Berücksichtigung diverser Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Vertreterin, über die Beschwerden vom sowie vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 8/16/17 vom in der Fassung der Berichtigung nach § 293 BAO vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2016 zu Recht erkannt:
Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2016 vom in der Fassung der Berichtigung nach § 293 BAO vom bleibt unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Eingabe vom überreichte der am x verstorbene Herr aa der Abgabenbehörde seine Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016. Hierbei machte der einen Behinderungsgrad von 100% aufweisende, sowie Pflegegeld beziehende Antragswerber aus dem Titel der Behinderung herrührende Kosten von 5.265,42 Euro als außergewöhnliche Belastungen (ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes) geltend.
Als Ergebnis eines von der Abgabenhörde initiierten Vorhalteverfahrens wurde eine Aufstellung der Kosten von 5.265,42 Euro nachgereicht, aus welcher abzuleiten war, dass diese im Wesentlichen auf Apothekenrechnungen, auf Aufwendungen für Verbandsmaterial, sanitäre bzw. krankheitsbedingte Hilfsmittel, einem Selbstbehalt für Spitalsaufenthalt, auf Aufwand für Fußpflege und Friseur, auf Taxifahrten, erhöhtem Aufwand für Druckerpatronen sowie auf der Reparatur einer Lederjacke beruhten.
Zunächst fanden in dem mit datierten Einkommensteuerbescheid 2016 vorgenannten Kosten lediglich im Ausmaß von 68,82 Euro als behinderungsbedingte außergewöhnlichen Belastungen Berücksichtigung, wobei das Finanzamt begründend die Auffassung vertrat, dass der "Differenzbetrag" um das steuerfreie Pflegegeld zu kürzen gewesen sei.
In der Folge wurde nämlicher Einkommensteuerbescheid 2016 mit Bescheid vom gemäß § 293 BAO berichtigt und hierbei im Zuge der Neuberechnung der Abgabe nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung laut nachstehender Tabelle zum Ansatz gebracht:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Art der behinderungsbedingten Leistungen | Betrag (in Euro) |
Apotheke | 869,96 |
n – Schuh GmbH | 361,47 |
Fußpflege | 58,00 |
Badewannensitz, Badewannenlifter und Selbstbehalt laut Rechnung vom | 351,60 |
Rollmobil | 198,00 |
Rollmobil | 85,20 |
Sanicare- Ringkissen | 43,50 |
Badebrett | 58,20 |
Verbandssandale | 89,95 |
Gesamtausmaß der behinderungsbedingten Belastungen ohne Berücksichtigung eines Selbstbehalts | 2.107,58 |
Hinsichtlich der nicht anerkannten Differenzbeträge wurde nachstehendes ausgeführt:
"Die geltend gemachten Aufwendungen unter dem Punkt „Fa. o - Verbandsmaterial" und „diverse krankheitsbedingte Hilfsmittel" betreffen Pflegeaufwand und sind daher mit dem Pflegegeld gegen zu rechnen.
Für die beantragten Aufwendungen „m Selbstbehalt bei Spitalsaufenthalt" ist der Leistungszusammenhang nicht ersichtlich, eine Eignung als außergewöhnliche Belastung kann daher nicht festgestellt werden.
Entsprechend § 3 Abs. 1 der genannten Verordnung ist für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen, zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, dass ein Massenbeförderungsmittel auf Grund der Behinderung nicht benützt werden kann, ein Freibetrag von 190,- € monatlich zu berücksichtigen. Nur bei Gehbehinderten, der über kein eigenes Kraftfahrzeug verfugen, sind die Aufwendungen für Taxifahrten zu berücksichtigen (Abs. 2 der Verordnung).
Die eingewandten Aufwendungen der Lederjacken Reparatur und die belegmässig nicht nachgewiesenen Friseurkosten sind Aufwendungen der privaten Lebensführung und gemäß § 20 EStG 1988 nicht abzugsfähig.
Aufwendungen für Druckerpatronen und Wireless Mouse sind der privaten Lebensführung zuzuordnen.
Allenfalls behinderungsbedingter Mehraufwandkostenanteil wurde nicht dargestellt und kann daher keine Berücksichtigung finden."
