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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.04.2019, RV/4100046/2014

Nachsicht, Abgabenschuldigkeiten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. H.L in der Beschwerdesache E.S, G., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes G. vom betreffend Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten gemäß § 236 Bundesabgabenordnung (BAO) zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die S.1/W. E.-Ges.m.b.H., St.Nr. 23i45r, (im Folgenden: GmbH), wurde mit Gesellschaftsvertrag vom errichtet. Der Beschwerdeführer  E.S (im Folgenden: Bf.) und L.i.J waren mit zwei weiteren Personen Gründungsgesellschafter (je 25%) der GmbH, welche auf der Liegenschaft EZ ee4 GB 2311 eine Seniorenheimstätte (50 Betten) betreibt.
Die GmbH erwarb mit Kaufvertrag vom  eine Liegenschaft um ATS 5,000.000,00 zum Zwecke des Betriebes der Seniorenheimstätte. Die S.1 E.S - L.i.J Ges.n.b.R., Steuernummer 12x, (im Folgenden: GesnbR) ist wirtschaftlicher Eigentümer zweier Superädifikate (Gebäude, 2-geschoßig, und Bauwerk im Ausmaß von 80m2 Schätzwert laut Sachverständigen DI B.Ga.: € 295.000,00 ). Die Bauwerke stehen auf der Betriebsliegenschaft der GesmbH. Der Bf. war von 2002 bis 2010 Gesellschafter der GmbH (Firmenbuch, FN fghd s). 

A.1 Antrag vom

Mit Schriftsatz vom beantragte der Bf., St.Nr. 7890?, beim Finanzamt Maßnahmen gemäß § 236 Abs. 1 und 2, § 238, § 239, § 215 (4), § 303 (1) lit. a-c und (2) BAO in Verbindung mit § 1478 ABGB, wie die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Veranlagung der Einkommensteuer 2003 und 2004 sowie die Rückerstattung der zu Unrecht entrichteten Einkommensteuer 2003 iHv € 34.602,07 und Einkommensteuer 2004 iHv € 16.668,39, insgesamt € 51.270,46, laut der beigeschlossenen Berechnung.

Als Rechtsgrundlagen wurden Artikel 18 B-VG (Legalitätsprinzip) im Zusammenhang mit §§ 20-24 BAO und §§ 114-116 BAO, § 188 BAO angeführt. Begründend führte der Bf. aus, dass gemäß Artikel 18 Abs. 1 B-VG die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund von Gesetzen ausgeübt werden darf. Das Handeln der Verwaltung soll für den Bürger vorhersehbar sein und Willkür verhindern. Gemäß § 20 BAO müssen Entscheidungen die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben, sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht.
Aus § 114 BAO leite sich ab, dass die Abgabenbehörden darauf zu achten haben, dass die Abgabenvorschriften auf alle Abgabepflichtigen gleichmäßig angewendet würden. Als weitere Beweismittel für das Vorbringen wurden aufgelistet:

Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom ;
Schreiben des Vorstandes des Finanzamtes vom ;
Schreiben des Bf. vom , , , , - Darstellung der Ereignisse ab 2003, (Beilage A).

Auf den Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung gemäß § 150 BAO bei der GmbH für die Jahre 2005 bis 2008,  ABNr. Nummer123, Tz. 4, vom wurde verwiesen. Darin sei aufgrund der "Angehörigen-Rechtsprechung" entschieden worden, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung gegenüber der GmbH vorliege.

Der Antragsteller fühle sich in seinen Rechten verletzt. Ihm ist durch das Verhalten der Abgabenbehörde ein nicht wieder gut zu machender Schaden entstanden und seine Existenz zerstört worden.

Der Antragsteller war Gesellschafter (33%) der GmbH und Gesellschafter (50%) der GesnbR.
Der Antragsteller ist aufgrund des Schenkungsvertrages vom  ab Jänner 2002 zu 50% Gesellschafter der GesnbR geworden, wobei im Zeitraum 2001 bis 2004 enorme steuerliche Gewinne erklärt worden wären. Dem Bf. wurden mit dem Schenkungsvetrag die Anteile seiner Mutter an der GesnbR übertragen. Die GesnbR ist wirtschaftlicher Eigentümer zweier Superädifikate, welche im zivilrechtlichen Eigentum des Bf. und der Mitgesellschafterin L.i.J stehen.

Aufgrund untragbarer Zustände in den Betrieben (GmbH und GesnbR) hat der Bf. am beim Finanzamt eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht und wegen des Verdachtes vorsätzlicher Abgabenhinterziehungen den Antrag auf Betriebsprüfung rückwirkend bis 2003 gestellt. Schließlich wurden die Jahre 2005 bis 2008 einer abgabenbehördlichen Prüfung unterzogen.

Den größten Teil der Berichtigungen (Korrekturen) innerhalb beider Betriebe habe es bei den Kostenersätzen der GesnbR gegenüber der GmbH für erbrachte Leistungen gegeben. Dies aufgrund der bestehenden Rechtslage und eindeutiger, ständiger Rechtsprechnung.

Die Abgabenbehörde wäre verpflichtet gewesen, von sich aus auch die Jahre 2003 und 2004 zu prüfen bzw. neu aufzurollen, weil die Jahre 2001 bis 2004 zuvor vom selben BV-Team geprüft worden wären.

Schließlich habe das Finanzamt wegen seines Einkommensteuerrückstandes 2002 bis 2004 gegen den Antragsteller Konkursantrag (März 2006) gestellt. Dem Antragsteller sei die Eigenverantwortung entzogen und die Vermögenswerte verwertet worden.

Die sich im Zuge und als Ergebnis der abgabenbehördlichen Prüfung bei der GmbH (im Jahr 2009) in weiterer Folge ergebenden Gewinnminderungen bei der GesnbR in den Jahren 2005 bis 2008 wirkten sich für den Gesellschafter der GesnbR so aus, dass infolge der Gewinnminderungen bei der GesnbR, die zu hoch festgesetzte Einkommensteuer beim Bf. der Jahre 2005 bis 2008 iHv € 35.142,56 am und € 24.867,14 am im Insolvenzverfahren (2006 bis 2010) an den Masseverwalter zurückbezahlt wurden.

