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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.07.2019, RV/3100424/2013

Aufteilung der Vorsteuer in einen abziehbaren und nicht abziehbaren Teil gem. § 12 Abs. 4 und 5 UStG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache BF, vertreten durch Dr. Walter Oberrauch - Erich Seiwald Steuerberatungs-Wirtschaftstreuhand GmbH, Wegscheidgasse 9, 6380 St. Johann, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde FA Kufstein Schwaz vom betreffend Umsatzsteuer 2009 und vom betreffend Umsatzsteuer 2010 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2010 wird Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der am Ende des Erkenntnisses dargestellten Berechnung zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführer betreiben ein Versicherungsbüro. In den Beschwerdejahren er­zielten sie sowohl Umsätze, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führten als auch Umsätze, bei denen dies nicht der Fall war. Strittig ist die vorzunehmende Aufteilung der Vorsteuer in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil.

1. Sachverhalt und Verfahrensgang

1.1. Die Beschwerdeführerin betreibt (laut "Fragebogen für Per­sonen­ge­sell­schaften bei mündlichen Gesellschaftsverträgen") seit Juni 2000 als Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Versicherungsbüro in PLZ_1 Ort_1 und unterhielt von September 2008 bis Ende 2009 als Generalagentur für die Uniqa Ver­sicherung AG eine Kfz-Zu­lassungs­stelle am Standort PLZ_2 Ort_2, wo diesem Zweck entsprechende Räumlichkeiten angemietet wurden. Der zwischen den Beschwerdeführern und der Uniqa Versicherung AG auf unbestimmte Zeit abgeschlossene "Zusatz zum General­agentur­ver­trag" enthält u.a. folgende Regelungen:

  • Alle zur Errichtung der Zulassungsstelle notwendigen Vorkehrungen ("Be­hörden­an­suchen, Mitarbeiterausbildung, EDV, Infrastruktur für die Zulassung") werden von Uniqa übernommen. Für die arbeits- und kraftfahrrechtskonforme Büroausstattung hat die Generalagentur Sorge zu tragen. Die Räumlichkeiten sowie Büromöbel für die Zulassungstätigkeit werden von der Generalagentur unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Die Kosten für die Errichtung der Zu­lassungs­stelle ("Sicherheitsschrank, Zulassungstafel, Prägegerät, Stempel, Handkassa, Ansuchen bei der Behörde") gehen zu Lasten von Uniqa.

  • Die mit der Zulassungsstelle betraute Innendienstkraft wird bei Uniqa an­ge­stellt. Die Vertretung bei Urlaub, Krankheit oder anderen Abwesenheiten der Innendienstkraft erfolgt durch einen anderen Uniqa-Mitarbeiter. Die Innen­dienst­kraft ist bezüglich der Zulassungstätigkeit an Weisungen der Uniqa gebunden.

  • Die laufenden bei Uniqa anfallenden Kosten für den Betrieb der Zu­lassungs­stelle, darin enthalten insbesondere auch die Personalkosten der Innen­dienst­kraft, rechnet Uniqa quartalsweise gegenüber der Generalagentur ab.

  • Die Generalagentur erhält als Kostenersatz eine Vergütung in Höhe von ... je Anmeldung. Die Generalagentur wird quartalsweise gegenüber der Uniqa Rechnung ... legen.

1.2. Umsatzsteuer 2009

1.2.1. Nach zunächst erklärungsgemäßer Veranlagung zur Umsatzsteuer 2009 (Bescheid vom ) wurde mit Be­scheid vom die Wieder­auf­nahme des Verfahrens verfügt. Mit dem gleichzeitig erlassenen neuen Um­satz­steuer­be­scheid wurde die bisherige Zuordnung der Vor­steuer­beträge zu den steuerpflichtigen Umsätzen (Kfz-Anmeldungen) und den steuerbefreiten Umsätzen (Versicherungsleistungen) geändert, wodurch sich die abziehbare Vorsteuer mit € 549,87 (Erstbescheid vom : € 15.520,87) ergab. In der Bescheidbegründung führte das Finanzamt aus:

