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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.04.2019, RV/4100689/2014

Umzugskosten als Werbungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK


Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache des BF, vertreten durch die Kohlfürst, Roth & Partner Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH, St. Veiter Ring 1A, 9020 Klagenfurt am Wörthersee, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Klagenfurt vom betreffend Einkommensteuer 2012 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist, ob vom Beschwerdeführer (BF) aus Anlass seiner Wohnsitzverlegung von der Schweiz nach Österreich getätigte Ausgaben (Reisekosten Euro 5.241,60 und Umzugskosten Euro 3.712,80) als Werbungskosten abzugsfähig sind.

Das Bundesfinanzgericht geht bei Beantwortung dieser Frage vom folgenden, vom BF dargelegten Sachverhalt aus:

Der BF beendete seine berufliche Tätigkeit in der Schweiz mit und verlegte seinen Wohnsitz nach Österreich.

In Österreich war der BF bis Mitte/Ende des Jahres 2013 überwiegend mit der Errichtung eines Eigenheimes beschäftigt.

Darüber hinaus beabsichtigte der BF, im „Familienbetrieb“, nämlich der A GmbH, Fuß zu fassen und im Rahmen der Geschäftsführung tätig zu werden. Aufgrund von firmeninternen Unstimmigkeiten, welche unter anderem durch die „Implementierung des BF in die Geschäftsführung“ der A GmbH Mitte des Jahres 2012 ausgelöst wurden, kam es in weiterer Folge dazu, dass sich die Familie einstimmig zum Verkauf der Anteile an der A GmbH entschlossen hat. Die Veräußerung der Anteile an der A GmbH erfolgte schließlich mit .

Bis zum genannten Zeitpunkt ging der BF unbestritten keiner unselbstständigen Tätigkeit nach und hat sich angesichts der oben dargestellten Umstände auch bei keinem Unternehmer um die Einstellung als Dienstnehmer beworben. Erst nach dem Verkauf der Anteile an der A GmbH konnte sich der BF, da seine unentgeltliche Unterstützung der Familie nicht mehr benötigt wurde, um eine berufliche Laufbahn in Österreich kümmern. Schließlich nahm der BF mit bei der G eine nichtselbstständige Tätigkeit auf.

Laut Firmenbuch war der BF am Stammkapital der A GmbH von Euro 80.000,-- mit Euro 7.840,-- beteiligt. Als Geschäftsführer war der BF im Firmenbuch nicht eingetragen. Aus der Veräußerung seiner Anteile erklärte der BF Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. Euro 528.337,60 (besteuert mit dem besonderen Steuersatz von 25%).

Laut Beschwerdevorbringen ist der BF zum Abzug der eingangs dargestellten Kosten als Werbungskosten berechtigt, weil die Kosten in direktem Zusammenhang mit der Schaffung von Steuersubstrat für die Republik Österreich stehen würden. So habe der BF beispielsweise anlässlich der Übersiedlung im Jahre 2012 auch Normverbrauchsabgabe entrichtet. In eventu sei der Abzug der Kosten im Jahr 2014, dem Jahr der Aufnahme einer nichtselbstständigen Tätigkeit, vorzunehmen.

Das Finanzamt vertritt demgegenüber die Meinung, dass die Kosten nicht unmittelbar beruflich veranlasst waren.


Über die Beschwerde wurde erwogen:

Nach § 16 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988) sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Gemäß § 19 Abs. 2 EStG 1988 sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.

Nach § 20 Abs. 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen (und damit alle mit dem Wohnen verbundenen Kosten) nicht abgezogen werden.

Das Finanzamt führt in diesem Zusammenhang im (auch dem BF übermittelten) Vorlagebericht Folgendes aus:

Umzugskosten können jedoch dann Werbungskosten sein, wenn der Umzug beruflich veranlasst ist. Eine berufliche Veranlassung kann beim erstmaligen Antritt eines Dienstverhältnisses, beim Wechsel des Dienstgebers oder im Falle einer dauernden Versetzung durch den gegenwärtigen Dienstgeber (im Falle der Arbeitskräfteüberlassung durch das überlassende Unternehmen) vorliegen. Umzugskosten ohne Wechsel des Dienstortes und ohne Verpflichtung, eine Dienstwohnung zu beziehen, sind nicht absetzbar. Im Streitfall trifft keine der drei vorgenannten Varianten zu; es kam nicht zu einem Wechsel des Dienst- sondern lediglich des Wohnortes, weshalb nach Ansicht des Finanzamtes nicht von einem beruflich veranlassten Umzug auszugehen ist. Der Bf. hat auch selbst erklärt, dass die Streitigkeiten im Familienunternehmen der überwiegende Grund für die Wohnsitzverlegung nach Österreich gewesen seien.

