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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.05.2019, RV/7101157/2013

Keine Erstattung einer nach § 215 Abs. 2 BAO überrechneten Schenkungssteuer, weil keine Billigkeitsgründe nach Lage des Einzelfalles iSd § 236 BAO vorliegen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch bena accounting & financial services gmbh, Mooslackengasse 17, 1190 Wien , über die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde , Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , Erf.Nr.xyz, betreffend  Abweisung einer Nachsicht gemäß § 236 BAO, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am , im Beisein der Schriftführerin S., zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig .

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom ist der Beschwerdeführerin, (Bf.), für die Zuwendung eines Geldbetrages von € 35.088,00 zur Anschaffung eines PKWs d.M. Z, die Schenkungssteuer in der Höhe von € 6.955,60 vorgeschrieben worden. Dagegen hat die Bf. berufen. Diese Berufung hat der Unabhängige Finanzsenat, (UFS), mit Berufungsentscheidung vom , GZ yyy als unbegründet abgewiesen. Beschwerde an ein Höchstgericht wurde dagegen nicht erhoben. Das Erkenntnis ist somit rechtskräftig geworden.

Am brachte die Bf. bei der belangten Behörde den Antrag gemäß § 33 lit.a ErbStG auf Erstattung dieser Schenkungssteuer ein. Diesen Antrag wies die belangte Behörde mit Bescheid vom ab, mit der Begründung, die Bestimmung des § 33 lit .a ErbStG sei nach § 34 Abs.1 Z 13 Satz 3 ErbStG idF des Art. 2 SchenkMG 2008, auf Vorgänge, die sich nach Ablauf des Tages an dem dieses Bundesgesetz mit Bundesgesetzblatt kundgemacht worden ist, das sei der , nicht mehr anzuwenden. Aus dem, diesem Antrag beigelegten, den Erstattungsantrag begründenden Urteil, gehe hervor, dass bereits die zugrunde liegende Klage erst am bei Gericht eingelangt ist.

Am brachte die Bf. den verfahrensgegenständlichen Antrag gemäß § 236 BAO ein, die Einhebung  der Erbschaftssteuer inclusive Zinsen durch Abschreibung nachzusehen; mit der Begründung, sie habe sich mit Vergleich vom gegenüber D. verpflichtet, auf die Begleichung gerichtlich bestätigter, ausständiger Betriebskosten bis 2011 bzw. von Februar 2011 bis April 2012 im Gesamtausmaß von € 29.600,00 zu verzichten, sowie die Bezahlung von Alimenten für den Zeitraum Sept.2006 bis Sept.2009 im Ausmaß von € 30.060,00, nicht weiter gerichtlich einzufordern. Im Hinblick auf die Höhe des geschenkten Betrages von € 35.088,00 habe sie daher diesen Betrag, auf Grund des Widerrufs dieser Schenkung, mehr als zurück bezahlt. Durch die Bestimmung des § 34 Abs.1 Zif.13 ErbStG sei der Bf. ein erheblicher Nachteil entstanden. Diese Bestimmung sei lediglich normiert worden, um missbräuchlichen Vorgangsweisen einen Riegel vorzuschieben. Die Verwehrung der Anwendung des § 33 lit.a ErbStG sei daher sachlich unbillig. Zudem wäre die Einhebung der Schenkungssteuer gegenüber der Bf. auch persönlich unbillig, da diese-bei bestehender Unterhaltspflicht für ihren minderjährigen Sohn- ein Einkommen von monatlich nur rund € 1.200,00 beziehe und darüber hinaus kein Vermögen habe. Zudem habe sie ihre gesamten Ersparnisse für die  die Begleichung, der, von langdauernden Gerichtsverfahren verursachten, Kosten aufwenden müssen und habe derzeit sogar noch offene Schulden.

Diesen Nachsichtantrag wies die belangte Behörde mit Bescheid vom ab; mit der Begründung, es sei - trotz mehrmaliger Versuche- nicht möglich gewesen, die behauptete persönliche Unbilligkeit zu überprüfen. Die Bf. sei somit ihrer erhöhten Mitwirkungsverpflichtung nicht nachgekommen.

