Vorliegen einer Drittelbegünstigung für eine Schweizer Pensionsabfindung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch L Berater, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt ABC vom betreffend Einkommensteier 2014 und Festsetzung von Anspruchszinsen für das Jahr 2014 zu Recht erkannt:
I.) Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II.) Die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen für das Jahr 2014 wird als unbegründet abgewiesen.
III.) Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
I.) Verfahrensgang:
1.) Abweichend von der eingereichten Steuererklärung wurde im Einkommensteuerbescheid 2014 vom ein Betrag von € 166.337,16 zur Gänze der österreichischen Besteuerung unterzogen. Dieser Betrag beinhaltet neben (laufenden) Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit aus der Schweiz von € 23.293, 10 (CHF 28.710,30 x 0,810967), einer schweizerischen Altersrente von € 9.893,60 (CHF 12.200 x 0,810967) und auch eine Kapitalabfindung (Ablöse der Pension II. Säule) von € 133.160,25 (CHF 164.199,35 x 0,810967). Ebenfalls mit Ausfertigungsdatum erging der Bescheid betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen für das Jahr 2014.
2.) Gegen die genannten Bescheide wurde mit Eingabe vom fristgerecht Beschwerde erhoben. Zusammengefasst wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Bf (Beschwerdeführer) habe im Jahr 2014 sein 65. Lebensjahr vollendet. Seit Mai 2014 beziehe er eine Alterspension aus der Schweiz. Zeitgleich habe er seinen Wohnsitz in der Schweiz (endgültig) aufgegeben. Ein Schweizer Arbeitnehmer habe anlässlich seiner Pensionierung ein Wahlrecht, ob er sich die „Pension der II. Säule“ als laufende Rente oder als Einmalzahlung auszahlen lassen möchte. Der Bf habe sich für die Sofortauszahlung (CHF 164.199,30) entschieden. Diese sei in der Schweiz der Besteuerung für Kapitalabfindungen (CHF 8.380,90) unterzogen worden.
In der Einkommensteuererklärung 2014 sei die Kapitalabfindung aus der Schweiz derart in Ansatz gebracht worden, dass vom Gesamtbetrag von CHF 164.199,30, die vom Bf eingezahlten Pflichtbeiträge inklusive Zinsen (50 % des Gesamtbetrages), in Abzug gebracht worden seien. Vom Restbetrag (CHF 82.099,68) sei ein Drittel (§ 124b Z. 53 EStG 1988) steuerfrei belassen worden. Die steuerpflichtige Pensionsabfindung sei sohin mit CHF 54.733,12 erklärt worden. Unter Verweis auf Judikatur und Literatur wurde die Ansicht vertreten, dass die Begünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 im Beschwerdefall anzuwenden sei.
Darüber hinaus seien in Österreich die Einkünfte aus der Schweiz bis ins Jahr 2007 nicht besteuert worden, da die Befreiungsmethode laut DBA Schweiz zur Anwendung gekommen sei und der Bf über keine inländischen (österreichischen) Einkünfte verfügt habe. Mit der Änderung des DBA für Grenzgänger und dem Wechsel von der Befreiungsmethode zur Anrechnungsmethode habe die österreichische Finanzverwaltung die Ansicht vertreten, dass der Bf als Grenzgänger mit gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich zu betrachten und damit in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig sei. Seit 2013 werde der Bf (rückwirkend ab dem Jahr 2007) somit in Österreich veranlagt. Unter Verweis auf die EAS 1283 wurde die Ansicht vertreten, dass dem Bf zumindest bis ins Jahr 2007 kein inländischer Steuervorteil aus der verpflichtenden Versicherungsleistung in der Schweiz erwachsen sei. Somit bestehe für die Republik Österreich auch keine Möglichkeit die bis ins Jahr 2007 geleisteten Zahlungen (des Bf und seines Arbeitgebers) zu besteuern.
3.) Über Antrag des Bf wurde die Beschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung dem Verwaltungsgericht vorgelegt.
II.) Sachverhalt:
1.) Der Bf ist am 111 geboren und war vom Jahr 1985 bis zum Jahr 2014 (Pensionsbezug ab ) in der Schweiz als Dienstnehmer beschäftigt. Vom bis hat der Bf laufende Aktivbezüge aus einem Dienstverhältnis in der Schweiz bezogen. Der Bf war bis zum Jahr 2014 als B im C in D tätig (vgl. Beschwerde vom , BFG-Akt, S. 49, Vorhaltsbeantwortung vom , BFG-Akt, S. 39).