Zunächst wurde mit Eingabe vom Beschwerde gegen den mit datierten Einkommensteuerbescheid 2016 erhoben und hierbei begründend ausgeführt, dass ungeachtet dessen, der Ansatz behinderungsbedingter Aufwendungen im Ausmaß von 68,82 Euro nicht nachvollziehbar erscheine, die ins Treffen geführte Gegenrechnung mit dem Pflegegeld, welches ausschließlich der Abdeckung des Pflegeaufwandes diene, wohl auf einer Fehlinterpretation des Sachbearbeiters der Abgabenbehörde beruhe.
Darüberhinaus werde - unter Beilegung der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2014 und 2015 - auf die anstandslose Anerkennung der aus dem Titel der Behinderung geltend gemachten Aufwendungen verwiesen.
Mit Schriftsatz vom wurde gegen den gemäß § 293 BAO berichtigten Einkommensteuerbescheid vom Beschwerde erhoben und moniert, dass die Gegenrechnung der Aufwendungen für das Verbandsmaterial unrichtig erfolgt sei, da - laut nochmaliger Rückversicherung beim Leiter der Pflegegeldabteilung - dem Bescheid der PVA eindeutig die Zwecke, für welche das Pflegegeld Verwendung zu finden habe, zu entnehmen seien. Des Weiteren sei in der Ungleichbehandlung der Apothekenrechnungen zu jenen des Verbandsmaterials schon ob identem Verordnungsprozedere ein Widerspruch zu erblicken. Der Vollständigkeit halber werde aber nochmals auf den Umstand verwiesen, dass die Krankheitskosten in den Veranlagungsjahren 2014 und 2015 - ohne entsprechende Rückfragen - in vollem Ausmaß anerkannt worden seien.
Was den Selbstbehalt in Höhe von 32,40 Euro für den Badelifter anlange, so sei dieser wohl Gegenstand einer gesonderten, aber - leider nicht mehr vorhandenen - Faktura gewesen, da im Allgemeinen für jedes Hilfsmittel ein Selbstbehalt in nämlicher Höhe zur Vorschreibung gelange.
In einem als Beschwerde gegen den mit Einkommensteuerbescheid vom titulierten, mit datierten Schriftsatz wurde unter Bezugnahme auf aus Anlass von Krankenhausaufenthalten mit Mitpatienten über den Jahresausgleich geführten Gesprächen nochmals der Verwunderung über die Gegenrechnung der Aufwendungen für behinderungsbedingter Hilfsmittel (Kosten für Badewannenlifter respektive für Rollmobil) Ausdruck verliehen. Darüberhinaus wurde nochmals auf die Notwendigkeit der Anschaffungen für das vom WSP vorgegebenen Verbandsmaterial bzw. auf den Umstand, dass behördlicherseits in den letzten 40 Jahren niemals ein Euro/Schilling geltend gemachter Aufwendungen beanstandet worden sei, hingewiesen.
Auf mittels Vorhalt vom getätigte Anfrage des Finanzamtes nach zusätzlichen behinderungskausalen Kosten wurde im Antwortschreiben vom bekannt gegeben, dass ob der Zuzählung eines Pflegegeldes von rund 450 Euro pro Monat zusätzliche Pflegehonorare nicht angefallen seien, bzw. von der Familie, von Freunden bzw. von Hausparteien getätigte Pflegehilfsdienste mit Kinokarten, Süßigkeiten etc. entlohnt worden seien. Abschließend wurde nochmals die Anerkennung für unregelmäßig anfallende Kosten wie etwa den Badewannenlift ersucht bzw. - unter Hinweis auf die Veranlagungen der Vorjahre - Berücksichtigung des Selbstbehaltes für die Zusatzkrankenversicherung unter Position 476 der Abgabenerklärung beantragt.
In der Folge wurden die gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 vom in der Fassung der Berichtigung nach § 293 BAO vom gerichteten mit sowie mit datierten Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom abgewiesen wobei - nach zum Teil wortwörtlicher Wiedergabe der Rechtsmittelschriftsätze - der Sachverhalt von der belangten Behörde rechtlich wie folgt beurteilt wurde:
"Gemäß § 18 (1) EStG 1988 sind die zu ebendieser Gesetzesstelle (erschöpfend) aufgezählten Ausgaben im Rahmen der Einkommensermittlung als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind.