Im Jahr 2009 seien steuerpflichtige Umsätze in Höhe von 5.791,34 € (2,63 % vom Gesamtumsatz) und steuerfreie Umsätze in Höhe von 214.090,02 € (97,37 % vom Gesamtumsatz) erklärt worden. Dieses Verhältnis von steuerpflichtigen zu steuerbefreiten Umsätzen sei nach Auskunft des steuerlichen Vertreters auch in den beiden Folgejahren "in ähnlicher Größenordnung" vorgelegen. Seitens des Unternehmens sei versucht worden, die Aufteilung der Vorsteuern von Investitionen und sonstigen Aufwendungen nach der tatsächlichen Nutzung vorzunehmen, "ohne dafür eine nachvollziehbare sachliche Begründung zu liefern". So seien die Anschaffung von Be­triebs­aus­stattung , Büroeinrichtung und EDV-Anlage mit 50 % den steuerpflichtigen Umsätzen (aus Kfz-Anmeldungen) zugerechnet worden. Bei einer Besichtigung des Büros sei festzustellen gewesen, dass neben dem Eingangsbereich für das ganze Büro eine Angestellte ihren Arbeitsplatz habe, die "u.a. auch die Kfz-Anmeldungen" durchführe. Eine Trennung oder Bezeichnung dieses Bereiches als Kfz-Anmeldestelle sei nicht vor­handen gewesen. In diesem Teil des Büros hätten sich neben mehreren Büromöbeln auch eine Sitzecke für wartende Kunden befunden. Zahlungen an die Uniqua-Versicherung für weiterverrechnete Personalkosten in Höhe von 26.168,68 € seien zur Gänze den steuer­pflichtigen Umsätzen zugerechnet worden. Es sei unglaubwürdig, dass ein Unternehmer für Fremdpersonal ca. 26.000 € bezahle, um damit einen Umsatz von nur ca. 6.000 € zu erwirtschaften. Nach Ansicht des Finanzamtes hätten diese Angestellten auch Arbeiten erledigt, die nicht mit den Kfz-Anmeldungen zusammenhängen. Dies im Hinblick darauf, dass der Zeitaufwand für eine Kfz-Anmeldung mit ca. 10 - 15 Minuten (Aussage von Gesellschafter_1 vom ) bzw. 20 - 25 Minuten (Vor­halt­be­ant­wortung vom ) angegeben worden sei. Bei insgesamt 168 Anmeldungen im Jahr 2009 und einem durchschnittlichen Zeitaufwand von 20 Minuten pro Anmeldung entspreche dies einem Zeitaufwand von ca. 55 Stunden für das ganze Jahr. Ein kostenbewusst kalkulierender Unternehmer würde hiefür nicht 26.000 € aufwenden. Die Aufteilung der Vorsteuern in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil könne daher nach Ansicht des Finanzamtes - um un­ge­recht­fertigte Steuervorteile zu vermeiden - nur nach dem Verhältnis der steuerpflichtigen zu den steuerbefreiten Umsätzen erfolgen. Die abziehbare Vorsteuer ergab sich wie folgt:


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Vorsteuer lt. Bescheid
AK Anlagevermögen 2009
56.257,01
 
Vorsteuer bisher
11.251,40
 
davon abziehbar 2,63 %
 
295,91
 
 
 
Aufwendungen netto 2009
48.281,17
 
Vorsteuer bisher
9.656,23
 
davon abziehbar 2,63 %
 
253,96
Vorsteuer lt. Bescheid vom
 
549,87

Die Kürzung der Vorsteuer und Erhöhung der Absetzung für Abnutzung führte auch zu einer entsprechenden - vor dem BFG nicht mehr strittigen - Gewinnänderung.

