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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.07.2019, RV/7200101/2016

Aufhebung einer Beschwerdevorentscheidung mangels Vorliegens einer Beschwerde

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R1 in der Sache NN., FirmaNN Adresse1, über den Vorlageantrag vom gegen die Beschwerdevorentscheidung des Zollamtes Wien vom , Zl. zzz, betreffend Eingangsabgaben zu Recht erkannt: 

Die genannte Beschwerdevorentscheidung wird ersatzlos aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Am nahm das Zollamt Wien eine Zollanmeldung zur Überführung einer Sendung mit 18 Packstücken Bandagen in den zollrechtlich freien Verkehr an und erfasste die Zollanmeldung unter CRN xxx. Im Feld 8 dieser Zollanmeldung ist Frau NN., Adresse1, als Empfängerin genannt, die im Firmenbuch als Inhaberin der FirmaNN. aufscheint. Als direkte Vertreterin der Empfängerin trat die XXXSped., Adresse2, (S.), auf.

Zu dieser Zollanmeldung nahm das Zollamt Wien mit dem an die S. gerichteten Nachforderungsbescheid vom , Zl. xXx, im Grunde des Art. 220 ZK die nachträgliche buchmäßige Erfassung einer Zollschuld in der Höhe von € 392,25 vor. Gleichzeitig setzte das Zollamt Wien mit diesem Sammelbescheid eine Abgabenerhöhung gem. § 108 Abs. 1 ZollR-DG in der Höhe von € 3,17 fest.

Gegen diesen Bescheid erhob die S. mit Eingabe vom (beim Zollamt Wien eingelangt am ) den Rechtsbehelf der Beschwerde.

Unter Bezugnahme auf diese Eingabe richtete das Zollamt Wien daraufhin am an FirmaNN Frau NN., unter Zl. zzz, eine Beschwerdevorentscheidung.

Gegen diese Beschwerdevorentscheidung richtet sich der von Frau NN. als Einspruch bezeichnete und als Vorlageantrag gem. § 264 BAO zu wertende Schriftsatz vom .

In dem daraufhin dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Vorlagebericht vom weist das Zollamt Wien darauf hin, dass zwischenzeitlich die „FirmaNNN“ mit Abgabenbescheid zur Entrichtung des Nachforderungsbetrages herangezogen worden sei. Außerdem sei die Beschwerde der S. stattgebend erledigt worden. Die angefochtene Beschwerdevorentscheidung sei aufzuheben.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Die wichtigsten Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO) in der entscheidungsmaßgeblichen Fassung lauten:

§ 279 (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

§ 300 (1) Ab Vorlage der Beschwerde (§ 265) bzw. ab Einbringung einer Vorlageerinnerung (§ 264 Abs. 6) bzw. in den Fällen des § 262 Abs. 2 bis 4 (Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung) ab Einbringung der Bescheidbeschwerde können Abgabenbehörden beim Verwaltungsgericht mit Bescheidbeschwerde angefochtene Bescheide und allfällige Beschwerdevorentscheidungen bei sonstiger Nichtigkeit weder abändern noch aufheben. Die Verpflichtung zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung (§ 262 Abs. 1) wird dadurch nicht berührt. Sie können solche Bescheide, wenn sich ihr Spruch als nicht richtig erweist, nur dann aufheben,

a) wenn der Beschwerdeführer einer solchen Aufhebung gegenüber dem Verwaltungsgericht nach Vorlage der Beschwerde zugestimmt hat und

b) wenn das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Zustimmungserklärung an die Abgabenbehörde unter Setzung einer angemessenen Frist zur Aufhebung weitergeleitet hat und

c) wenn die Frist (lit. b) noch nicht abgelaufen ist.

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Aktenlage zweifellos, dass das Zollamt Wien eine Beschwerdevorentscheidung an die nunmehrige Einschreiterin erlassen hat, obwohl diese keine Beschwerde erhoben hat und obwohl der dem Rechtsmittelverfahren zugrunde liegende Zollschuldbescheid an die S. und nicht an Frau NN. gerichtet war.

Alleine aus diesen für das Schicksal des vorliegenden Vorlageantrages entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen folgt, dass die Beschwerdevorentscheidung mit Rechtswidrigkeit behaftet ist. Dieser Bescheid befindet sich dennoch im Rechtsbestand und der dagegen erhobene Vorlageantrag ist daher zulässig (vgl Ritz, BAO6, § 264 Tz 6).

Eine Aufhebung im Sinne des § 279 Abs. 1 BAO darf nur erfolgen, wenn in dieser Sache keine weitere Entscheidung in Betracht kommt. Sie darf somit nur ersatzlos vorgenommen werden. Eine Aufhebung ist u.a. dann vorzunehmen, wenn der angefochtene Bescheid von einer hiefür unzuständigen Behörde erlassen wurde (vgl. Ritz, BAO6, § 279 Tz 5, 6). Dies ist u.a. dann der Fall, wenn ein antragsgebundener Verwaltungsakt ohne Antrag ergeht ().

Die Abgabenbehörde war mangels einer Beschwerde der NN. zur Erlassung der o.a. Beschwerdevorentscheidung unzuständig. Das Bundesfinanzgericht hatte daher mit ersatzloser Aufhebung als reformatorische Entscheidung vorzugehen.

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die vorliegende Entscheidung kann sich auf die zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung stützen. Es musste daher der Revisionsausschluss zum Tragen kommen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 264 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7200101.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at