Die GmbH habe in den Jahren 2002-2004 zu geringe Aufwendungen (Betrieb-Pflege) gegenüber der GesnbR verrechnet. Ausgehend vom Gesamtaufwand der GmbH hätte der von der GmbH an die GesnbR tatsächlich höher zu verrechnende Aufwand bei der GesnbR zu einem geringeren Gewinn im Jahr 2003 bzw. im Jahr 2004 zu einem Verlust geführt. Tabellarisch wurde dies wie folgt (Antrag, Seite 6) dargestellt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
 
2003
2004
Aufwand GesmbH
930.499,35
1.044.689,19
Anteil GesnbR 34%
316.369,77
355.194,32
Aufwand lt. Bilanz
165.600,00
270.000,00
zu geringer Aufwand 
150.796,77
85.194,32
Gewinn lt. Bilanz
196.178,47
81.806,99
tatsächl. Gewinn GesnbR
45.408,70
- 3.387,33
Anteil W. (=Bf.)
22.704,35
- 1.693,66

Dadurch, dass das Finanzamt die Jahre 2003 und 2004 nicht neu aufgerollt habe, liege eine Verletzung des Legalitätprinzips und ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben vor.
Schriftlich führte der Bf.(Seite 4), wie folgt  aus:

"Auf Grund untragbarer Umstände der Geschäftsführerin L.i.J der beiden Betriebe hat der Antragsteller mit der 1.schriftlichen Eingabe vom , gerichtet an das BV-Team T1, eine Sachverhaltsdarstellung unterbreitet und den Antrag auf Betriebsprüfung gestellt. Es folgten unzählige weitere Eingaben und Beweisanträge die insgesamt aus den Akten beim BV-Team T1 ersichtlich sind.
Schließlich wurden die Jahre 2005 bis 2008, obwohl Anträge wegen des dringenden Verdachtes der vorsätzlichen Abgabenhinterziehung rückwirkend ab 2003 gestellt wurden, gemäß § 303 BAO in Verbindung mit § 150 BAO aufgerollt.
Dabei wurden im Wesentlichen Umsatzkorrekturen zugunsten der Ges.n.b.R. sowie Erlösverkürzungen der Geschäftsführerin in der GesmbH vorgenommen.
Den größten Teil an Berichtigungen innerhalb der beiden Betriebe ergab die Korrektur der Kostenersätze der Ges.n.b.R. gegenüber der GesmbH. Dies aufgrund bestehender Rechtsgrundlagen und eindeutiger ständiger Rechtsprechung (Judikatur). Bereits hierwäre die Abgabenbehörde verpflichtet gewesen die Jahre 2003 und 2004 von sich aus aufzurollen, weil die Vorjahre 2001 bis 2004 vom selben BV-Team T1 geprüft wurden.
Für diesen Zeitraum 2001 – 2004,wobei der Antragsteller erst aufgrund des Schenkungsvertrages vom mit Wirkung Gesellschafter der Ges.n.b.R. wurde, wurden enorme steuerliche Gewinne erklärt und zum Großteil auch entrichtet.
....."

Auf Seiten 5-6 des Antrages führte der Bf. für die Jahre 2003 und 2004 aus, dass die Einkommensteuer 2003 unter Zugrundelegung von Einkünften aus Gewerbebetrieb iHv € 22.704,35 einen Betrag iHv. € 13.624,52 ausmachen würde. Im Jahre 2004 würde unter Zugrundelegung der korrigierten Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv Euro -1.693,66, ein Verlust vorliegen.

Dies wurde tabellarisch wie folgt dargestellt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bezeichnung
2003
2004
Wareneinkauf
73.814,40
82.715,47
Löhne
657.662,55
749.112,94
Energie
20.599,64
22.677,87
Erhaltungsaufwand
100.874,91
97.997,68
Verwaltungsaufwand
22.396,13
40.379,64
Mieten
10.902,63
11.700,60
Steuern und Geb.
5.650,05
11.451,77
Kfz-Aufwand
3.602,60
4.446,15
Reisekosten, Werbung
6.785,81
12.439,35
Versicherungen
7.103,32
11.767,72
Sonstiger Aufwand
17.098,21
---
Schadensfälle
17.098,21
---


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtaufwand GmbH
930.499,35
1.044.689,19
Anteil Ges.n.b.R. 34 %
316.369,77
355.194,32
Aufwand lt. Bilanz
165.600,--
270.000,--
Zu geringer Aufwand
150.769,77
85.194,32
Gewinn lt. Bilanz
196.178,47
81.806,99
Aufwanderhöhung
- 150.769,77
- 85.194,32
Tatsächlicher Gewinn Ges.n.b.R.
+ 45.408,70
Verlust – 3.397,33
Anteil W. 50 %
+ 22.704,35
- 1.693,66

Laut der Tabelle hätte der von der BetriebsgesmbH an die GesnbR zu verrechnende Anteil 34% am Gesamtaufwand der GmbH ausmachen müssen. Dadurch würde sich der Aufwand der GesnbR 2003, 2004 erhöhen und eine Gewinnminderung eintreten. Er begehre die Rückerstattung von zu viel entrichteter Einkommensteuer für die Jahre 2003 und 2004, welche aus der Korrektur von unrichtigen Gewinnansätzen resultiere.

Eine sachliche Unbilligkeit der Einhebung liege vor, soweit die Geltendmachung des Abgabenanspruches von Rechtsauslegungen des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes abweiche, wenn im Vertrauen auf die Rechtsprechung für die Verwirklichung des die Abgabenpflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Umstände gesetzt worden wären.

A.2 Antrag vom :

Bereits mit Antrag vom beantragte der Bf. für die GesnbR, Steuernummer 12x, die Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO 2002, 2003 und 2004 vom  sowie die damit verbundenen Einkommensteuerbescheide 2002, 2003 und 2004 vom gemäß § 295 BAO dahingehend abzuändern, dass sie den Ergebnissen der im Jahr 2009 durchgeführten Betriebsprüfung (Jahre 2005 bis 2008) angepasst werden.
Begründend führte der Bf. aus, dass eine sachliche Unbilligkeit der Einhebung vorliege, wenn die Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Sachliche Unbilligkeit liege vor, wenn ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis vorliege (; ; ).
Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben stelle eine sachliche Unbilligkeit dar. Für die Nachsicht bereits entrichteter Abgabenschuldigkeiten könne kein strengerer Maßstab angelegt werden als bei Nachsicht noch nicht entrichteter Abgaben.