1.2.2. Die Beschwerde vom  richtet sich sowohl gegen den Umsatzsteuer- als auch den Feststellungsbescheid 2009. In der Begründung ist ausgeführt, durch die Anwendung des "Umsatzsteuerschlüssels nach § 12 Abs. 5 Z 1 UStG 1994" orientiere sich "die ab­zieh­bare Vorsteuer ausschließlich am Anteil der steuerpflichtigen Umsätze am Gesamtumsatz". Das Gesetz verlange aber eine Zuordnung nach Maßgabe des Zu­sammen­hanges mit den Ausgangsumsätzen. Bei den "allgemeinen Ausgaben, wie z.B. Büro­material, Reinigungsmaterial etc. errechne sich die Vorsteuer nach dem Um­satz­schlüssel (prozentueller Anteil Erlöse Kfz-Anmeldungen im Vergleich zum Ge­samt­um­satz)". Bei Mietaufwand und Betriebskosten erfolge der Vor­steuer­ab­zug entsprechend der auf das Versicherungsbüro bzw. die Kfz-Anmeldungen entfallenden Nutzflächen. Dieses Verhältnis sei aus der der Berufung (Beschwerde) beigefügten Flächen­be­rechnung ersichtlich . Dies gelte für die Jahre 2010 und 2011. Im Jahr 2009 habe sich im Büro in Ort_2 aus­schließlich die Kfz-Anmeldung befunden. Daher stehe für diesen Zeitraum der volle Vorsteuerabzug zu (Anm.: gemeint offenbar für die Personalkosten). Die allgemeinen Büroflächen würden "dem Um­satz­steuerschlüssel unterliegen", für die "direkt" der Kfz-Anmeldung zurechenbaren Flächen stehe die Vorsteuer nach der Nutzung zu. Zu bedenken sei, dass der Um­satz­steuerschlüssel einer jährlichen Schwankung unter­liege . Die Personalkosten würden für die Jahre 2009 bis 2011 zu 100% Aufwand für die Kfz-Anmeldestelle darstellen. Ab 2012 betrage der Anteil 60 %. Die Änderung ergebe sich aus dem Ausscheiden der mit 16 Wochenstunden angestellten und ausschließlich für den Bereich Versicherungsbüro zuständigen Mitarbeiterin ab dem Jahr 2012. Deren Agenden seien auf die beiden Uniqa-An­ge­stellten nach erfolgter Einschulung je zur Hälfte (somit jeweils 8 Wochenstunden) übertragen worden. Von der Gesamtarbeitszeit dieser beiden Mit­arbeiterinnen (jeweils 20 Wochenstunden) entfalle daher ein Anteil von 40% (8 Stunden) auf den Bereich Ver­sicherungs­büro . Das Finanzamt habe die in den Jahren 2009 und 2010 erfolgte aus­schließliche Verwendung in der Kfz-An­melde­stelle als unglaubwürdig abgetan. Das Versicherungsbüro habe schon seit mehr als 11 Jahren bestanden. Die Betriebsleistung habe keinen besonderen, die Einstellung weiterer Arbeitskräfte recht­fertigenden Anstieg aufgewiesen. Das heiße, man habe mit dem Personalstand des Jahres 2009 die Aufgaben des Versicherungsbüros bewältigen können. Die Beschäftigung der beiden neuen (Uniqa-)Mitarbeiterinnen sei nicht für die Mitarbeit im Versicherungsbüro erfolgt, sondern habe der Nutzung der Entwicklungschancen aus der Kfz-Anmeldestelle gedient. Die Kfz-Anmeldung habe   einen zusätzlichen Service für die Kunden   bedeutet und neben einer besseren Kundenbindung die Chance geboten, weitere Produkte ("wie zum Beispiel eine Versicherung, da der Kunde ganz einfach das Auto auch im Ort anmelden kann") ver­kaufen zu können. Diese Vorteile hätten sich nur bei Erfüllung der Auflagen der Uniqa für eine Kfz-Zulassungsstelle ergeben können. Zu diesen Auflagen habe die Beschäftigung mindestens zweier Halbtagskräfte für die Kfz-Anmeldestelle gehört, wobei die Anstellung zwingend über die Uniqa erfolgen habe müssen. Die Zu­lassungs­stelle in Ort_2 sei nur vorübergehend (bis zur Fertigstellung des neuen Büros in Ort_1 im Herbst 2009) betrieben worden. Der Beschwerde ist eine Bestätigung der Uniqa angeschlossen, wonach sie in den Räumlichkeiten der Generalagentur (Beschwerdeführerin) eine Kfz-Zu­lassungs­stelle betreibe, wobei die beiden not­wendigen Innendienstmitarbeiterinnen bei der Uniqa angestellt und bei der TGKK angemeldet seien. Weiters enthält die Beschwerde eine Nutzflächenberechnung für das Büro in Ort_2, wonach eine Fläche von 53,63 m² (d.s. 26,55 % der Gesamtbürofläche von 201,99 m²) für Zwecke der Kfz-Anmeldung verwendet worden sei. Es werde daher vorgeschlagen, die auf Zugänge im Anlagevermögen entfallende Vorsteuer zu 26,55 %, die in den Personalkosten 2009 und in Miete/Betriebskosten enthaltene Vorsteuer jeweils zu 100 % dem Bereich Kfz-Anmeldung zuzuordnen:


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Berechnung 2009 lt. Beschwerde
für Kfz-Anmeldung
Betrag
AK Anlagevermögen netto 62.267,11; VSt 12.453,22
26,55%
3.306,38
Personalkosten
100,00%
5.233,77
Miete und Betriebskosten Büro Ort_2
100,00%
1.724,40
Abzugsfähige Vorsteuer gesamt lt. Beschwerde
 
10.264,55

1.2.3. Der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 wurde mit Beschwerde­vor­entscheidung vom insofern Folge gegeben, als für den Zugang im An­lage­ver­mögen die Vorsteuer in der be­antragten Höhe (26,55 % bzw. € 3.306,38) in Abzug gebracht wurde. Von den auf  "Personalkosten" und "sonstige Kosten" entfallenden Vorsteuerbeträgen (iHv € 5.233,77 bzw. € 2.585,99) wurden weiterhin - entsprechend dem Verhältnis von steuer­freien zu steuerpflichtigen Umsätzen - jeweils 2,63 % (d.s. € 137,65 bei Per­sonal­kosten und € 68,01 bei den sonstigen Kosten) als Vorsteuer an­er­kannt . Die laut Be­schwerde­vor­entscheidung insgesamt abziehbare Vorsteuer errechnete sich daher mit € 3.512,04. In der Bescheidbegründung ging das Finanzamt weiterhin davon aus, dass die beiden Uniqa-Angestellten nicht nur Kfz-Anmeldungen bearbeitet, sondern auch andere Arbeiten erledigt haben müssen. Dies hätten die Beschwerdeführer nicht widerlegt. Vielmehr sei auf die Möglichkeit verwiesen worden, durch die Fahr­zeug­an­melde­stelle vermehrt Ver­sicherungs­pro­dukte verkaufen zu können. Zudem sei bei einer Prüfung festzustellen gewesen, dass das Büro in Ort_2 auch von einem der beiden Gesell­schafter genutzt werde. Dass der Gesellschafter ausschließlich Fahrzeuganmeldungen durchgeführt habe, werde selbst vom Unternehmen nicht behauptet.

Auf eine "Änderung der Gewinnfeststellung" wurde in der Berufungsvorentscheidung "wegen Geringfügigkeit der Auswirkung verzichtet".

1.2.4. Der Vorlageantrag vom richtet sich nur mehr gegen den Bescheid betreffend Umsatzsteuer 2009. Da die Beschwerdevorentscheidung die tatsächliche Situation nicht wiedergebe, werde der Agenturvertrag sowie eine Bestätigung der Uniqa vorgelegt. Aus diesen Dokumenten gehe klar hervor, dass die von der Uniqa erteilten Auflagen "im direkten Zusammenhang mit der Zulassungsstelle" stünden und daher der Vorsteuerabzug wie in der Beschwerde beantragt zustehe.

