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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.07.2019, RV/7103557/2019

Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache NameBf, AdresseBf, vertreten durch Mag. Johann Wally, Hirschvogelgasse 7 Tür 15, 1200 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 8/16/17 vom , betreffend Einkommensteuer 2017 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde des Beschwerdeführers (Bf) dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Dem gleichzeitig elektronisch übermittelten Beschwerdeakt der belangten Behörde ist Folgendes und zu entnehmen:

Der Bf beantragte in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2017 die Berücksichtigung von Begräbniskosten in Höhe von € 1.989,06.

Über Ersuchen der belangten Behörde legte der Bf eine Aufstellung der insgesamt angefallenen Kosten in Höhe von € 9.386,68 und den Beschluss des Bezirksgerichtes X vor. Letzterem ist zu entnehmen, dass die Verlassenschaft Aktiva i.H.v. € 7.397,62 umfasste.

Im Zuge der Erlassung des Einkommensteuerbescheides wurden die Begräbniskosten nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt und begründend ausgeführt, nach Erfahrungssätzen seien die Begräbniskosten bzw. die Kosten eines Grabmals höchstens mit € 5.000,00 als zwangsläufig erwachsen anzuerkennen. Die Begräbniskosten würden zu den bevorrechteten Nachlassverbindlichkeiten gehören und seien demnach vorrangig aus einem vorhandenen Nachlassvermögen (Aktiva) Absatz zu bestreiten.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde führte der steuerliche Vertreter des Bf aus, es sei nicht nachvollziehbar, woher der Betrag von € 5.000,00 bei den heutigen Preisen stamme. Bei den beantragten Begräbniskosten handle es sich um die Mindestkosten, die derzeit verlangt würden. Es gebe kein Begräbnis mehr unter € 7.000,00 plus Nebenspesen. Er beantrage daher die Anerkennung der angeführten Kosten.

Mit Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, der Höhe nach sei die Absetzbarkeit mit den Kosten eines würdigen Begräbnisses sowie eines einfachen Grabmals begrenzt, wobei diese noch um das Nachlassvermögen (inklusive Versicherungsleistungen und Kostenbeiträge des Arbeitgebers) zu kürzen seien. Bundeseinheitlich würden sich diese Kosten ab der Veranlagung für 2013 erfahrungsgemäß auf höchstens je € 5.000,00 belaufen.

Gemäß § 549 ABGB würden Begräbniskosten zu den bevorrechteten Nachlassverbindlichkeiten gehören. Sie seien demnach vorrangig aus einem vorhandenen Nachlassvermögen zu bestreiten. Sei kein ausreichender Nachlass zur Deckung der Begräbniskosten vorhanden, so würden hierfür die zum Unterhalt des Verstorbenen Verpflichteten haften. Fänden Begräbniskosten in den vorhandenen Nachlassaktiva Deckung, komme die Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung nicht in Betracht. Insoweit fehle es an der Zwangsläufigkeit.

Der steuerliche Vertreter des Bf stellte einen Vorlageantrag und führte aus, in der Beschwerdevorentscheidung fehle eine nachvollziehbare Begründung für die Nichtanerkennung der gesamten Begräbniskosten. Es werde weder auf die regionalen Kosten eingegangen noch angeführt, auf welchen Unterlagen die angeblich erfahrungsgemäßen Begräbniskosten beruhten. Das Begräbnis habe in Wien stattgefunden und hier gebe es kein Begräbnis unter € 7.000,00. Diese Kosten seien leicht bei der der Gemeinde Wien gehörenden Wiener Bestattung nachzufragen.

Im Vorlagebericht führte die belangte Behörde aus, die Verlassenschaftsaktiva würden sich im Beschwerdefall auf € 7.392,62 belaufen. Die Kosten für ein würdiges Begräbnis seien bundeseinheitlich mit höchstens € 5.000,00 zu berücksichtigen. Würden höhere Kosten entstehen, sei deren Zwangsläufigkeit nachzuweisen. Eine allfällige Zwangsläufigkeit für bestimmte höhere Kosten sei nicht nachgewiesen worden.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes X vom wurden dem Bf in der Verlassenschaftssache nach seiner am tt.mm.2017 verstorbenen Ehefrau die Aktiva von insgesamt € 7.397,62 zur teilweisen Abstattung der von ihm bezahlten Bestattungskosten i.H.v. € 9.033,40 und gegen Zahlung der Gebühren des Gerichtskommissärs i.H.v. € 353,28 an Zahlung statt überlassen. Die Verlassenschaft war damit überschuldet.

