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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.02.2019, RV/4100513/2018

Rückforderung Familienbeihilfe - Studienwechsel nach dem dritten Semester

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.a CP in der Beschwerdesache Bf., Adresse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Klagenfurt vom , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für das Kind Sohn, geb. ***, für den Zeitraum Oktober 2015 - September 2016, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Im Rahmen der Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe für Sohn Sohn, geb. ***, übermittelte die Beschwerdeführerin (Bf.) am , den Bescheid der Wirtschaftsuniversität Wien, B. Darin wurden Wahlfächer des von Sohn vorher betriebenen Bachelorstudiums Bauingenieurwesen an der TU Wien im Ausmaß von 14 ECTS auf das Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der WU Wien angerechnet.
Im gesondert beigelegten Schreiben vom teilte der Sohn der Bf. Folgendes mit:
Man muss (sich jedoch) hervorstreichen, dass ich nur in den letzten 4 Semester(n) an der WU 69 ECTS erreicht habe (ohne die Anrechnung von der TU) und somit allein in den 4 Semester(n) an der WU mehr ECTS erreicht habe als in 7 Semester (seit Studienbeginn) erreichen hätte müssen, um Anspruch auf Familienbeihilfe zu haben.
Des Weiteren wäre ein Studienwechsel im bzw. nach dem 2. Semester nicht möglich gewesen, da man für das Studium an der WU einen Aufnahmetest schreiben muss, welcher nur im Sommer stattfindet.
Ich hoffe deswegen, dass es keine finanziellen Auswirkungen für mich haben wird, dass ich mein Studium gewechselt habe. Vor allem in Anbetracht dessen, dass ich das Studium an der TU Wien nicht komplett aufgegeben habe, sondern mich nur zurzeit eher auf das Studium an der WU konzentriere, weil ich dort bessere berufliche Chancen sehe.“

Das Finanzamt (FA) forderte die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag mit Bescheid vom  für den Zeitraum 10/2015 – 09/2016 zurück. Nach Zitierung der §§ 26 Abs. 1, 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichsgesetzes (FLAG 1967), 33 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG 1988), 3 und 17 des Studienförderungsgesetzes (StudFG) 1992, wurde begründend ausgeführt:
„Ihr Sohn Sohn begann im Sommersemester 2014 mit dem Studium Bakk. Bauingenieurwesen an der Technischen Universität Wien. Ab dem Wintersemester 2015/2016, somit nach dem dritten Semester, wechselte er an die Wirtschaftsuniversität Wien. Nach Berücksichtigung des Anrechnungsnachweises konnte die Stehzeit (Zeit ohne Familienbeihilfenanspruch) von drei Semestern (gesamte Vorstudienzeit) auf zwei Semester verkürzt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ist daher in dem nunmehr gewählten Studium für die Dauer der verkürzten Stehzeit nicht gegeben.“

Die Bf. erhob mit Schriftsatz vom (Eingang: ) Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid. Im Einzelnen führte sie aus:

Ich beziehe mich auf den Bescheid vom , in dem sie begründen, dass mein Sohn Sohn zu spät, also nach dem dritten Semester an die Wirtschaftsuniversität Wien wechselte. Es gibt einige Gründe dafür:

  • Ein Studienwechsel im bzw. nach dem 2. Semester war nicht möglich, weil für das Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien ein Aufnahmetest erforderlich war, welcher nur im Sommer stattfand.

  • Wir legen nochmals den Anrechnungsbescheid der Wirtschaftsuniversität Wien bei, in dem eindeutig festgehalten wird, dass ein Teil der abgelegten Prüfungen im Bachelorstudium Bauingenieurwesen – als gleichwertig mit folgenden Prüfungen im Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien – anerkannt werden.

  • Das Studium an der TU Wien hat mein Sohn nicht aufgegeben, aber derzeit hat er seinen Focus mehr auf das Studium an der WU gelegt.

  • Weiters halte ich fest, dass mein Sohn in den letzten 4 Semestern an der WU – 69 ECTS erreicht hat (ohne die Anrechnung von der TU) und somit allein in den 4 Semestern an der WU mehr ECTS erreicht hat, als in 7 Semester (seit Studienbeginn) erforderlich sind, um einen Anspruch auf Familienbeihilfe zu haben.