1.3. Umsatzsteuer 2010

Im Jahr 2010 betrug der Anteil der steuerpflichtigen Umsätze am Ge­samt­um­satz (un­be­stritten) 5,71 %. Mit dem bekämpften (Erst-)Bescheid betreffend Umsatzsteuer 2010 ließ das Finanzamt die auf Personalkosten entfallende Vorsteuer (iHv 9.031,08) nicht wie be­an­tragt zur Gänze, sondern nur im angeführten Ausmaß (5,71 % bzw. € 515,67) zum Abzug zu. Die "restliche abzugsfähige Vorsteuer" sei aus "der eingereichten Erklärung bzw. den Ergänzungsschreiben" ersichtlich und betrage € 2.036,89. Insgesamt errechnete sich die abzugsfähige Vorsteuer mit € 2.552,56 (€ 515,67 + € 2.036,89). In der Be­scheid­be­gründung ist ausgeführt, das Personal, dessen Kosten von der Uniqa an die Be­schwerde­führer weiterverrechnet werde, sei sowohl im Bereich "steuerbefreite Ver­sicherungs­leistungen" als auch im Bereich "um­satz­steuer­pflichtige Kfz-Anmeldungen" tätig. Die darauf entfallende Vorsteuer sei daher im Verhältnis der steuerfreien zu den steuerpflichtigen Umsätzen aufzuteilen. Im Übrigen werde auf die Begründung des Umsatzsteuerbescheides 2009 verwiesen.

In der dagegen eingebrachten Beschwerde wurde unter "Bezugnahme auf den Vor­lage­antrag vom gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009" eingewendet, dass die Uniqa "die Anzahl der Beschäftigungsstunden (1 Ganztagsbeschäftigter oder 2 Halb­tags­mit­arbeiter )" als zwingende Voraussetzung für den Betrieb der Zulassungsstelle vor­ge­schrieben habe. Die "keinen besonderen Anstieg" aufweisende Entwicklung des seit elf Jahren ­bestehenden Versicherungsbüros hätte die Beschäftigung der beiden "neuen" Uniqa-Mitarbeiterinnen aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht erfordert. Dafür habe der bereits vorhandene Personal­stand ausgereicht. Die Beschäftigung der beiden Mit­arbeiter­innen sei nur erfolgt, um die Kfz-Meldestelle betreiben zu können. Die Personalkosten seien daher zur Gänze der Kfz-Meldestelle zuzurechnen.

Für 2010 hatte gemäß   § 262 (2) b BAO keine Beschwerdevorentscheidung zu ergehen.

2. Beweiswürdigung

Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Akten des Finanzamtes, dem Vorbringen in der Berufung (Beschwerde) sowie dem Vorlageantrag samt den beigefügten Dokumenten. Ergänzende Auskünfte wurden im Vorhalteverfahren erteilt. 

3. Rechtslage

§ 12 (4) UStG 1994:

Bewirkt der Unternehmer neben Umsätzen, die zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führen, auch Umsätze, bei denen ein solcher Ausschluß nicht eintritt, so hat der Unternehmer die Vorsteuerbeträge nach Maßgabe der Abs. 1 und 3 in abziehbare und nicht abziehbare Vorsteuerbeträge aufzuteilen.

§ 12 (5) UStG 1994:

An Stelle einer Aufteilung nach Abs. 4 kann der Unternehmer

1. die Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätze zu den übrigen Umsätzen in nicht abziehbare und abziehbare Vorsteuerbeträge aufteilen, oder

2. nur jene Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze aufteilen, die den zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug nach Abs. 3 führenden Umsätzen oder den übrigen Umsätzen nicht ausschließlich zuzurechnen sind.

§ 12 (6) UStG 1994:

Eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach Abs. 5 ist ausgeschlossen, wenn in einem Veranlagungszeitraum die auf Grund der Aufteilung der Vorsteuern nach den Umsätzen sich ergebende abziehbare Vorsteuer um mehr als 5 %, mindestens aber um 75 € oder um mehr als 750 € höher ist als die Vorsteuer, welche sich auf Grund der Aufteilung nach Abs. 4 ergibt.

