TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.07.2019, RV/7104311/2016

Unterhaltszahlungen nach Serbien

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RMS in der Beschwerdesache Bf , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt X vom , betreffend Einkommensteuer 2012 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe und dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

In der elektronisch eingebrachten Einkommensteuererklärung für 2012 machte der Beschwerdeführer (kurz Bf.) unter anderem die Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen in Höhe von € 3.080,00 pro Kind und von Kinderfreibeträgen in Höhe von € 132,00 pro Kind für seine drei minderjährigen und nach eigenen Angaben nicht haushaltszugehörigen, im Ausland lebenden Kinder geltend.

Im Veranlagungsakt finden sich dazu

a)amtlich beglaubigte Übersetzungen der Kinder 1,2,3,
b)Bestätigungen des Kindergartens Y in Stadt, wonach die Kinder des Bf. im Beschwerdejahr den Kindergarten in Serbien besucht haben,
c)die zwischen dem Bf. und seiner in Serbien wohnhaften Ehefrau A abgeschlossene und gerichtlich beglaubigte Unterhaltsvereinbarung vom , aus der auszugsweise folgendes hervorgeht:

Punkt 1

Beideseiten bestätigen die gemeinsamen Kinder:
1.a;
2.b und
3.c
Kinder leben in Gemeinschaft mit der Mutter aa in Stadt. Vater V erklärt sich damit einverstanden, dass die Mutter A ohne seine Anwesenheit alle administrativen Wege betreffend die Kinder…, wie Erziehung und Obsorge erledigen kann.

Punkt 2

Mit dieser Vereinbarung sind beide Seiten einverstanden und vereinbaren einen monatlichen Unterhalt für drei Kinder aus Punkt 1. Diese Vereinbarung des Vaters V, er zahlt 48 % von seinem Gehalt an einem vereinbarten Tag, beträgt € 1.375.--netto, welches er in Österreich erhält, pro Kind € 220,-- bzw. für drei Kinder € 660.-- 14 mal jährlich insgesamt € 9.420.-- mit Überweisung verpflichtet auf das Konto der Mutter…“

Am wurde der Bf. aufgefordert, eine Nachweis über die Leistung der Unterhaltszahlungen sowie eine Bestätigung allenfalls erhaltender, ausländischer Familienleistungen zu erbringen.

In Beantwortung des Ergänzungsersuchens übermittelte de Bf. am folgende Unterlagen:

a)beglaubigte Übersetzung der von der Stadtverwaltung der Stadt Stadt am ausgestellten Bestätigung, wonach an die in Stadt wohnhafte Kindesmutter bis zum kein Kindergeld ausbezahlt worden sei

b)Beleg über die Auslandsüberweisung eines Betrages in Höhe von € 9.240,-- an die Kindesmutter.

Mit Bescheid vom wurde der Bf. zur Einkommensteuer für 2012 veranlagt und die Abgabe mit einem Betrag von € 4.910,00 festgesetzt. Im Rahmen dessen erfolgte eine Berücksichtigung der begehrten Unterhaltszahlungen im Ausmaß von € 1.800,-- als außergewöhnliche Belastungen, die beantragten Kinderfreibeträge kamen nicht zum Abzug.

Die in der Folge am eingebrachte Beschwerde, die sich gegen den Abzug der geleisteten Unterhaltszahlungen lediglich im Betrag von € 50.-- pro Kind und Monat richtete, wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab und führte aus:

Unterhaltsleistungen für Kinder werden grundsätzlich je nach Voraussetzungen (§ 34 Abs. 7 Zi. 1 u. 2 EStG 1988) durch die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag sowie den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten. Unterhaltsleistungen für haushaltszugehörige Kinder im Ausland, bei denen der Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 5 FLAG ausgeschlossen ist, sind hingegen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen (). Von dieser Ausnahmeregelung betroffen sind Unterhaltsleistungen von in Österreich beschäftigten Steuerpflichtigen außerhalb des EWR bzw. der Schweiz, deren Kinder sich ständig in einem Staat außerhalb des EWR bzw. der Schweiz aufhalten Die Kinder des Bw. lebten bei der Mutter in Serbien. Das individuelle Ausmaß der zu berücksichtigenden Unterhaltspflicht des Steuerpflichtigen orientiert sich am jeweiligen angemessenen Unterhalt im Ausland und den eventuellen ausländischen Familienleistungen. Es werden daher in Anlehnung an diese Rechtsprechung Euro 50,00 pro Monat und Kind anerkannt.

Im Vorlageantrag vom ersuchte der Bf. erneut um Berücksichtigung der tatsächlich geleisteten Unterhaltszahlungen.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und beantragt, dem Bf. maximal € 4.620,00 für 2012 zu gewähren, weil mittlerweile eine Bestätigung über die Höhe der Unterhaltsleistungen im Ausland vorläge.

