Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.07.2019, RV/7103930/2019

Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen mangels Haushaltszugehörigkeit des Kindes

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Rückforderung der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge für das Kind x y für den Zeiträume vom bis zum sowie vom bis zum  zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

In Anbetracht des Ergebnisses von Ermittlungen der belangten Behörde, denen gemäß das Kind x laut eigener, gegenüber dem BG z  am  getätigter Aussage, wonach diese unter Inabredestellung der gerichtlicherseits vorgehaltenen Angaben ihrer Mutter (Bf.) seit dem September 2016 in deren Haushalt gelebt zu haben, - von Wochenendbesuchen bei dieser abgesehen, - vielmehr bis Mitte Juni 2018 und sodann wiederum ab Anfang August 2018 dem Haushalt ihres Vaters angehört habe, wurde mit Bescheid vom von der Bf. Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge in den Zeiträumen vom bis zum sowie vom bis zum  unrechtmäßig bezogen, zurückgefordert. 

Mit Eingabe vom erhob die Bf. gegen den Rückforderungsbescheid Beschwerde und führte hierbei ins Treffen, dass ihre Tochter in den Monaten Februar 2018 bis August 2018 sowie im Oktober 2018 in gemeinsamem Haushalt gelebt habe. Hierbei sei die Richtigkeit vorstehender Angaben durch die beigelegten Protokolle des BG z bzw. eines - in realiter nicht beigelegten - Terminzettels des Amtes für Jugend und Familie belegt.

Aus dem beigelegten mit datierten Gerichtsprotokoll geht hervor, dass der zum Obsorgeantrag der Bf. befragte Kindesvater angegeben hat, dass x auf Grund einer im Juni 2018 erfolgten Meinungsverschiedenheit - nach einem nahezu sechs Jahre andauernden Aufenthalt in dessen Haushalt - Mitte nämlichen Monats in den Haushalt der Bf. übersiedelt sei.

In der Folge schloss sich die belangte Behörde den Ausführungen der Bf. nicht an und wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom ab.

Hierbei wurde begründend ausgeführt, dass x einerseits beim BG z am den Zeitraum des Aufenthaltes im Haushalt der Bf. von Mitte Juni 2018 bis Mitte August 2018 bekannt gegeben habe, anderseits im Beisein der Bf. sowie deren Großmutter nämlichem Gericht gegenüber am zu Protokoll gegeben habe, dass sie seit September 2018 dem Haushalt ihrer Großmutter angehöre, die Rückforderung mangels Anspruchsberechtigung der Haushaltszugehörigkeit im Rückforderungszeitraum rechtens erfolgt sei.

In ihrem gegen vorgenannte BVE am eingebrachten Vorlageantrag führte die Bf. aus, dass ihre Tochter bereits seit dem 01.05. (ohne Jahresangabe) bei ihr gewohnt habe, bzw. im Mai 2018  nämlicher Sachverhalt dem BG z bekannt gegeben worden sei. Hierbei werde das Bezug habende dem Vorlageantrag beigelegt

Der Vorlagebericht der belangten Behörde beinhaltet den Passus, dass das im Vorlageantrag angekündigte Protokoll tatsächlich nicht übermittelt worden sei, wobei der Bf. nämliches Faktum im Zuge der gemäß § 265 Abs. 4 BAO am  erfolgten Information betreffend die Vorlage des Rechtsmittels an das BFG bekannt gegeben wurde.

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass  - ungeachtet vorstehender Information -, eine Nachreichung des Protokolls durch die Bf. an das Verwaltungsgericht nicht erfolgt ist.

Über die Beschwerde wurde erwogen: 

1. Rechtsgrundlagen

Die Bestimmung des § 2 FLAG 1967 - in ihren für das Erkenntnis relevanten Passagen - lautet wie folgt:

§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder,

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(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhalts­kosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsbe­rechtigt ist.

Die Bestimmung des § 26 FLAG lautet:

§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

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Die Bestimmung des § 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:

(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Die Bestimmungen der §§ 166 und 167 BAO lauten:

§ 166. Als Beweismittel im Abgabenverfahren kommt alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

§ 167. (1) Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.

(2) Im übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

 2. Streitgegenstand und rechtliche Würdigung

2.1. Streitgegenstand

Ausgehend von dem an oberer Stelle dargelegten Verwaltungsgeschehen sowie den unter Punkt 1 zitierten Rechtsgrundlagen bildet die - auf im Rechtsmittelverfahren ins Treffen geführte Haushaltszugehörigkeit - fußende Anspruchsberechtigung der Bf. auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für deren minderjährige Tochter x in den Zeiträumen vom bis zum sowie vom bis zum den Streitgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. 

2.2. Rechtliche Würdigung

Ausgehend von der Aktenlage sowie den vor dem BG z betreffend die Haushaltszugehörigkeit des Kindes x im Rückforderungszeitraum getätigten Aussagen war betreffend die Anspruchsberechtigung der Bf., respektive andersrum gesprochen die Rechtmäßigkeit der Rückforderung vom BFG wie folgt zu befinden:

2.2.1. Haushaltszugehörigkeit

Der Begriff der Haushaltszugehörigkeiteines Kindes wird von Merkmalen verschiedenster Art geprägt. Die Haushaltszugehörigkeit leitet sich aus dem Zusammenwirken örtlicher Gegebenheiten sowie materieller und immaterieller Faktoren ab. Ein Kind gilt als haushaltszugehörig, wenn es in einem bestimmten Haushalt wohnt, betreut und versorgt wird. Es ist dabei nicht erforderlich, dass das Kind ständig in diesem Haushalt (Familienwohnung) anwesend ist. Sie verlangt jedoch sowohl einen Familienwohnsitz (Haushalt), der vom Elternteil und dem Kindes gemeinsam regelmäßig genutzt wird, als auch, dass der Elternteil die Verantwortung für das materielle Wohl (Wirtschaftsführung und Kostentragung) des haushaltszugehörigen Kindes trägt (vgl. ).

