Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.05.2019, RV/4100398/2013

Insolvenzentgelt - Pflichtveranlagung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin N, in der Beschwerdesache XY über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde FA Klagenfurt vom , betreffend Einkommensteuer 2011 (Arbeitnehmerveranlagung) zu Recht erkannt: 

1. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert (siehe dort die Berechnung der Einkommensteuer). Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer für das Jahr 2011 beträgt:


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Bemessungsgrundlage
Abgabe
Jahr
Art
Höhe
Art
Höhe
2011
Einkommen
22.719,32 €
Einkommensteuer
655,00 €

2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Mit der am bei der belangten Behörde eingelangten Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2011 beantragte der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) einerseits die Anerkennung von Sonderausgaben (Kz 455 und 456), sowie andererseits den pauschalen Freibetrag für Diätverpflegung wegen einer Leberkrankheit als außergewöhnliche Belastung.

Dem Vorhalt der belangten Behörde vom , den Bescheid des Bundessozialamtes über die Diätverpflegung vorzulegen, kam der Bf. am nach und legte ein Schreiben des Bundessozialamtes vom samt Anlage vor.

Mit Bescheid vom wurde dem Begehren des Bf. in Bezug auf die geltend gemachten Sonderausgaben zur Gänze Rechnung getragen; der Antrag auf Zuerkennung des Pauschalbetrages für die Diätverpflegung wurde hingegen vollinhaltlich abgeweisen, da die Erwerbsminderung unter 25% liege. Rücksichtlich der übermittelten Lohnzettel des Insolvenz-Entgelt-Fonds einerseits und der ab andererseits wurde das Einkommen für das streitgegenständliche Jahr mit € 22.719,32 und folglich eine Nachforderung in Höhe von € 655,00 ermittelt.

In der gegen diesen Bescheid am erhobenen Berufung monierte der anwaltlich vertretene Bf. die mangelhafte Begründung des Bescheides im Zusammenhang mit der Abweisung des Pauschalbetrages für die Diätverpflegung und führte weiters aus, dass eine als Folge der Insolvenz seines Arbeitgebers resultierende Nachforderung "nicht ihm angelastet werden" könne. Insgesamt beantragte der Bf. den Bescheid ersatzlos aufzuheben, in eventu den Bescheid aufzuheben und der Behörde I. Instanz die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Mit Schreiben vom wurde der Bf. von der belangten Behörde aufgefordert, mit Nachweisen zu belegen, dass die Nachforderung Folge der Arbeitgeberinsolvenz gewesen sei.

Am legte der Bf. einen Auszug aus der Insolvenzdatei sowie die Forderungsanmeldung im Konkursverfahren vor dem LG AZ, vor.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde der angefochtene Bescheid durch Berücksichtigung des Pauschalbetrages für die Diätverpflegung iHv € 612,00 unter gleichzeitiger Aufrechnung mit einem Selbstbehalt abgeändert. Begründend führte die belangte Behörde darin aus, dass gemäß § 2 Abs 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen (StF: BGBl. Nr. 303/1996; in der Folge kurz: VO über aB) bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von weniger als 25% ein Selbstbehalt gemäß § 34 Abs 4 EStG 1988 zu berücksichtigen sei; weiters wurde unter Darlegung der maßgeblichen Rechtsvorschriften ausgeführt, dass der Lohnzettel der Insolvenz-Entgelt-Fonds-Service GmbH korrekt übermittelt und berücksichtigt worden und folglich die Pflichtveranlagung zu Recht erfolgt sei.

Mit Schriftsatz vom stellte der Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde 2. Instanz.

Im Vorlagebericht der belangten Behörde vom wurde unter Hinweis auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung beantragt, die Berufung als unbegründet abzuweisen. Der Bf. wurde mit Schreiben der belangten Behörde vom selben Tag über die erfolgte Vorlage des Rechtsmittels an den UFS Klagenfurt in Kenntnis gesetzt. 

II. Sachverhalt

1) Der in Z. wohnhafte Bf. war im Zeitraum vom bis als Arbeiter bei der Fa. xy, beschäftigt. Mit Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt vom 00 wurde über das Vermögen dieser Gesellschaft das Konkursverfahren eröffnet. Das Arbeitsverhältnis wurde vom Bf. gemäß § 25 Abs 1 IO durch vorzeitigen Austritt aufgelöst.