Dieser Sachverhalt gründet sich auf die im Akt befindlichen Unterlagen und war rechtlich wie folgt zu beurteilen:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3.  Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben seien.

Gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 beeinträchtigt die Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen von mehr als 36.400 Euro 12 %.

Gemäß § 549 ABGB gehören die dem Gebrauche des Ortes, dem Stande und dem Vermögen des Verstorbenen angemessenen Begräbniskosten zu den auf der Erbschaft haftenden Lasten. Sie sind sohin vorrangig au den Aktiva des Nachlasses zu tragen (vgl. hiezu Apathy in Koziol/Bydlinski/Bollenberger (Hrsg.), ABGB3, § 549 Rz 3; ).

Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass Begräbniskosten insoweit keine außergewöhnliche Belastung darstellen, als sie in den Nachlassaktiva Deckung finden (vgl. ).

Von einer wesentlichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit kann nicht gesprochen werden, soweit eine Belastung im wirtschaftlichen Zusammenhang mit einem Erwerb von Todes wegen steht und im Wert der übernommenen Vermögenssubstanz ihre Deckung findet ().

Der Höhe nach ist die außergewöhnliche Belastung mit den Kosten eines dem Ortsgebrauch und der sozialen Stellung des Verstorbenen Rechnung tragenden würdigen Begräbnisses begrenzt (Jakom/Peyerl, EStG 2018, § 34 Rz 90 „Begräbniskosten" mwN). Während die Verwaltungspraxis im Jahr 2017 die Kosten eines würdigen Begräbnisses sowie eines einfachen Grabmals mit jeweils € 5.000,00 ansetzte (LStR 2002 Rz 890), geht die Judikatur des Bundesfinanzgerichtes auf Basis der Beerdigungskostenverordnung 2016 der Finanzmarktaufsichtsbehörde (BGBl II 172/2015) von einem einheitlichen Höchstbetrag im Jahr 2017 von € 10.000 für alle im Zusammenhang mit der Bestattung angefallenen Kosten aus. Der darin geregelte Gesamtrahmen ist gegenüber einer Aufteilung der Begräbniskosten im engeren Sinne einerseits und der Grabmalkosten andererseits (LStR 2002) vorzuziehen, da es um die insgesamt einfache, würdige Gestaltung des Begräbnisses geht und die Aufteilung auf einzelne Komponenten sachlich nicht geboten erscheint. Wird dieser Gesamtrahmen nicht überschritten, so kommt eine Prüfung der Zweckmäßigkeit und Angemessenheit einzelner Aufwendungen im Rahmen eines einfachen, ortsüblichen Begräbnisses nicht in Betracht, weil die Gestaltung eines Begräbnisses zu den höchstpersönlichen Angelegenheiten des Kostenträgers gehört (; ; ).

Auch im gegenständlichen Fall wird der ständigen Judikatur des Bundesfinanzgerichtes gefolgt und zur Beurteilung der Höchstgrenze eines einfachen und würdigen Begräbnisses die Beerdigungskostenverordnung der Finanzmarktaufsicht herangezogen. Die vom Bf für das Begräbnis seiner Ehefrau aufgewendeten € 9.386,68 finden in dem im Jahr 2017 geltenden Rahmen von € 10.000,00 Deckung. Trotzdem konnte der nicht in den Nachlassaktiva gedeckte Betrag in Höhe von € 1.989,06 nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, da die Tragung dieses Betrages die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bf nicht beeinträchtigt. Der Differenzbetrag in Höhe von € 1.989,06 übersteigt nämlich nicht den vom Bf zu tragenden Selbstbehalt, wie dies dem zur Veranschaulichung beigelegten Berechnungsblatt zu entnehmen ist.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Judikaturlinie des BFG wurde vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2008/15/0009, bestätigt, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Beilage: 1 Berechnungsblatt (Einkommensteuer 2017)

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103557.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at