Mit der Bitte um Berücksichtigung der angeführten Punkte. Wir bitten höflichst um eine Kulanzlösung!“

Das FA wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. Nach Anführung der §§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 und 17 StudFG 1992 wurde ausgeführt:

„Nach einem Studienwechsel nach dem jeweils 3. inskribierten Semester besteht Anspruch auf Familienbeihilfe erst dann, wenn die oder der Studierende in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt hat. Es sind daher alle Semester aus den vorherigen Studien, in denen eine Fortsetzungsmeldung vorgelegen ist und für die Familienbeihilfe bezogen wurde, in Bezug auf die Wartezeit bis zur Wiedergewährung der Familienbeihilfe für das neue Studium heranzuziehen.
Ihr Sohn Sohn begann im Sommersemester 2014 mit dem Bachelorstudium Bauingenieurwesen an der Technischen Universität Wien. Nach dem Sommersemester 2015 und somit nach dem dritten Semester, wechselte er zum Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an die Wirtschaftsuniversität Wien.
Nach Berücksichtigung der angerechneten Prüfungen aus dem Vorstudium konnte die Zeit für die keine Familienbeihilfe zusteht von drei Semester auf zwei Semester verkürzt werden.
Der klare Gesetzeswortlaut des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 in Verbindung mit § 17 Studienförderungsgesetz 1992 lässt jedoch keinerlei Spielraum zu und die Regelung der Rückzahlungspflicht im Sinne des § 26 Abs.1 FLAG 1967 ist nur auf den objektiv vorliegenden Sachverhalt der zu Unrecht bezogenen Familienbeihilfe abgestimmt. Eine subjektive Sichtweise ist nicht vorgesehen, d.h. persönliche oder sonstige Umstände, die zum unrechtmäßigen Bezug geführt haben, sind nicht zu berücksichtigen. Entscheidend ist somit lediglich, dass die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe nicht gegeben waren.“

Am langte der Vorlageantrag ein. Darin wurde ausgeführt:

„Leider wurde von ihnen meine Beschwerde abgelehnt und auch keine Lösung auf Kulanz angestrebt, natürlich aufgrund der Gesetzgebung in diesem Fall. Nichtsdestotrotz sind mir zumindest zwei Fälle bekannt, wo man sich auf eine Lösung auf Kulanz einigen konnte und 0 % des ausbezahlten Kindergeldes zurückbezahlt werden mussten.

Ich hoffe, dass sie ihre Entscheidung nochmals überdenken und auch mir so eine Lösung vorschlagen können, sollte es gefordert sein, werde ich ihnen genauere Informationen zu diesen genannten Fällen zukommen lassen.

Des Weiteren würde für eine Lösung auf Kulanz sprechen, dass ich Sohn, geb. ***, wie sie meinen Daten entnehmen können, ein Jahr lang keine Kinderbeihilfe erhalten habe, weil ich zwischen Studium und Schule für ein Jahr bei einem österreichischen Unternehmen angestellt war. In dieser Zeit konnte sich der Staat Österreich genau diese Summe ersparen welche von mir jetzt zur Rückzahlung gefordert wird.“

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde vom FA dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Beschwerde wurde erwogen

  • Als erwiesen angenommener Sachverhalt

Der am *** geborene Sohn der Bf., Sohn, inskribierte mit Sommersemester (SS) 2014 das Bachelorstudium Bauingenieurwesen an der TU Wien.

Ab dem Wintersemester (WS) 2015/16 wechselte er auf das Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der WU Wien.

Sohn wurden Prüfungen im Ausmaß von 14 ECTS aus dem Bachelorstudium Bauingenieurwesen für das Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften angerechnet.

  • Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen sind aufgrund der Daten im Familienbeihilfeakt, der Daten im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung, der Studiendatenbank sowie des Parteivorbringens als erwiesen anzusehen.

  • Rechtsgrundlagen

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.

Nach leg. cit. gelten bei einem Studienwechsel die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) angeführten Regelungen auch für die Gewährung der Familienbeihilfe. Anspruch auf Familienbeihilfe liegt nur dann vor, wenn nach dem § 17 StudFG 1992 ein günstiger Studienerfolg vorliegt.

Der § 17 StudFG 1992 lautet:
(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende
1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:
1. Studienwechsel, bei welchen die gesamte Studienzeit des vor dem Studienwechsel betriebenen Studiums für die Anspruchsdauer des nach dem Studienwechsel betriebenen Studiums berücksichtigt wird, weil auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen Gleichwertigkeit nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gegeben ist,
2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,
3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,
4. die Aufnahme eines Masterstudiums gemäß § 15 Abs. 3
5. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 4.