Im Jahr 2011 bezog der Bf. Insolvenz-Entgelt in Höhe von gesamt brutto € 8.797,32 (210). Dieser Betrag setzt sich zusammen aus Entgeltszahlungen für die Monate Jänner und Feber 2011, Urlaubsersatzleistungen ( bis ), Sonderzahlungen ( bis ) und der Kündigungsentschädigung ( bis ). In diesen Entgelten waren weiters Diäten ( bis ) sowie Zahlungen für geleistete Überstunden ( bis ) enthalten. 

Weiters lukrierte der Bf. im streitgegenständlichen Jahr Einkünfte aus einem Dienstverhältnis zur ab iHv brutto € 24.561,06 (210).

Nach dem vorgelegten Lohnzettel der Insolvenz-Entgelt-Fonds-Service GmbH wurde vom Bruttobetrag (210) in Höhe von                                                       € 8.797,32,

1/5, das sind sohin                                                                        - € 1.759,46

steuerfrei gestellt und die einbehaltenen SV-Beiträge, abzüglich jener für § 67 Abs. 3 bis 8 EStG 1988, sohin                                                                        - €1.232,40

abgezogen. Daraus errechnen sich somit steuerpflichtige Bezüge (245) in Höhe von

                                                                                                         € 5.805,46.

Die Insolvenz-Entgelt-Fonds-Service GmbH hat von diesem Betrag Lohnsteuer iHv 15%, ds € 870,83, einbehalten, die im Zuge der Veranlagung - gemeinsam mit der von der ab einbehaltenen - angerechnet wurde (260).

2) Der Bf. leidet unter einer chronischen Hepatitis B und Bluthochdruck; der Gesamtgrad der Behinderung beträgt ab dem Jahr 2009 20% (in Worten: zwanzig Prozent); er benötigt wegen der Lebererkrankung eine Krankendiätverpflegung.

Er war weiters im Jahr 2011 mehr als sechs Monate mit as verheiratet, die im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit von mehr als 6.000 EURO erzielte. Der Bf. ist weiters der Vater von ac, geb. am ; für diese Tochter wurden im streitgegenständlichen Jahr für einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten der Kinderabsetzbetrag ausbezahlt .

III. Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen basieren auf dem unstrittigen Inhalt des Verfahrensaktes, insbesondere den darin erliegenden Lohnzettel, den mit anwaltlichen Schriftsatz vom vorgelegten Urkunden Beilagen ./A und ./B, sowie dem Schreiben des Bundessozialamtes vom .

Die Feststellungen zur Ehefrau des Bf. resultieren aus deren Steuerakt; jene die Tochter ac betreffend aus deren Familienbeihilfeakt.

IV. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 323 Abs 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht. Das Bundesfinanzgericht ist sohin für die gegenständliche Beschwerde sachlich zuständig.

Zwischen den Parteien ist strittig, ob die Pflichtveranlagung aufgrund der Zahlungen von Insolvenz-Entgelt sowie die Nichtanerkennung der Krankendiätverpflegung bzw. die Tragung eines Selbstbehaltes in diesem Zusammenhang rechtens ist.

1) Veranlagung iZm Zahlungen von Insolvenz-Entgelt:

Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zählt gemäß § 25 Abs 1 Z 2 lit e EStG 1988 das Insolvenz-Entgelt, das durch den Insolvenz-Entgelt-Fonds ausgezahlt wird. Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten,so ist der Steuerpflichtige nach § 41 Abs 1 Z 3 EStG 1988 unter anderem dann zwingend zu veranlagen, wenn im Kalenderjahr Bezüge gemäß § 69 Abs 6 leg. cit (Insolvenz-Entgelt) zugeflossen sind. Hintergrund dieser Bestimmungen ist, dass im Falle von Nachzahlungen im Insolvenzverfahren durch den Insolvenz-Entgelt-Fonds nur der Nettobetrag zur Auszahlung gelangt, also der Betrag, der dem Arbeitnehmer zur freien Verfügung ausbezahlt wird (). Bei dessen Berechnung hat der Fonds nach § 67 Abs 8 lit g EStG 1988 vorzugehen, also steuerfreie Bezüge auszuscheiden, Bezüge gemäß § 67 Abs 3, 6 und 8 lit e und f leg. cit. mit dem jeweiligen festen Steuersatz zu versteuern und Beiträge iSd § 62 Z 3, 4 und 5 EStG 1988 inklusive der Dienstnehmerbeitragsanteile zur Sozialversicherung (§ 3 Abs 1 IESG) abzuziehen. Vom sich ergebenden Betrag ist ein Fünftel steuerfrei zu belassen; vier Fünftel sind mit einer vorläufigen laufenden Lohnsteuer iHv 15% zu versteuern. Da sohin der LSt-Abzug nur vorläufig mit 15% erfolgt, sind die Bezüge zwingend zu veranlagen (). Nachdem dem Bf. - unstrittig - im Jahr 2011 Insolvenz- Entgelt im festgestellten Ausmass zufloß, war in Anlehnung an die zuvor zitierten klaren Gesetzesbestimmungen und der dazu ergangenen Judikatur zwingend eine Veranlagung vorzunehmen. Das Argument des Bf., wonach ihm die Insolvenz des Arbeitsgebers "nicht angelastet werden könne" steht sohin nicht im Einklang mit der Gesetzeslage. 