Dagegen erhob die Bf. fristgerecht Berufung. Das Finanzamt habe in keiner Weise versucht, hinsichtlich der Überprüfung einer persönlichen Unbilligkeit mit ihr Kontakt aufzunehmen. Es könne daher nicht behauptet werden, sie habe an der Feststellung des Vorliegens eines persönlichen Billigkeitsgrundes nicht mitgewirkt. Hinsichtlich des Bestehens eines Unbilligkeitsgrundes nach Lage der Sache, werde die Begründung des Erstantrages aufrechterhalten.

 Es wurden folgende Beweismittel beigebracht:

Gehaltszettel der Bf. vom Juni 2012 über eine monatliche Auszahlung von € 1.132,92.-

Mahnklage vom der Bf. als Klägerin (Beklagter D.) , über die Forderung der  Begleichung von insgesamt Euro 21.924,24 an Wohnungs-Betriebs-Heizungs-und Reparaturkosten  betreffend die Wohnung X.

aaa, womit D. für schuldig befunden wurde, der Bf. Betriebskosten idHv € 5.280,81 sA zu bezahlen

Mahnklage vom der Bf.als Klägerin (Beklagter D.), über die Forderung der Begleichung von insgesamt Euro 9.492,27 an offenen Betriebskosten, für die genannte Wohnung

Urteil des LG für Strafsachen vom , bbb, womit der o.a. Beklagte schuldig gesprochen wurde, der Bf. Gerichtskosten ibHv € 251,57 zu ersetzen.

Diese Berufung wurde dem Unabhängigen Finanzsenat,(UFS), ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung, zur Entscheidung vorgelegt.

In der Vorhaltbeantwortung vor dem Bundesfinanzgericht, (BFG), vom erklärte die belangte Behörde, dass, aufgrund ihres Amtshilfeersuchens vom , Organe des Finanzamtes 000 die Wohnadresse der Bf, zur Feststellung von  deren wirtschaftlichen Verhältnissen, erfolglos aufgesucht hätten, und in Folge dessen dort der Bf. ein Formular zur Erhebung derer wirtschaftlichen Lage hinterlegt hätten. Am sei mit dem Steuerberater der Bf. ein Telefongespräch geführt worden, in welchem von diesem umgehend die Nachreichung eines Vermögensverzeichnisses zugesagt worden sei. Dies sei jedoch nicht erfolgt. Mittlerweile sei der verfahrensgegenständliche Steuerrückstand aus Guthaben, resultierend aus Einkommensteuergutschriften aus 2010, 2011 und 2012, überrechnet  worden.

Im Erörterungsgespräch vor dem Bundesfinanzgericht vom , welches in Gegenwart der Vertreterinnen der belangten Behörde stattgefunden hat, stellte die Richterin, nach Erläuterung der Bestimmungen des § 33 lit. a ErbstG, in der verfahrensmaßgeblichen Fassung, sowie der dazu erfolgten ständigen Rechtsprechung des VwGH sowie des VfGH, wonach es nur dann zur Erstattung kommen könne, wenn der Beschenkte wider seinen Willen das Geschenk herausgeben musste; und nach Erläuterung des § 34 Abs.1 Z 13 ErbStG, sowie der dazu  Bezug habenden Gesetzesmaterialien (RV 549  BlgNr 23 GP) und  nach Erläuterung des § 236 BAO fest,

-dass in keinem der vorgelegten Beweismittel die Verpflichtung der Bf., hervorgehe, gegen ihren Willen den verfahrensgegenständlichen, Betrag idHV 35.088,00 Euro herauszugeben, sondern es darin im Wesentlichen nur um den Verzicht der Bf.  auf die  Begleichung angefallener Kosten im Zusammenhalt mit der genannten Eigentumswohnung ginge;

-dass eine sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung dann vorliege, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, und

- und dass eine persönliche Unbilligkeit stets dann gegeben sei, wenn die Einhebung die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner Familie gefährdet¸es allerdings auch genüge, wenn die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden ist, die außergewöhnlich sind , z.B. wenn die Abgabenschuld nur unter Verschleuderung von Vermögenswerten entrichtet werden könnte.