Es liege ein Vertrauensschaden vor. Dieser ermittelt sich in der Differenz zwischen jener Abgabenschuld, die sich aus dem im Vertrauen auf die Auskunft gesetzten Verhalten ergibt und die Abgabenbelastung, die aus dem Verhalten resultiert wäre, das der Abgabepflichtige gesetzte hätte, wenn ihm eine richtige Auskunft erteilt worden wäre.

Schriftlich wurde ausgeführt:

"Als Verhalten ist nicht nur die Verwirklichung bzw. Nichtverwirklichung des abgabenrelevanten Sachverhaltes zu verstehen. Es sind auch andere wirtschaftliche Dispositionen des Abgabepflichtigen zu berücksichtigen, die er bei richtiger Auskunft gesetzt hätte."

B. Abgabenbehördliche Verfahren - Einkommensteuerbescheide für 2002, 2003 und 2004; 
Anträge, Anzeigen des Bf. an das Finanzamt;
Schriftsätze des Finanzamtes, BMF an den Bf.:

Das Finanzamt setzte im Jahr 2005 die Einkommensteuer 2002 bis 2004 mit Bescheiden vom gemäß § 295 (1) BAO (Bescheidänderungen), wie folgt fest:

2002:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb: € 74.836,35,74
Gesamtbetrag d. Einkünfte.: € 93.949,30,
Einkommensteuer 2003: € 36.531,39;
2003:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb: € 108.614,74
Gesamtbetrag d. Einkünfte.: € 127.938,12,
Einkommensteuer 2003: € 53.489,22;
2004:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb: € 50.546,50,
Gesamtbetrag d.Einkünfte: € 69.657,40,
Einkommensteuer 2004: € 24.476,04.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Bescheidänderungen aufgrund der bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes zur GesnbR vom erfolgten.

Stundungsgesuch vom :

Der Bf. beantragte mit Schriftsatz vom die Stundung seines Rückstandes am Abgabenkonto (Steuernummer 7890?).

Begründend führte der Bf. schriftlich aus:

"Wie ich dem Finanzamt G. schon in meiner letzten Eingabe vom mitgeteilt habe gab es im Wirtschaftsjahr 2004 durch enorme Zu- und Umbauarbeiten,......, Einnahmenausfälle in nicht vorhersehbarer Höhe.- Lt. Bilanz 2004 .....-.
Der Verlust betrug Euro -205.017.69."

Er stehe mit Direktor I.G von der kreditfinanzierenden Bank der GmbH und der GesbR zwecks Finanzierung der Außenstände in Verbindung. Derzeit gehen sämtliche Einnahmen aus dem Unternehmen an die Bank, jedoch habe der Direktor in Aussicht gestellt, die notwendigen liquiden Mittel freizugeben.

Mit Schriftsatz vom teilte der Bf. dem Finanzamt mit, dass er gegen Bezahlung eines Betrages iHv € 150.000,00 durch die Gesellschaftergeschäftsführerin  und Überlassung einer Wohnung bereit sei, sämtliche Geschäftsanteile an der GmbH und der GesbR der Mitgesellschafterin zu überlassen.

Sachverhaltsdarstellung vom an das Finanzamt und Antrag auf Betriebsprüfung beider Gesellschaften für die Jahre 2004 bis 2007:

Am übermittelte der Bf. nach einer Vorsprache im Finanzamt bei Herrn A.D. Ä in der Betriebsprüfungsabteilung eine schriftliche Stellungnahme, in welcher er auf Malversationen in der Buchhaltung der GmbH und der Ges.n.b.R. hingewiesen hat.
Insgesamt wären die Bilanzen der GmbH und der Ges.n.b.R. ab dem Jahr 2004 vom Steuerberater Mag. J.M, der Steuerberatungskanzlei A.E, ohne Beschlussfassung in den Versammlungen beider Gesellschaften erstellt worden und sei der alleinigen Geschäftsführerin L.i.J nie eine Entlastung erteilt worden.
Schriftlich führte der Bf. aus:
"Diese unkorrekte Vorgangsweise der beiden Obgenannten führte schließlich zu einer enormen Verkürzung an Einkommensteuer für die Finanzbehörde und in weiterer Folge wurden der Masse Geldmittel entzogen.
Eine Cash-flow Rechnung für den Zeitraum 2004 bis 2007 liege bei und sind daraus bereits die Ungereimtheiten eindrucksvoll ersichtlich.

...."

Schriftsatz "Selbstanzeige-Anzeige" vom 21.10.2008:

Mit Schriftsatz vom  erstattete der Bf. betreffend die GmbH (Steuernummer 23i45r) und die GesbR (Steuernummer 12x) Selbstanzeige und Anzeige gegen die Geschäftsführerin L.i.J.
Die Selbstanzeige für das Jahr 2004 bezog sich auf Privateinlagen im Kassabuch der GmbH in Höhe von € 90.000,00, welche tatsächlich weder durch ihn noch durch die Geschäftsführerin erfolgt wären bzw. stattgefunden hätten.

Schließlich habe das Installationsunternehmen A.R, welches auch vom Steuerberater Mag. J.M vertreten werde, gefälligkeitshalber eine überhöhte Rechnung iHv € 30.000,00 gestellt, was zu einer Umsatzsteuerkorrektur iHv € 6.000,00 zu Gunsten der Finanzbehörde führe. Dabei wären bei einem Auftrag hochwertige Materialien (Kessel, Amaturen) verrechnet, solche jedoch nicht eingebaut worden. Schließlich habe der Kassabestand zum nicht € 61.641,67, sondern exakt € 60.000,00 weniger, betragen.

Zur Verrechnung zwischen der GesnbR und der GmbH wurde ausgeführt, dass die GesnbR erhebliche Schwarzzahlungen für Personal und Professionisten getragen habe, ohne diese Zahlungen als Aufwand zu buchen. Er habe das unterbinden wollen. Schließlich habe die Geschäftsführerin die Schlösser zum Büro austauschen lassen, sodass er keinen Zutritt mehr gehabt hatte.

In den Jahren 2006 und 2007 wären Reinigungskosten bei der GmbH nicht mehr erfasst worden.