Für Aufwendungen oder Ausgaben, die nicht in § 18 EStG 1988 genannt sind, kommt ein Sonderausgaben-Abzug somit nicht in Betracht.
Gemäß § 34 EStG 1988 sind bei Ermittlung des Einkommens nach Abzug der Sonderausgaben (i.S.d. § 18 EStG 1988) au(außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Dazu muss die Belastung folgende Voraussetzung erfüllen:
Sie muss außergewöhnlich (§ 34 Abs.2 EStG 1988) sein,
sie muss zwangsläufig (§ 34 Abs.3 EStG 1988) erwachsen,
sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (§ 34 Abs. 4 EStG 1988) und sie darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten, noch Sonderausgaben darstellen.
§ 34 Abs. 6 EStG 1988 legt fest, dass u. a. Aufwendungen i. S. des § 35 EStG 1988, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden, sowie Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 EStG 1988 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld, oder Blindenzulage) übersteigen, ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes [i. S. des § 34 (4) EStG 1988] abgezogen werden können.
§ 35 EStG 1988 legt für Steuerpflichtige, die durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung, bzw. unter bestimmten Voraussetzungen durch eine Behinderung eines (Ehe)Partners und/oder eine Behinderung eines Kindes außergewöhnliche Belastungen hat, soweit er (oder der/die Partner/Partnerin, oder sein Kind) keine pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage usw.) erhält, pauschale Freibetrage fest, deren Höhe sich nach dem Grad der Behinderung bestimmt.
Gemäß § 1 Abs. 3 der aufgrund der §§ 34 und 35 EStG 1988 ergangenen Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen (BGBI 303/1996 i.d.F. BGBI. II 430/2010) sind die in §§ 2 bis 4 der genannten Verordnung genannten Mehraufwendungen nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage usw.) oder um einen Freibetrag nach § 35 (3) EStG 1988 zu kürzen.
§ 2 der Verordnung BGBI 303/1996 (i.d.F. BGBIII430/2010) legt pauschale Mehraufwands-Sätze fest, die ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten bei Krankendiätverpflegung zu berücksichtigen sind.
§ 3 (1) der Verordnung BGBI 303/1996 (i.d.F. BGBI II 430/2010) legt für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benutzen, bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen und Nachweise, für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, dass ein Massenbeförderungsmittel aufgrund der Behinderung nicht benutzt werden kann, einen Freibetrag i. H. v. €190,00 monatlich fest.
§ 3 (2) der Verordnung BGBI 303/1996 (i.d.F. BGBI II 430/2010) bestimmt, dass bei Gehbehinderten mit mindestens 50 %-iger Erwerbsminderung, die über kein eigenes Kfz verfügen, tatsächliche Aufwendungen fur Taxifahrten bis zu einem Betrag von monatlich € 153,00 zu berücksichtigen sind.
§ 4 der Verordnung BGBI 303/1996 (i.d.F. BGBI II430/2010) legt fest, dass nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen fur Hilfsmittel (Z. B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen sind.
Nach Lehre und Rechtsprechung sind Krankheitskosten, die mit der die Minderung der Erwerbsfähigkeit verursachenden Behinderung nicht in ursächlichem Zusammenhang stehen, nur unter Berücksichtigung des Selbstbehaltes (§ 34 Abs. 4 EStG 1988) neben den Mehraufwendungen aufgrund der Behinderung absetzbar. Ebenso sind sämtliche Aufwendungen, die regelmäßig durch eine Pflegebedürftigkeit verursacht werden (wie z. B. Pflegepersonal, pflegebedingtes Material, Hygieneartikel, Bettwäsche usw.) nach Lehre und Rechtsprechung durch das Pflegegeld abgegolten, und insofern weder als außergewöhnliche Belastung, noch in einer anderen Form einkommensmindernd zu berücksichtigen.
Gemäß § 20 EStG 1988 sind Aufwendungen für den Haushalt eines (einer) Steuerpflichtigen und für den Unterhalt (auch) der Familienangehörigen, sowie Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abzugsfähig.
