Erwerbsteuerpflicht wegen Überschreitung der 6-Monatsfrist - Zeitpunkt der Lieferung bei Eigentumsvorbehalt
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. NN in der Beschwerdesache BF, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt XYZ vom betreffend Festsetzung der Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge 05/2016 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt/Verfahren
Angefochten ist der Bescheid über die Festsetzung der Erwerbsteuer 05/2016.
Der Beschwerdeführer reichte am die Erklärung über die Normverbrauchsabgabe für das beschwerdegegenständliche Fahrzeug, einen BMW UKL-L X1 xDrive 18d F48 B47, ein.
Daraufhin wurde die Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge in Höhe von 6.050,42 € vorgeschrieben (Bescheid vom ). Auf die Bescheidbegründung wird verwiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom Beschwerde und beantragte die Aufhebung des Bescheides und die Rückerstattung der Erwerbsteuer. Hinsichtlich der näheren Ausführungen wird auf die Beschwerdeschrift verwiesen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Auf die diesbezügliche Begründung wird verwiesen.
Mit Schriftsatz vom (Vorlageantrag) bestritt der Beschwerdeführer das Entstehen der Umsatzsteuerpflicht, da das beschwerdegegenständliche Fahrzeug nicht als "neu" im Sinne des Art. 1 Abs. 7 UStG 1994 Anhang (Binnenmarktregelung) zu werten sei. Auf die näheren Ausführungen wird verwiesen.
In weiterer Folge legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Festgestellter Sachverhalt
Der Beschwerdeführer hat über mobile.de am (Datum des Kaufvertrages) das beschwerdegegenständliche Fahrzeug, einen BMW UKL-L X1 xDrive 18d F48 B47, Baujahr 2015, mit einem Kilometerstand von 9.329 km zu einem Kaufpreis von 35.000 € erworben. Unter Pkt. VII des Kaufvertrages ist ein Eigentumsvorbehalt bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises vereinbart. Die (SEPA) Überweisung des Kaufpreises in Höhe von 38.000 € (nicht wie im Kaufvertrag mit 35.000 € beziffert) erfolgte am . Das Fahrzeug wurde lt. Vermerk im Kaufvertrag am an den Beschwerdeführer übergeben, in Deutschland ab- und in Österreich wieder angemeldet. Die Erstzulassung war am erfolgt.
Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen basieren auf den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen (Kaufvertrag, Überweisungsbeleg, Zulassungsschein). Im Übrigen ist der Sachverhalt unstrittig, es handelt sich um eine reine Rechtsfrage.
Rechtslage
Art. 1 Umsatzsteuergesetz 1994 – Anhang (Binnenmarktregelung) lautet zum beschwerderelevanten Zeitpunkt auszugsweise wie folgt:
Art. 1.
(1) Der Umsatzsteuer unterliegt auch der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.
(2) Ein innergemeinschaftlicher Erwerb gegen Entgelt liegt vor, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
1. Ein Gegenstand gelangt bei einer Lieferung an den Abnehmer (Erwerber) aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates, auch wenn der Lieferer den Gegenstand in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt hat;
2. der Erwerber ist
a) ein Unternehmer, der den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt, oder
b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt, und
3. die Lieferung an den Erwerber
a) wird durch einen Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt und
b) ist nach dem Recht des Mitgliedstaates, der für die Besteuerung des Lieferers zuständig ist, nicht auf Grund der Sonderregelung für Kleinunternehmer steuerfrei.
…………
(7) Der Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch einen Erwerber, der nicht zu den in Abs. 2 Z 2 genannten Personen gehört, ist unter den Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 innergemeinschaftlicher Erwerb.
(8) Fahrzeuge im Sinne des Abs. 7 sind
1. motorbetriebene Landfahrzeuge mit einem Hubraum von mehr als 48 Kubikzentimetern oder einer Leistung von mehr als 7,2 Kilowatt,
………….