Weites  wurde die Bf. von der Überrechnung der Steuerschuld gemäß § 215 Abs.2 BAO  durch das FA 8,9,19 Klosterneuburg mit Einkommensteuergutschriften für die Jahre 2010,2011 und 2012 und der dadurch erfolgten vollständigen Begleichung der Steuerschuld in Kenntnis gesetzt. Dazu erhielt die Bf. durch die Vertreterin der Amtspartei eine Erläuterung des § 215 BAO.

Zur Frage des Vorliegens einer sachlichen Unbilligkeit stellte die Richterin fest, dass § 34 Abs.2 Z 13 ErbStG gemäß den vorgetragenen Erläuterungen im Zusammenhalt mit der Aufhebung des ErbStG (Erbschafts-und Schenkungssteuergesetzes) mit erlassen worden sei, und nicht um allfälligen Missbrauch zu verhindern. Die Begrenzung der Anwendung des § 33 lit a ErbStG auf Sachverhalte, die vor dem verwirklicht worden sind, entspräche dem Willen des Gesetzgebers, Ausnahmen seien ausdrücklich nicht normiert worden. Einen Erstattung der Schenkungssteuer nach Maßgabe des § 33 lit.a ErbStG wäre demnach nur dann in Betracht gekommen, wenn sich für die Bf. vor dem nachweislich gegen ihren Willen die Verpflichtung zur Herausgabe des geschenkten Betrages ergeben hätte. Eine derartige Verpflichtung sei aus den vorgelegten Beweismitteln nicht hervorgekommen. Die Anwendung des § 34 Abs.2 Z 13 ErbStG auf den vorliegenden Fall bzw. die Nichtanwendung des § 33 lit.a ErbStG darauf stelle daher keine sachliche Unbilligkeit dar.

Im Hinblick auf das Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit teilte die Richterin der Bf. mit, dass das Finanzamt zu dieser Überrechnung berechtigt gewesen sei, die Abgabenschuld hiermit beglichen sei und folglich die Bf. für die Begleichung nunmehr keine Mittel aus eigenem Vermögen aufwenden müsse. Deshalb liege keine persönliche Unbilligkeit (für den Erlass der Schenkungssteuer)  vor

Die Bf. erwiderte, dass ein Urteil aus dem Jahr 2011 existiere, woraus hervorgehe, dass sie den geschenkten Betrag zurückgeben müsse. Sie erklärte, den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung weiter aufrecht zu halten, und behielt sich die Vorlage weitere Beweismittel vor.

Am mailte die steuerliche Vertreterin der Bf.,(PV), dem BFG das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen, vom A.A..2011, Zahl ccc, in dessen Spruchpunkt drittens festgehalten wird, dass die Schenkung des verfahrensgegenständlichen Geldbetrages widerrufen und aufgehoben wird, und dass die Bf. schuldig ist, D. diesen Geldbetrag samt Zinsen zurück zu zahlen; sowie den Bescheid  der Medizinischen Universität Wien vom B.B..2019, Zl. ddd, laut dem die Bf. wegen dauernder Dienstunfähigkeit, mit Ablauf des Monats, in dem dieser Bescheid rechtskräftig wird, in den Ruhestand versetzt wird.

In der am durchgeführten, mündlichen Verhandlung ergänzte die Richterin, dass nach Maßgabe des § 236 BAO auch bereits entrichte  Abgaben nachgesehen werden können.

Die PV erklärte, es mache aus ihrer Sicht keinen Sinn, § 34 Abs.1 Z 13 ErbStG so auszulegen, dass, die nach der damaligen Rechtslage erhobene, Schenkungssteuer nur deshalb nicht erstattet wird, weil das, den Widderruf der Schenkung bzw. die Verpflichtung der Bf. zur  Herausgabe der Schenkung begründende Urteil nach dem Stichtag erfolgt ist. Die Vermögenslage der Bf. habe sich  nach dem Einbringen des verfahrensgegenständlichen Nachsichtansuchens nicht verbessert. Insbesondere im Hinblick auf ihre Pensionierung sei möglicherweise eine Verschlechterung zu erwarten.