Die Ausführungen im Beschwerdeschreiben vom zu Beschwerdepunkt 1) nach denen der zweifach geltend gemachte Selbstbehalt korrekt sei, da in der Rechnung nur ein Selbstbehalt für einen „Badewannensitz" aufscheine, aber für den Badelifter eine separate, leider nicht mehr vorhandene Rechnung ausgestellt worden sei, und daher ein erneuter Selbstbehalt von € 32,40 angefallen sei, sind durch die vorgelegten Belege eindeutig widerlegt.
Der Rechnung vom ist zweifelsfrei die Lieferung eines drehbaren Badewannensitzes (Art. Nr. 1) sowie eines „Badewannenlifters k" (Art. Nr. 2) zu entnehmen. Während der Badewannenlifter zur Gänze verrechnet worden war, erfolgte die Lieferung des Badewannensitzes ohne Kostenverrechnung über Verordnungsschein und zusätzlicher Anlastung des Selbstbehaltes von € 32,40.
Eine nochmalige Anlastung eines weiteren Selbstbehaltes ergibt sich aus den Belegen nicht, sofern auch der Badewannenlifter durch einen Sozialversicherungsträger (bis auf einen Selbstbehalt - ev. nachträglich) getragen bzw. vergütet worden sein sollte, waren die diesbezüglich bislang zum Abzug als außergewöhnliche Belastung zugelassenen Aufwendungen nachträglich insoweit zu vermindern.
Soweit das Beschwerdeschreiben vom zu Punkt 2) einwendet, dass das Pflegegeld ausschließlich gegen Pflegestunden-Kosten verrechnet werden dürfe, ist auf die Vorgaben des § 35 EStG 1988 und des § 1 (3) der Verordnung BGBI 303/1996 (i.d.F. BGBI II 430/2010), sowie auf die diesbezüglich herrschende Lehre und Rechtsprechung hinzuweisen.
Weder den genannten Bestimmungen, noch anderen abgabenrechtlichen Vorgaben kann entnommen werden, dass diese durch Regelungen aus anderen Rechtsgebieten in deren Geltung für Zwecke der Abgabenermittlung eingeschränkt, oder aufgehoben werden sollten.
Die unter dem Titel „Verbandsmaterial/Wundversorgung" sowie „diverse krankheitsbedingte Hilfsmittel" geltend gemachten Aufwendungen betreffen pflegebedingte Materialien und sind daher mit dem Pflegegeld gegenzurechnen.
Das Beschwerdeschreiben vom stellt zu Beschwerdepunkt 3) klar, dass der diesbezüglich als außergewöhnliche Belastung geltend gemachte Selbstbehalt ausschließlich wegen des Aufenthalts in einem Privatspital angefallen ist.
Irgendwelche kausale Zusammenhänge dieses Selbstbehaltes zu bestimmten dort erhaltenen ärztlichen Leistungen, speziellen Behandlungen usw., oder konkrete medizinische Gründe, die den Aufenthalt nicht in einem allgemeinen Krankenhaus, sondern in einem Privatspital erforderlich gemacht hatten, werden hingegen nicht einmal behauptet.
Nach Lehre und Rechtsprechung führt nicht jeder gesundheitliche Nachteil dazu, höhere Aufwendungen als solche, die von der gesetzlichen Krankenversicherung gedeckt sind, beim Steuerpflichtigen als zwangsläufig erwachsen anzusehen; es muss sich vielmehr urn erhebliche gesundheitliche Nachteile handeln, deren Eintritt ohne den Aufenthalt im Privatspital zu erwarten wäre. Die Beweislast dafür, dass ohne den mit höheren Kosten verbundenen Aufenthalt in einem Privatspital solche triftigen medizinischen Gründe eingetreten waren, trifft stets den Steuerpfiichtigen.
Bezüglich des mit Beschwerdeschreiben vom vorgebrachten Beschwerdepunktes 4) wird hinsichtlich der zuerkannten Freibeträge gemäß §§ 2 und 3 (1) der Verordnung BGBI. 303/1996 (i.d.F. BGBI. II 430/2010) auf die im Berichtigungsbescheid vom ausgewiesenen „Pauschbetrage nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung" (bemessungsgrundlagenwirksamer Betrag € 3.120,00) hingewiesen.