Zur GesnbR wurde ausgeführt, dass die Kosten für die Unterbringung der Heimbewohner in den Räumen und Betten der GesbR laut Notariatsakt und Mietvertrag geregelt worden sei. Ab 2004 sei der Aufwand von vormals € 165.000,00 per anno auf € 270.000,00 angehoben worden. Dieser Anhebung lag die Annahme der Vollbelegung von 17 Betten zu Grunde.

Ab 2005 habe die Geschäftsführerin die Erlöse, welche der Ges.n.b.R zuzuordnen wären, drastisch gekürzt.
Schriftlich führte der Bf. aus:

"Ein weiterer Teil der Abgabenverkürzung betrifft das WJ. 2007 und 2008 in der Ges.n.b.R., weil lt. Bilanz 2007 und Saldenlisten 2008 die Aufwendungen, welche der Ges.m.b.H für die Betreuung und Verköstigung in der Ges.n.b.R zugutekommen nicht entsprechend der vertraglichen Vereinbarungen (Notariatsakt), sondern um ca. € 90.000,00 willkürlich und höher angesetzt wurden.
Diese € 90.000,00 bilden zugleich eine Gewinnerhöhung in der Ges.n.b.R."

Damit entgingen nicht nur dem Bf. Einnahmen in beträchtlicher Höhe, sondern wurde dem Finanzamt auch Einkommensteuer in beträchtlicher Höhe entzogen.

In den Jahren 2007 und 2008 habe es sich um einseitig vorgenommene Jahresabschlüsse der Fa. A.E Tr GesmbH gehandelt, wobei alle Bilanzen ab 2004 nicht beschlossen und eine Entlastung der Geschäftsführerin nie erteilt wurde.

Die GmbH habe durch das Bemühen des Bf., nämlich die Errichtung der GesnbR, das Beschaffen eines einmaligen Bargeldzuschusses durch das Land im Jahr 2000, einen Sonderzuschuß der Gesellschafter der GesnbR von ATS 70.000,00 im WJ 2000 und den großen Einsatz des Bf. Zuversicht in die positive Entwicklung des Unternehmens gehabt.
"Die alleinige Herrschsucht und das Unvermögen der Geschäftsführerin machten jedoch alles Bemühen zunichte."  

Schreiben-Finanzamt vom :

Der Vorstand des Finanzamtes teilte dem Bf. mit Schreiben vom schriftlich, wie folgt mit:

"Das Finanzamt G. hat die gegenständlichen Betriebsprüfungsverfahren mittels Schlussbesprechung, an welcher sie persönlich teilgenommen haben, abgeschlossen. Die entsprechenden Steuerbescheide werden Ihnen bzw. ihrem Zustellbevollmächtigten in diesen Tagen zugestellt werden.

Soweit in diesen Bescheiden ihrer Rechtsansicht nicht Rechnung getragen wird, wären ihre Einwendungen allenfalls im Rechtsmittelverfahren geltend zu machen.

An dieser Stelle muss auch darauf hingewiesen werden, dass ihnen im Abgabenverfahren nur jene Stellung zukommt, welche einem GesmbH-Gesellschafter bzw. dem Mitglied einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht zusteht. Ihr Versuch im Beschwerdewege gegen das Abgabenverfahren einen darüber hinausgehenden Einfluss auszuüben, muss daher zurückgewiesen werden.

In ihren zahlreichen Eingaben an das Finanzamt weisen Sie wiederholt auf ihre Divergenzen mit der GmbH Geschäftsführerin hin und haben unter anderem auch eine Selbstanzeige erstattet. Vor diesem Hintergrund wird es für objektive Dritte daher einsichtig sein, dass die Abgabenbehörde in freier Beweiswürdigung nicht ausschließlich ihren Argumenten gefolgt ist.

Ihrem Begehren kann daher abschließend nur insoweit entsprochen werden, als sowohl im Rechtsmittel- als auch im Finanzstrafverfahren bundesabgabenordnungskonform andere Organe und Stellen mit ihrem Vorbringen befasst sein werden; dies ungeachtet des Umstandes, dass die gegenständlichen Betriebsprüfungsverfahren korrekt abgewickelt wurden."

Mit weiteren Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom  wurde dem Bf. mitgeteilt, dass er in den Abgabenverfahren bzw. Prüfungsverfahren entsprechend seiner Rechtsstellung mitsamt dem steuerlichen Vertreter, der weiteren Gesellschafterin und dem Masseverwalter eingebunden gewesen ist. Auf den Rechtsweg wurde verwiesen. 

Insolvenzverfahren 2006 -2010 beim Bezirksgericht, Aktenzeichen:

Das Finanzamt beantragte im März 2006 die Eröffnung des Konkursverfahrens, weil der Bf. die Einkommensteuer der Jahre 2003 bis 2004 und Einkommensteuervorauszahlungen 2005 iHv € 47.541,00 nicht termingercht entrichtet hat. Mit Beschluss vom wurde beim BG G. das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet (Aktenzeichen: ergnr.01/06y).

Aus dem Rückstandsausweis des Finanzamtes vom ergibt sich, dass sich der Rückstand unter anderem aus den aushaftenden Einkommensteuern 2003 im Ausmaß von € 22.173,50 und 2004 iHv € 6.002,67 zusammengesetzt hat.

Mit Schriftsatz vom teilte der Masseverwalter dem Finanzamt mit, dass er die angemeldeten Konkursforderungen im Ausmaß von € 44.379,58 anerkannt hat.

Das Konkursverfahren wurde mit Beschluss des BG vom nach Bestätigung des Zwangsausgleiches aufgehoben. Die Konkursquote betrug 20%.

C. Abgabenbehördliches Betriebsprüfungsverfahren bei der GmbH (Jahre 2005 bis 2008):

Im Betriebsprüfungsbericht vom , ABNr. Zahl987, stellte der Prüfer unter TZ. 4 fest, dass der Bf. mit 33,33% und die weitere Gesellschaftergeschäftsführerin mit 66,66% an der GmbH beteiligt sind. Die GesmbH betreibe auf ihrer Liegenschaft eine Heimstätte mit insgesamt 50 Betten. Die GesnbR ist wirtschaftlicher Eigentümer der Superädifikate (17 Betten), welche vermietet werden. Die Pflege und Betreuung übernahm die GmbH gegen Kostenersatz.

