Mitgliedsbeiträge und Aufwendungen - Fahrt-, Nächtigungskosten und Taggelder - für die Teilnahme an Tagungen eines Selbsthilfevereines - Kosten der außergewöhnlichen Belastung?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Mag. Bf., Adresse , über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015 und 2016 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
1. Verfahrensablauf:
Mit Ergänzungsersuchen vom wurde der Beschwerdeführer (infolge Bf.) für 2015 und 2016 gebeten, die gesamten beantragten Krankheitskosten aufgrund der Behinderung belegmäßig nachzuweisen. Bei Vorliegen mehrerer Belege sei eine komplette Aufstellung der Krankheitskosten beizulegen. Weiters seien die Ersätze abzuziehen.
In der Folge wurden die Belege samt Schreiben vom übermittelt, aus dem folgendes hervorgeht:
"Sehr geehrter Herr H...,
vielen Dank für das informative Telefongespräch.
Bei einem Symposium in K haben die betroffenen Haarzell-Leukämie-Patienten (HZL) mit dem Bundessozialamt die genauen Richtlinien für die Absetzbarkeit festgelegt.
Diese Richtlinien habe ich jährlich genau beachtet und es gab eine reibungslose Zusammenarbeit mit dem Finanzamt... Die aufgelisteten Absetzposten wurden anerkannt. Nach einigen Jahren gab es plötzlich durch das Finanzamt Einsprüche und Streichungen, die ich aus heutiger Sicht - nach den Gesprächen mit anderen Betroffenen - leider nicht beeinsprucht habe.
Die HZL ist eine seltene (wenig Betroffene) chronische Krankheit, die mich bis zu meinem Lebensende begleitet. In Deutschland ist die Absetzbarkeitsfrage (in Verbindung mit den vielen Wechselwirkungen bei dieser Krankheit) genau geklärt. Nicht so bei uns in Österreich. Somit ergeben sich jährlich wiederholend Unklarheiten, die zu einem unnötigen Arbeitsaufwand für beide Seiten (Finanzamt/Mitarbeiter und Betroffener) führen. Die Krankheit ist bleibend bis zum Tod, die Behandlungs- und Vorsorgemaßnahmen können schwanken und sind gut begründbar.
Zur Information und Begründung meiner Darstellung lege ich noch HZL - Informationsmaterial bei.
In Österreich wissen alle verantwortlichen Stellen, dass chronische Erkrankungen zu wenig berücksichtigt werden und nicht genau definiert sind - siehe Kopie. Es ist daher ein Aktionsplan erforderlich, um diese unnötigen Auseinandersetzungen zu beenden, die sicherlich nicht gesundheitsfördernd sind und die Kommunikation mit dem Finanzamt erschweren.
Bei den Absetzposten habe ich versucht, eine kurze Erklärung anzuführen. Ich hoffe, dass ich Klarheit herstellen konnte, ansonsten sollte vielleicht doch ein persönliches Gespräch alle Unklarheiten beseitigen.
Mit freundlichen Grüßen...".
Aus der Beilage "Haarzell-Leukämie (infolge HZL) - Finanzamt" geht folgendes hervor:
Basisinformation zu HZL und deren Auswirkungen:
Die HZL ist eine chronische Erkrankung, eine maligne Erkrankung der B -Lymphozyten. Somit eine bleibende Behinderung für den Betroffenen bis zum Tod.
Die Ursache und die Auswirkungen lassen sich nicht eindeutig klären. Bei den Auswirkungen besteht eine Dystopie, d.h. eine wechselseitige bzw. vernetzte Beeinflussung von anderen Krankheiten.
Symptome:
• Schwäche und Müdigkeit - chronisches Müdigkeitssyndrom (ICD 93,3),
verringerte Belastbarkeit
• Hautveränderungen, Blässe und Immunflecken
• Vermehrte Infektionen - Infektionsgefahr
• Osteoporose, Gelenke und Wirbelsäule sind vielfach betroffen
U. a.
Maßnahmen - siehe Onkopedia Leitlinien / Haarzell-Leukämie
Ohne Chemotherapie führt die HZL zum Tod.
Weitere Maßnahmen:
• Permanente Blutuntersuchungen
. Untersuchungen / Kontrolle von Milz, Leber, Lunge, Niere usw.
• Symptome beachten, medizinisch behandeln und Vorbeugemaßnahmensetzen
• Ernährung beachten und körperliche Betätigung
Finanzamt-Absetzposten in Zusammenhang mit Dauernder Behinderung durch HZL
* Kosten aufgrund der obgenannten Maßnahmen und Apothekerrechnungen
* Spitalsbesuche und - behandlungen
* Hautarztbehandlungen
* Ganzkörperbehandlung zur Stärkung der Immunkraft / Vorbeugemaßnahmen
* Reiserechnung zum jährlichen Treffen des Selbsthilfevereins HZL in G (wahrscheinlich der einzige medizinisch orientierte Verein in Europa) mit den Schwerpunkten:
- neue medizinische Erkenntnisse auf dem Gebiet der HZL
- Begutachtung der einzelnen Befunde
- Erfahrungsaustausch der Betroffenen
- medizinisch relevante Themen zu HZL
* Vereinsmitgliedsbeitrag
Als Ansprechpartner für Betroffene in Österreich habe ich jährlich Gelegenheit bei der
Informationstagung in G, BRD, mit Ärzten und Betroffenen aus Österreich, Deutschland u. a. Ländern zu sprechen. Für Österreich zeigt sich, dass das FA K mit extrem vielen Streichungen bei den obgenannten Absetzposten im Widerspruch zu anderen österreichischen Finanzämtern und dem Bundessozialamt steht.