Zufolge des dahin gehenden Einwandes im Beschwerdeschreiben wird darauf hingewiesen, dass § 3 Abs. 1 und 2 der Verordnung BGBI. 303/1996 (i.d.F. BGBI. II 430/2010) nicht darauf abstellt, ob ein(e) Partner(in) oder eine andere Person in bestimmten Situationen in der Lage ist, Fahrten durchzuführen, sondern vielmehr lediglich darauf, ob der Gehbehinderte über ein eigenes Kraftfahrzeug verfügt.
Kosten für eine „Reparatur einer Lederjacke" und „Friseurkosten" [Beschwerdeschreiben vom , Beschwerdepunkte 5) und 6)] sind als allgemeine Kosten der Lebensführung gemäß § 20 EStG 1988 nicht abzugsfähig. Aufwendungen für eine Inanspruchnahme von Friseurleistungen oder Reparatur und/oder Reinigung von Kleidungsstücken sind nicht außergewöhnlich, und insofern auch bei Vorliegen einer Behinderung keiner Umdeutung als „Krankheitskosten", „Heilbehandlungskosten" oder „Pflegeaufwand" zugänglich. Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass (wie im Beschwerdeschreiben angedeutet) im Fall einer Beschädigung der Lederjacke durch eine „Hilfsperson" gegen dieselbe insofern ein Regressanspruch geltend gemacht werden kann, der einer Behandlung als außergewöhnliche Belastung jedenfalls entgegensteht.
Druckerpatronen und eine „Wireless mouse" sind als typische Wirtschaftsgüter des Privatvermögens anzusehen. Derartige Wirtschaftsguter unterliegen grundsätzlich dem Aufteilungsverbot, eine Berücksichtigung anteiliger Kosten im Rahmen der Einkommensermittlung setzt zweifelsfreie (nachweisliche) Feststellungen über das Nutzungsausmaß fur begünstigte (eine Abzugsfähigkeit begründende) Zwecke voraus.
Dass Druckerpatronen und/oder eine mit einem PC zu verbindende Mouse nur für bestimmte Arbeiten am (im Familienverband genutzten) PC jeweils gesondert eingesetzt (angeschlossen) und danach (vor anderen PC-Nutzungen) wieder entnommen (abgeschlossen) und durch andere, schon zuvor verwendete Exemplare rück-ersetzt werden, steht jedenfalls in Widerspruch zu den Erfahrungen des täglichen Lebens. Ein solcher Sachverhalt kann ohne jeden Zweifel ausschließende Nachweise nicht der Abgabenbemessung zugrunde gelegt werden.
Die diesbezüglich geltend gemachten Aufwendungen wurden daher nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt.
Der in der Eingabe vom festgehaltenen Äußerung nach welcher „es, wie Sie im BMF erfahren hatten, im Ermessen desjenigen läge, der den Fall im Finanzamt bearbeite, welche Kosten er akzeptiere", werden die Bestimmungen des § 20 BAO entgegen gehalten.
Demnach und in rechtsrichtiger Anwendung der diesbezuglichen Rechtsprechung besteht Ermessensspielraum ausschließlich nur in jenen Bereichen und insoweit, als das Gesetz entsprechendes Ermessen einräumt. Nur innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Beachtung aller in Betracht kommenden Umstande zu treffen.
Mit der vorliegenden Beschwerdevorentscheidung gilt sowohl die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 vom , als auch die Beschwerde gegen den Berichtigungsbescheid vom als erledigt."
