Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.08.2019, RV/7103041/2018

Wem ist die Verwendung eines Kraftfahrzeugs zuzurechnen?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Dr. Adebiola Bayer in der Beschwerdesache Bf., Adresse, vertreten durch Schmidt & Schmidt KG, Bahnzeile 10, 2130 Mistelbach, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Gänserndorf Mistelbach vom betreffend Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate April bis Dezember 2017 zu Recht: 

1. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO – ersatzlos – aufgehoben.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Im Zuge einer Kontrolle am in Adresse1, wo die Gesellschafter der beschwerdeführenden GmbH (im Folgenden "Bf.") AB, CD und EF Spenglerarbeiten durchführten, stellte die Finanzpolizei einen Pritschenwagen mit dem tschechischen Kennzeichen xxx fest. Zulassungsbesitzer des Fahrzeugs war AB, Gesellschafter und Geschäftsführer der Bf., der über keinen inländischen Wohnsitz verfügte.

In Folge setzte die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate April bis Dezember 2017 fest. Da die Bf. ausschließlich über einen Standort im Inland verfüge, einer der Geschäftsführer, CD, seinen Hauptwohnsitz auch am Firmensitz habe, alle drei Gesellschafter der Bf. im Inland ihre Gewerbeberechtigung innehätten und auch im Inland sozialversichert seien und außerdem das Fahrzeug hauptsächlich als Firmenfahrzeug im Inland verwendet werde, sei der dauernde Standort nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 im Inland. Somit sei die Kraftfahrzeugsteuer vorzuschreiben.

Dagegen erhob die Bf. Beschwerde. Bei dem gegenständlichen Fahrzeug handele es sich nicht um ein Firmenfahrzeug (sonst wäre es auch im Anlagenverzeichnis der Bf. erfasst), sondern um ein Privatfahrzeug, über das AB als Besitzer und in seiner Funktion als geschäftsführender Gesellschafter der GmbH frei verfügen könne. Er kehre täglich mit dem Fahrzeug zu seinem Hauptwohnsitz zurück und sei aus diesem Grund als Tagespendler anzusehen, für den die Bestimmungen des § 79 KFG anzuwenden seien. Nach dieser Norm sei die Verwendung von Fahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen ohne dauernden Standort im Inland zulässig, wenn sie nicht länger als ein Jahr im Inland verwendet würden, wobei jede Fahrt zurück an den Mittelpunkt der Lebensinteressen die Einjahres-Frist unterbreche.

Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Das Fahrzeug sei am Ort der Kontrolle durch die Finanzpolizei zum Transport von Spenglerwaren und dem für die Spenglerei notwendigen Werkzeug verwendet worden. Dies sei durch Fotos belegt und diesen Feststellungen sei auch nicht durch die geschäftsführenden Gesellschafter der Bf. widersprochen worden. Daher sei das Fahrzeug von einer juristischen Person mit Sitz im Inland ohne kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung im Inland verwendet worden und damit sei der Tatbestand der widerrechtlichen Verwendung im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG erfüllt, da die Verwenderin ihren dauernden Standort im Inland habe. Gemäß § 3 Z 2 KfzStG sei Steuerschuldner in allen Fällen, in denen das Fahrzeug nicht in einem inländischen Zulassungsverfahren zugelassen worden sei, jene Person, die das Kraftfahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland verwende. Auf den rechtlichen Besitz an dem Fahrzeug komme es bei der Verwirklichung des Steuerentstehungstatbestandes nicht an. Da die Bf. kein Kraftfahrzeug im Betriebsvermögen habe, sei sie bei Ausführungen der Tätigkeit als Spengler und Dachdecker auf jene Fahrzeuge angewiesen, die ihr von den Gesellschaftern zur Verfügung gestellt würden und die sie in der Folge auch prekaristisch verwende. Dies sei zweifelsohne das beschwerdegegenständliche Fahrzeug, da die Bf. einen LKW zur Ausführung ihrer Tätigkeit benötige. Damit sei die Bf. als Verwenderin des beschwerdegegenständlichen Fahrzeugs anzusehen.