Der Bf. beantragte Außergewöhnliche Belastungen bzw Ärztliche Behandlungskosten in Verbindung mit der 60%igen Behinderung für 2015 und 2016 aufgrund der chronischen Erkrankung HZL iHv. 1.906,17 für 2015 und iHv 1.355,37 € für 2016.
Die mit den HZL- Verein in Zusammenhang mit den beiden Tagungen im Jahr 2015 und 2016 angefallenen Kosten setzen sich wie folgt zusammen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2015 € | 2016 € | |
Mitgliedsbeitrag | 15 | 15 |
Fachtagung in G 5.-7.6-2015 bzw 22- | 614,86 | 614,86 |
Fahrtkosten und | ||
Taggeld x 4 | 141,12 | 141,12 |
2x Nächtigung | 55,80 | 55,80 |
insgesamt | 826,78 | 826,78 |
Das Finanzamt erließ am die Einkommensteuerbescheide 2015 und 2016.
Die Nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wurden nicht in beantragter Höhe von 1.355,37 € (2016) bzw 1.906,17 € (2015) sondern in Höhe von 528,59 € (2016) und 1.079,39 € (2015) - ohne die Kosten für die Tagungen und die Mitgliedsbeiträge - vom Finanzamt anerkannt.
Aus der gleichlautenden Begründung der beiden Bescheide geht folgendes hervor:
"...Als Kosten der Heilbehandlung gelten Arztkosten, Spitalskosten, Kurkosten für ärztlich verordnete Kuren, Therapiekosten, Kosten für Medikamente, sofern sie im Zusammenhang mit der Behinderung stehen.
Tagungskosten und Mitgliedsbeitrag waren im Sinne obiger Ausführung daher nicht als zusätzliche Kosten bei Behinderung zu berücksichtigen.
In der Begründung für 2016 wurde vom Finanzamt zusätzlich festgehalten, dass "die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen, von denen ein Selbstbehalt abzuziehen ist, nicht berücksichtigt werden konnte, da sie den Selbstbehalt in Höhe von 6.882,71 € nicht übersteigen".
Gegen diese Bescheide 2015 und 2016 brachte der Bf. Beschwerde datiert vom ein und führte wie folgt aus:
" Beschwerde zu den Einkommensteuerbescheiden 2015 und 2016 vom mit der Steuernummer....
....Verbesserungsvorschlag für das Formblatt „Außergewöhnliche Belastungen bei chronischen Erkrankungen"
Begründung:
Als Betroffener der chronischen Krankheit „Haarzell-Leukämie" (HZL) und Ansprechpartner für Betroffene in Österreich im Namen der europäischen Selbsthilfe Initiative „Haarzell-Leukämie-Hilfe e. V." in G, Deutschland, organisierte ich ein Symposium für HZL-Patienten in Österreich mit medizinischen und steuerrechtlichen Vorträgen (Bundessozialamt K).
Die anschließende Zusammenarbeit mit dem Finanzamt K verlief in den Folgejahren bei mir vorbildlich. Die Gespräche mit den Sachbearbeitern führten zu verbindlichen und klaren Ergebnissen. Leider hat sich diese Verhaltensform verändert.
Erklärung:
- Seit Jahren bemühe ich mich um einen Gesprächstermin, damit die Unklarheiten bezüglich der Absetzposten geklärt werden können.
Aber Terminvereinbarungen für persönliche Gespräche gibt es nicht mehr, da die Sachbearbeiter dafür keine Zeit haben und die Pauschalantwort lautet: „schicken sie uns alles herein!" Was ich auch getan habe. Siehe Beilagen.
- Jährlich gibt es mehr Streichungen bei den Absetzposten, die mir allerdings nicht mitgeteilt und auch nicht begründet werden, somit für mich nicht nachvollziehbar. Dadurch gibt es Einsprüche und der Arbeitsaufwand und Ärger wiederholen sich auf beiden Seiten (FA und für mich als Einreicher) Jahr für Jahr. Welchen Sinn hat diese Arbeitserschwernis?
Weiters bin ich nicht mehr in der Lage, bei Anfragen von Betroffenen eine fachlich korrekte Antwort zu geben.
Gestrichen wurde auch der Absetzposten für die jährliche medizinische Fachtagung des Selbsthilfevereins in G. Diese Tagung zeigt auf, wie man mit der Krankheit umgehen soll und welche neuen Methoden bei der Behandlung zielführend sind.
Außerdem gibt es einepersönliche medizinische Beratung.
Für mich als ehrenamtlicher Mitarbeiter sind diese Informationen sehr wichtig, damit ich als Ansprechpartner in Österreich eine qualifizierte Antwort geben kann.
- Es fragt sich, ob der Sachbearbeiter eine klare Trennung zwischen Behinderung und Chronischer Behinderung trifft? Bei den chronischen Krankheiten spielt die „Dystopie" (wechselseitige bzw. vernetzte Beeinflussung von Krankheiten) eine wesentliche Rolle - siehe Onkopedia Leitlinien / HZL.
Zurzeit erlebe ich dies an meiner eigenen Person. Onkologen in Österreich und Deutschland (Berlin) widmen sich derzeit verstärkt diesen Zusammenhängen.
Da die Außergewöhnlichen Belastungen in meinem Falle relativ klar strukturiert sind, erlaube ich mir einen Vorschlag für die zukünftigen Abrechnungen und Gespräche zu unterbreiten, Beilage.
Es geht mir nicht um mutwillige Kritik, sondern darum, dass die Absetzposten für beide Seiten mit geringstem Arbeitsaufwand und realitätsbezogen unter Beachtung der Dystopie eindeutig nachvollziehbar sind".
Der Beschwerde beigelegt war das Schriftstück "Haarzell-Leukämie (HZL) - Finanzamt" (Inhalt siehe oben) sowie die Aufgliederung der außergewöhnliche Belastungen.