2.) Am hat der Bf einen Antrag auf Auszahlung einer Altersleistung an die Schweizer Pensionskasse E gestellt (vgl. Antrag vom , BFG-Akt, S. 18, Rückseite).
3.) Das Austrittsguthaben hat 164.199,30 CHF betragen und wurde am auf das vom Bf bekanntgegebene Konto überwiesen (vgl. Kontoauszug E, Austrittsabrechnung vom , BFG-Akt, S. 45-47). Der Auszahlungsbetrag beinhaltet einen überobligatorischen Betrag von CHF 5.352,4 jedoch keine vorobligatorischen Beträge (vgl. Vorhaltsbeantwortung vom , BFG-Akt, S. 39).
4.) Der Bf hat für die angeführten Kapitalleistungen in der Schweiz Sondersteuer in Höhe von insgesamt € 8.380,90 entrichtet (vgl. Schreiben vom , BFG-Akt, S. 25-27).
5.) Seit bezieht der Bf eine schweizerische AHV-Pension. Seit diesem Zeitpunkt hat er seinen Wohnsitz in der Schweiz aufgegeben (vgl. Beschwerde vom , BFG-Akt, S. 50).
6.) Im Reglement F 2019 der E Pensionskasse findet sich nachstehende Bestimmung (vgl. Punkt 9.2. des angeführten Reglements, BFG-Akt, S. 83):
„Auf Verlangen der versicherten Person kann anstelle einer lebenslänglichen Altersrente das Altersguthaben oder Teile davon als einmaliges Kapital bezogen werden.“
7.) Nicht nachgewiesen worden ist, dass im Beschwerdejahr im Reglement der Vorsorgeeinrichtung nicht vorgesehen war, dass der Anspruchsberechtigte zwischen einer Kapitalabfindung und einer Rente wählen konnte.
III.) Rechtslage und Erwägungen:
1.) Gemäß § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b, erster Satz EStG 1988 sind Bezüge und Vorteile aus ausländischen Pensionskassen (einschließlich aus ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z. 4 des Pensionsabfindungsgesetzes) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
2.) Gemäß § 124b Z 53 EStG idF BGBl. I Nr. 54/2002, sind Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag iSd § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes übersteigt, gemäß § 67 Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist bei Pensionsabfindungen, die im Jahr 2001 zufließen, nach Abzug der darauf entfallenden Beträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Viertel steuerfrei zu belassen. Zahlungen für Pensionsabfindung von Pensionskassen aufgrund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen sind nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen.
3.) Artikel 18 und 19 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen lauten:
„Vorbehaltlich des Artikels 19 Absatz 1 dürfen Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden (Art. 18).
Vergütungen, einschließlich der Ruhegehälter, die ein Vertragstaat für ihm erbrachte, gegenwärtige oder frühere Dienstleistungen oder Arbeitsleistungen auszahlt, dürfen in diesem Staat besteuert werden. Dies gilt auch dann, wenn solche Vergütungen von einem Land, von einem Kanton, von einer Gemeinde, einem Gemeindeverband oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts eines der beiden Staaten gewährt werden (Art. 19 Abs. 1). Ob eine juristische Person eine solche des öffentlichen Rechts sei, wird nach den Gesetzen des Staates entschieden, in dem sie errichtet ist (Art. 19 Abs. 2).“
Art. 18 des Abkommens regelt damit Privatpensionen einschließlich der Renten aus der gesetzlichen Sozialversicherung, Art. 19 hingegen - sachverhaltsbezogen - nur solche Bezüge aus öffentlichen Kassen, die auf Grund einer dem schweizerischen Staat gegenüber erbrachten Arbeitsleistung (arg. "für ihm erbrachte ... frühere Dienstleistungen") gezahlt werden.
4.) In der Schweiz und in Liechtenstein basiert die berufliche Pensionsvorsorge seit den achtziger Jahren primär auf den gesetzlichen Säulen der staatlichen Mindestsicherung (AHV) und der beruflichen Vorsorge durch die betrieblichen Pensionskassen (BVG).
