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, dass im 4. Quartal 2012 ein Anschluss an das öffentliche Kanalnetz hergestellt worden sei, womit für die im Spruch genannten Zeiten eine Gebührenpflicht bestehe.
Dagegen erhob der Bf. Beschwerde. In dieser legte er dar, dass zwar auf der Liegenschaft Adresse2 ein Kanalanschluss zur Straße vorhanden sei, nicht jedoch auf der Liegenschaft Adresse1. Auf letzterem Grundstück befinde sich jedoch ein Wasseranschluss mit Zähler, wobei das Wasser zum Gießen des Gartens verwendet werde. Das Wasser werde von Oktober bis April ganz abgedreht.
Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Laut § 11 Abs. 1 Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz - KKG, LGBl. für Wien Nr. 2/1978 in der geltenden Fassung, unterliege die unmittelbare und mittelbare Einleitung von Abwässern von innerhalb der Stadt Wien gelegenem Grundbesitz (§ 1 Grundsteuergesetz 1955) in einen öffentlichen Straßenkanal der Gebührenpflicht. Nach Abs. 2 sei die Abwassergebühr nach der Menge des abgegebenen Abwassers zu bemessen und mit einem Betrag je Kubikmeter festzusetzen.
Unbestritten stehe fest, dass die Liegenschaft Adresse2 einen Anschluss an das öffentliche Kanalnetz habe. Für diese Liegenschaft werde bereits seit dem eine Abwassergebühr vorgeschrieben. Nach dem Feststellungsbescheid vom habe das Finanzamt Wien xxx die Liegenschaften Adresse1 und Adresse2 zusammengefasst und damit über deren wirtschaftliche Einheit abgesprochen. Somit gehörten auch die über den Wasseranschluss Adresse1 ab dem bezogenen Wassermengen zur Bemessungsgrundlage der für den Grundbesitz des Bf. in Adresse1 und Adresse2 zu entrichtenden Abwassergebühren. Die Gebührenpflicht beginne bei Grundbesitz, der bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits an einen öffentlichen Kanal angeschlossen sei, am . Ansonsten beginne die Gebührenpflicht mit Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem der Grundbesitz an einen öffentlichen Kanal angeschlossen worden sei. Die Festsetzung der gegenständlichen Wassergebühren gründe sich auf die maßgeblichen Verjährungsbestimmungen gemäß § 207 Abs. 2 BAO.
Nach § 11 Abs. 3 Z 3 KKG seien keine Gebühren zu entrichten, wenn trotz Anschlusses des Grundbesitzes an den öffentlichen Straßenkanal nachweislich keine Möglichkeit zur Einleitung von Abwassermengen in den öffentlichen Straßenkanal bestehe. Da jedoch eine solche Möglichkeit bestehe, könne diese Bestimmung keine Anwendung finden.
Gemäß § 13 Abs. 1 KKG sei für nach § 12 Abs. 1, 2 und 4 KKG festgestellte Abwassermengen, die nicht in den öffentlichen Kanal gelangten, über Antrag die Abwassergebühr herabzusetzen, wenn die im Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleiteten Abwassermengen 5vH der für diesen Zeitraum festgestellten Abwassermengen, mindestens jedoch 100 m³, überstiegen, und weitere in dieser Bestimmung genannte Voraussetzungen erfüllt seien. Eine derartige Herabsetzung könne nicht zum Tragen kommen, da in den einzelnen maßgeblichen Zeiträumen auf Grund eines Wasserbezugs von 39 m³, 32 m³, 57 m³, 23 m³, 17 m³ und 53 m³ jeweils keine die geforderte Mindestgrenze von 100 m³ übersteigende Nichteinleitung nachgewiesen werden könne.
In seinem Vorlageantrag führte der Bf. einerseits ins Treffen, dass die beiden Grundstücke keine wirtschaftliche Einheit zwecks Abwasserverrechnung bildeten. So bestünde für die Liegenschaft Adresse1 eine eigene Einlagezahl im Grundbuch, ein eigener unabhängiger und versperrbarer Zugang, ein eigener unabhängiger Stromanschluss, ein eigener unabhängiger Wasseranschluss und ein eigener, nicht angeschlossener Kanalabzweiger. Andererseits bestehe für das Grundstück Adresse1 keine Möglichkeit zur Einleitung von Abwassermengen in den öffentlichen Straßenkanal. Nach Erhebung durch den Amtssachverständigen der belangten Behörde vom und der Stellungnahme von Wien Kanal vom sei festgehalten worden, dass "kein Kanalanschluss vorhanden und der Abzweiger verschlossen" sei. Somit würde der Gebührentatbestand allein dadurch entstehen, dass der Kanal bereitgestellt werde, was dem KKG widerspreche.