(4) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden danach so viele Semester zurückgelegt haben, wie sie in dem gemäß Abs. 1 Z 2 zu spät gewechselten Studium verbracht haben. Anerkannte Prüfungen aus dem verspätet gewechselten Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.  

Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 ist § 26 FLAG 1967 anzuwenden, wenn Kinderabsetzbeträge zu Unrecht ausbezahlt wurden.

Nach § 83 Abs. 4 der Bundesabgabenordnung (BAO) kann die Abgabenbehörde von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Angehörige (§ 25), Haushaltsangehörige oder Angestellte handelt und Zweifel über das Bestehen und den Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten.

  • Rechtliche Würdigung

Vorweg ist festzuhalten, dass der am  eingebrachte Vorlageantrag iS des § 83 Abs. 4 BAO als namens der Bf. eingebracht anzusehen ist.

Bei der Regelung des § 17 (Studienwechsel) handelt es sich um eine unter dem spezifischen Gesichtspunkt des Studienförderungsgesetzes (Zielstrebigkeit des Studiums als Teilelement des günstigen Studienerfolges) getroffene abschließende Regelung.

Der Begriff Studienwechsel bedeutet den Betrieb einer anderen Studienrichtung als jener, die in den vorangegangenen Semestern betrieben wurde. Im Zusammenhalt mit § 14 StudFG 1992 (Mehrfachstudien) ist dies noch dahin gehend zu ergänzen, dass ein Studienwechsel auch dann vorliegt, wenn mehrere Studien neben einander betrieben werden und der Studierende die Entscheidung darüber, welches er durch eine Studienbeihilfe fördern lassen will, ändert. Wenn ein Studierender, der mehrere Studien neben einander betrieben hat, eine Studienrichtung beendet (entweder abschließt oder abbricht), so gilt bei Fortführung einer anderen Studienrichtung automatisch diese als betriebene Studienrichtung, so dass auch in diesem Fall ein Studienwechsel vorliegt.

Ein Studienwechsel liegt ebenso vor, wenn der Studierende das von ihm begonnene und bisher betriebene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes unter den Geltungsbereich des Studienförderungsgesetzes fallendes Studium beginnt. Im Falle der gleichzeitigen Absolvierung mehrerer Studien liegt ein Studienwechsel dann vor, wenn der Studierende an Stelle des bisher angegebenen Studiums ein anderes von ihm betriebenes Studium benennt (VwGH 98/12/0163 v. ).

Maßgebend für einen Studienwechsel ist immer ein Studienbeginn.

Familienbeihilfe wird immer nur für ein Studium gewährt.

Unbestritten ist der Zeitpunkt des Studienbeginns für die Studienrichtung Bauingenieurwesen im SS 2014 und der Studienwechsel nach 3 Semestern im WS 2015/16 auf Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und die Anrechnung von 14 ECTS-Punkten aus dem Vorstudium.

§ 2 Familienlastenausgleichsgesetz bezieht sich auf das Studienförderungsgesetz. Dieses stellt hinsichtlich eines Studienwechsels die gesetzliche Fiktion auf, dass ein günstiger Studienerfolg nicht vorliegt, wenn ein Studienwechsel nach dem dritten Semester erfolgt.

Nach Abs. 4 des § 17 StudFG 1992 ist ein Studienwechsel nicht mehr zu beachten, wenn danach so viele Semester zurückgelegt wurden, wie sie in dem gemäß Abs. 1 Z 2 zu spät gewechselten Studium verbracht worden waren. Anerkannte Prüfungen aus dem verspätet gewechselten Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.

Im Beschwerdefall beträgt die "Wartezeit" grundsätzlich drei Semester, sohin bis inkl. zum WS 2016/17. Da aber Prüfungen aus dem Vorstudium im Ausmaß von 14 ETCS-Punkten angerechnet wurden, verkürzt sich die "Wartezeit" um ein Semester. Die "Wartezeit" bis zum neuerlichen Bezug der Familienbeihilfe umfasst daher den Zeitraum Oktober 2015 bis September 2016. Für diesen Zeitraum steht eine Familienbeihilfe nicht zu.

Aus § 26 Abs. 1 ergibt sich eine objektive Erstattungspflicht zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe. Subjektive Momente, wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 26 Rz 3 mit Hinweis auf ; ). 