Aufgrund von schriftlichen Vereinbarungen (zuletzt geändert am ) würden einerseits die Einnahmen der im wirtschaftlichen Eigentum der GesnbR stehenden Räumlichkeiten dieser zugewiesen, andererseits die verrechneten Kosten der GmbH an die GesbR der Höhe nach ohne konkrete Feststellungen der tatsächlichen Kosten beschränkt. Die Kosten zu Lasten der GmbH würden dadurch ständig steigen.
Es wurden daher die Kosten der GmbH, welche im Pflegedienst anfallen, gleichermaßen wie die Pflegerlöse im Verhältnis 66% GmbH und 34% GesbR aufgeteilt.
 

D. Abgabenbehördliches Verfahren zum Nachsichtsansuchen,
Verfahren beim Unabhängigen Finanzsenat, Erkenntnis vom , RV/Aktenzahl:

Das Finanzamt wies mit Bescheid vom  erstmalig das Ansuchen um Abgabennachsicht der Einkommensteuer für die Jahre 2003 und 2004 als unbegründet ab.
Das Finanzamt führte aus, dass für eine stattgebende Erledigung kein Platz wäre, nachdem die bereits geleisteten Zahlungen im gegenständlichen Fall nicht zu einer unbilligen wirtschaftlichen Belastung geführt hätten.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung vom legte der Bf. einleitend unter Hinweis auf den kombinierten Wiederaufnahms- und Nachsichtsantrag vom sowie auf den Devolutionsantrag vom den bisherigen Verfahrensablauf dar. Begründend führte er aus, dass die Vorgehensweise der Abgabenbehörde eine schuldhafte Amtspflichtverletzung darstelle.
Dem Grundsatz der amtswegigen Ermittlungspflicht zufolge müssten steuerrechtlich erhebliche Tatsachen in ihrer objektiven Beschaffenheit, sohin unvoreingenommen und nicht nur zugunsten des Fiskus, sondern auch zugunsten des Abgabepflichtigen, festgestellt werden.

Im Umstand, dass das Finanzamt trotz seiner Anträge die Wirtschaftsjahre 2003, 2004 nicht wieder aufgerollt und nochmals geprüft habe, erblicke er eine wesentliche schuldhafte Amtspflichtverletzung, durch die für ihn ein enormer wirtschaftlicher Schaden eingetreten sei.

Das Finanzamt legte die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vor und beantragte die Abweisung der Berufung.   


Der Unabhängige Finanzsenat hob mit Erkenntnis vom , RV/Aktenzahl, den angefochtenen Bescheid gemäß § 289 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz auf. Begründend wurde ausgeführt, dass das Finanzamt entsprechende Ermittlungen betreffend einer beantragten Nachsicht bereits entrichter Abgaben unterlassen habe.

Fortgesetztes Verfahren betreffend Nachsicht  beim Finanzamt:

Das Finanzamt ersuchte im fortgesetzten Verfahren den Bf. sämtliche Gründe für das Vorliegen einer persönlichen oder sachlichen Unbilligkeit darzulegen.

Im Schriftsatz vom zitiert der Bf. die Verordnung des BMF betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl. II Nr. 435/2005, und die Bestimmung des § 236 BAO und führte er aus:
"Aus den erwähnten gesetzlichen Bestimmungen und authentischen Entscheidungen und Interpretationen des VwGH und VfGH liegen im gegenständlichen Verfahren alle Voraussetzungen für eine Unbilligkeit, man kann wohl von einer "erheblichen Unbilligkeit" sprechen, vor, die nunmehr obwohl im Antrag und in der Berufung ausführlich dargelegt, wiederholt und soweit der Abgabenbehörde durch das eingetretene Insolvenzverfahren nicht bekannt, ergänzt werden."

Hingewiesen werde auf das Legalitätsprinzip, welches seitens der Finanzbehörde gröblichst verletzt wurde, weil von ein und derselben Abgabenbehörde, der Prüfungszeitraum 2001 bis 2004 diametral zur Gesetzeslage geprüft und veranlagt wurde. Das Finanzamt hätte die Gewinne bei der GesbR korrigieren müssen, was zu einer Rückvergütung an Einkommensteuer für die Gesellschafter der GesnbR geführt hätte.

Da hinsichtlich der Bankverbindlichkeiten die GmbH und GesnbR eine wirtschaftliche Einheit waren und die finanzielle Lage der GmbH angespannt gewesen ist, wären Geldentnahmen schwierig gewesen. 

Der Bf. habe die Steuerschuld hinsichtlich der Einkommensteuer, welche zum überwiegenden Teil aus den Gewinnen der GesnbR resultierte, nicht mehr bedienen können und habe das Finanzamt Konkursantrag gegen den Bf. gestellt. Der Konkursantrag war aus rechtlicher Sicht, wie sich allerdings erst durch die Prüfung für den Zeitraum 2005-2008 im Jahr 2009 herausstellte, nicht berechtigt, und führte zum wirtschaftlichen Ruin des Beschwerdeführers.

Ausführungen zur persönlichen Unbilligkeit:
Zum Zeitpunkt des Konkursantrages durch das Finanzamt im Wirtschaftsjahr 2006 war der Antragsteller,
1. Gesellschafter der GesnbR zu 50% (50% L.i.J); 
2. Gesellschafter der GmbH mit 33% Gesellschaft Anteilen;
3. Gesellschafter der Do. M.GmbH mit 22% Ges.-Anteilen und operativer Geschäftsführer mit einem Bruttogehalt von € 3.500,00 zzgl. Provisionen; 
4. Gesellschafter der Ing. H, St.ö und W. GesnbR.

Im Zuge des Konkursverfahrens wurde dem Antragsteller die Eigenverwaltung entzogen und die Gesellschaftsanteile durch den Masseverwalter verwertet. Bei der Verwertung der Gesellschaftsanteile einer GmbH sei nach Abzug aller Kosten aus dem Verwertungsverfahren lediglich ein verbleibender Nettoerlös von Euro 5.135,00 für die Konkursmasse erzielt worden, obwohl der Anteil mit Euro 100.000 geschätzt wurde.