In Ihrem Schlusswort verwies die PV vollinhaltlich auf die Ausführungen der rechtlichen Vertretung der Bf. im Nachsichtverfahren und erklärte die Versagung der Nachsicht für ungerecht.

Das BFG hat hiezu erwogen :

Zum Übergang der Zuständigkeit auf das BFG ist festzuhalten, dass die gegenständliche Berufung beim unabhängigen Finanzsenat anhängig war und daher die Zuständigkeit zur Entscheidung gemäß § 323 Abs.38 BAO auf das Bundesfinanzgericht,(BFG), übergegangen ist und die Rechtssache als Beschwerde iSd Art 130 Abs.1 B-VG zu erledigen ist.

Die gesetzlichen Bestimmungen des Erbschafts-und Schenkungssteuergesetz 1955, (ErbStG ) und der Bundesabgabenordnung,(BAO), lautem in ihrer verfahrensmaßgeblichen Fassung wie folgt:

§ 33 lit.a ErbStG:

„Die Steuer ist zu erstatten wenn und soweit ein Geschenk herausgegeben werden musste“.

§ 34 Abs.1 Z 13 ErbStG:

„Abgaben nach diesem Bundesgesetz werden für Vorgänge gemäß § 1 Abs. 1 Z 3, für die die Steuerschuld nach dem entsteht, nicht mehr erhoben. § 22 und § 24 Abs. 2 sind letztmalig auf Erwerbe anzuwenden, für die die Steuerschuld vor dem entsteht. § 33 ist auf Vorgänge, die sich nach Ablauf des Tages, an dem das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 85/2008 im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde, ereignen, nicht mehr anzuwenden“

§ 236 BAO:

„(1) Fällige Abgabenschuldigkeiten können auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

(2) Abs. 1 findet auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.

(3) Die Bestimmungen des § 235 Abs. 2 und 3 gelten auch für die Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten“

§ 215 BAO

„(1) Ein sich aus der Gebarung (§ 213) unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen ist zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.

(2) Das nach einer gemäß Abs. 1 erfolgten Tilgung von Schuldigkeiten bei einer Abgabenbehörde des Bundes verbleibende Guthaben ist zur Tilgung der dieser Behörde bekannten fälligen Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde des Bundes hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.

(3) Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so ist ein nach Anwendung der Abs. 1 und 2 noch verbleibendes Guthaben unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen zugunsten derjenigen zu verwenden, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes im eigenen Namen über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.

(4) Soweit Guthaben nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, sind sie nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieserBestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen

Dem gegenständlichen Verfahren wird folgender, verfahrensrelevanter Sachverhalt zu Grunde gelegt:

Der Bf. ist von D. ein Geldbetrag idHv. € 35.088,00 zur Anschaffung des o.a. PKWs freigiebig zugewendet worden, wofür ihr die belangte Behörde mit mittlerweile rechtskräftigen Bescheid vom die Schenkungssteuer im Betrage von € 6.955,60 vorgeschrieben hat. Diese Steuerschuld ist gemäß § 215 Abs.2 BAO durch Überrechnung mit Einkommensteuerguthaben aus den Jahren 2010, 2011 und 2012 bereits getilgt worden worden.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen vom A.A..2011, ergab sich für die Bf. die Herausgabe dieses Geldbetrages samt Zinsen.

Erwiesen ist-aufgrund der o.a. Beweismittelvorlage- der Bezug eines Monatseinkommens der Bf. von € 1.132,92.-  Die Bf. ist für ihren Sohn unterhaltspflichtig. Aufgrund ihrer anstehenden Pensionierung ist eine Verschlechterung ihres Monatseinkommens nicht ausgeschlossen. 

Beweiswürdigung:

Die Unbilligkeit der Einhebung einer Abgabe nach Lage des Falles kann eine persönliche oder sachliche sein. (z.B. ; , 2007/13/0135)

Dabei stellt der VwGH  auf die Unbilligkeit in Einzelfall ab. (z.B. )

Im Nachsichtverfahren liegt das Hauptgewicht der Behauptungs- und Beweislast beim Nachsichtwerber. Ihm obliegt es im Sinne seiner Mitwirkungspflicht, einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf welche die Nachsicht gestützt werden kann (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2002/15/0155, und vom , 2003/13/0156).