Das Finanzamt erließ abweisende Beschwerdevorentscheidungen für 2015 und 2016 datiert vom mit folgender gleichlautender Begründung:
Gem. § 34 EStG sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen außergewöhnliche Belastungen abzuziehen, sofern sie die in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen kumulativ (d.h. sämtliche Merkmale gemeinsam) erfüllen.
Zunächst darf es sich dabei weder um Betriebsausgaben noch um Werbungskosten oder Sonderausgaben handeln. Zudem muss eine tatsächliche und endgültige, wirtschaftliche Belastung eingetreten sein. Ist es zu einem derartigen Vermögensabfluss gekommen, setzt dessen Berücksichtigung nach § 34 EStG weiters voraus, dass die Belastung außergewöhnlich ist, zwangsläufig erwächst und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Abgabepflichtigen wesentlich beeinträchtigt.
Eine Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse erwächst. Zwangsläufigkeit liegt vor, wenn sich der Abgabepflichtige der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Von einer wesentlichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist auszugehen, soweit die Kosten einen nach den Bestimmungen des § 34 Abs. 4 bzw. Abs 5 EStG berechneten, von der Einkommenshöhe des Abgabepflichtigen abhängigen, Selbstbehalt übersteigen (§ 34 Abs. 2 - 5 EStG).
Für gewisse Aufwendungen erlaubt § 34 Abs. 6 EStG einen Abzug auch ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes. Dazu gehören u.a. Mehraufwendungen im Zusammenhang mit einer Behinderung des Abgabepflichtigen soweit diese damit im Zusammenhang stehende, pflegebedingt erhaltene Geldleistungen (z.B. ein Pflegegeld) übersteigen (§ 34 Abs. 6, 6. Teilstrich EStG).
Durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen kann festgelegt werden, unter welchen Umständen solche Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung zudem ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs.3 EStG und ohne Anrechnung auf das Pflegegeld zu berücksichtigen sind.
Betroffen können von dieser Beurteilung nur Kosten sein, die durch jene Behinderung(en) bedingt sind, welche Grundlage für die Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit war(en). Sofern Krankheitskosten nicht im Zusammenhang mit einer Behinderung stehen, unterliegen sie den allgemeinen Bestimmungen des § 34 EStG.
Nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung erwachsen Kosten der eigenen Erkrankung aus tatsächlichen Gründen dem Grunde nach zwangsläufig. Die Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung setzt darüber hinaus Zwangsläufigkeit der Höhe nach voraus. Dies macht eine Angemessenheitsprüfung im Einzelfall notwendig, wobei sich die Beurteilung nicht an subjektiven Vorstellungen sondern an objektiven Umständen zu orientieren hat (; , 95/15/0018; , 87/14/0116; , 91/14/0243).
Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für die Mehrkosten aus einer Behinderung.
Die Lehre und Rechtsprechung versteht Krankheit im Sinne des allgemeinen Sprachverständnisses als eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Heilbehandlung bzw. eine Heilbetreuung erfordert.
Nicht jede Behandlung oder Betreuung einer Krankheit stellt eine Heilbehandlung dar, die einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung zugänglich ist.
Maßnahmen der Krankheitsprävention zählen zwar zu den unter die Ausübung der Medizin fallenden Tätigkeiten eines Arztes (§ 2 ÄrzteG), dennoch sind im Rahmen des § 34 EStG Aufwendungen zur Vorbeugung von Krankheiten oder zur Erhaltung der Gesundheit nicht als Krankheitskosten zu berücksichtigen. Insofern fehlt es nämlich an der Verursachung durch eine Krankheit und damit an der Zwangsläufigkeit. Der VwGH erkennt in seiner Judikatur ausdrücklich nur die typischerweise mit einer Heilbehandlung verbundenen Kosten als zwangsläufig erwachsen an. Aufwendungen, die lediglich auf eine Verbesserung des Allgemeinzustandes abzielen, sind davon nicht erfasst, selbst wenn sich die betreffende Maßnahme auf den Verlauf einer konkreten Krankheit positiv auswirken kann ().
Insbesondere bei Dauerbehinderungen geht es häufig nur darum, den bestehenden Zustand zu erhalten bzw. eine Verschlechterung zu verhindern oder zumindest zu verlangsamen.
Die in § 34 EStG geforderte Zwangsläufigkeit von außergewöhnlichen Belastungen setzt in Bezug auf Krankheits- bzw. Behinderungskosten das Vorliegen triftiger medizinischer Gründe für den betreffenden Aufwand in dem Sinn voraus, dass ohne Anwendung der damit finanzierten Maßnahmen das Eintreten ernsthafter, gesundheitlicher Nachteile feststeht oder sich zumindest konkret abzeichnet.
Für Krankheitskosten fordert der VwGH deshalb, dass diese Maßnahmen tatsächlich Erfolg versprechend zur Behandlung oder zumindest Linderung einer konkret existenten Krankheit beitragen ().
Da insbesondere Dauerbehinderungen in der Regel nicht Erfolg versprechend behandelbar sind und häufig auch eine Linderung ihrer Symptomatik nicht möglich ist, kann dies für die Kosten aus einer Behinderung nur bedingt gelten. Hier geht es vielmehr darum, das Fortschreiten der Beeinträchtigung möglichst günstig zu beeinflussen. Auch dabei setzt das Erfordernis der Zwangsläufigkeit aber hinreichende, objektiv nachprüfbare Ergebnisse der gesetzten Maßnahmen voraus. Zumindest müssen solche berechtigt erwartet worden sein. Im Sinne der VwGH-Judikatur zur Heilbehandlung von Krankheiten werden deshalb auch hier nur die typischer Weise anfallenden Kosten für Maßnahmen zu berücksichtigen sein, ohne deren Anwendung ernsthafte gesundheitliche Nachteile feststehen oder sich konkret abzeichnen.