Die berufliche bzw. betriebliche Vorsorge in der Schweiz (zweite Säule) ist seit im Schweizer Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom geregelt (BVG). Umfasst sind alle Arbeitnehmer, die einen Jahreslohn von mehr als CHF 21.060 beziehen, wobei nur der „koordinierte Lohn“ zwischen CHF 24.570 und CHF 84.240 obligatorisch zu versichern ist. Die Beitragssätze liegen je nach Alter zwischen 7 % und 18 %, der Arbeitgeber muss mindestens die Hälfte bezahlen. Es können höhere Beiträge gezahlt werden, wenn der im Pensionskassenreglement vereinbarte Beitragssatz oder der versicherte Arbeitslohn höher ist. Dann spricht man von sog. überobligatorischen Beträgen (vgl. Geiger in SWK, 25/2015, 1101).
4.1.) Regulären Anspruch auf Altersleistungen in der Schweiz haben Frauen im Alter von 64, Männer mit 65. Die Vorsorgeeinrichtung (Pensionskasse) kann gemäß Art. 37 Abs. 4 BVG in ihrem Reglement vorsehen, dass die Anspruchsberechtigten eine Kapitalabfindung anstelle der Rente wählen können. Der Bf hat den Nachweis nicht erbracht, dass im Beschwerdejahr im Reglement seiner Vorsorgeeinrichtung kein derartiges Wahlrecht vorgesehen war (vgl. Vorhalt vom , BFG-Akt, S. 56 und Vorhaltsbeantwortung vom15. April 2019, BFG-Akt, S. 58). Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass im vorgelegten Reglement aus dem Jahr 2019 ein derartiges Wahlrecht ausdrücklich vorgesehen ist.
4.2.) § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b Satz 1 EStG 1988 regelt die Einbeziehung der Leistungen ausländischer Pensionskassen in die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Eine Differenzierung danach, ob die Leistungen der Pensionskasse durch gesetzlich verpflichtende oder aufgrund des Dienstvertrages entrichtete oder freiwillige Beiträge von Arbeitgebern oder Arbeitnehmern finanziert worden sind, enthält die Bestimmung nicht (vgl. ).
Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind in der Schweiz seit 1985 nicht nur arbeitsvertraglich bzw. obligationenrechtlich (ZGB, OR), sondern letztlich auch öffentlich-rechtlich verpflichtet, die im Reglement vorgesehenen Beiträge in die Vorsorgeeinrichtung einzubezahlen (Art. 66 BVG, BVV 2). "Überobligatorisch" darf somit keineswegs mit "freiwillig" gleichgesetzt werden. Die festgestellten Verpflichtungen treffen alle in der Schweiz beschäftigten Arbeitnehmer und deren Arbeitgeber. Daraus ergibt sich, dass Pensionskassenbeiträge bzw. die Beitragsleistungen laut Reglements demzufolge zur Gänze, somit auch im Bereich des sog. Überobligatoriums, als Beiträge von Arbeitnehmern zu ausländischen Pensionskassen, die auf Grund einer ausländischen gesetzlichen Verpflichtung zu leisten sind, abzugsfähige Werbungskosten darstellen und diesbezügliche Arbeitgeberbeiträge als Beitragsleistungen des Arbeitgebers für seine Arbeitnehmer an ausländische Pensionskassen auf Grund einer ausländischen gesetzlichen Verpflichtung. Daraus ergibt sich weiters, dass die Leistungen der Schweizer Pensionskasse (E) an den Bf zur Gänze der Einkommensbesteuerung zu unterziehen sind (vgl. ; ).
4.3.) 25 Abs. 1 Z 2 lit. b Satz 2 und 3 EStG 1988 sehen für bestimmte Pensionskassenleistungen eine Begrenzung der Steuerpflicht der Höhe nach (mit 25 %) vor. Voraussetzung dieser eingeschränkten Steuerpflicht ist, dass die Beitragsleistungen an ausländische Pensionskassen die in- und ausländischen Einkünfte nicht vermindert haben, also insbesondere weder im Inland noch im Ausland von der Steuerbemessungsgrundlage absetzbar waren (vgl. Erläuterungen zur RV zu BGBl. I Nr. 34/2005, 848 BlgNR 22. GP, Besonderer Teil zu Z 3). Dies trifft im Beschwerdefall nicht zu; ein derartiger Sachverhalt wurde nicht nachgewiesen (vgl. Vorhalt vom , BFG-Akt, S. 37, Vorhaltsbeantwortung vom , BFG-Akt, S. 40).