Mit Schriftsatz vom wurde gegen vorgenannte BVE ein Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das BFG gestellt und hierbei eingangs moniert, dass die belangte Behörde im Rahmen der abweisenden Entscheidung die erklärungsgemäßen Veranlagungen der Vorjahre völlig außer Acht gelassen habe. Betreffend den Selbstbehalt von 850,00 Euro für Spitalsaufenthalt sei anzumerken, dass dieser in Verbindung mit einer Gruppenkrankenversicherung stehe und beim ersten Aufenthalt des Versicherten in der Sonderklasse eines Spitals zur Vorschreibung gelange. Entgegen der im bisherigen Verfahren unrichtigerweise gewählten Diktion "Aufenthalt in Privatspitälern" sollte der Text "bei Aufenthalt in der Sonderklasse eines Spitals" lauten. Hierbei beziehe sich die Sonderklasse ausschließlich auf ein Zweibettzimmer und stehe in keinem Zusammenhang mit speziellen Behandlungen bzw. besonderen ärztlichen Leistungen. Beim erstmaligen Anfalls des Selbstbehalts habe eine Rückfrage beim Finanzamt ergeben, dass der Selbstbehalt nicht der Versicherungsjahresprämie hinzuzurechnen sei, sondern unter Position 476 der Einkommensteuererklärung einzutragen sei. Im übrigen sei anzumerken, dass - in Befolgung voran geführten Rates - nämliche Kosten in den letzten 13 Jahren anstandslos akzeptiert worden seien.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Prozessuale Vorbemerkungen
In Ansehung der Tatsache, dass - wie im Verwaltungsgeschehen dargestellt - der Antragswerber verstorben ist, nunmehr die Verlassenschaft in die Rolle als Bf. tritt, wobei die Witwe gemäß dem, mit datierten Beschluss des BG 3 ermächtigt ist, betreffend die Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 prozessuale Handlungen im Namen der beschwerdeführenden Verlassenschaft durchzuführen.
2. Rechtliche Würdigung
Unter Bezugnahme auf die in der BVE in ausführlicher Art und Weise dargestellten Rechtsgrundlagen auf welche das Verwaltungsgericht - schon um Wiederholungen zu vermeiden - verweist, waren nachstehende, über das Ausmaß von 2.107,58 Euro hinausgehende, als außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt titulierte Aufwendungen wie folgt zu beurteilen:
2.1. Diverse krankheitsbedingte Hilfsmittel und Verbandsmaterial (1.707,19 Euro)
Eineinhaltliche Prüfung der im Verwaltungsverfahren nachgereichten Fakturen durch das Verwaltungsgericht zeitigte, dass diese samt und sonders Hygieneartikel sowie Verbandsmaterial umfassten.
Wie bereits in der BVE ausgeführt sind gemäß § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen. Entsprechend der Rechtsprechung gelten als Kosten der Heilbehandlung etwa Arztkosten, Spitalskosten, Kurkosten für ärztlich verordnete Kuren, Therapiekosten oder Kosten für Medikamente, sofern sie mit der Behinderung in einem Zusammenhang stehen. Demgegenüber bilden Aufwendungen, die regelmäßig durch die Pflegebedürftigkeit des Steuerpflichtigen verursacht werden, keine Kosten der Heilbehandlung ().
In ertragsteuerlicher Hinsicht sind vorgenannte Kosten gemäß § 34 Abs. 6 Teilstrich 6 EStG 1988 als Mehraufwendungen aus der Behinderung zu subsumieren, welche ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes abgezogen werden können, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen, beispielsweise wie im vorliegenden Fall jene des Pflegegeldes übersteigen.
In Ansehung des - nach Aktenlage - im streitgegenständlichen Zeitraumes erfolgten Bezuges von Pflegegeld im Ausmaß von 5.195,60 Euro kommt nach der Auffassung des BFG eine Berücksichtigung der unter Punkt 2.1. angeführten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes nicht in Betracht und war dem Rechtsmittel in diesem Punkt der Erfolg zu versagen.
2.2. Ertragsteuerliche Qualifikation des Selbstbehaltes von 850,00 Euro auf Grund eines Aufenthalt in der Sonderklasse einer Krankenanstalt
In Ansehung der Aktenlage sowie der Vorbringen im Verwaltungsverfahren steht fest. dass der verstorbene Herr aa seit dem p Versicherungsnehmer einer Gruppenkrankenversicherung war, wobei in ertragsteuerlicher Hinsicht die Prämienzahlungen Berücksichtigung als Sonderausgaben gefunden haben.
Hierbei war vorgenanntem Vertrag der Passus immanent, dass der Versicherungsnehmer ob des bedungenen Rechtes auf Aufnahme in die Sonderklasse einer (Vertrags)Krankenanstalt einen jährlichen Selbstbehalt in Höhe von 850,00 Euro an den Versicherungsträger zu leisten hat.