Da § 34 EStG eine Begünstigungsbestimmung ist, obliegt die Behauptung und der Beweis des Vorbringens vornehmlich dem Abgabepflichtigen. Überdies gelten dort, wo die Abgrenzung zu Aufwendungen der allgemeinen Lebensführung schwierig ist, für die Nachweisführung besonders strenge Anforderungen (; , 93/13/0057 u.a.).
Aufgrund der dargestellten Erfordernisse bilden bloße Wünsche und Vorstellungen des Betroffenen über medizinische Auswirkungen jedenfalls keine ausreichende Grundlage für den Nachweis der Zwangsläufigkeit eines Aufwandes (; , 87/14/0116).
Ebenso fehlt es bei Maßnahmen, deren Beitrag zur Heilung bzw. Linderung einer Krankheit oder zur günstigen Entwicklung einer Behinderung nicht hinreichend erwiesen ist und die daher bei der medizinischen Behandlung auch nicht typischerweise anfallen, am Merkmal der Zwangsläufigkeit.
Die Judikatur zum Sozialversicherungsrecht gibt Anhaltspunkte für eine sachgerechte Abgrenzung. Der OGH sieht keineswegs nur Kosten von nach dem ArzneimittelG zugelassenen Medikamenten oder von wissenschaftlich anerkannten Behandlungsmethoden als erforderlich, zweckmäßig bzw. medizinisch notwendig an. Dies könne durchaus auch auf Kosten für so genannte Außenseitermethoden, d.h. für wissenschaftlich noch nicht allgemein gesicherte Behandlungsmethoden, zutreffen. Allerdings müsse deren Wirksamkeit in der Form erwiesen sein, dass hinsichtlich der betreffenden Maßnahmen zumindest auf einen gewissen Heilungserfolg in breiten Kreisen der Bevölkerung verwiesen werden könne und dieser sich nicht nur auf die bloß subjektive Besserung bestehender Beschwerden beschränke. Dies setze voraus, dass der Erfolg nicht nur in Einzelfällen sondern typischer Weise erzielt wird. Dazu müsse der Nachweis erbracht werden, dass die Wirkung in einer für die Bildung eines Erfahrungssatzes ausreichenden Zahl von Fällen eingetreten ist oder zumindest im konkreten Fall des Antragstellers tatsächlich erfolgreich war bzw. aufgrund der bisherigen Erfahrungen ein Erfolg erwartet werden durfte (; 10 ObS 52/96; , 10 ObS 20/95 u.a.).
Aus den dargelegten Gründen war die Berücksichtigung im Streit stehender Ausgaben Mitgliedsbeitrag G, HZL-Tagung und die damit verbundenenKosten als außergewöhnliche Belastung zu verneinen...".
Aus dem vom Bf eingebrachten Vorlageantrag datiert vom betreffend Einkommensteuer 2015 und 2016 geht folgendes hervor:
".... Die Entscheidung ist aus folgenden Gründen für mich nicht annehmbar:
* Jegliche Form eines Dialoges mit einem Sachbearbeiter wurde verhindert. Das ist ein Verstoß gegen die Grundrechte eines österreichischen Staatsbürgers. Es gibt jetzt - zum Unterschied von früher - kein Gespräch mit dem Sachbearbeiter, keine Auskunft was falsch und was richtig ist, Beratung ist ausgeschlossen und die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen unterbunden. Somit ist dies ein Zustand für einen Dauerkonflikt.
* Das Gleichheitsprinzip wurde nicht angewandt. Das hiesige Finanzamt hat eine andere Auslegung als andere österreichische Finanzämter bei der Anerkennung der außergewöhnlichen Belastungen für Menschen mit einer chronischen Behinderung.
* Neue medizinische Erkenntnisse wurden als subjektive Vorstellungen bezeichnet.
Die Dystopie ist keine subjektive Vorstellung, sondern eine medizinische Gegebenheit. Die Dystopie wird durch eine Krankheit verursacht und es entstehen zwangsläufig neue Krankheiten. Somit entstehen auch zwangsläufig neue gesundheitliche Nachteile und damit verbunden neue anzuerkennende Kosten. In Deutschland ist diese medizinische Erkenntnis ein fester Bestandteil bei den Beurteilungen.
Weiters ist die HZL eine seltene Krankheit und somit sind die Erfahrungssätze über tatsächliche Erfolge bei den Folgekrankheiten nicht in wünschenswertem Ausmaß vorhanden.
* Warum ist die Fortbildung in vielen Bereichen schon verpflichtend? Die menschliche Entwicklung geht weiter, auch im medizinischen Bereich. Daher ist es für Ärzte und verantwortungsvolle Patienten verpflichtend, sich weiterzubilden, um zusätzliche Verschlechterungen/Schäden zu vermeiden.
Beim „HZLBetroffenen- Treffen" in G erfolgt diese Zielsetzung.
Als Ansprechpartner für österreichische Patienten ist meine Verantwortung groß und aktuelles Wissen erforderlich. Es fragt sich, muss ich aufgrund dieser freiwilligen Hilfe für betroffene Österreicher in einer ernsten Lebenslage auch noch die zusätzlichen „G-Kosten" übernehmen?
* Es ist mir nicht bekannt, dass es in Österreich ein Spital oder eine Beratungsstelle gibt, bei der chronisch-kranke Menschen neben der Beratung auch eine medizinische Beurteilung und eine aktuelle medizinische Wissensvermittlung erhalten wie dies beim HZL-Kongress in G geschieht.
Das ist für mich und andere Betroffene eine wertvolle Hilfe in dieser Lebenssituation.
Ich erwarte mir aufgrund der angeführten Punkte und der nicht sachgemäßen und falschen Interpretierungen eine Aufhebung der Bescheide.