§ 323 Abs. 38 BAO:

Die am bei dem Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge sind vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

4. Erwägungen

Nach § 6 Abs. 1 Z 13 UStG 1994 sind Umsätze aus der Tätigkeit als Bau­spar­kassen­ver­treter und Versicherungsvertreter steuerfrei. Nach ständiger Rechtsprechung des Ver­waltungs­gerichts­hofe s (zB ) fällt auch der Ver­sicherungs­makler unter diese Bestimmung.

Die Beschwerdeführer erzielen aus dem Betrieb eines Versicherungsbüros Umsätze, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen. Daneben erzielen sie auch Umsätze, bei denen ein solcher Ausschluss nicht eintritt.

Für die vor­zu­nehmende Aufteilung der Vorsteuer in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil sieht § 12 Abs. 4 und 5 folgende Alternativen vor (vgl. Ruppe, UStG, 3. Auflage, § 12 Tz 176 ff):

Die Grundnorm des § 12 Abs. 4 UStG 1994 verlangt eine Aufteilung der Vorsteuern nach Maßgabe ihrer Zurechenbarkeit, d.h. sie sind so aufzuteilen, wie sie den zum Ausschluss vom Vor­steuer­ab­zug führenden Umsätzen und den übrigen Umsätzen bei wirtschaftlicher Betrachtung zuzurechnen sind. Die Vorsteuerbeträge sind bei dieser Methode ausschließlich nach den Grundsätzen einer sachgerechten Zuordnung den Umsätzen, zu denen sie wirtschaftlich gehören, zuzuteilen (vgl. ; , 96/15/0116).

Alternativ dazu sieht § 12 Abs. 5 UStG eine Aufteilung nach dem prozentuellen Verhältnis der Ausschlussumsätze zu den anderen Umsätzen (Umsatzschlüsselverfahren, § 12 Abs. 5 Z 1) vor. Diese Methode kann entweder auf sämtliche Vorsteuern angewendet werden (Z 1) oder nur auf die Vorsteuerbeträge, die den verschiedenen Umsätzen nicht ausschließlich zuzurechnen sind.

Für den Unternehmer besteht ein Wahlrecht zwischen diesen Methoden. Durch § 12 Abs. 6 UStG wird das Wahlrecht insofern eingeschränkt, als die Inanspruchnahme des Um­satz­schlüssel­ver­fahrens nicht zu einem wesentlich höheren Betrag an abziehbarer Vorsteuer führen darf, als sich bei exakter Aufteilung ergeben würde.

Bei Vorsteuerbeträgen, die sowohl mit unecht steuerfreien als auch mit anderen Um­sätzen im Zusammenhang stehen, muss ein Aufteilungsmaßstab gewählt werden, der im Einzelfall zu einem möglichst sachgerechten Ergebnis führt. Eine bestimmte Vor­gangs­weise schreibt das Gesetz hiefür nicht vor. Zulässig ist jede Methode, die eine wirt­schatlich zutreffende Zuordnung der Vorsteuerbeträge gewährleistet (vgl. Ruppe/Achatz, aaO § 12 Tz 267). Fehlen die Grundlagen für eine sachgerechte exakte Zuordnung dieser gemischten Vorsteuerbeträge nach § 12 Abs. 4 UStG 1994, so ist zu schätzen.

Für den gegenständlichen Fall folgt daraus:

4.1. Vorsteuer 2009 Anlagevermögen:

Hinsichtlich des Büros in Ort_2 haben die Beschwerdeführer die aus Zugängen im Anlagevermögen resultierende abziehbare Vorsteuer mit € 3.306,38 ermittelt. Das entspricht einem Anteil von 26,55 % der insgesamt auf diese Anschaffungen entfallenden Vorsteuer. Der Prozentsatz ergibt sich aus der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Nutzflächenberechnung, wonach ein Anteil von 26,55 % der gesamten Bürofläche dem Bereich Kfz-Anmeldungen zuzuordnen ist. Das Finanzamt hat diese Berechnung in der Beschwerdevorentscheidung übernommen. Diese Vorgangsweise entspricht der gesetzlich vorgesehenen Aufteilung nach der wirtschaftlichen Zugehörigkeit und ist beizubehalten.