Bei der Beschwerdeerledigung im Nachsichtverfahren ist die Sach-und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschwerdeerledigung maßgebend. (vgl. z.B. ; RAE, Rz 1635)

Nach der Ansicht der rechtlichen Vertretung der Bf. ist die Einhebung der Schenkungssteuer sowohl aus sachlichen als auch aus persönlichen Gründen unbillig.

Für das Vorliegen einer sachlichen Unbilligkeit macht sie geltend, dass die Bestimmung des § 34 Abs.1 Z 13 ErbStG nur deshalb bestehe, um allfälligen Missbrauch vorzubeugen. Es sei nicht gerechtfertigt, die Erstattung der Schenkungssteuer nur deshalb zu versagen, weil das Urteil, welches die Verpflichtung zur Herausgabe des verfahrensgegenständlichen Geldbetrages samt Zinsen begründet, erst nach dem, die Anwendung des § 33 lit.a ErbStG begrenzenden, Stichtag , gegenüber der Bf. erlassen worden ist. Schließlich sei vom zugewendeten Betrag die Schenkungssteuer, nach Maßgabe einer, im Zeitpunkt dieser Vorschreibung anzuwendenden, Rechtsvorschrift des ErbStG, vorgeschrieben worden.

Dieser Ansicht ist folgendes entgegenzuhalten:

Eine sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung liegt vor, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt

Nach § 34 Abs.1 Z 13 ErbStG idF BGBI. I. Nr.85/2008 ist die Schenkungssteuer auf freigiebige Zuwendungen, die zu einem bestimmten Zweck erfolgen, (hier Schenkung des streitverfangenen Geldbetrages zum Ankauf eines PKWs) für die die Steuerschuld nach dem entsteht nicht mehr zu erheben und § 33 ErbStG auf Vorgänge , die sich nach Ablauf des Tages an dem das BGBl. I Nr. 85/2008 im Bundesgesetzblatt kundgemacht worden ist, (das ist der ) ereignen, nicht mehr anzuwenden.

In den Gesetzesmaterialien wird dazu ausgeführt: (Siehe dazu RV, 549 BlgNr 23 GP):

"Da unter Erhebung gemäß § 49 Abs. 2 BAO alle der Durchsetzung von Abgabenansprüchen dienenden behördlichen Maßnahmen, die die Ermittlung, Festsetzung, Einhebung (einschließlich Rückzahlung und Nachsicht) zu verstehen sind, erfolgen auch keine Erstattungen für Sachverhalte, bei denen der Herausgabeanspruch mit Ablauf des Tages nach Kundemachung im Bundesgesetzblatt entsteht, mehr."

Sohin ist es dem Gesetzgeber bei dieser Gesetzesbestimmung nicht um die Vermeidung allfälliger Ungerechtigkeiten gegangen. Vielmehr geht deutlich dessen Willen hervor, im Zusammenhalt mit dem aufgezeigten Stichtag für das Ende der Erhebung der Erbschafts-und Schenkungssteuer, die Schenkungssteuer für freigiebige Zuwendungen, die herausgegeben werden mussten, nicht mehr  zu erstatten ist, wenn der Herausgabeanspruch nach dem entstanden ist.

Die sich aus einer Änderung der Gesetzeslage ergebenden Unterschiede in der Abgabenbelastung, je nachdem, ob die entsprechenden Sachverhalte vor oder nach diesen Änderungen verwirklicht wurden, treten allgemein ein und sind deswegen nicht als Unbilligkeit des Einzelfalles anzusehen ( z.B.  VwGH,20 .September 1996,93/17/0007,VwGH,23 .Oktober 2002,2001/16/0341, ,2004/16/0151

Daher kommt dem Umstand, dass die verfahrensgegenständliche Schenkungssteuer nach der Bestimmung des § 34 Abs.1 Z 13 ErbStG idF BGBl. I Nr. 85/2008, nicht mehr erstattet wird, weil der verfahrensgegenständliche Geldbetrag , erst aufgrund des Urteiles vom A.A..2011, also nach dem gegen den Willen der Bf. herausgegeben werden musste, nicht die Bedeutung eines sachlichen Unbilligkeitsgrundes zu.  Eine materiell rechtlich legislatorisch bedingte Unzulänglichkeit („Ungerechtigkeit)“ ist keine sachliche Unbilligkeit iSd § 236 BAO ( Siehe dazu Stoll, BAO, 2421).