Zur Versachlichung und zur Information über die Argumentation in dieser Angelegenheit lege ich nochmals Schriftstücke der bisherigen Kommunikation bei, damit die rechtlichen und medizinischen Zusammenhänge besser nachvollziehbar sind.".
Beigelegt ist das Schreiben vom (Inhalt siehe oben); Schreiben "Haarzell-Leukämie (HZL) - Finanzamt" (siehe oben), Beschwerde vom sowie das Schreiben vom an das Sozialministerium, aus dem folgendes hervorgeht:
Sehr geehrter Herr Mag. B...,
vielen Dank für die Beantwortung meines Anliegens.
Ihre ausführliche Stellungnahme zeigt mir, dass die „chronische Behinderung" nicht eingehend gesetzlich geregelt ist. Die Kausalitätsfrage existiert nicht.
Ein Normalfall, da der medizinische Fortschritt schneller ist als die juridische Anpassung. https:xy
Im medizinischen Bereich wird die Behinderung durch die Dystopie zusätzlich beeinflusst. D.h. es gibt somit zusätzliche gesundheitliche Folgewirkungen wie ich sie in meinem Erstschreiben (siehe Beilage HZL-Finanzamt) schon angeführt habe. Es handelt sich dabei nicht um eine subjektive Aufstellung von meiner Seite, sondern um Fakten aus den „Leitlinien" und der „Onkopedia", erstellt von europäischen HZLSpezialisten. So z.B.: „In einigen Langzeitstudien wurden vermehrt Fälle von anderen Krebserkrankungen bei Patienten mit Haarzell-Leukämie beobachtet." Es bestehen somit kausale Verknüpfungen zwischen HZL u. a. Krankheiten, die im Gesetz nicht erwähnt sind und vom Finanzamt K abgelehnt werden. https:zzz
Rehabilitation It. Onkopedia.Die Mehrzahl der betroffenen Patienten steht im Berufsleben, hat eine Lebenserwartung von Jahrzehnten vor sich und muss es schaffen, diese Krankheit in ihr Leben zu integrieren. Wichtige Bausteine sind ein intaktes Umfeld und zuverlässige, seriöse Informationen. Zu dieser Unterstützung gehört auch die Psychoonkologie. Professionelle Gespräche erleichtern die Verarbeitung des Diagnoseschocks und setzen Kräfte zum aktiven Umgang mit der Krankheit frei.
Eine weitere Herausforderung sind die sozialen und finanziellen Belastungen einer Haarzell-Leukämie.
Den Patienten steht ein Schwerbehindertenausweis zu.
Entlastungen und Umstrukturierungen am Arbeitsplatz, Härtefallregelungen, steuerliche Erleichterungen u.a. können wirksam helfen...
Ich denke, aufgrund der aktuellen medizinischen Gegebenheiten sollten die bestehenden gesetzlichen Regelungen angepasst werden. Ebenso ist es unverständlich - „menschenverachtend" - dass Betroffenen die Betreuung und Informationsgewinnung durch das Symposium in G finanziell vom Finanzamt K nicht unterstützt wird, indem sie die entstehenden Kosten steuerlich absetzen können.
Als Ansprechpartner für Betroffene entstehen mir zusätzliche Kosten. Die Abgeltung ist das Bewusstsein, dass ich vielen Menschen beim Überleben geholfen habe. Für das Finanzamt K ist allerdings „soziale Hilfe", aus welchen Gründen immer, nicht erwünscht und somit auch nicht steuerlich absetzbar.
Nochmals, eine gründliche Analyse des gesetzlichen „Ist-Zustandes" wäre wünschenswert und könnte für die Betroffenen eine menschliche Wertstellung bedeuten.
Danke für Ihren Einsatz und beste Grüße.... ".
Aus dem vom Finanzamt an den Bf. gerichteten Ergänzungsersuchen vom geht folgendes hervor:
"Aufgrund Ihres Schreibens vom , betreffend "Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde", hat das Finanzamt Ihre Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vorzulegen. Ab der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ist dieses für die Entscheidung über Ihre Beschwerde zustandig.
Um eine vollständige Vorlage des Aktes an das Bundesfinanzgericht zu gewährleisten, werden Sie gebeten, die Mappe mit den Originalbelegen für 2015 und 2016 erneut vorzulegen (insbesondere die Belege zum Mitgliedsbeitrag G, zur Tagung des Selbsthilfevereines "HZL-Tagung-G", Fahrt- und Taggeld sowie Nächtigungskosten)".
In der Folge wurden die Belege für 2015 und 2016 übermittelt.
Hingewiesen wurde auch auf die deutsche homepage www (unser Ansprechpartner für chronische Erkrankungen).
Daraus geht hinsichtlich Ziele und Aktivitäten des Vereinsfolgendes hervor:
- Wir stärken die Kompetenz und Eigenverantwortung der Betroffenen, d. h. der Patienten und Angehörigen
- Wir informieren Neubetroffene (Patienten und Angehörige) über die Erkrankung und versuchen Ängste abzubauen
- Wir stellen Kontakte zu anderen Betroffenen her und verweisen auf Spezialisten, Kliniken und weitere Informationsmöglichkeiten rund um die Krankheit
- Wir bemühen uns um aktuelle Informationen, verfolgen neue Therapieansätze und laufende Studien
- Wir veranstalten einmal jährlich in G an einem Wochenende eine Tagung für Patienten und Angehörige mit Spezialisten für Haarzell-Leukämie. Dort findet immer ein reger Erfahrungsaustausch der Patienten hinsichtlich Therapien und Nebenwirkungen statt.
