Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.07.2019, RV/2101236/2018

Maturaschule - Berufsausbildung zwischenzeitig abgebrochen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Adr., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom , betreffend die Rückforderung der für das Kind XY , geb. , für den Zeitraum vom bis ausgezahlten Familienbeihilfe und der entsprechenden Kinderabsetzbeträge (Gesamtrückforderungsbetrag 881,60 €) zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Im Zuge der Überprüfung des Beihilfenanspruches im September 2017 erlangte das Finanzamt davon Kenntnis, dass sich die im Spruch genannte Tochter des Beschwerdeführers (Bf.) lt. Externistenprüfungszeugnis vom bei der Prüfungskommission abgemeldet hat. Lt. Studienbuchblatt vom hat sie sich in der Folge an der FH Joanneum im Wintersemester 2017 zum Studienbefähigungslehrgang inskribiert, der in der Zeit vom bis durchgeführt wurde.

Das Finanzamt forderte vom Beschwerdeführer mit Bescheid vom die für die Monate Mai 2017 bis August 2017 ausgezahlte Familienbeihilfe und die entsprechenden Kinderabsetzbeträge für die Tochter zurück. In der Begründung wurde unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 und , ausgeführt, dass sich die Tochter am von der Externistenprüfungskommission abgemeldet habe.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht die Beschwerde mit der Begründung, dass die Tochter im April 2017 ihre letzten zwei Prüfungen abgeschlossen und sich im September von der Prüfungskommission abgemeldet habe, da sie sich für eine Studienberechtigung entschieden habe. Der sei als Abmeldedatum herangezogen worden, da lt. Externistenprüfungskommission das Datum der letzten abgeschlossenen Prüfung als Austrittsdatum genommen werden müsse. Die Tochter habe jedoch bis zu den Sommerferien im Juli zielstrebig den Unterricht verfolgt. Sie hätte im Zeitraum von Mai bis September nur noch einen Prüfungstermin vereinbaren können (Juni), da über die Sommerferien die Maturaschule bzw. die Externistenprüfungskommission geschlossen seien. Den Prüfungstermin habe sie nicht wahrgenommen, da ihr Modul für Physik noch nicht abgeschlossen gewesen sei und ihr der restliche Stoff noch fehle.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung ab. In der Begründung wurde auszugsweise ausgeführt:
Ihre Tochter ……. hat mit den Prüfungen vor der Externistenprüfungskommission eine Schulausbildung begonnen und diese nicht abgeschlossen. Die Abmeldung durch die Externistenprüfungskommission erfolgte mit . Der Besuch einer Maturaschule allein führt zu keinem Anspruch auf Familienbeihilfe. Daher war der Schulbesuch bis Juli nicht ausreichend für einen Familienbeihilfenbezug. Mit September 2017 hat Sabine eine weitere Schulausbildung (Studienbefähigungsprüfung an der Fachhochschule Joanneum) begonnen. Für den Zeitraum zwischen zwei Schulausbildungen besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe.“

Daraufhin stellte der Beschwerdeführer. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) mit der Begründung, dass lt. beiliegender Bestätigung der Vorsitzenden der Externistenprüfungskommission vom die Tochter des Bf. in der Zeit vom bis 07.09.[2017] als Externistin gemeldet war. Im Abmeldeformular hat sich die Tochter des Bf. mit von der Prüfungskommission abgemeldet. Das Externistenprüfungszeugnis über Zulassungsprüfungen wurde automatisch erstellt. Aus programmtechnischen Gründen wird als Ausstellungsdatum das Datum der letzten abgelegten Prüfung angeführt ().

Im Vorlagebericht des Finanzamtes wurde auszugsweise ausgeführt:
Die Tochter des Beschwerdeführers Frau ……… hat zuletzt am eine Prüfung abgelegt und wurde dahingehend auch an diesem Datum eine Abmeldung bei der Externistenprüfungskommission vorgenommen. Somit wurde eine begonnene Ausbildung nicht abgeschlossen und im nicht unmittelbaren Anschluss eine weitere Berufsausbildung, nämlich die Studienbefähigungsprüfung am an der Fachhochschule Joanneum verfolgt. Für den Zeitraum zwischen den zwei Ausbildungen besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Im Vorlageantrag vom legte der Beschwerdeführer eine Bestätigung der Externistenreifeprüfungskommission vor, aus welcher hervorgeht, dass Frau ………. in der Zeit vom bis als Externistin gemeldet war.
Wie bereits erwähnt, kann von einer ernsthaften und zielstrebigen Vorbereitung auf die Externistenreifeprüfung nur dann gesprochen werden, wenn innerhalb von jeweils vier Monaten eine Zulassungsprüfung erfolgreich abgelegt wird. Im gegenständlichen Fall erfolgte die letzte Prüfung am und wurde nach diesem Zeitpunkt keine weitere Prüfung abgelegt. Im September 2017 erfolgte letztendlich die Abmeldung bei der Externistenreifeprüfungskommission, weshalb im Zeitraum Mai 2017 bis August 2017 zu Unrecht Familienbeihilfe bezogen wurde und diese daher rückgefordert worden ist.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Was unter Berufsausbildung zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht näher definiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat hierzu in seiner (ständigen) Rechtsprechung folgende Kriterien entwickelt (vgl. für viele zB ; ; ):
- Es muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein.
- Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil der Berufsausbildung. Berufsausbildung liegt daher nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich die erfolgreiche Ablegung der Prüfungen gelingt. Die bloße Anmeldung zu Prüfungen reicht für die Annahme einer zielstrebigen Berufsausbildung aber nicht aus.
- Unter den Begriff "Berufsausbildung" sind jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird.