In ihrem Vorlageantrag legte die Bf. dar, dass ausschließlich AB die Kosten für das Fahrzeug getragen habe. In der Buchhaltung der Bf. schienen weder Kosten aus dem Betrieb des Fahrzeuges noch Kilometergelder an AB auf. Dieser sei gemäß dem Zulassungsschein der tschechischen Behörde alleiniger Zulassungsnehmer des Fahrzeugs. Er verwende es auch für private Fahrten, vor allem in der tschechischen Republik. Er habe auch die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit über das Fahrzeug. Er kehre damit jeden Tag an seinen tschechischen Wohnort zurück. CD und EF hätten eigene Privatfahrzeuge, weshalb die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit auch nur AB zuzurechnen sei.

Die belangte Behörde legte den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt

AB, Gesellschafter und Geschäftsführer der beschwerdeführenden GmbH mit Sitz im Inland, war Zulassungsbesitzer eines Fahrzeugs mit dem tschechischen Kennzeichen xxx. Er selbst hatte keinen inländischen Wohnsitz und benutzte das Fahrzeug für private Fahrten wie insbesondere für solche vom und zum tschechischen Wohnsitz. Da die Bf. über kein eigenes Fahrzeug verfügte, wurde ihr das auf AB zugelassene Fahrzeug zur Benutzung überlassen, ohne dass sie dafür Kosten trug.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Akten und ist unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt 1: Aufhebung

§ 1 Abs. 1 Z 2 und 3 KfzStG lauten wie folgt:

㤠1. (1) Der Kraftfahrzeugsteuer unterliegen

[…]

2. in einem ausländischen Zulassungsverfahren zum Verkehr zugelassene Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland verwendet werden;

3.Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung verwendet werden (widerrechtliche Verwendung).“

§ 3 Z 2 KfzStG lautet wie folgt:

㤠3. Steuerschuldner ist

[…]

2. in allen anderen Fällen die Person, die das Kraftfahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland verwendet.“

Kraftfahrzeuge dürfen nach § 36 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG) unbeschadet der Bestimmungen u.a. des § 82 KFG nur dann auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet werden, wenn sie u.a. zum Verkehr zugelassen sind (§§ 37 bis 39 KFG). Gemäß § 79 KFG ist das Verwenden von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen, die keinen dauernden Standort im Bundesgebiet haben, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr unbeschadet zollrechtlicher und gewerberechtlicher Vorschriften nur zulässig, wenn die Fahrzeuge vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet eingebracht wurden und wenn die Vorschriften der §§ 62, 82 und 86 KFG eingehalten werden.

§ 82 Abs. 8 KFG 1967 lautet wie folgt:

"§ 82 [...]

(8) Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, sind bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet unterbricht diese Frist nicht. Nach Ablauf eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug ein weiteres Monat verwendet werden. Danach sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung."

Es steht fest, dass der Zulassungsbesitzer des beschwerdegegenständlichen Fahrzeugs, AB, keinen inländischen Wohnsitz hatte, während der Sitz der Bf. im Inland lag. Strittig und zu klären ist, wem die Verwendung des Fahrzeugs zuzurechnen war.

Da das KfzStG keine Regelung enthält, wem die Verwendung eines Fahrzeugs zuzurechnen ist, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auf den bundesrechtlich geregelten Begriff des Halters des Kraftfahrzeugs nach § 5 Abs. 1 Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz (EKHG) zurückzugreifen. Unter dem Halter ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die Person zu verstehen, die das Fahrzeug auf eigene Rechnung in Gebrauch und die Verfügungsgewalt darüber hat (vgl. dazu etwa OGH, , 9 Ob A 150/00z). Demnach können auch mehrere Personen als Halter in Betracht kommen (). Zur Annahme eines Betriebes auf eigene Rechnung ist es nicht erforderlich, dass der Halter alle Kosten bestreitet (). Trägt ein Benützer eine Fahrzeugs hingegen keine Kosten, kann dieser nicht zum Halter des Fahrzeugs werden (vgl. ).

Da die Bf. für das Fahrzeug keine Kosten trug, kam sie alleine deshalb nicht als dessen Verwenderin in Betracht. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob die Benutzung des Fahrzeuges durch die Bf. dazu führte, dass dieser eine Verfügungsgewalt darüber zukam. Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt 2: Unzulässigkeit einer Revision

Gemäß § 25a Abs. 2 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichts ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wurde. Da dieses Erkenntnis der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung folgt, ist die Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Abs. 1 Z 2 KFZStG, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1952, BGBl. Nr. 110/1952
§ 3 Z 2 KFZStG, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1952, BGBl. Nr. 110/1952
§ 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
Verweise

9 Ob A 150/00z

ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103041.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at