-Wir pflegen auch einen Gesprächkreis für Angehörige
-Wir organisieren zweimal im Jahr ein Seminar zum Umgang mit der Krankheit für Angehörige und Patienten in der Tagungsstätte "KD“ im Harzvorland
- Wir geben eigene Informationsmaterialien (z.B. Mitgliederzeitung, Patientenbroschüre) heraus
- Wir versuchen durch unsere Öffentlichkeitsarbeit, viele Haarzell-Leukämie-Patienten und Ihre Angehörigen zu erreichen und das Wissen über diese seltene Krankheit auch bei Ärzten und Kliniken zu verbessern.
Weiters findet sich auf der Internet-homepage des Vereins ua zu den beiden Tagungen des Vereines 2015 und 2016 folgendes:
"Die Berichte sind Protokolle von unseren Tagungen in G ab dem Jahre 2010.
Sie fassen auch Ergebnisse von Diskussionen und Erfahrungen über den Krankheitsverlauf und der Behandlung zusammen.
Ferner enthalten sie Zusammenfassungen der Vorträge unserer Referenten".
Tagungsablauf 2015 (zusammengefasst):
- Begrüßung
- Austausch von Erfahrungen
- Vorträge beispielsweise zum Laborbefund zu den neuesten Erkenntnissen zur Therapie der HZL und neue Studien zur Therapie
- Schilderungen der Patienten und berichte vom Therapieverlauf und Belastungen
- Vortrag zu den Neuerungen der Homepage der Haarzell-Leukämie-Hilfe.
- Erfahrungsaustausch mit Schilderungen von Patienten und Berichten von Therapieverläufen und Belastungen durch die Krankheit
- Vortrag über die Themen "Patientenverständliche Diagnose" und "Gute Arzt-Patienten-Kommunikation"
- Vortrag "Wie viel oder wie wenig Therapie braucht der Patient mit HZL?" mit kurzer Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte und Grundlagen der Haarzell-Leukämie und ihrer inzwischen zahlreicher gewordenen Therapieoptionen. bzw neuesten Entwicklungen zur Therapie der HZL, vor allem zu weiteren neuen Therapiemöglichkeiten nach einem Rückfall.
Tagungsablauf 2016 (zusammengefasst):
- Erfahrungsaustausch der Teilnehmer
- Vortrag zum Thema: "Steinzeitkost, vegetarisch, vegan - eine Führung durch den Ernährungsdschungel".
- Vortrag über die neuesten Erkenntnisse zu komplementären Methoden und Beantwortung von Fragen aus dem Publikum.
- Darlegung der derzeitigen Aktivitäten zur HZL
- Vorstellung des internationale Patiententages in Heidelberg
- Erfahrungsaustausch mit Schilderungen von Patienten, Berichten von Therapieverläufen und Belastungen durch die Krankheit
- Vortrag "Lebensqualität bei Haarzell-Leukämie-Patienten - erste Ergebnisse einer Studie der Universität Leipzig".
- Vortrag "Neue Medikamente - alte Frage: Wer muss wann behandelt werden?" samt kurzer Zusammenfassung der wichtigsten Grundlagen der Haarzell-Leukämie und ihrer Therapieoptionen und den neuesten Entwicklungen zur Therapie der HZL, speziell die neuen Therapiemöglichkeiten nach einem Rückfall.
Der detaillierte Inhalt der jährlichen Tagung 2015 und 2016 ist über die genannte Internet homepage (siehe oben) abzurufen.
2. Sachverhalt und Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus dem vom Finanzamt übermittelten Akt.
Dem Bf. wurde vom Bundessozialamt ein Grad der Behinderung von 60% bescheinigt, davon entfällt 50% auf die Haarzell Leukämie.
Der Bf. beantragt die Berücksichtigung der Mitgliedsbeiträge, die Fahrt- und Nächtigungskosten sowie Taggelder für zwei Tagungen des HZL Selbsthilfevereines in G als außergewöhnliche Belastungen bzw Ärztliche Behandlungskosten in Verbindung mit der 60%igen Behinderung, die sich wie folgt zusammensetzen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2015 € | 2016 € | |
Mitgliedsbeitrag | 15 | 15 |
Fachtagung 5.- bzw 22- | ||
Fahrtkosten 1.464 x 0,42 | 614,86 | 614,86 |
Taggeld 4x 35,30 (Frau und Bf) | 141,12 | 141,12 |
Nächtigungsgeld 2 x 27,90 | 55,80 | 55,80 |
insgesamt | 826,78 | 826,78 |
Die übrigen beantragten Kosten wurden vom Finanzamt anerkannt und sind unstrittig.
3. Rechtsgrundlagen
Die für das gegenständlichen Verfahren relevanten Bestimmungen des § 34 EStG 1988 lauten.
§ 34 Abs. 1 EStG 1988: Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
§ 34 Abs. 2 EStG 1988: Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
§ 34 Abs. 3 EStG 1988: Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Abs. 4: Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.
§ 34 Abs. 6
EStG 1988: Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:
– ...
– Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).
– Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastung, BGBl. Nr. 303/1996 sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige Aufwendungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat.
Gemäß § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastung sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.
4. Rechtliche Erwägungen:
Gem. § 34 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen außergewöhnliche Belastungen abzuziehen, sofern sie die in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen kumulativ (d.h. sämtliche Merkmale gemeinsam) erfüllen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein, zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.
Eine Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse erwächst. Bereits im Erkenntnis vom , 349/56, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass durch Krankheit verursachte Aufwendungen außergewöhnlich sind.
Zwangsläufigkeit liegt vor, wenn sich der Abgabepflichtige der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Von einer wesentlichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist auszugehen, soweit die Kosten einen nach den Bestimmungen des § 34 Abs. 4 bzw. Abs 5 EStG berechneten, von der Einkommenshöhe des Abgabepflichtigen abhängigen, Selbstbehalt übersteigen (§ 34 Abs. 2 bis 5 EStG).
