TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.07.2019, RV/7102008/2019

Zurückweisung eins Vorlageantrages als verspätet

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch R in der Beschwerdesache Bf., S, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart vom , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für die Zeiträume bis und bis zu Recht erkannt:

Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 260 Abs 1 lit b iVm § 264 Abs 4 lit e BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig .

Entscheidungsgründe

Folgender Sachverhalt, wie er sich aus dem Verwaltungsgeschehen ergibt, wird als erwiesen angenommen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der Bescheid betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für die Zeiträume bis 30.0.2014 und bis wurde der Beschwerdeführerin (Bf.) durch Hinterlegung am zugestellt. Als Beginn der Abholfrist wurde der auf dem Rückschein vermerkt.

Mit Schreiben vom erhob die Bf. gegen diesen Bescheid Beschwerde, über die mit Beschwerdevorentscheidung vom entschieden wurde.

Diese wurde durch Hinterlegung am zugestellt und als Beginn der Abholfrist der auf dem Rückschein vermerkt.

Am wurde die Beschwerdevorentscheidung mit der Begründung "Nicht behoben" an die belangte Behörde zurückgesendet.

Am rief die Bf. bei der belangten Behörde an und gab bekannt, dass sie die Beschwerdevorentscheidung auf Grund ihrer Dienstzeiten nicht habe abholen können und um neuerliche Zusendung ersuche. 

Daraufhin wurde ihr, lt. einem internen Vermerk der belangten Behörde, die Beschwerdevorentscheidung am nochmals zugesandt.

Am stellte die Bf. per Fax einen Vorlageantrag.

Die belangte Behörde beantragte im Vorlagebericht, den Vorlageantrag als verspätet zurückzuweisen.

Mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom m wurde der Bf. die Möglichkeit eingeräumt, zu einer allfälligen Fristversäumnis zur Stellungnahme bis zum Stellung zu nehmen.

Im Detail wurde folgendes ausgeführt:

"Gemäß § 264 Abs 1 Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr 194/1961, kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden  (Vorlageantrag).

Die Beschwerdevorentscheidung vom wurde durch Hinterlegung zugestellt und als erster Tag der Abholung der auf der Hinterlegungsanzeige vermerkt.

Die Frist für die Stellung eines Vorlageantrages wäre daher grundsätzlich am abgelaufen, sodass der am eingebrachte Vorlageantrag aus derzeitiger Sicht verspätet ist. Die nochmalige Zusendung der Beschwerdevorentscheidung ist rechtlich unbedeutend, wenn die erstmalige Zustellung  am ordnungsgemäß erfolgte.

Da das Schriftstück nicht abgeholt wurde, wurde es am an das Finanzamt zurückgeschickt.

§ 17 Abs. 3 Zustellgesetz regelt dazu folgendes:

"Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte (§ 17 Abs. 3 ZustG)."

Lt. Mitteilung des Finanzamtes haben Sie am dort angerufen und bekanntgegeben, dass Sie das Schriftstück wegen Ihrer Dienstzeiten nicht abholen konnten.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (95/14/0067 vom ) kommt es nicht darauf an, ob der Empfänger auf Grund privater oder beruflicher Aktivitäten keine Zeit für die Abholung der Sendung findet. Solche Gründe könnten nur im Rahmen eines Wiedereinsetzungsantrages geltend gemacht werden, der beim Finanzamt gestellt werden muss.

Abwesenheit von der Abgabestelle wären etwa Urlaub, Geschäftsreise oder längerer Krankenhausaufenthalt.

Es wird Ihnen hiermit die Möglichkeit eingeräumt, dem Bundesfinanzgericht darzulegen, aus welchem Grund Sie die Beschwerdevorentscheidung nicht abholen konnten und entsprechende Nachweise zu erbringen oder allenfalls mitzuteilen, dass keine weiteren Nachweise erbracht werden.

Als Frist wird der vorgemerkt.

Am langte ein Schreiben der Bf. beim Bundesfinanzgericht ein, in dem diese um ein persönliches Gespräch ersuchte und folgendes ausführte:

Sie habe im Dezember einen großen gelben Zettel von der Post erhalten, dessen Abholfrist ihrer Erinnerung nach der gewesen sei. Auf diesem Zettel sei sowohl auf dem Absender als auch auf dem Empfänger ein weißer Sticker geklebt, sodass weder ersichtlich gewesen sei, von wem der Brief stammte, noch wer der Empfänger gewesen sei, sie, ihr Mann oder ihr Sohn.

Erst während des Gespräches mit Fr. Mag. K habe sie angenommen bzw. vermutet, dass der Brief vom Finanzamt stammte. 