Vorgelegt wurde dazu eine beglaubigte Übersetzung des Urteiles des Gerichtes aus 2016, mit dem der Bf. verpflichtet wurde, monatlich einen Betrag n der Höhe von 250 EUR seines monatlichen Einkommens für jedes Kind zu zahlen, d.h. 750 EUR für alle drei Kinder, 14 mal im Laufe des Kalenderjahres seit dem Tag der Einreichung der Klage. Darin heißt es:

“…Da der Beklagte hauptsächlich außerhalb der Republik Serbien arbeitstätig und wohnhaft ist, haben der Beklagte und die gesetzliche Vertreterin der Kläger im Jahr 2009 eine schriftliche Vereinbarung geschlossen, worin sie sich einverstanden erklärt und festgestellt haben, dass der monatliche Unterhalt für deren gemeinsame und minderjährige Kinder, hier die Kläger, insgesamt  220 EUR pro Kind betragen soll. D.h. 660 EUR pro jedes Gehalt des Beklagten, der jährlich 14 Gehälter hat, d.h. 9.240 EUR jährlich…“

In dem am mit der steuerlichen Vertretung des Bf. geführten Telefonat, erklärte sich dieser mit der Berücksichtigung von 50 % der geleisteten Unterhaltszahlungen, sohin ein Betrag von € 4.620,-- im Beschwerdejahr als außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt einverstanden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Im vorliegenden Fall ist strittig, inwieweit die vom Bf. für seine drei minderjährigen und in Serbien wohnhaften Kinder geleisteten Unterhaltszahlungen im Rahmen der Einkommenssteuerveranlagung 2012 einkommensmindernd zu berücksichtigen sind.

Gem. § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 idF vor BGBl. I Nr. 112/2012 steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind, das nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und für das weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner Familienbeihilfe gewährt wird, den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu.

Gem. § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2012 steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn

- sich das Kind in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes oder in der Schweiz aufhält und

- das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und

- für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2 EStG 1988) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Gem. § 34 Abs. 7 Z 1 EStG 1988 sind Unterhaltsleistungen für ein Kind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.

Gemäß § 34 Abs. 7 Z 2 EStG 1988 idF vor BGBl. I Nr. 112/2012 sind Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind, das nicht dem Haushalt des Steuerpflichtigen zugehört und für das weder der Steuerpflichtige noch der mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebende (Ehe)Partner Anspruch auf Familienbeihilfe hat und das sich im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes aufhält, durch den Unterhaltsabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 abgegolten.

Gem. § 34 Abs. 7 Z 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2012 sind Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs. 4 Z 3 durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten.

Gem. § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 sind darüber hinaus Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs. 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.

Aus den vorliegenden Dokumenten geht hervor, dass die minderjährigen Kinder des Bf. mit ihrer Mutter in Serbien leben. Der Bf. hat  nachgewiesen, dass er im Beschwerdejahr zur Zahlung von € 3.080,00 pro Kind verpflichtet gewesen und dieser Verpflichtung auch tatsächlich nachgekommen ist. Fest steht auch, dass dem Bf. bezüglich des Beschwerdejahres auf Grundlage des innerstaatlichen Rechts weder ein Anspruch auf Familienbeihilfe noch auf Kinder- oder Unterhaltsabsetzbeträge zugekommen ist.

Im so einem Fall hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass Unterhaltslasten gegenüber Kindern die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindern und daher bei dessen Einkommensbesteuerung zu berücksichtigen sind (so ). Nach Auffassung des VwGH wird nämlich bei unbeschränkt steuerpflichtigen Personen, denen keine entsprechende Transferzahlung zukommt, die verfassungsrechtlich gebotene, der Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aufgrund der Unterhaltsverpflichtung gegenüber minderjährigen Kindern entsprechende einkommensteuerliche Entlastung im Besteuerungsverfahren herbeigeführt werden müssen (vgl. ).

Die an die Kinder in Serbien geleisteten Zahlungen können daher in Übereinstimmung mit dem Finanzamt im Umfang des halben Unterhalts von insgesamt € 1.540,00 pro Kind (somit insgesamt  € 4.620,00) ohne Abzug eines Selbstbehaltes als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für die Einkommensteuer 2012:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Außergewöhnliche Belastungen bisher lt..angefochtenem Bescheid vom
-1.800,00 €
-4.620,00 €

Das Einkommen für 2012 errechnet sich daher wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte aus Gewerbebetrieb
26.778.38 €
Gesamtbetrag der Einkünfte
26.778,38 €
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988):
Viertel der Aufwendungen für Personenversicherungen, Wohnraumschaffung und -sanierung (Topfsonderausgaben)
-527,16 €
Außergewöhnliche Belastungen:
Andere außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt
-4.620,00 €
Einkommen
21.631,22 €

Nichtzulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision ist im vorliegenden Fall nicht zulässig, da diese Entscheidung in der Frage der steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen für Kinder außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union und des EWR der auch dargelegten Judikatur folgt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage : 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7104311.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at