Für gewisse Aufwendungen erlaubt § 34 Abs. 6 EStG 1988 einen Abzug auch ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes. Die zu § 34 Abs. 6 EStG 1988 ergangene Verordnung des BMF nennt in § 4 nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung als neben dem Pflegegeld voll abzugsfähig. Hat ein Abgabepflichtiger Aufwendungen durch seine eigene körperliche oder geistige Behinderung, für welche eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von mindestens 25% festgestellt wurde, sind derartige Kosten nach dieser Verordnung ohne Kürzung um Pflegegeldbezüge zu berücksichtigen, soweit die Ausgaben nachgewiesen werden.
Betroffen von dieser Beurteilung können nur Kosten sein, die durch jene Behinderung(en) bedingt sind, welche Grundlage für die Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit war(en). Sofern Aufwendungen nicht mit dieser Krankheit in Zusammenhang stehen, unterliegen sie den allgemeinen Bestimmungen des § 34 EStG 1988 - das heißt, Abzugsfähigkeit erst nach Überschreiten des zumutbaren Selbstbehaltes ().
Nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung erwachsen Kosten der eigenen Erkrankung aus tatsächlichen Gründen dem Grunde nach zwangsläufig. Die österreichische Lehre und Rechtsprechung versteht Krankheit im Sinne des allgemeinen Sprachverständnisses als eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Heilbehandlung bzw. eine Heilbetreuung erfordert.
Nicht jede Behandlung oder Betreuung einer Krankheit stellt eine Heilbehandlung dar, die einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung zugänglich ist.
Maßnahmen der Krankheitsprävention zählen zwar zu den unter die Ausübung der Medizin fallenden Tätigkeiten eines Arztes (§ 2 ÄrzteG), dennoch sind im Rahmen des § 34 EStG 1988 Aufwendungen zur Vorbeugung von Krankheiten oder zur Erhaltung der Gesundheit nicht als Krankheitskosten zu berücksichtigen. Insofern fehlt es nämlich an der Verursachung durch eine Krankheit und damit an der Zwangsläufigkeit. Der VwGH erkennt in seiner Judikatur ausdrücklich nur die typischerweise mit einer Heilbehandlung verbundenen Kosten als zwangsläufig erwachsen an. Aufwendungen, die lediglich auf eine Verbesserung des Allgemeinzustandes abzielen, sind davon nicht erfasst, selbst wenn sich die betreffende Maßnahme auf den Verlauf einer konkreten Krankheit positiv auswirken kann ().
Der VwGH hat diese Sichtweise bestätigt, indem er (nicht regelmäßig anfallende) Medikamente, ärztliche Behandlungen und Therapien zur Stabilisierung und Erhaltung des Gesundheitszustandes den Kosten der Heilbehandlung zuordnete.
Die in § 34 EStG 1988geforderte Zwangsläufigkeit von außergewöhnlichen Belastungen setzt in Bezug auf Krankheits- bzw. Behinderungskosten das Vorliegen triftiger medizinischer Gründe für den betreffenden Aufwand in dem Sinn voraus, dass ohne Anwendung der damit finanzierten Maßnahmen das Eintreten ernsthafter, gesundheitlicher Nachteile feststeht oder sich zumindest konkret abzeichnet. Für Krankheitskosten fordert der VwGH deshalb, dass diese Maßnahmen tatsächlich Erfolg versprechend zur Behandlung oder zumindest Linderung einer konkret existenten Krankheit beitragen ().
Da insbesondere Dauerbehinderungen in der Regel nicht Erfolg versprechend behandelbar sind und häufig auch eine Linderung ihrer Symptomatik nicht möglich ist, kann dies für die Kosten aus einer Behinderung nur bedingt gelten. Hier geht es vielmehr darum, das Fortschreiten der Beeinträchtigung möglichst günstig zu beeinflussen. Auch dabei setzt das Erfordernis der Zwangsläufigkeit aber hinreichende, objektiv nachprüfbare Ergebnisse der gesetzten Maßnahmen voraus. Zumindest müssen solche berechtigt erwartet worden sein. Im Sinne der VwGH-Judikatur zur Heilbehandlung von Krankheiten werden deshalb auch hier nur die typischer Weise anfallenden Kosten für Maßnahmen zu berücksichtigen sein, ohne deren Anwendung ernsthafte gesundheitliche Nachteile feststehen oder sich konkret abzeichnen.
Ebenso fehlt es bei Maßnahmen, deren Beitrag zur Heilung bzw. Linderung einer Krankheit oder zur günstigen Entwicklung einer Behinderung nicht hinreichend erwiesen ist und die daher bei der medizinischen Behandlung auch nicht typischerweise anfallen, am Merkmal der Zwangsläufigkeit.
Dies trifft immer wieder auf Mittel bzw. Behandlungsformen aus dem Bereich der Außenseiter-, Komplementär-, Alternativ- bzw. Naturmedizin zu. Jedoch ist den durch solche Maßnahmen verursachten Kosten die Eignung als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988 nicht von vorne herein bzw. in jedem Fall abzusprechen. Entscheidend ist, ob die Wirkungsweise eines Mittels bzw. einer Behandlung im konkreten Einzelfall hinreichend nachgewiesen wird (-G/06).
§ 34 EStG 1988 gibt für die Form des Nachweises keine Beweisregeln vor. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist jeweils nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen.
Im Allgemeinen erweist sich eine im Rahmen eines medizinischen Behandlungsplanes (und damit vor der Anwendung) erstellte, ärztliche Verordnung als geeigneter Nachweis für die medizinische Notwendigkeit einer Maßnahme.
Mit einer außerhalb eines ärztlichen Behandlungsplanes stehenden, bloßen ärztlichen Empfehlung - umso mehr, wenn sie erst nachträglich gegeben wird - wird den oa. Anforderungen an die Nachweisführung bei Krankheits- oder Behinderungskosten für gewöhnlich jedoch nicht entsprochen. Dies insbesondere bei von der allgemeinen Lebensführung schwer abgrenzbaren Kosten.