4.4.) Voraussetzung für die Anwendung der Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 ist, dass Zahlungen für Pensionsabfindungen vorliegen. Mit dem Begriff "Zahlungen für Pensionsabfindungen" hat sich der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Erkenntnissen auseinandergesetzt. Nach der Rechtsprechung des Höchstgerichtes setzt die Anwendung des § 124b Z 53 EStG 1988 voraus, dass (insbesondere bei ausländischen Pensionskassen im Hinblick auf die dortige gesetzliche Situation) den Anspruchsberechtigten keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung eingeräumt ist. Entscheidend ist, ob der Anwartschaftsberechtigte die freie Wahl zwischen mehreren im Reglement der Vorsorgeeinrichtungen eingeräumten Ansprüchen (unter anderem dem Anspruch auf Einmalzahlung) hat bzw. trifft. (vgl. ; , ). Wie bereits dargelegt, hat der Bf (trotz Ersuchen des Bundesfinanzgerichtes) den Nachweis nicht erbracht, dass im Beschwerdejahr das Reglement seiner Pensionskasse (abweichend vom BVG) kein derartiges Wahlrecht vorgesehen hat.
5.) Insoweit der Bf auf die Änderung der Grenzgängerbesteuerung im DBA Österreich Schweiz durch das am unterzeichnete Änderungsprotokoll verweist und die Ansicht vertritt, dass aus diesem Grund keine Möglichkeit bestehe, die bis ins Jahr 2007 (vom Bf und vom Arbeitgeber) geleisteten Zahlungen samt Zinsen zu versteuern, ist ihm zu erwidern, dass für das Bundesfinanzgericht nicht erkennbar, auf welche Rechtsgrundlagen oder Literaturmeinungen sich diese Ansicht stützt.
5.1.) Die vom Bf in diesem Zusammenhang zitierte EAS 1283 vom hat einen anderen Sachverhalt betroffen. Es wurde die Frage einer (allfälligen) Steuerpflicht von Rückzahlungen von Rentenversicherungsbeiträgen der schweizerischen AHV-Rentenversicherung vor Eintritt des Pensionsfalles behandelt. Gegenstand der Anfrage war nicht die Abfindung eines bereits entstandenen Pensionsanspruches.
5.2.) Die Rechtsansicht des Bf wird auch nicht durch einen (BMF-010221/3364-IV/4/2008) gestützt. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Wörtlich heißt es im zitierten Erlass nämlich:
„Sollte allerdings nicht der Fall einer bloßen Rückerstattung von (vom Arbeitnehmer) seinerzeit eingezahlten Sozialversicherungsbeiträgen gegeben sein, sondern sollte anlässlich der Wohnsitzverlegung nach Österreich ein mittlerweile gegenüber einer schweizerischen Pensionskasse entstandener Pensionsanspruch abgefunden werden, dann ist inländische Steuerpflicht nach Maßgabe des § 25 Abs. 1 Z. 2 lit. b EStG 1988 gegeben.“
5.3.) Insoweit der Bf auf ein Erkenntnis der Außenstelle Feldkirch vom , RV/1100654/2015, und die diesbezügliche Amtsrevision zur Geschäftszahl Ra 2016/15/0025 verweist, ist ihm zu erwidern, dass dieses Erkenntnis einen anderen Sachverhalt betroffen hat. Im zitierten Fall hat eine Grenzgängerin die Schweiz am verlassen, um ab dem in Österreich eine nichtselbstständige Tätigkeit aufzunehmen. Infolge der Beendigung des Dienstverhältnisses in der Schweiz wurde auch das Vorsorgeverhältnis zur betrieblichen Vorsorgeeinrichtung der Arbeitgeberin aufgelöst. Gemäß Austrittsabrechnung zum betrug das angesparte Pensionskassenguthaben CHF 48.026. Hievon wurde der sogenannte obligatorische Teil in Höhe von CHF 10.43 2,45 auf ein „Freizügigkeitskonto“ überwiesen. Der überobligatorische Teil wurde nach Abzug der Quellensteuer auf Antrag der Arbeitnehmerin in Höhe von CHF 35.379,90 ausbezahlt. Ein Wahlrecht zwischen dem Bezug einer Alterspension oder der Barauszahlung des Rentenanspruchs (der Rentenanwartschaft) stand der Beschwerdeführerin im zitierten Revisionsfall aber nicht zu.
6.) Der Bf lässt bei seiner Argumentation das Erkenntnis des völlig außer Acht, das zu einem mit dem Beschwerdefall vergleichbaren Sachverhalt ergangen ist. Nach der Rechtsprechung des Höchstgerichtes setzt die Anwendung des § 124b Z 53 EStG 1988 voraus, dass (insbesondere bei ausländischen Pensionskassen im Hinblick auf die dortige gesetzliche Situation) den Anspruchsberechtigten keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung eingeräumt ist (vgl. auch , sowie , 2013/15/0123). Diese Voraussetzung trifft im Beschwerdefall – wie bereits dargelegt - nicht zu.