Der VwGH hat festgestellt, dass in Fällen von Aufwendungen, die ihrer Art nach eine private Veranlassung nahelegen, die Veranlassung durch die Einkunftserzielung nur dann angenommen werden dürfe, wenn sich die Aufwendungen als für die berufliche Tätigkeit notwendig erweisen (). Auf den gegenständlichen Fall übertragen bedeutet das, dass eine Berücksichtigung von Umzugskosten unter dem Titel Werbungskosten nur in Frage käme, wenn der Umzug als für die Erzielung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit erwiesen ist. Das ist nach Ansicht des Finanzamtes jedoch keineswegs der Fall, weshalb die Umzugskosten gem. § 20 EStG nicht abzugsfähige Aufwendungen der Lebensführung darstellen.

Das Finanzamt schließt sich auch dem Einwand, es habe sich um ‚vorweggenommene Werbungskosten‘ gehandelt, nicht an. Werbungskosten können zwar uU bereits gegeben sein, bevor Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit anfallen. Dies jedoch nur dann, wenn die ernsthafte Absicht zur späteren Einnahmenerzielung aufgrund bindender Vereinbarungen oder sonstiger, über die Absichtserklärung hinaus gehender Umstände klar erwiesen ist bzw. diese Umstände klar und eindeutig nach außen in Erscheinung treten (vgl. ; ). Der Bf. hat weder behauptet noch nachgewiesen, dass er im Streitjahr konkrete Vorbereitungshandlungen zur Erzielung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gesetzt habe.

Werden Aufwendungen nicht in Zusammenhang mit einer bestimmten in Aussicht genommenen Einkunftsquelle getätigt und ist die angestrebte Art der zukünftigen Tätigkeit noch ungewiss, liegen laut Judikatur ebenso nichtabzugsfähige Aufwendungen der Lebenshaltung vor ().

Dem Vorbringen des Bf., dass bei Streichung der strittigen Werbungskosten für das Jahr 2012 eine Verschiebung derselben in ein späteres Veranlagungsjahr zuzulassen sei, wird seitens des Finanzamtes entgegengehalten, dass gem. § 19 Abs. 2 EStG Ausgaben immer für das Kalenderjahr abzusetzen sind, in dem sie geleistet werden. Darauf, welches Kalenderjahr die Ausgaben wirtschaftlich treffen, kommt es nicht an ().

Da die strittigen Umzugskosten nicht der Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung von Einnahmen aus einem (neuen) Dienstverhältnis dienen, kommt eine Berücksichtigung unter dem Titel Werbungskosten im Streitjahr schon aus diesem Grunde nicht in Betracht und ist aufgrund der dargestellten Überlegungen auch eine Qualifikation als vorweggenommene Werbungskosten oder ein Verschieben der Aufwendungen in ein künftiges Veranlagungsjahr ausgeschlossen.

Das Bundesfinanzgericht schließt sich den obigen Ausführungen des Finanzamtes vollinhaltlich an und ergänzt:

Nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Im gegenständlichen Fall war die vom BF für die Eder Blechbau GmbH entfaltete Tätigkeit - welcher Art auch immer - seinem Vorbringen nach unentgeltlich und stand der BF zudem nicht in einem Dienstverhältnis zur genannten Gesellschaft (der BF war auch laut Firmenbuch nicht Geschäftsführer der Gesellschaft). Mangels entsprechender Einnahmen kommt daher ein Werbungskostenabzug ebenso nicht in Betracht.

Die vom BF aus der Veräußerung seiner Anteile erklärten Einkünfte aus Kapitalvermögen wurden gemäß § 27 Abs. 1 EStG 1988 in der damals geltenden Fassung mit dem besonderen Steuersatz von 25% besteuert. Diesfalls verbietet der 2. Teilstrich des § 20 Abs. 2 EStG 1988 den Abzug von Ausgaben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.


Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Erkenntnis entspricht der oben angesprochenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, weswegen die Revision nicht zuzulassen war.

Klagenfurt am Wörthersee, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at