Die Gesellschaftsanteile der GmbH wären zu einem späteren Zeitpunkt nach entsprechender Konsolidierung ebenfalls im Wert gestiegen und mussten auch diese Anteile verschleudert werden, weil zum gegebenen Zeitpunkt die Mitgesellschafterin nicht in der Lage war einen höheren Abtretungspreis zu bezahlen.

Zu seinen unmittelbaren persönlichen Verhältnissen führte der Bf. aus, dass er eine Pension iHv Euro 1.250,00 sowie eine Zusatzpension von der PVA in Höhe von Euro 310 beziehe.

Ausführungen zur "sachlichen" Unbilligkeit (Seite 6, Schriftsatz v. ):

Der Antragsteller war Gündungsgesellschafter der GesmbH. Aufgrund hoher Anlaufverluste habe er der GmbH ein Darlehen iHv ATS 500.000,00 gewährt.

Im Jahre 1999 sei die GesnbR. errichtet worden, da aufgrund der hohen Anlaufverluste der GmbH mit keinen Gewinnausschüttungen durch die GmbH gerechnet worden sei.

Mit Schenkungsvertrag vom und Übergabsstichtag habe der Antragsteller 50% an der GesnbR übernommen.

Es habe sich herausgestellt, dass die Verträge von Beginn an rechtswidrig gewesen wären, weil sie in dieser Art und Weise sowie in der Festlegung der Beteiligungsansprüche der Gesellschafter den "Grundsätzen des steuerrechtserheblichen Sachverhaltes" widersprachen.

Man habe die GesnbR als Auffangesellschaft der GesmbH gesehen, um möglichst hohe Gewinne zu lukriieren.

Es habe sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung gehandelt. Dies sei dem Antragsteller nicht bewusst gewesen. Bei richtiger Vertragserrichtung wären die wirtschaftlichen Dispositionen wohl anders gestaltet worden und wäre der Antragsteller niemals in eine derartige Steuerpflicht eingetreten, die durch die Finanzbehörde wegen Rechtswidrigkeit beseitigt wurde.

Die Rechtswidrigkeit der Verträge, der daraus resultierenden Bilanzergebnisse und folglich der Steuererklärungen wären von Beginn an mit Nichtigkeit behaftet gewesen, was das Finanzamt bereits bei der Erstprüfung für 2001 bis 2004 hätte erkennen müssen.

Nachdem das Finanzamt mit angefochtenem Bescheid vom den Antrag auf Nachsicht gemäß § 236 BAO als unbegründet abgewiesen hat, erhob der Bf. mit Schriftsatz vom Beschwerde und führte darin wie folgt aus:

"Der Abweisung Bescheid vom verletzt verfassungsmäßig gewährleistetes Recht und ist seinem gesamten Inhalt nach rechtswidrig und in seiner Begründung lapidar.
Es wird auf die wesentlichen Punkte gar nicht erst eingegangen sondern in einer nahezu willkürlichen und unqualifizierten Art und Weise argumentiert, wie dies im zweiten Absatz auf Seite 2 des Bescheides eindrucksvoll zum Ausdruck gebracht wird.
Der Berufungswerber kann sich des Eindruckes nicht erwehren, dass von der Abgabenbehörde erster Instanz-Abgabensicherungsteam 02-eine Verfahrensverschleppung beabsichtigt ist, was im gegenständlichen Falle bereits mehrfach bewiesen ist."

Weiter wurde ausgeführt:

Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom ergibt sich kein anderes Bild eines relevanten Sachverhaltes der geeignet wäre den Ausführungen des Berufungswerbers zu widersprechen. Widersprüchlich ist allerdings die Feststellung der Abgabenbehörde erster Instanz wenn sie auf Seite 1 (zweiter Absatz) und Seite 2 (Fortsetzung) folgend zitiert:

"Sofern der Nachsichtswerber eine sachliche Unbilligkeit im Ergehen von materiell unrichtigen, weit überhöhten Steuerbescheiden erblickt, ist dem zu entgegnen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VWGH , 97/14/0013) eine Nachsicht nicht dazu dient, Unrichtigkeiten der Abgabenfestsetzung zu beseitigen und unterlassene Rechtsbehelfe, insbesondere Berufungen, nachzuholen. Der Billigkeitsmaßstab des § 236 BAO stellt nicht auf die Festsetzung, sondern auf die Einhebung einer Abgabe ab. Auf die Behauptung der Unbilligkeit im Sinn von inhaltlicher Unrichtigkeit eines Abgabenbescheides kann daher ein Nachsichtsansuchen grundsätzlich nicht mit Erfolg gestützt werden.
Es kann allerdings sein, dass der Unbilligkeitstatbestand auch im Hinblick auf eine unrichtige Abgabenfestsetzung in Verbindung mit einer unterlassenen Berufung gegeben ist, wenn noch weitere, vorwiegend im Bereich der Abgabenbehörde gelegene Umstände hinzukommen, die nach der besonderen Lage des Falles die Einhebung einer Abgabenschuld unbillig erscheinen lassen. Das Vorliegen eines solchen Umstandes (zBsp.: Unterbleiben eines Rechtsmittels wegen entschuldbaren Rechts Irrtums) wurde vom Nachsichtswerber jedoch nicht behauptet
."

Beantragt wurde die Vorlage der Beschwerde.

Das Finanzamt legte die Beschwerde vor und beantragte mit Vorlagebericht vom die Abweisung der Beschwerde.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Gemäß Abs. 2 leg.cit. findet die Bestimmung des Abs. 1 sinngemäß auf bereits entrichtete Abgaben Anwendung.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt Unbilligkeit der Einhebung im Allgemeinen voraus, dass die Einhebung in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen stünde, die sich aus der Einziehung für den Steuerpflichtigen oder für den Steuergegenstand ergeben. Die Unbilligkeit kann "persönlich" oder "sachlich" bedingt sein.

Eine "persönliche" Unbilligkeit liegt insbesondere dann vor, wenn die Einhebung der Abgaben die Existenzgrundlagen des Nachsichtswerbers gefährdet. Allerdings bedarf es zur Bewilligung einer Nachsicht (aus persönlichen Gründen) nicht unbedingt der Existenzgefährdung oder besonderer finanzieller Schwierigkeiten und Notlagen, sondern es genügt, dass die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich sind, so etwa wenn die Abstattung trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Veräußerung von Vermögenschaften möglich wäre und diese Veräußerung einer Verschleuderung gleichkäme.