7.) Der Bf war während seines gesamten Berufslebens in der Schweiz als B im C tätig. Die als Einmalbetrag ausbezahlte Austrittsleistung sowie die AHV-Pension fallen daher unter Art. 18 DBA Schweiz. Das Besteuerungsrecht steht Österreich zu. Die beantragte Steueranrechnung der in Schweiz entrichteten Steuern auf die Kapitalleistung konnte daher nicht gewährt werden. Die Anrechnungsmethode nach Art. 23 Abs. 2 DBA Schweiz kommt nämlich nur dann zum Tragen, wenn eine in Österreich ansässige Person unter Artikel 10 (Dividenden), 15 (Löhne, Gehälter und ähnliche Vergütungen) und 19 (Löhne, Gehälter und Ruhegehälter im öffentlichen Dienst) Einkünfte bezieht, die nach dem Abkommen sowohl in der Schweiz als auch in Österreich besteuert werden dürfen.
8.) Was die im Jahr 2014 bezogenen Aktivbezüge anbelangt, hat das Finanzamt im Vorlagebericht ausgeführt, dass auf den laufenden Bezug keine Quellensteuer entfallen sei. Eine Begründung für diese Annahme ist weder dem Vorlagebericht vom noch dem Erstbescheid vom zu entnehmen. Der Bf hat für den Zeitraum bis Einkommensteuer in Höhe von CHF 2.987,80 (€ 2.423,01) bezahlt (vgl. Einkommens- und Vermögenssteuervorschreibungen -, BFG-Akt, S. 29 Rückseite -30 Rückseite, Vorhaltsbeantwortung vom , BFG-Akt, S. 58, 60, 61 und 62).
Von der Abgabenbehörde wurde erstmals im Schreiben vom ausgeführt, auf dem Lohnausweis der JK vom sei kein Quellensteuerabzug ausgewiesen. In der Beilage zur Arbeitnehmerveranlagung 2014 sei der Betrag von € 2.423,01 unter den Einkünften ab 5/2014 ausgewiesen worden, weshalb das Finanzamt zur Annahme gekommen sei, dass hinsichtlich des Aktivbezuges kein Quellensteuerabzug erfolgt sei. Zu letztgenanntem Vorbringen ist zu bemerken, dass der Betrag von CHF 2.987,80 bzw. € 2.423,01 in der Beilage zur Arbeitnehmerveranlagung nicht dezidiert den Einkünften ab 5/2015 zugeordnet worden ist. Aktenkundig ist ferner ein Formular „L17 Lohnausweis 01.01. bis “ mit den dazugehörigen Einkommens- und Vermögenssteuervorschreibungen für den Zeitraum bis . Zutreffend ist, dass im Lohnausweis der JK vom keine Quellensteuer ausgewiesen ist. Der Lohnausweis enthält neben dem Zeitraum bis auch die Bemerkung: „Ersetzt Lohnausweis vom “. Das Finanzamt hat bezüglich einer allfälligen anrechenbaren Steuer auf den Aktivbezug kein Ermittlungsverfahren durchgeführt, sondern sich mit dem Treffen einer Annahme begnügt. Es besteht daher kein Grund, die beantragte Steueranrechnung von € 2.423, 01 nicht zugewähren. Der Beschwerde war daher insoweit stattzugeben.
9.) Anspruchszinsenbescheide iSd § 205 BAO sind an die Stammabgabenbescheide gebunden. Sofern sich diese nachträglich als rechtswidrig erweisen und abgeändert oder aufgehoben werden, sind neue, an die geänderten Stammabgabenbescheide gebundene Anspruchszinsenbescheide zu erlassen ().
Da der Festsetzungsbescheid vom lediglich mit Einwänden bekämpft wurden, die (auch) gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 erhoben wurde, war die Beschwerde gegen diesen Bescheid als unbegründet abzuweisen.
IV.) Zulässigkeit einer Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, weil die zugrunde liegenden Rechtsfragen durch das Gesetz und die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (kein Anwendungsfall des § 124b Z 53 EStG 1988 wegen begünstigungsschädlicher Wahlmöglichkeit, Bindung von Anspruchszinsenbescheide an Stammabgabenbescheide) hinreichend geklärt sind.
Beilage: 1 Berechnungsblatt
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 124b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.3100290.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at