4.2. Vorsteuer 2009 Sonstige Aufwendungen:

Die auf "Sonstige Aufwendungen" entfallende Vorsteuer (insgesamt € 2.585,99) wurde im bekämpften Bescheid mit 2,63 % bzw. € 68,01 in Abzug gebracht. Diese Position betrifft laut Beschwerde "überwiegend Miete und BK im Büro Ort_2". Bei Raummiete und Betriebskosten hält das BFG eine Aufteilung nach Maßgabe der vor­ge­legten Nutz­flächen­be­rechnung für geboten (wie dies im übrigen auch in der Be­schwerde gegen den USt-Bescheid 2010 beantragt wurde). Es sind € 686,58 (d.s. 26,55 % von € 2.585,99) als Vorsteuer in Abzug zu bringen.

4.3. Vorsteuer Personalkosten:

4.3.1. In der Beschwerdevorentscheidung für 2009 wurde von der auf Personalkosten entfallenden Vorsteuer (insgesamt € 5.233,77) ein Anteil in Höhe von 2,63 % (d.s. € 137,65) als ab­zugs­fähig anerkannt. Begründend ist ausgeführt, dass für eine Kfz-Anmeldung laut Be­ant­wortung eines Vorhaltes vom ein Zeitaufwand von durchschnittlich 20 - 25 Minuten nötig war und insgesamt 168 Anmeldungen erfolgt sind. Bei dieser Aus­lastung hielt es das Finanzamt für un­glaub­würdig , dass die damit betrauten Mitarbeiter nicht auch andere Arbeiten erledigt haben. Das Finanzamt hielt auch fest, dass bei einer Besichtigung des Büros am eine "extra Trennung oder Bezeichnung" des Bereiches "Kfz-Anmeldestelle" nicht ersichtlich gewesen sei.

4.3.2. Im Jahr 2010 ist nur die Kürzung der auf Personalkosten entfallenden Vorsteuer strittig. Im bekämpften Bescheid vom ließ das Finanzamt unter Hinweis auf die Begründung des Um­satz­steuer­be­scheides 2009 von der geltend gemachten Vorsteuer 5,71 % bzw. € 515,67 zum Abzug zu.

4.3.3. Die Beschwerdeführer stellen die Unterbeschäftigung gar nicht in Abrede, wenden aber in der Beschwerde neuerlich ein, dass die beiden Uniqa-Angestellten ausschließlich für die Zu­lassungs­stelle tätig gewesen seien, "auch wenn vorerst keine Kostendeckung vorhanden" gewesen sei. Die Anstellung der beiden Teilzeitkräfte sei unumgänglich gewesen, um die Auflagen der Uniqa (Öffnungs­zeiten der Zu­lassungs­stelle von 08:00 - 12:00 Uhr und von 14:00 - 18:00 Uhr an 5 Tagen wöchentlich) erfüllen zu können. Dies sei auch der Grund dafür, dass eine der beiden Teil­zeit­kräfte (Frau_A) nach ihrem Ausscheiden aus dem Betrieb (außerhalb des Be­schwerde­zeit­raumes im Jahr 2012) durch eine andere Teilzeitkraft habe ersetzt werden müssen.