Das Vorbringen der Bf., dass in den letzten vier Semestern an der WU 69 ECTS-Punkte im Studium Sozial- und Wirtschaftswissenschaften erarbeitet worden seien, und somit mehr als in sieben Semestern an der TU – geht ins Leere, weil Streitzeitraum nicht die letzten vier Semester sondern der Zeitraum 10/2015 – 09/2016 ist.

Wenn eingewendet wird, dass ein Studienwechsel an die WU nach dem zweiten Semester – somit mit Beginn des SS 2016 - nicht möglich gewesen wäre, weil ein Aufnahmetest nur im Sommer stattfindet, ist darauf zu verweisen, dass es sich auch hier um ein subjektives Vorbringen handelt. Abgesehen davon ist davon auszugehen, dass dieser Umstand den Studierenden hinlänglich bekannt ist. Daraus kann aber - angesichts der klaren gesetzlichen Regelung des § 17 Abs. 1 Z. 2 StudFG 1992 - für die Beschwerde nichts gewonnen werden.

Dass das Bauingenieurstudium nicht „aufgegeben“ wurde, und das Hauptaugenmerk nunmehr beim Sozial- und Wirtschaftwissenschaftsstudium liegt, ist für die Rückforderung der Familienbeihilfe irrelevant. Wie dargelegt, richtet sich der Familienbeihilfenanspruch nach dem betriebenen Studium. Das ist im Beschwerdefall das Studium an der WU.

Das Argument, dass Sohn aufgrund seiner einjährigen Berufstätigkeit ohnehin Familienbeihilfe vor dem Studienbeginn nicht bezogen hätte, ist ohne Bedeutung. Wie dargelegt ist eine Voraussetzung für den Bezug der Familienbeihilfe bei volljährigen Kindern, dass sie für einen Beruf ausgebildet werden. 

Soweit die Bf. eine mögliche Kulanzlösung angesprochen hat, ist sie darauf hinzuweisen, dass Verwaltung und Gerichtsbarkeit in Österreich entsprechend dem verfassungsmäßig verankerten Legalitätsprinzip an die Gesetze gebunden sind. Die Wirksamkeit der Gesetze trifft alle Rechtsunterworfenen in gleicher Weise und räumt keine individuellen Ermessensspielräume ein.

Hinweis

Die Bf. sei auf die Möglichkeit einer Nachsicht oder einer Ratenzahlung hingewiesen. Die Bewilligung einer Nachsicht iSd § 236 BAO ist aber nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Zuständig hiefür ist das FA.

Schließlich sei noch auf § 26 Abs. 4 FLAG 1967 verwiesen. Leg. cit. sieht vor, dass die Oberbehörden ermächtigt sind, in Ausübung des Aufsichtsrechtes die nachgeordneten Abgabenbehörden anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre. Das Bundesfinanzgericht ist Verwaltungsgericht und nicht Oberbehörde des Finanzamts (vgl. ). Oberbehörde war bis zur Bundesministeriengesetz-Novelle 2017 BGBl. I Nr. 164/2017 das Bundesministerium (die Bundesministerin) für Familien und Jugend (BMFJ), 1020 Wien, Untere Donaustraße 13-15. Nunmehr ist (Abschnitt A Z 24 des Teiles 2 der Anlage zu § 2 Bundesministeriengesetz 1986 i. d. g. F.) Oberbehörde das Bundeskanzleramt, wobei gemäß Entschließung des Bundespräsidenten, mit der die sachliche Leitung bestimmter, zum Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes gehörender Angelegenheiten einer eigenen Bundesministerin übertragen wird, BGBl. II Nr. 4/2018, ausgegeben am , der Bundesministerin im Bundeskanzleramt Dr. Juliane Bogner-Strauß die sachliche Leitung unter anderem der zum Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes gehörenden Angelegenheiten des Familienlastenausgleichs (Z 4 der Entschließung) übertragen wurde (Anschrift: Bundeskanzleramt, Sektion Jugend und Familie, 1020 Wien, Untere Donaustraße 13-15, Internetauftritt weiterhin unter www.bmfj.gv.at). Die Oberbehörde kann das Finanzamt anweisen, von einer Rückforderung bei Unbilligkeit abzusehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Auf Grund der Rechtsprechung des VwGH und des BGF ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 vorliegt, ausreichend geklärt.

Das gegenständliche Erkenntnis weicht nicht von dieser Rechtsprechung ab. Diese Entscheidung ist somit nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängig, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 17 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 83 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.4100513.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at