Nach § 2 Abs. 5 lit. a FLAG 1967 gilt die Haushaltszugehörigkeit bei einem vorübergehenden Aufenthalt außerhalb der gemeinsamen Wohnung nicht als aufgehoben. Ungeachtet der faktischen Unmöglichkeit des gemeinsamen Wohnens in diesem Zeitraum stellt das Gesetz bei einer vorübergehenden Abwesenheit die Fiktion auf, dass die Haushaltszugehörigkeit nicht als aufgehoben gilt (vgl. ).

Um ein Kind, das sich außerhalb der gemeinsamen Wohnung der Familie aufhält, noch als haushaltszugehörig ansehen zu können, darf der anderweitige Aufenthalt des Kindes nur ein "vorübergehender" sein (§ 2 Abs. 5 FLAG 1967). Die Ausdrucksweise des Gesetzes lässt erkennen, dass die Abwesenheit von der entstandenen Wohnungsgemeinschaft nur eine zeitlich beschränkte sein darf, und diese zeitliche Beschränkung, damit sie nicht zur Auflösung der Wohnungsgemeinschaft führt, nicht lange Zeit, also nur einen vorübergehenden Zeitraum dauern darf, wie dies bei einer Ausbildung oder Schulbesuch der Kinder (vgl. ) oder einer beruflich bedingten Abwesenheit unter der Woche (vgl. ) der Fall ist, gegeben sein darf. Eine derartige bloß vorübergehende Abwesenheit steht der Annahme eines durchgehend gemeinsamen Haushaltes, für den neben dem gemeinsamen Wohnen vor allem der Gesichtspunkt gemeinsamen Wirtschaftens maßgeblich ist, nicht entgegen.

Ein bestehender gemeinsamer Haushalt wird etwa durch gewisse durch Lebensumstände bedingte, auf nicht allzu lange Zeit berechnete Unterbrechungen des Zusammenlebens (wie etwa Krankenhaus- und Erholungsaufenthalte) nicht beseitigt (vgl. ).

Wie der VwGH ausspricht, hängt die Beantwortung der Frage, mit welcher Person ein Kind die Wohnung teilt, ganz wesentlich davon ab, in wessen Wohnung das Kind regelmäßig nächtigt, und zwar jedenfalls dann, wenn die betreffende Person die üblicherweise mit diesen Nächtigungen im Zusammenhang stehenden altersadäquaten Betreuungsmaßnahmen (z.B. Sorgetragung für morgendliche und abendliche Körperpflege oder Begleitung zur Schule) erbringt (vgl. ).

2.2.2. Wertung der vor dem BG z getätigter Aussagen

Einleitend ist die Bf. seitens des BFG auf die Übereinstimmung der Aussagen des Kindesvaters laut dem Protokoll vom und jenen des Kindes laut dem Protokoll vom , wonach x bis zu einer Mitte Juni 2018 erfolgten Meinungsverschiedenheit - von,  gemäß der Ausführungen unter Punkt 2.2.1. keine Zugehörigkeit zum Haushalt der Bf. begründenden Wochenendbesuchen abgesehen -, dem Haushalt ihres Vaters angehört hat, hinzuweisen. 

Korrespondierend damit ist seitens des Verwaltungsgerichtes via Berücksichtigung der Aussage der Mutter der Bf. vom , wonach x seit Mitte August den Kontakt zu ihrem Vater abgebrochen habe, bzw. seit dem deren Haushalt angehört, in schlüssiger Art und Weise auf eine - die Monate Juli und August des Jahres 2018 - umfassende Zugehörigkeit - zum Haushalt der Bf. zu folgern. 

Mit anderen Worten ausgedrückt bedeuten vorstehende Ausführungen, dass sich die Anspruchsberechtigung der Bf. auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge ebenfalls auf die Monate Juli und August 2018 beschränkt hat. 

Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die Bf. anlässlich der in die vorstehend angeführte Ergebnisse des Protokolls vom mündenden Vorsprache beim BG z weder den Aussagen ihrer Mutter noch jenen ihrer Tochter entgegengetreten ist, sondern diese eine Anspruchsberechtigung lediglich auf die unbewiesene Behauptung einer Zugehörigkeit des Kindes x zu ihrem Haushalt ab dem sowie auf ein im Übrigen nicht nachgereichtes Gerichtsprotokoll stützt. 

Zusammenfassend vermag das BFG aus vorgenannten Gründen in der Rückforderung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge kein Rechtswidrigkeit zu erblicken und war ergo dessen wie im Spruch zu befinden.  

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine derartige Rechtsfrage liegt im zu beurteilenden Fall nicht vor, da die "Feststellung" der mangelnden Anspruchsberechtigung der Bf. im Rückforderungszeitraum einerseits das Ergebnis der Würdigung der Beweise durch das Verwaltungsgericht widerspiegelt, andererseits diese unmittelbar auf den Bestimmungen des FLAG 1967, respektive der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fußt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103930.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at