2) Pauschalbetrag für die Krankendiätverpflegung:

Gemäß § 34 Abs 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Der Bf. ist im Sinne der leg. cit unbeschränkt steuerpflichtig, hatte er doch im Jahr 2011 seinen Wohnsitz iSd § 1 Abs 2 EStG iVm § 26 BAO in Österreich.

Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belstungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung und erhält er keine pflegebedingten Geldleistungen, so steht ihm gemäß § 35 Abs 1 EStG 1988 ein Freibetrag gemäß Abs 3 leg cit zu. Nach § 35 Abs 3 EStG 1988 wird dieser jährlich zu gewährende Freibetrag gestaffelt nach dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit, wobei dieser kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung zumindest 25% betragen muss. Nach Abs 7 leg cit kann der Bundesminister für Finanzen nach den Erfahrungen der Praxis im Verordnungsweg Durchschnittssätze für die Kosten bestimmter Krankheiten sowie körperlicher und geistiger Gebrechen festsetzen, die zu Behinderungen im Sinne des Abs 3 führen. Gemäß § 2 Abs 1 der auf Grundlage dieser Ermächtigung ergangenen VO über aB sind ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten als Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung bei Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit € 51 pro Kalendermonat zu berücksichtigen. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von weniger als 25% sind die angeführten Beträge ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten nach Abzug des Selbstbehaltes gemäß § 34 Abs 4 EStG 1988 zu berücksichtigen (§ 2 Abs 2 VO über aB). Aus all dem Vorgesagten resultiert sohin für den gegenständlichen Fall, dass außergewöhnliche Belastungen aufgrund einer eigenen Behinderung, deren Grad 25% nicht erreicht, die jedoch eine Krankendiätverpflegung bedingt, ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten pro Kalendermonat € 51,-- als Mehraufwendungen zu berücksichtigen sind, dies jedoch unter Tragung eines Selbstbehaltes durch den Steuerpflichtigen.

Als Ergebnis ist sohin festzuhalten, dass die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung zu Recht die in der VO über aB vorgesehenen € 51 pro Kalendermonat, sohin € 612 als außergewöhnliche Belastungen anerkannt, in der Folge jedoch einen Selbstbehalt in selber Höhe abgezogen hat. Schließlich ist in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen, dass der Selbstbehalt gemäß § 34 Abs 4 EStG 1988 bei einem Einkommen von mehr als 14.600 EURO bis 36.400 EURO 10% beträgt. Nachdem dem Bf. im Jahr 2011 - aufgrund des Eigeneinkommens seiner Gattin - , kein Alleinverdienerabsetzbetrag zusteht, dessen Tochter ac jedoch als Kind iSd § 106 EStG 1988 anzusehen ist, vermindert sich der Selbstbehalt gemäß dem 1. Spiegelstrich der leg. cit. um einen Prozentpunkt auf 9%. Selbst unter Zugrundelegung dieses Prozentsatzes ist für die Argumentation des Bf. nichts gewonnen, zumal der sich daraus ergebende Selbstbehalt den Pauschalbetrag für die Diätverpflegung bei weitem übersteigt. 

3) Eine allfällige mangelhafte Begründung des angefochtenen Bescheides wurde mit der Beschwerdevorentscheidung saniert, die den gesetzlichen Vorgaben an die Begründungspflicht entspricht.

Insgesamt zeigt sich sohin, dass der Beschwerde nur im Umfang der Berschwerdevorentscheidung vom Folge gegeben werden konnte. 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Keiner dieser gesetzlichen Tatbestände ist gegenständlich erfüllt.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.4100398.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at