Die belangte Behörde legte den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht vor. Im Vorlagebericht führte sie unter Bezugnahme auf § 1 Grundsteuergesetz 1955, § 2 und § 51 Bewertungsgesetz 1955 sowie den Feststellungsbescheids des Finanzamts Wien xxx vom aus, dass die beiden Grundstücke eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Somit gehörten auch die über den Wasseranschluss an der Adresse Adresse1 bezogenen Wassermengen zur Bemessungsgrundlage der vom Bf. zu entrichtenden Abwassergebühren. Unbestritten stehe fest, dass die Liegenschaft Adresse2 einen Anschluss an das öffentliche Kanalnetz habe. Daher bestehe für den gesamten Grundbesitz ein Anschluss an das öffentliche Kanalnetz.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Festgestellter Sachverhalt
Das Bundesfinanzgericht stellt den folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:
Der Bf. ist Eigentümer der beiden nebeneinander befindlichen Liegenschaften Adresse1 und Adresse2. Die Liegenschaft Adresse2 verfügt über einen Anschluss an das öffentliche Kanalnetz. Laut Feststellungsbescheid des Finanzamts Wien xxx vom bilden beide Liegenschaften gemäß § 2 BewG eine wirtschaftliche Einheit.
In den einzelnen maßgeblichen Zeiträumen wurden 39 m³, 32 m³, 57 m³, 23 m³, 17 m³ und 53 m³ Wasser bezogen.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus der Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt 1: Abweisung
Strittig und entscheidungswesentlich ist, ob die beiden Liegenschaften Adresse1 und Adresse2 zwecks Abwassergebühr nach § 11 Abs. 1 Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz (KKG) eine wirtschaftliche Einheit bilden, sodass für die über den Wasseranschluss auf der Liegenschaft Adresse1 bezogenen Wassermengen auf Grund des auf der Liegenschaft Adresse2 vorhandenen Anschlusses an das öffentliche Kanalnetz eine Abwassergebühr vorzuschreiben war.
§ 11 Abs. 1 KKG sieht vor, dass die unmittelbare oder mittelbare Einleitung von Abwässern von innerhalb der Stadt Wien gelegenem Grundbesitz (§ 1 Grundsteuergesetz 1955) in einen öffentlichen Straßenkanal der Gebührenpflicht unterliegt.
Nach § 1 Abs. 1 Z 2 Grundsteuergesetz 1955, auf den § 11 Abs. 1 KKG verweist, ist der Grundbesitz das Grundvermögen nach §§ 51 bis 56 Bewertungsgesetz 1955 (BewG 1955).
§ 51 Abs. 1 BewG 1955 definiert den Begriff des Grundvermögens. Nach dieser Bestimmung gilt u.a., dass jede wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens ein selbständiges Grundstück im Sinne dieses Bundesgesetzes bildet.
Nach dem Feststellungsbescheid des Finanzamts Wien xxx vom bilden die beiden Liegenschaften Adresse1 und Adresse2 gemäß § 2 BewG 1955 eine wirtschaftliche Einheit.
Auf Grund des Verweises in § 11 Abs. 1 KKG auf § 1 Grundsteuergesetz, welcher wiederum auf das Bewertungsgesetz 1955 verweist, ist der vom Finanzamt erlassene Feststellungsbescheid, wonach beide Liegenschaften gemäß § 2 BewG eine wirtschaftliche Einheit bilden, auch für Zwecke der Abwassergebühr maßgeblich. Dem Vorbringen des Bf., wonach dies nicht der Fall sei, kann hingegen nicht gefolgt werden.
Nach § 11 Abs. 3 Z 3 KKG sind keine Gebühren zu entrichten, wenn trotz Anschluss des Grundbesitzes an den öffentlichen Straßenkanal nachweislich keine Möglichkeit zur Einleitung von Abwassermengen in den öffentlichen Straßenkanal besteht.
Diesbezüglich führte der Bf. in seinem Vorlageantrag an, dass es auf der Liegenschaft Adresse1 keinen Kanalanschluss gebe. Da jedoch, wie bereits dargelegt, die beiden Liegenschaften Adresse1 und Adresse2 für Zwecke der Abwassergebühren eine wirtschaftliche Einheit bilden und ein Anschluss an letzterer Adresse gegeben ist, kann dieses Vorbringen zu keiner anderen Beurteilung hinsichtlich des Bestehens einer Verpflichtung zur Entrichtung der Abwassergebühren führen.
Die Abwassergebühr ist gemäß § 11 Abs. 2 KKG nach der Menge des abgegebenen Abwassers zu bemessen und mit einem Betrag je Kubikmeter festzusetzen.
Als in den öffentlichen Kanal abgegeben gilt gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 KKG die von der öffentlichen Wasserversorgung bezogene, nach § 11 Wasserversorgungsgesetz, LGBl. für Wien Nr. 10/1960, ermittelte Wassermenge.
Aus dieser Bestimmung folgt, dass für die bezogenen Wassermengen die Abwassergebühr unabhängig davon festzusetzen ist, ob diese tatsächlich in einen öffentlichen Straßenkanal eingeleitet wurden.
Unstrittig ist die Höhe der im streitgegenständlichen Zeitraum bezogenen Wassermengen. Da diese jeweils die Menge von 100 m³ unterschreiten, kann - wie von der belangten Behörde ins Treffen geführt - eine Herabsetzung der Abwassergebühr nach § 13 Abs. 1 KKG nicht in Betracht gezogen werden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt 2: Unzulässigkeit einer Revision
Gemäß § 25a Abs. 2 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichts ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wurde. Da der Wortlaut der maßgeblichen Bestimmungen eindeutig ist, ist die Revision nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 243 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 KKG, Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz, LGBl. Nr. 02/1978 § 1 Abs. 1 Z 2 GrStG 1955, Grundsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 149/1955 § 51 Abs. 1 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7400084.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at