(9) Ein Fahrzeug gilt als neu, wenn die erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als drei Monate zurückliegt. Für motorbetriebene Landfahrzeuge nach Abs. 8 Z 1 beträgt der Zeitraum sechs Monate. Dasselbe gilt, wenn das
1. Landfahrzeug nicht mehr als 6 000 Kilometer zurückgelegt hat,
…………
Rechtliche Erwägungen
Strittig ist, ob es sich um ein neues Fahrzeug im Sinn des Art. 1 Abs. 9 Umsatzsteuergesetz 1994 – Anhang (Binnenmarktregelung) handelt.
Nach Abs. 9 leg.cit. gilt ein motorbetriebenes Landfahrzeug als neu, wenn die erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als 6 Monate zurückliegt. Dasselbe gilt, wenn das Landfahrzeug nicht mehr als 6000 Kilometer zurückgelegt hat.
In der in den Akten des Finanzamtes befindlichen Zulassungskopie ist der Tag der Erstzulassung mit angegeben. Der Beschwerdeführer hat das Fahrzeug laut Kaufvertrag am unter Eigentumsvorbehalt erworben. Die Überweisung des gesamten Kaufpreises erfolgte am , die Übergabe des beschwerdegegenständlichen Fahrzeugs am .
Nach Ansicht des Beschwerdeführers ist der Zeitpunkt der Lieferung des gegenständlichen Fahrzeuges als Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht über dieses zu sehen und geht vom Übergabedatum aus.
Zu untersuchen ist nunmehr, wann die Lieferung umsatzsteuerrechtlich erfolgt ist und ob und inwieweit der vereinbarte Eigentumsvorbehalt den Zeitpunkt der Lieferung beeinflusst hat.
Der Eigentumsvorbehalt ist ein Mittel der Kreditsicherung. Beim Kauf einer Sache auf Kredit soll der Käufer sofort Gebrauch von der Sache machen können, obwohl er den Kaufpreis erst später (vollständig) entrichtet. Dies führt zu einem Risiko für den Verkäufer. Um die Gefahr zu mindern, erfolgt die Übergabe der Sache unter der aufschiebenden Bedingung der (rechtzeitigen) vollständigen Kaufpreiszahlung (Koziol/Welser, I13, 411). Der Verkauf eines Gegenstandes unter Eigentumsvorbehalt stellt daher umsatzsteuerrechtlich bereits eine Lieferung dar, weil der Lieferant dem Abnehmer trotz des Eigentumsvorbehaltes die Verfügungsgewalt über den Gegenstand der Lieferung verschafft (; ).
Die Lieferung des gegenständlichen Fahrzeuges ist umsatzsteuerrechtlich daher bereits am erfolgt.
Für das Bundesfinanzgericht ist es nicht nachvollziehbar, warum trotz Eigentumsvorbehaltes das Fahrzeug zwischen und noch beim Lieferanten bleiben hätte müssen. Letztlich bleibt als einziger Grund für die Abholung des Fahrzeuges und die Überstellung in das Inland am , dass die 6-Monatsfrist exakt seit einem Tag abgelaufen war. Es ist nicht zu erkennen, warum dem Beschwerdeführer nicht bereits am Verfügungsmacht über das Fahrzeug verschafft worden wäre. Ab diesem Zeitpunkt konnte der Beschwerdeführer frei über das Fahrzeug verfügen. Der Beschwerdeführer verfügte eben dann insoweit über das Fahrzeug, als er dies zur Vermeidung der Erwerbsteuer noch beim Lieferant stehen ließ.
Es muss daher davon ausgegangen werden, dass die Verfügungsmacht über das gegenständliche Fahrzeug bereits am und somit innerhalb der 6-Monatsfrist (Erstzulassung am ) an den Beschwerdeführer übergegangen ist.
Es handelt sich daher um kein "neue s" Fahrzeug im Sinne der vorzitierten Gesetzesbestimmungen, sodass die Festsetzung der Erwerbsteuer zu Recht erfolgt ist.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wird über die Erwerbsteuer für neue Kraftfahrzeuge abgesprochen. Zum Art. 1 Abs. 9 Umsatzsteuergesetz 1994 – Anhang (Binnenmarktregelung) liegt eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Zudem hing die Entscheidung im Wesentlichen von im Streitfall ausschließlich einzelfallbezogenen Sachverhaltsfragen ab. Eine Revision ist demnach nicht zulässig.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | Art. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 Art. 1 Abs. 9 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.5101440.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at