Nach dem Erkenntnis des , können die von der Judikatur geforderten Voraussetzungen einer Berufsausbildung iSd FLAG auch dann vorliegen, wenn ein "Kind" die Externistenreifeprüfung ablegen will und sich tatsächlich und zielstrebig auf die Ablegung der Reifeprüfung vorbereitet. Das wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Reifeprüfung die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den von der Externistenreifeprüfungskommission festgesetzten Terminen zu den Prüfungen antritt (vgl. auch ).

Der laufende Besuch einer Maturaschule für sich allein reicht daher nicht aus, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im hier maßgeblichen Sinn anzunehmen. Es muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg im Antreten zu den erforderlichen Vorprüfungen erkennbar sein. Es kommt zwar nicht darauf an, ob tatsächlich die erfolgreiche Ablegung der Prüfungen gelingt (vgl. ; ; ; ). Der Schüler muss aber durch das Antreten zu Prüfungen innerhalb angemessener Zeit versuchen, die Voraussetzungen für die Zulassung zur Reifeprüfung zu erlangen (vgl. ).

Aus der Praxis der Maturaschulen ist bekannt (vgl. zB und ), dass eine ernsthafte und zielstrebige Vorbereitung auf die Externistenreifeprüfung dann anzunehmen ist, wenn innerhalb von jeweils vier Monaten eine Zulassungsprüfung erfolgreich abgelegt wird.

Ein ernstliches und zielstrebiges Bemühen wird nicht schon dann in Abrede zu stellen sein, wenn ein Kind mit vorgesehenen Prüfungen durch einige Zeit in Verzug gerät. Eine Ausbildung jedoch, bei der das Kind entweder während langer Zeit oder gar nicht zu einer Prüfung antritt, kann nicht als Berufsausbildung gewertet werden (vgl. ; ; ).

Dabei ist zu beachten, dass der VwGH seine ständige Rechtsprechung, wonach die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, an Hand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten ist, auch auf die Berufsausbildung anwendet (): Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG 1967 entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches für ein Kind kann somit je nach Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein.

Für den hier strittigen Zeitraum Mai 2017 bis August 2017 ergibt sich aus der Aktenlage, dass die Tochter des Bf. am eine Zulassungsprüfung für die Externistenreifeprüfung abgelegt hat und sich am von der Externistenreifeprüfungskommission abgemeldet hat. Der Beschwerdeführer brachte vor, dass seine Tochter im strittigen Zeitraum zu keiner weiteren Prüfung angetreten ist, sondern lediglich bis zu den Sommerferien (Juli) die Maturaschule besucht hat.

Damit ist jedoch das Schicksal der Beschwerde schon besiegelt, da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – wie oben ausgeführt - der laufende Besuch einer Maturaschule für sich allein nicht ausreicht, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im hier maßgeblichen Sinn anzunehmen. Darüber hinaus war die Maturaschule in den Monaten Juli und August 2017 wegen der Sommerferien überhaupt geschlossen.

Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat die Familienbeihilfe zurück zu zahlen, wer sie zu Unrecht bezogen hat.

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ergibt sich eine objektive Erstattungspflicht zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe. Subjektive Momente, wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe, sind nach ständiger Rechtsprechung des VwGH für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (s zB , und ).

Auf Grund des im gegenständlichen Fall vorliegenden Sachverhaltes, der gesetzlichen Bestimmungen und der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war über die Beschwerde wie im Spruch zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor, da keine Rechtsfrage strittig ist, sondern der vorliegende Sachverhalt, dass nämlich im Zeitraum Mai 2017 bis August 2017 keine Berufsausbildung iSd FLAG vorliegt, in freier Beweiswürdigung beurteilt wurde und das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht.

Graz, am

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