Nach § 236 Abs. 2 BAO findet der erste Satz des § 236 BAO auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung. In einem solchen Fall ist kein strengerer Maßstab als bei der Nachsicht noch nicht entrichteter Abgaben anzulegen. Aufgabe des Antragstellers auf Erteilung der Nachsicht im Sinne des § 236 Abs. 2 BAO ist es, in nachvollziehbarer Weise darzulegen, dass die für eine Unbilligkeit der Einhebung der Abgaben, wären sie noch nicht entrichtet, sprechenden Umstände durch die Tilgung der Abgabenschuldigkeit nicht beseitigt worden sind. (vgl. )

Im vorliegenden Fall ist die Steuerschuld incl. Zinsen gemäß § 215 Abs.2 BAO überrechnet und sohin bereits getilgt worden. Insgesamt erfolgte diese Überrechnung am mit  dem Einkommenssteuerguthaben des Jahres 2010 im Betrag von € 2.833,00, und am mit dem Einkommenssteuerguthaben  für das Jahr 2011 im Betrag von € 3.425,00, sowie am mit einem Teil des Einkommenssteuerguthabens für das Jahr 2012, im Betrage von € 2.065,30.

Nach den Ausführungen der rechtlichen Vertretung der Bf. in der mündlichen Verhandlung bestehen die, im  Nachsichtantrag von der Bf. für das Bestehen einer persönlichen Unbilligkeit ins Treffen geführten, Umstände weiterhin. Eine Verschlechterung ist möglicherweise infolge der zu erwartenden Pensionsauszahlung zu erwarten.

Persönliche Unbilligkeiten iSd § 236 BAO sind anzunehmen, wenn durch die Einhebung der Abgabe, also die Einziehung (der später die zwangsweise Einbringung folgt) die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, insbesondere das Vermögen und das Einkommen des Abgabenschuldners in besonderer Weise unverhältnismäßig beeinträchtigt würde. Die deutlichste Form der persönlichen Unbilligkeit liegt in der Existenzgefährdung. Diese müsste gerade durch die Einhebung der Abgabe verursacht oder entscheidend (auch) mit verursacht sein. Allerdings bedeutet persönliche Unbilligkeit nicht nur Gefährdung der Existenzgrundlagen oder des Nahrungsstandes bzw. besondere finanzielle Schwierigkeiten und Notlagen. Es genügt, dass die Abstattung der Abgabenschulden mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden ist, die außergewöhnlich sind, in ihren wirtschaftlichen Folgen atypisch und schwer wiegend sind oder die Leistungskraft in unverhältnismäßiger Weise beeinträchtigen, damit geradezu die Lebensfähigkeit der Person des Abgabepflichtigen gefährden.( VwGH, Erkenntnis vom 30 .März 2000,99/16/0099, Hinweis, Stoll, BAO-Kommentar 2430-2431).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die Erkenntnisse vom , 99/15/0161, und vom , 2001/15/0033) ist persönliche Unbilligkeit u. a. dann nicht gegeben, wenn die finanzielle Situation des Abgabenschuldners so schlecht ist, dass auch die Gewährung der beantragten Nachsicht nicht den geringsten Sanierungseffekt hätte und an der Existenzgefährdung nichts änderte.