Zunächst ist festzuhalten, dass der Sachverhalt, wie er sich aus dem Verwaltungsgeschehen ergibt, eine ausreichende Entscheidungsgrundlage für das Bundesfinanzgericht darstellt, sodass im Sinne der Verfahrensökonomie von einem weiteren Gespräch mit der Bf. lt. ihrem Ersuchen in der Vorhaltsbeantwortung vom abgesehen wurde, zumal sie nicht darlegte, welche zusätzlichen relevanten Erkenntnisse und weiteren Entscheidungsgrundlagen daraus gewonnen werden könnten.

Auf die bezughabenden gesetzlichen Normen, so wie im Vorhalt vom dargestellt, wird verwiesen, ebenso auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach, kein Zustellhindernis vorliegt, wenn, wie die Bf. zunächst telefonisch bei der belangten Behörde vorbrachte, das Schriftstück aus beruflichen Gründen nicht behoben werden konnte. 

Das Zustellgesetz regelt die Zustellung durch Hinterlegung wie folgt:

Nach § 17 Abs. 1 ZustG ist ein Dokument (behördliche schriftliche Erledigung) im Falle der Zustellung durch  den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle zu hinterlegen, wenn das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann. 

Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen (§ 17 Abs. 2 ZustG).

Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte (§ 17 Abs. 3 ZustG).

Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist gemäß § 17 Abs. 4 ZustG auch dann gültig, wenn die im § 17 Abs. 2 ZustG genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde. Die Unkenntnis von einer gesetzmäßigen Zustellung kann allenfalls ein Grund für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 308 BAO) sein, die Unwirksamkeit der Zustellung kann daraus jedoch nicht abgeleitet werden (). Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand muss binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde, bei der die Frist wahrzunehmen war, eingebracht werden (§ 308 Abs. 3 BAO).

Die Bf. konnte kein Zustellhindernis dartun, dass die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung durch Hinterlegung mit dem ersten Tag der Abholfrist, dass ist der unwirksam gemacht hätte. Abwesenheit von der Abgabestelle wurde nicht behauptet, die Bf. bringt vielmehr vor, einen gelben Zettel vorgefunden zu haben, allerdings mit einer Abholfrist, beginnend mit . Es kann daher davon ausgegangen werden, dass an der Abgabestelle eine Hinterlegungsanzeige zurückgelassen wurde.

Da die Bf. vorbrachte, erst anlässlich eines Telefonates mit einer Vertreterin der belangten Behörde erkannt zu haben, dass die Verständigung ein Schriftstück des Finanzamtes betreffen würde, ist auch auszuschließen, dass es allenfalls noch eine weitere Hinterlegungsanzeige betreffend die Hinterlegung eines anderen Schriftstückes gab.

Dass auf der Hinterlegungsanzeige, die von der Post zurückgelassen wurde, allenfalls der Absender und/oder der Empfänger nicht lesbar waren, ändert an der rechtmäßigen Zustellung an die Bf. nichts, da selbst entfernte oder beschädigte Zustellanzeigen 

sowie der Einwand, keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden zu haben, die rechtmäßige Zustellung nicht  hindern (siehe § 17 Abs. 4 ZustG und die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, z.B. ).

Selbst wenn der Beginn der Abholfrist gemäß dem Vorbringen der Bf. mit angegeben gewesen wäre, wäre der Vorlageantrag vom   infolge der einmonatigen Frist des § 264 Abs. 1 BAO dennoch verspätet.

Zu bemerken ist auch, dass die Bf. zunächst kein Zustellhindernis geltend machte, sondern am bei der belangten Behörde die neuerliche Zustellung beantragte, da sie die Beschwerdevorentscheidung aus beruflichen, gemeint wohl damit verbundenen terminlichen Gründen, nicht beheben habe können (siehe auch den Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom ). Die Hinterlegung eines Schriftstücker der belangten Behörde muss ihr daher zu diesem Zeitpunkt bekannt gewesen sein.

Da die Zustellung somit am rechtsgültig erfolgte, löst die neuerliche Zustellung vom keine Rechtsfolgen aus. 

Nach § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97 (BAO) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen gemäß § 97 Abs. 1 lit a BAO durch Zustellung.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit b BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 264 Abs. 4 lit e BAO ist § 260 Abs. 1 BAO auf Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden.

Der am eingebrachte Vorlageantrag war daher gemäß § 264 Abs. 1 BAO iVm § 260 Abs. 1 lit b iVm § 264 Abs. 4 lit. e BAO als verspätet zurückzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage, welchen Einfluss das Vorfinden bzw. Nichtvorfinden einer Hinterlegungsanzeige auf die Gültigkeit des Zustellvorganges hat, ergibt sich einerseits aus § 17 Abs. 4 ZustG, andererseits aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Diese hat auch bereits die Frage betreffend die Rechtsfolgen einer behaupteten beruflich bedingten Fristversäumnis beantwortet.

Die Rechtsfolgen eines verspätet eingebrachten Vorlageantrages ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 17 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
Schlagworte
Vorlageantrag
Zurückweisung
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102008.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at