4.3.4. Die Einwendungen in den Beschwerden werden durch den vorgelegten Agentur­ver­trag untermauert und können nicht einfach als unglaubwürdig abgetan werden. Die Kfz-Anmeldestelle in Ort_2 wurde im September 2008 neu eröffnet. Es handelte sich um einen neuen Standort mit neuem Angebot an die Kunden. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Unternehmer während einer Anfangsphase auch Aufwendungen zu tragen bereit ist, deren Wirtschaftlichkeit sich erst herausstellen muss. Es liegt auch nahe, dass sich die beiden Bediensteten in der Anfangsphase auf den neu hinzugekommenen Geschäftszweig konzentriert haben. Die Beschwerdeführer wenden auch ein, der Arbeitsanfall habe die Beschäftigung zusätzlicher Mitarbeiterinnen gar nicht erfordert, da dieser vom vor­handenen Personal zu bewältigen gewesen sei. Dieser Einwand wird insofern bestätigt, als die (im Internet abfragbare) Zahl der Mitarbeiter von 3 Mitarbeitern im Jahr 2009 auf jeweils 1 Mitarbeiter in den Jahren 2010 bis 2017 gesunken ist. Fest­stellungen , welche Arbeiten die beiden Angestellten neben den Kfz-Anmeldungen konkret erledigt haben könnten, wurden nicht getroffen. Aus den dem Bundesfinanzgericht (über Anforderung) vor­ge­legten Unterlagen geht auch hinsichtlich der in der Begründung zum Um­satz­steuer­be­scheid 2009 vom erwähnten "Besichtigung des Büros am " nichts hervor (etwa Niederschrift, Aktenvermerk oder ähnliches). Die erwähnte "Vorhaltbeantwortung vom ", in welcher die Beschwerdeführer dem Bescheid zufolge den für eine Kfz-Anmeldung nötigen Zeitaufwand mit 20 - 25 Minuten angegeben haben, ist ebenfalls nicht vorhanden. Auch die Zahl der im Jahr 2010 erfolgten Kfz-Anmeldungen ist nicht ersichtlich. Das Finanzamt ging - offenbar gestützt auf die Auskunft des Steuerberaters, wonach von 2009 bis 2011 steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze "in ähnlicher Größen­ordnung" (s.o. Pkt. 1.2.1.) vorgelegen seien - davon aus, dass die für 2009 festgestellten Verhältnisse auch auf das Jahr 2010 zutreffen. Dies ist aber insofern zu relativieren, als sich der Anteil der steuer­pflichtigen Umsätze am Gesamtumsatz im Jahr 2010 gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt hat (Steigerung von 2,63 % auf 5,71 %). Zusammenfassend kommt das BFG zum Ergebnis, dass das Argument der mangelnden Auslastung für sich allein die er­folgte Vorsteuerkürzung nicht zu tragen vermag.

4.4. Die abziehbare Vorsteuer errechnet sich wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Vorsteuer 2009:
für Kfz-Anmeldung
Betrag
Anlagevermögen wie Beschwerde und BVE
26,55%
3.306,38
Miete und Betriebskosten Büro Ort_2
26,55%
686,58
Personalkosten (Uniqa-Angestellte)
100,00%
5.233,77
Abzugsfähige Vorsteuer 2009
 
9.226,73


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Vorsteuer 2010:
für Kfz-Anmeldung
Betrag
Personalkosten (Uniqa-Angestellte)
26,55%
9.114,37
Miete und Betriebskosten Büro Ort_2
26,55%
1.492,26
Verbleibende Positionen
5,71%
411,58
Abzugsfähige Vorsteuer 2010
 
11.018,20

5. Umsatzsteuer 2009 und 2010:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Berechnung Umsatzsteuer
2009
2010
Lieferungen und Sonstige Leistungen
219.881,36
166.578,23
Steuerfrei (ohne VSt-Abzug)
-214.090,02
-157.683,35
Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Leistungen
5.791,34
8.894,88
Umsatzsteuer (20 %)
1.158,27
1.778,98
Gesamtbetrag der Vorsteuern
-9.226,73
-11.018,20
Gutschrift
-8.068,46
-9.239,22

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Das Erkenntnis hat ausschließlich Fragen der Sachverhaltsermittlung zum Gegenstand.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Versicherungsbüro, VSt-Aufteilung
Zitiert/besprochen in
Hauser/Astl in SWK 27/2019, 1123
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.3100424.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at