Sachliche Unbilligkeit der Einhebung liegt nach der Rechtsprechung des VwGH dann vor, wenn im Einzelfall bei der Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit anderen ähnlichen Fällen, zu einem atypischenVermögenseingriff kommt ( Zl. 2001/14/0022).

Die sachliche Unbilligkeit ist grundsätzlich in Fällen anzunehmen, in denen das ungewöhnliche Entstehen einer Abgabenschuld zu einem unproportionalen Vermögenseingriff beim Steuerpflichtigen führt. Der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzeln in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist ().

Nachteilige Folgen, die alle Wirtschaftstreibenden in ähnlicher Lage treffen, Konjunkturschwankungen oder Geschäftsvorfälle, die den Bereich des allgemeinen Unternehmerwagnisses zuzuordnen sind, rechtfertigen eine Nachsicht jedoch nicht ().

Im Nachsichtsverfahren liegt das Hauptgewicht der Behauptungs- und Beweislast beim Nachsichtswerber. Ihm obliegt es im Sinne seiner Mitwirkungspflicht, einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf welche die Nachsicht gestützt werden kann.

Wenn das Antragsvorbringen des Nachsichtswerbers nicht die gebotene Deutlichkeit und Zweifelsfreiheit aufweist, so kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () eine mangelnde Ermittlungstätigkeit der Abgabenbehörde nicht als Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeworfen werden.

Sachliche Unbilligkeit:

Der Bf. macht, ausgehend vom Ergebnis der Betriebsprüfung für die Jahre 2005 bis 2008 bei der GmbH im Jahr 2009 geltend, dass die GmbH in den Vorjahren 2002 bis 2004  einen zu geringen Aufwand gegenüber der GesnbR verrechnet habe. Der zu verrechnende Aufwand der GmbH (Liegenschaftseigentümer) an die GesnbR (wirtschaftlicher Eigentümerin zweier Superädifikate) sei in den Vorjahren 2002 und 2004 zu niedrig gewesen und hätte (ausgehend vom Wissenstand in/nach der Prüfung im Jahr 2009) entsprechend der tabellarischen Darstellung des Bf. höher ausfallen müssen. Dies sei im abgabenbehördlichen Betriebsprüfungsverfahren 2009 hervorgekommen. Dadurch müsse es bei der GesnBR nachträglich zu Gewinnminderungen kommen. Es errechne sich daher ein geringerer Gewinn der GesnbR. Für die Gesellschafter errechnen sich entsprechend geringere Einkünfte aus Gewerbebetrieb und eine geringere Steuerbelastung.

Soweit der Bf. als Gesellschafter der GesbR meint, die Abgaben der Jahre 2002 bis 2004 wären entgegen der Rechtslage, weit überhöht festgesetzt worden, ist festzustellen, dass die Veranlagung und Festsetzung der Abgaben bei der GmbH und GesnbR im Zuge abgabenbehördlicher Festsetzungs- und Prüfungsverfahren erfolgt sind. Diesen Verfahren lagen eingereichte Bilanzen sowie Erklärungen zugrunde.

Die GmbH und die GesbR waren im Zeitraum 2002-2004 steuerlich durchdie Steuerberatungsgesellschaft A.W.St. Ges.m.b.H. vetreten. Sämtliche Abgabenbescheide wurden zugestellt und sind rechtswirksam ergangen. 

Der Bf. war im maßgeblichen Zeitraum als Gesellschafter zu einem Drittel an der GmbH beteiligt (Gesellschaftergeschäftsführerin zu zwei Drittel). Der Anteil beider Gesellschafter an der GesbR betrug jeweils 50%.  

Der Bf. kann sich nicht beschwert erachten, wenn die Einkommensteuer 2002 bis 2004, entsprechend dem Ergebnis eines abgabenbehördlichen Festsetzungsverfahren und durchgeführten Prüfungsverfahren veranlagt worden sind.

Im konkreten Sachverhalt liegt auch keine anormale, atypische Vermögensbelastung eines Abgabepflichtigen vor, zumal die Höhe der Einkommensteuer jeden anderen Abgabepflichtigen mit diesem Einkommen gleichermaßen getroffen hätte.

Schließlich wurden die Einkommensteuerbescheide dem Bf. zugestellt und rechtswirksam bekannt gegeben.

Offen bleibt, warum der Bf. in den bezughabenden abgabenbehördlichen Verfahren der Jahre 2002 bis 2004 nicht entsprechend tätig geworden ist. Die Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten dient nämlich nicht dazu, mögliche unterlassene Einwendungen des Abgabenfestsetzungsverfahren nachzuholen (). Die Rechtmäßigkeit der Abgabenfestsetzung ist grundsätzlich in einem Nachsichtsverfahren nicht zu prüfen. Der Unbilligkeitstatbestand stellt nicht auf die Festsetzung, sondern auf die Einhebung einer Abgabe ab.

Der Bf. meint, es wären von Anfang an (gemeint: ab 1996) nichtige Verträge abgeschlossen worden und lägen im Zusammenhang mit der Erstellung der Verträge unrichtige Beratungsleistungen vor. Das Finanzamt hätte dies im Wege der Ermittlung des steuerrechtserheblichen Sachverhaltes erkennen müssen.

Dazu wird festgestellt, dass die wirtschaftliche, vertragliche Gestaltung der Rechtsgrundlagen des Unternehmens nicht im Einflussbereich des Finanzamtes gelegen sind. Die wirtschaftliche Gestaltung und der Betrieb des Unternehmens lagen im Bereich der Privatautonomie der handelnden Gesellschafter. Die Vertragserrichtung und Gestaltung der Verträge hat im Rahmen getroffener Vereinbarungen zu erfolgen und obliegt der Privatautonomie der beteiligten Personen.

Soweit der Bf. meint, der Steuerberater und die Gesellschaftergeschäftsführerin haben Bilanzen ohne Entlastung durch die Gesellschafter erstellt, ist er diesbezüglich gleich wie im Hinblick auf die "nichtigen" Verträge auf den Rechtsweg zu verweisen.