Dass das Handeln des Steuerpflichtigen menschlich verständlich ist, reicht für die steuerliche Abzugsfähigkeit nicht aus (Doralt, EStG, § 34 Tz 41, mwN).
Der Bf. beantragt die Mitgliedsbeiträge, die Fahrtkosten, Nächtigungskosten sowie die Taggelder für zwei Tagungen des Selbsthilfevereines HZL in G für Jahr 2015 und 2016 als außergewöhnliche Belastungen bzw. als ärztliche Behandlungskosten in Zusammenhang mit seiner Behinderung.
Wie bereits ausführlich dargelegt, können unter den Begriff "Krankheitskosten" nur die Aufwendungen für jene Mittel, Präparate und Hilfsmittel subsumiert werden, die zu einer Heilung oder Linderung der Beschwerden führen bzw. als Kosten der Heilbehandlung gelten Arztkosten Spitalskosten, Kurkosten für ärztlich vorhandene Kuren, Therapiekosten, Kosten für Medikamente, sofern sie nachweislich der Heilung oder zumindest Linderung der Krankheit oder Stabilisierung bzw. Begünstigung der Behinderung dienen.
Unter Berücksichtigung der Zielsetzungen und Aktivitäten des Vereines sowie der Einträge auf der homepage werden den Mitgliedern des Vereines umfangreiche Informationen bzw Zugänge zu einzelnen Quellen rund um die Krankheit angeboten. Beispielsweise werden Kontakte zu anderen Betroffenen hergestellt, es gibt Gesprächskreise für Angehörige, es gibt Informationen über neue Therapieansätze und Studien, es findet jährlich eine Tagung für Patienten und Angehörige mit Spezialisten für HZL statt bei der ein reger Erfahrungsaustausch der betroffenen Teilnehmer hinsichtlich Therapien und Nebenwirkungen stattfindet, bzw es wird auch Informationsmaterial über die Krankheit zur Verfügung gestellt.
Es ist verständlich, dass der Bf. aufgrund seiner Krankheit bzw Behinderung sich Informationen über den Stand der Krankheit bzw Behinderung, über Erfahrungen anderer Betroffener mit der Krankheit und den Krankheitsverläufen sowie über neue Behandlungen und Behandlungsmethoden verschaffen und sich durch die Teilnahme an den Tagungen des Vereines mit Vorträgen und Diskussionen auch auf den neuesten Informationsstand bringen will.
Wie oben ausgeführt, ist es aber notwendig, dass die Maßnahmen tatsächlich Erfolg versprechend zur Behandlung oder zumindest Linderung einer konkret existenten Krankheit oder zur günstigen Entwicklung einer Behinderung beitragen.
Damit Kosten aus der Behinderung steuerlich berücksichtigt werden können, muss es sich um Kosten für Behandlungen (Therapien), die der Heilung oder Linderung der Krankheit bzw der Begünstigung (Stabilisierung) der Behinderung dienen, handeln.
Dass sich dieses Wissen bzw- die neuen Erkenntnisses begünstigend auf die Behinderung des Bfs tatsächlich auswirken (bzw ausgewirkt haben), ist daraus nicht ersichtlich, und wurde auch vom Bf. nicht aufgezeigt. Bloß mittelbar mit der Krankheit bzw. Behinderung zusammenhängende Kosten können in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt werden.
Wie oben festgehalten, reicht für die steuerliche Abzugsfähigkeit es nicht aus, dass das Handeln des Steuerpflichtigen menschlich verständlich ist.
Die Informationsbeschaffung bzw der Erfahrungsaustausch trägt in Bezug auf die Linderung und Heilung der Krankheit bzw zur Begünstigung der Behinderung des Bfs somit unmittelbar nichts bei.
Dass laut Bf. überhaupt eine "persönliche medizinische Beratung" stattgefunden hat, wurde durch nichts bewiesen. Auch nicht, dass diese Beratung tatsächlich zur Heilung oder Linderung der Krankheit bzw Begünstigung und Stabilisierung der Behinderung beigetragen hat. Unterlagen in diesem Zusammenhang sowie über etwaige stattgefundene medizinische Behandlungen und Therapien wurden vom Bf -trotz Aufforderung Belege vorzulegen - nicht übermittelt.
Anhaltspunkte bzw Hinweise auf der Internet homepage des Vereins, dass mit der Teilnahme an der jährlichen Tagung auch konkrete medizinische Beratungsgespräche mit einem Arzt und einzelne Teilnehmer - insbesondere mit dem Bf. - stattfinden bzw stattgefunden haben, fehlen. Laut homepage des Vereins finden bei der Tagung neben Vorträgen im Bereich der HZL nur Vorträge über allgemeine Gesundheitsthemen (zB "Steinzeitkost, vegetarisch, vegan - eine Führung durch den Ernährungsdschungel" oder "Patientenverständliche Diagnose" und "Gute Arzt-Patienten-Kommunikation") sowie Diskussionen samt Erfahrungsaustausch über die Krankheit statt.
Mit den strittigen Aufwendungen waren keine Maßnahmen verbunden, die zur Heilung oder Linderung der Krankheit bzw Begünstigung und Stabilisierung der Behinderung nachweislich dazu beigetragen haben.
Daher sind die beantragten Kosten - sprich Mitgliedsbeiträge, Fahrtkosten, Nächtigungskosten, Taggelder - des Bfs in Zusammenhang mit den vom Verein organisierten und stattgefundenen Tagungen nicht abzugsfähig.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht orientiert sich bei der zu lösenden Rechtsfrage am Gesetzestext sowie an der zitierten höchtsgerichtlichen Rechtsprechung des VwGH. Daher ist eine Revision nicht zulässig.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100715.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at