Gemäß der in der Bestimmung des § 34 Abs. 1 Satz 2 Z 2 EStG 1988 normierten unabdingbaren, - sprich zur ertragsteuerlichen Berücksichtigung führenden - Tatbestandvoraussetzung, muss die Belastung zwangsläufig erwachsen, wobei dies nach Abs. 3 leg. cit. dann der Fall ist, wenn sich der Steuerpflichtige der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
In Ansehung der Tatsache, dass sich der verstorbene Antragswerber bei Abschluss des Versicherungsvertrages aus freien Stücken dem Regime, dem gemäß er beim ersten Aufenthalt in der Sonderklasse einer Krankenanstalt einen Selbstbehalt von 850,00 Euro an den Versicherungsträger zu entrichten hat, unterworfen hat, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes derartigen Zahlungen schon dem Grunde nicht der Status der Zwangsläufigkeit beizumessen ist und ergo dessen diese nicht den Gegenstand außergewöhnlicher Belastungen bilden (; ).
Nach dem Dafürhalten des BFG kam dem Antrag auf Berücksichtigung des Selbstbehaltes von 850,00 Euro als außergewöhnliche Belastung keine Berechtigung zu.
Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass weder ein vor 13 Jahren (wohl unrichtig) erteilter Rat der Abgabenbehörde betreffend die ertragsteuerliche Behandlung des Selbstbehaltes, noch die Veranlagungen der Vorjahre für die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes präjudiziell sind, sondern dieses vielmehr in rechtlicher Bindung an die gesetzlichen Normen des EStG 1988 zu befinden hat.
2.3. Ertragsteuerliche Behandlung der Taxikosten (102,60 Euro)
Zu diesem Punkt ist die Bf. nochmals auf die klare und unmissverständliche Diktion des § 3 Abs. 2 der VO außergewöhnliche Belastungen BGBl. 303/1996 idF. BGBl. II 430/2010, der gemäß Aufwendungen für Taxifahrten bei einem Gehbehinderten, mit einer Behinderung 50%igen Erwerbsminderung bis zu einem Monatsbetrag von 153,00 Euro nur dann zu berücksichtigen sind, wenn dieser über kein eigenes Kraftfahrzeug verfügt, hinzuweisen.
In Ansehung der Tatsache, dass der verstorben Antragswerber unstrittiger Maßen über eine eigens Kraftfahrzeug verfügt und demzufolge vorstehende Tatbestandsvoraussetzung nicht erfüllt hat, kam dem Antrag auf Berücksichtigung der Taxikosten als außergewöhnliche Belastung keinen Berechtigung zu.
2.4. Behandlung der Aufwendungen für Friseur (138,00 Euro), für erhöhten Bedarf an EDV- Materialen (105,79 Euro) sowie der Reparaturkosten der Lederjacke (54,00 Euro)
Unter grundsätzlicher Bezugnahme auf die Ausführungen der belangten Behörde in der BVE, verbleibt seitens des BFG ergänzend darauf zu verweisen, dass es sich bei den unter Punkt 2.2. angeführten Aufwendungen um typische, rein die private Lebensführung des Abgabepflichtigen tangierende Aufwendungen handelt, welche der Bestimmung des § 20 Abs. 1 lit. 2 a EStG 1988 einerseits ertragsteuerlich nicht (als Werbungskosten) abzugsfähig sind, andererseits mangels Konnexes derselben mit einer Behinderung auch nicht den Gegenstand einer außergewöhnliche Belastung bilden.
In Anbetracht Vorgesagtem vermag das Verwaltungsgericht in der Nichtberücksichtigung obiger Aufwendungen durch die belangte Behörde keine Rechtswidrigkeit zu erblicken.
Zusammenfassend war daher wie im Spruch zu befinden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt im zu beurteilenden Fall nicht vor, da sich die Nichtanerkennung der strittigen Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen sich direkt aus den Bezug habenden gesetzlichen Bestimmungen des EStG 1988 gründet, bzw. auf der im Erkenntnis zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fußt.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 6 Teilstrich 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 1 Abs. 3 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 § 3 Abs. 2 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 § 4 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102574.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at