Im Zeitpunkt der Einbringung  des Nachsichtansuchens ist ein Teilbetrag der Steuerschuld incl. Zinsen bereits durch Überrechnung gemäß § 215 Abs.2 BAO mit dem Einkommensteuerguthaben aus dem Jahr 2010 idHV € 2.833,00 getilgt worden. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Bf. ein erwiesenes Monatseinkommen in der Höhe von € 1.132,92 und war für ihren Sohn unterhaltspflichtig. Im Hinblick auf, die gemäß § 290 ff EO  dafür bestehende Pfändungsfreigrenze im Gesamtbetrag von € 1119,00 (€ 933 allgemein und Erhöhung um € 186 für die bestehende Unterhaltspflicht) wäre die Einbringung der Restschuld im Wege der Zwangsvollstreckung auf den Differenzbetrag von  ca. € 14,00 möglich gewesen. Mag die Einhebung des Restbetrages der Steuerschuld durch Pfändung auf das Existenzminimum für die Bf. mit außergewöhnlichen und mit schwerwiegenden Auswirkungen verbunden gewesen sein und mag die Gewährung der Nachsicht zudem einen Sanierungseffekt auf die finanzielle Situation der Bf. erbracht haben, so darf nicht außer Acht gelassen werden, dass nunmehr die gesamte Steuerschuld durch die o.a. Überrechnungen gemäß § 215 Abs.2 BAO getilgt worden ist. Die Bf. hatte zu den o.a. Überrechnungszeitpunkten keine Verfügungsmacht über die dafür verwendeten Geldmittel. Das  von ihr ins Treffen geführte Einkommen hat völlig unabhängig davon bestanden. Daher war dieses Einkommen durch diese Art der Einhebung nicht in besonderer Weise unverhältnismäßig beeinträchtigt worden. Weder hat die Bf. behauptet noch geht aus der Aktenlage hervor, dass sie wegen der Einhebung der Schenkungssteuer durch Überrechnung gemäß § 215 Abs.2 BAO außergewöhnliche Handlungen hatte setzen müssen, deren Folgen atypisch oder schwerwiegend waren oder gar zu einer Existenzgefährdung geführt hatten. Allfällige Umstände, die aufgrund der Vermögensangaben der Bf., zu einer Unbilligkeit der Einhebung der Steuerschuld aus persönlichen Gründen führen hätten können, sind jedenfalls durch die, gemäß § 215 Abs.2 BAO vorgenommene, vollständige  Tilgung dieser Steuerschuld  durch Überrechnung beseitigt worden.

Daher liegt unbeschadet dessen, dass-lt. Angaben in der mündlichen Verhandlung- seit Einbringung des Nachsichtansuchens keine Verbesserung der Vermögenslage erfolgt ist und eine Verschlechterung der Vermögenslage der Bf. nicht ausgeschlossen werden kann, kein persönlicher Billigkeitsgrund gemäß § 236 BAO vor.

Grundsätzlich ist bei der Durchführung des Billigkeitsverfahrens zwischen der Feststellung ob ein Billigkeitsgrund nach Lage des Einzelfalles vorliegt und Billigkeitserwägungen welche, im Rahmen der Ermessensausübung, seitens der Behörde anzustellen sind, zu unterscheiden. Bei der Feststellung, ob nach den persönlichen Verhältnissen des Antragstellers oder nach Lage der Sache ein Billigkeitsgrund vorliegt, ist die Behörde an das Gesetz gebunden. Für die Ausübung des behördlichen Ermessens und damit für die Abwägung des Ermessenskriteriums der Zweckmäßigkeit (öffentliches Interesse insbesondere an der Einhebung der Abgaben) gegen das der Billigkeit (Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei) ist dabei kein Raum gegeben. Erst wenn feststeht, dass ein Billigkeitsgrund nach der Lage des Einzelfalles besteht, hat die Behörde, hinsichtlich der Frage ob dem Billigkeitsansuchen ganz oder teilweise entsprochen wird, das Ermessen auszuüben. ( vgl. VwGH 95/13/0243 v.9 .Juli 1997).

Im zu beurteilenden Fall erübrigte sich diese Ermessensausübung, weil, aus den aufgezeigten Gründen-aus Sicht des Gerichtes- keine Billigkeitsgründe nach Lage des Einzelfalls vorliegen.

Somit war der Beschwerde der Erfolg zu versagen.

Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die ordentliche Revision ist im vorliegenden Fall unzulässig. Das Bundesfinanzgericht ist in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, betreffend das Vorliegen von Billigkeitsgründen nach Lage des Einzelfalls gefolgt.

Aus den aufgezeigten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 215 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 34 Abs. 1 Z 13 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7101157.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at