Dies trifft auch auf die Aussperrung aus dem Büro durch die weitere Gesellschafterin zu.

Der Bf. meint, es habe in den Jahren 2003 und 2004 Umbauarbeiten gegeben, wodurch es zu erheblichen Auslagerungen von Bewohnern gekommen sei.

Zur Belegung der Betten in der GesbR und GmbH führte der Prüfer im Prüfungszeitraum 2005 bis 2008 aus, dass im Nachhinein nicht mehr erhoben habe werden können, wie die Belegung in den Gesellschaften erfolgt wären (Tz. 1 des Berichtes). Die vom Bf. angezeigten Sachverhalte hätten sich in Richtung beider Gesellschaften ausgewirkt.

Soweit der Bf. meint, dass Finanzamt hätte seinen wirtschaftlichen Ruin herbeigeführt, ist festzuhalten, dass ursprünglich im Sanierungsverfahren acht unbedingte Forderungen iHv € 1,368.767,72 angemeldet wurden (Protokoll über die erste Gläubigerversammlung vom , AZ ergnr.01/06). Die Forderung des Finanzamtes betrug im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens € 47.729,54. Die Ursachen des wirtschaftlichen Riuns des Bf. liegen nicht in den Forderungen des Finanzamtes.

Offen blieb im gesamten Verfahren, auf welche Rechtsauskunft des Finanzamtes der  Bf. vertraut hat.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Bf. das Vorliegen einer sachlichen Unbilligkeit nicht auf.

Der gesamte Geschehensablauf läßt denklogisch darauf schließen, dass es zwischen den  Gesellschaftern Unstimmigkeiten hinsichtlich der Führung des Betriebes gegeben hat (Anzeigen, Selbstanzeigen, Schwarzzahlungen durch die GesnbR, "Herrschsucht der Geschäftsführerin", überhöhte Rechnungen, unrichtige Erlösverbuchungen).

Ebenso werden Unstimmigkeiten mit den steuerlichen Vertretern und Rechtsberatern zum Ausdruck gebracht.

Der Bf. wäre zeitnah dazu verhalten gewesen, zur Lösung dieser Unstimmigkeiten den Rechtsweg zu bestreiten.
Er war schließlich im maßgeblichen Zeitraum 2003, 2004 Gesellschafter der GmbH mit der weiteren Gesellschaftergeschäftsführein und Mitgesellschafter (50%) bei der GesnbR.

Die Einkommensteuerbescheide und die Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb und der Abgaben der Jahre 2002, 2003 und 2004 waren dem Bf. bekannt. Die Höhe der Abgaben wurde dem Bf. mit Bescheid bekanntgegeben und blieben ihm nicht verborgen. Die Gesellschaften wurden einer abgabenbehördlichen Prüfung unterzogen, in welche der Bf. entsprechend seiner Stellung als Gesellschafter eingebunden gewesen ist.

Damit bleibt im gesamten Verfahren offen, inwieweit im konkreten Sachverhalt ein vom Bf. nicht beeinflußbarer außergewöhnlicher Geschehensablauf vorliegt, weil der Bf. aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter der GmbH und Mitglied der GesnbR im Unternehmen und in die Abgabenverfahren einbezogen war (Schreiben Amtsvorstand vom ).

Er war in den maßgeblichen Jahren auch durchaus in die wirtschaftliche Gebarung der Betriebe eingebunden (Förderung vom Land, Verhandlungen mit der Bank für die Betriebe im Jahr 2005, Stundungsansuchen August 2005). 

Schließlich wurden die Erklärungen betreffend die GmbH und auch die Ergebnisse der durchgeführten Betriebsprüfung durch die beteiligte Gesellschaftergeschäftsführerin und dem steuerlichen Vertreter zur Kenntnis genommen (Schreiben d. .

Persönlicher Unbilligkeit:

Laut Rückstandsausweis des FA vom  hafteten Abgabenforderungen iHv € 47.729,58 (ESt. 2003, 2004) unberichtigt aus. Das Finanzamt hat diese Forderungen im Schuldenregulierungsverfahren angemeldet. Der Masseverwalter hat die eingeschränkte Konkursforderung iHv. € 44.379,58 anerkannt.

Das Finanzamt hat schließlich hinsichtlich der nicht mehr entrichteten Abgaben, welche zum  iHv € 25.981,94 angemeldet und anerkannt wurden, Befriedigung im Rahmen des Schuldenregulierungsverfahren beim BG G. erlangt. Das Bezirksgericht setzte die Quote im Schuldenreglierungsverfahren für die Konkursgläubiger laut Beschluss vom iHv 20% fest.

Darin, dass im Rahmen des Schuldenregulierungsverfahren eine Quote in Höhe von 20% gegenüber den Gläubigern zustande gekommen ist, welche in Raten zu entrichten ist, ist nach Ansicht des erkennenden Richters eine persönliche Unbilligkeit nicht zu erkennen, weil die Quote im Schuldenregulierungsverfahren den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen, insbesondere seinen Einkommensverhältnissen, entspricht.  Schließlich erlangt das Finanzamt die Befriedigung des Abgabenanspruches im Rahmen des  Schuldenregulierungsverfahrens. Auch unter Berücksichtigung des Aspektes der Gleichbehandlung aller Gläubiger kann keine Unbilligkeit der Einhebung erblickt werden.

Damit war im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () keine persönliche Unbilligkeit (Existenzgefährdung durch eine drohende Abgabeneinhebung) im Sinne des § 236 BAO gegeben, sodass nicht erkannt werden kann, dass das Finanzamt die begehrte Nachsicht mit dem angefochtenen Bescheid zu Unrecht verwehrt hätte.

Im Falle der vom Finanzamt angenommenen Uneinbringlichkeit, also wenn alle Möglichkeiten der Einbringung erfolglos versucht worden oder Einbringungsmaßnahmen offenkundig aussichtslos gewesen sind und aufgrund der Sachlage nicht angenommen werden kann, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Erfolg führen werden, sieht § 235 BAO eine Abschreibung durch Löschung zum Teil oder zur Gänze von Amts wegen vor. Allerdings besteht auf eine Löschung der fälligen Abgabenschuldigkeiten nach § 235 BAO kein Rechtsanspruch (vgl. ).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes nicht abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 114 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Nachsicht
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.4100046.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at